Protokoll der Sitzung vom 09.10.2014

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Stegner, zunächst möchte ich kurz auf den Punkt zu sprechen kommen, den der Herr Kollege Koch bezüglich Ihres Absatzes 3 angesprochen hat. Zumindest wäre eine Formulierung hilfreich gewesen, wonach man einen Zustimmungsvorbehalt des Landtages zumindest prüfen muss, falls es zu einer Fusion kommen soll. Wir haben hier auch schon Fusionen von Allgemeinen Ortskrankenkassen miterlebt und haben diesen Fusionen auch zugestimmt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt worden waren. Deshalb glaube ich, dass es zumindest als politisches Signal hilfreich gewesen wäre zu formulieren, dass eine solche Fusion nur mit einem Zustimmungsvorbehalt des Landtages möglich sein soll.

Davon unabhängig und auch unabhängig von der Intention der antragstellenden Fraktionen, den Antrag von CDU und FDP übernommen zu haben der neue Antragstext liegt ja jetzt vor -, beantrage ich für die FDP-Fraktion - ich gehe davon aus, dass ich das auch für die CDU-Fraktion machen kann -, ich beantrage also für die beiden Fraktionen von CDU und FDP, dass der Änderungsantrag 18/2370 - das ist der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP - zu einem eigenständigen Antrag erklärt wird und dass über die Anträge 18/2230 (neu) und 18/ 2370 alternativ abgestimmt wird. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung erteile ich das Wort dem Herrn Minister Reinhard Meyer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein gemeinsames Signal zur Erhaltung des ProvinzialStandortes in der Landeshauptstadt Kiel hier in Schleswig-Holstein ist das große Ziel. Es ist auch das Ziel der Anträge, die uns nunmehr zur Beschlussfassung vorliegen. Deswegen bin ich schon ein bisschen enttäuscht darüber - es gibt ja viele Themen, bei denen sich die Opposition zeigen kann -, dass man an diesem Punkt die Auseinander

setzung sucht. Das, Herr Koch, finde ich doch ein bisschen merkwürdig.

Weil man vielleicht doch einen gemeinsamen Antrag hinkriegen könnte, um insbesondere auch den Beschäftigten zu signalisieren, dass die Landesregierung und das Parlament hinter ihnen stehen, hatte ich doch gehofft, dass Sie hier ein bisschen Milde walten lassen. Aber das, was Sie hier vorgetragen haben, fand ich schon sehr erstaunlich.

Dass Sie hier natürlich mal wieder das Sparkassengesetz, die Haspa, ins Spiel gebracht haben, das lasse ich einmal dahingestellt sein. Aber dass Sie uns nun bei dem Thema Verstaatlichung links überholen, das gibt mir doch echt zu denken.

(Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Zahl der selbsternannten Arbeiterführer in der CDU scheint sich auch zu erhöhen, was ich ausdrücklich begrüße.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nun aber, Herr Koch, zum Kern. An anderer Stelle nehme ich zum Beispiel als Verantwortlicher für die Verkehrsinfrastruktur auch die Position ein, dass Fehlentscheidungen in der Vergangenheit getroffen worden sind, zu denen ich jetzt stehen muss.

Jetzt kommen wir einmal auf den Vertrag zu sprechen. Wenn Sie die Verträge von 1995 und 2005 so kritisieren, warum haben Sie dann nicht während Ihrer Regierungszeit schon versucht, diese Verträge zu ändern?

(Tobias Koch [CDU]: Billiges Argument!)

- Entschuldigung! Billige Argumente haben Sie vorgebracht, indem Sie sagen, diese Verträge seien nicht gut genug.

