Die Energiewende wurde damals gemeinsam beschlossen, auch der Netzausbau. Aber als Robert Habeck Minister wurde, musste die Trasse noch durchgesetzt werden. Im Umweltministerium häuften sich die Fracking-Anträge. Die Öffentlichkeit erfuhr nichts davon.
Der Zustand unserer Infrastruktur - das Schweigen im Walde. Kein Wort von maroden Straßen und Brücken, von alten Krankenhäusern und Hochschulgebäuden. So geht es endlos weiter. Nutztierhaltung und Tierschutz - kein Thema! Bildungspolitik - offene Baustellen ohne Ende! Der kommunale Finanzausgleich - überholt und unzeitgemäß! Ausgerechnet Schleswig-Holstein, das Land zwischen den Meeren, ist Schlusslicht beim Gewässerschutz.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP: Das war Ihre Bilanz in Regierungszeiten. Zu der Bilanz in Oppositionszeiten können Sie gern auf Ihre schon vielfach bemühte NDR-Umfrage zurückgreifen. Ich kann sagen: Da sieht unsere Zweijahresbilanz deutlich besser aus, und bei uns ist erst Halbzeit.
Ich bin mit der Arbeit der Küstenkoalition zufrieden, und ich werde Ihnen auch sagen, warum. Wir haben uns bei Eintritt in diese Regierung vier grundsätzliche Dinge vorgenommen.
Erstens: keine ideologische Blockadehaltung. Wir brechen die Verhärtung im Land auf und prägen in Schleswig-Holstein eine konstruktive politische Kultur.
Zweitens: keine Politik ohne Dialog. Jawohl, das ist keine leere Floskel, es ist ein Fakt, dass man die Menschen bei Veränderungen mitnehmen muss.
Drittens: keine Politik auf Kosten der Zukunft. Bei unseren Entscheidungen - egal in welchem Politikfeld - denken wir immer die nächste und übernächste Generation mit.
Viertens: kein Ausweichen mehr. Wir gehen auch schwierige Probleme an und erarbeiten Lösungen. Wir ducken uns nicht weg.
Meine Damen und Herren, wir haben uns an unsere Grundsätze gehalten. Erstes Beispiel: die Energiepolitik, die überparteiliche Allianzen sucht. Schleswig-Holstein kann den eigenen Energiebedarf mit Ökostrom decken - zu 100 %. In absehbarer Zeit wird das Land die gleiche Menge Strom noch exportieren können. Die Gegner des Netzausbaus mögen noch immer mit den neuen Strommasten hadern, aber sie fühlen sich vom Ministerium in ihren Ängsten und Sorgen ernst genommen. Sie merken: Da ist ein Minister, der ihnen in ihren Argumenten folgt und Kompromisse findet. Er macht das, ohne das Gesamtprojekt zu gefährden. Was das angeht, ist Schleswig-Holstein das Gegenteil von Bayern.
Meine Damen und Herren von der CDU, denken Sie, Schleswig-Holstein wäre das Vorreiterland der Energiewende, wenn einer von Ihnen statt Robert Habeck auf dieser Seite an der Spitze des MELUR sitzen würde? Denken Sie, ein schwarzer Ministerpräsident hätte sich in Berlin so stark für die energiepolitischen Interessen des Landes eingesetzt wie Torsten Albig in diesem Frühjahr gegen den eigenen Parteivorsitzenden?
Anders als die Vorgängerregierung führen wir eine offene Debatte über Fracking. Diese Landesregierung will Fracking verbieten. Wir sagen, wo der Schuh drückt: Das Bundesbergbaurecht hat sich wundgelaufen. Der alte Gesetzestext aus dem 19. Jahrhundert entspricht nicht mehr den Anforderungen und Bedürfnissen unserer modernen Gesellschaft. Deshalb geht diese Landesregierung mit einer Bundesratsinitiative voran, einer Bundesratsinitiative, die auch konservativ regierte Länder mittragen. Ich sage Ihnen: Es ist kein Zufall, dass genau diese Landesregierung das macht. Es ist kein Zufall, sondern eben genau das Aufbrechen von parteipolitischen Strukturen, wenn wir hier Verbündete gegen Fracking in allen politischen Lagern suchen und finden.
Genauso wie es gilt, ideologische Gräben zu überwinden, so wichtig ist mir auch der zweite genannte Punkt, der Dialog. Für das neue Schulgesetz war klar: Wir brauchen einen Bildungsdialog für einen Neuanfang. Das war schon im Koalitionsvertrag so
vereinbart. Gerade in der Bildungspolitik gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen bei allen Gruppen: bei Eltern, bei Lehrerinnen und Lehrern, bei Schülerinnen und Schülern und bei Studierenden. In keiner Gruppe gibt es einheitliche Vorstellungen.
Deshalb möchte ich gern ein paar Punkte zum Thema Dialogkultur klarstellen. Das Gerede vom sogenannten Elternwillen bringt mich regelmäßig auf die Palme. Sie sind doch zum großen Teil auch auf Elternabenden. Sie können mir doch nicht erzählen, dass es dort immer eine Position, genau eine Position gibt. Dasselbe gilt im Übrigen auch für den Bürgerwillen oder den Bauernwillen. Das muss man wissen, wenn wir uns über die Themen Dialog, Dialogkultur und an dieser Stelle auch über den durchgeführten Bildungsdialog unterhalten. Ein Dialog mit den Menschen heißt auch immer ein Dialog mit einzelnen Menschen. Bei einem Dialog geht es darum, unterschiedliche Meinungen kennenzulernen, nicht darum, diese zu vereinheitlichen.
Aber Politik muss auch Entscheidungen fällen. Am Ende eines Dialoges muss eine Entscheidung stehen. Wir haben aus dem Bildungsdialog Erkenntnisse gezogen. Dementsprechend haben wir unser Schulgesetz gestaltet. Das Ergebnis des Bildungsdialoges, des Dialoges mit Elternverbänden, Schülerverbänden, Gewerkschaften und anderen Lehrerverbänden - um nur einige zu nennen - war eine Schulstruktur mit dem Abitur nach zwölf Jahren an Gymnasien und nach 13 Jahren an Gemeinschaftsschulen - klar und überschaubar. Es gibt mehr Kindern die Möglichkeit, länger gemeinsam zu lernen.
Lieber Herr Callsen, wenn Sie die Leistungen von Schülerinnen und Schülern und im Grunde - nach Ihren Beschreibungen - auch die Leistung eines Bildungssystems an Noten festmachen und wenn Sie meinen, dass es sozusagen dem Wohl der Bevölkerung dient, wenn sie darüber entscheiden können, ob sie sich auf einem Elternabend für oder gegen Noten aussprechen können, also praktisch nur das umgekehrte Prinzip von dem, was wir heute schon haben - schon heute kann sich eine Klasse gegen