Was steht in den Verträgen drin? Dem Vertrag von 2005 ist es zu verdanken - ich meine den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein -, dass wir diese Absicherungen haben, was die Provinzial angeht. Darin ist der Verbleib der Provinzial im öffentlichen Finanzverbund festgeschrieben. Nach unserer Interpretation ist darin im Übrigen auch festgeschrieben - Sie haben es schon erwähnt - der Sitz der Provinzial-Brandkasse und der Lebensversicherung in der Landeshauptstadt Kiel. Deswegen, Herr Koch, ist das ein guter Vertrag, auf den wir nun aufsetzen können, um das ganz deutlich zu sagen.

Wir reden hier nicht über Verschmelzung, wir reden auch nicht über Fusion; denn nur eine Fusion, die uns überzeugt, kann letztendlich von irgendjemandem die Zustimmung bekommen, der verantwortlich ist für die Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein. Insofern ist das nichts Aktives, was die Landesregierung hier betreibt, um damit ganz deutlich zu werden.

Das Land hat durch den Vertrag weitreichende Mitspracherechte. Deshalb haben wir auch klar gemacht, dass eine Privatisierung der Provinzial für uns nicht in Betracht kommt. Wir wollen uns für einen starken öffentlichen Versicherer einsetzen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Koch?

Ja, sicher.

Herr Koch, bitte.

Herr Minister Meyer, mögen Sie einmal darstellen, welche Mitwirkungs- und Mitentscheidungsrechte Landesregierung und Landtag hätten, wenn die drei Sach- und Unfallversicherer der Provinzial NordWest in Ihren Gremien beschließen, miteinander zu fusionieren? Vielleicht können Sie auch auf die Frage eingehen, inwieweit der Sparkassenund Giroverband Schleswig-Holstein auf diese Entscheidung wirklich Einfluss nehmen kann.

Wir haben durch den Vertrag Mitspracherechte bekommen, die wir auch wahrnehmen.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber Sie werden verstehen, dass wir hier nicht alle informellen Gespräche, die wir als Landesregierung in dieser Angelegenheit führen, auch offenlegen. Im Moment ist das eine Idee eines Chefs der Provinzial, der nur noch bis zum Herbst an Bord sein wird. Am 22. Oktober 2014 wird der Aufsichtsrat über einen neuen Chef der Provinzial befinden. Mit dem werden wir dann selbstverständlich über seine

Pläne für das Unternehmen sprechen. Insofern ist hier Unruhe in eine Debatte gebracht worden, die es zurzeit an der Stelle nicht gibt.

Herr Minister, gestatten Sie eine Nachfrage des Herrn Abgeordneten Koch?

Bitte.

Wenn ich Sie richtig verstanden haben, dann beziehen sich Ihre Mitwirkungs- und Entscheidungsmöglichkeiten auf informelle Gespräche, auf Gespräche mit dem Vorstand. Würden Sie mir recht geben, dass Ihnen der Vertrag keinerlei Möglichkeit an die Hand gibt, darauf Einfluss zu nehmen?

- Nein. Der Vertrag gibt uns Möglichkeiten, darauf Einfluss zu nehmen. Das ist die Antwort auf Ihre Frage.

Natürlich ist es so, dass wir als Land bei der weiteren Entwicklung der Provinzial - das weiß auch jeder - nicht der Erstentscheider sind. Es gibt eine Eigentümerstruktur, die bekannt ist: 40 % Sparkassenverband Westfalen-Lippe, 40 % Landschaftsverband, immerhin 18 % Anteile für den Sparkassenverband Schleswig-Holstein. Aber das sind allesamt Eigentümer - das ist hier ganz wichtig -, die im öffentlichen Lager angesiedelt sind. Deswegen werden wir unseren politischen Einfluss natürlich wahrnehmen, wenn es darauf ankommen wird.

Im Übrigen: Natürlich ist eine gemeinsame Erklärung von Betriebsrat und Vorstand der Provinzial NordWest hilfreich. Sie wird am Ende nicht entscheidend sein, aber sie ist hilfreich, um auch hier eine Positionierung vorzunehmen. Wir begrüßen das ausdrücklich.

Meine Damen und Herren, wir dürfen natürlich nicht die Augen davor verschließen, wenn wirtschaftliche Notwendigkeiten dazu zwingen, über Veränderungen nachzudenken. Aber das Ziel muss immer der Fortbestand einer öffentlichen Provinzial sein. Das ist unverzichtbar für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein und für die Arbeitsplätze. Immerhin reden wir hier über 1.000 Arbeitsplätze am Standort Kiel. Dafür - dessen können Sie sich sicher sein - werden wir kämpfen.

(Beifall SPD)

(Minister Reinhard Meyer)

Ich finde es auch wichtig, dass die öffentliche Hand Einfluss behält bei öffentlichen Finanz- und Versicherungsdienstleistern. Es ist ganz wichtig, dass wir eine Versicherung haben, die sich der gemeinwohlorientierten Daseinsvorsorge verpflichtet fühlt und nicht primär Gewinnmaximierung zum Ziel hat. Darüber sind wir uns auch einig mit NordrheinWestfalen und Hamburg.

Wir wollen, dass der öffentliche Auftrag der Provinzial nachhaltig und dauerhaft erfüllt wird. Das wird die Landesregierung immer im Blick haben, und das werden wir auch dem neuen Chef der Provinzial deutlich machen. Schleswig-Holstein ohne Provinzial, das darf nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Deshalb möchte ich jetzt zur Abstimmung kommen und sehe einen Geschäftsordnungshinweis des Abgeordneten Stegner, dem ich jetzt das Wort erteile.

Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Da die Koalitionsfraktionen in ihrer Konsensorientierung bereit sind, einen weiteren Schritt auf die Opposition zuzugehen, übernehmen wir den Satz, den der Kollege Dr. Garg vorgeschlagen hat, nämlich: „Ein Zustimmungsvorbehalt durch den Landtag Schleswig-Holstein ist zu prüfen.“ Am Ende des dritten Absatzes unseres Antrags Drucksache 18/2330 (neu) , also unten auf Seite 1 als letzten Satz, wird eingefügt: „Ein Zustimmungsvorbehalt durch den Landtag Schleswig-Holstein ist zu prüfen.“ Diesen Satz übernehmen wir. Ansonsten sind wir mit der alternativen Abstimmung über unseren Antrag Drucksache 18/2330 (neu) und den Änderungsantrag von CDU und FDP einverstanden, wiewohl wir uns wünschen würden, die Opposition spränge über ihren Schatten.

Vielen Dank. - Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, den vorliegenden Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 18/2370, zu einem selbstständigen Antrag zu erklären und dann - wie gewünscht - alternativ abzustimmen. - Ich vernehme keinen Widerspruch; dann ist dies der Fall.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Sie wollen zuerst über Ihren Antrag abstimmen lassen, weil der aus Ihrer Sicht weiter gehend ist. Das kann man in der Tat so tun.

Wer also dem Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/2330 (neu), mit der eben vom Kollegen Stegner vorgetragenen Ergänzung - da handelt es sich um die Prüfung eines Zustimmungsvorbehalts - seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und drei Abgeordnete der Piratenfraktion.

(Unruhe)

Wer lehnt diese -

(Christopher Vogt [FDP]: Alternativ!)

- Stimmt, wir haben eine alternative Abstimmung. Danke schön für den Hinweis. Ich war ein bisschen irritiert, weil ich den Eindruck hatte, dass es bei Ihnen noch eine Debatte gibt.

(Christopher Vogt [FDP]: Wir stimmen unse- rem Antrag zu!)

Sie sind mit Ihrer Abstimmung fertig, gut. - Wer dem Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 18/2370, seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der FDP- und der CDU-Fraktion. Enthaltungen? - Gibt es nicht, weil nur nach Jastimmen gefragt wird. Vielen Dank. Es tut mir leid, dass das jetzt etwas durcheinander gegangen ist. Damit ist der Antrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW mit Mehrheit angenommen.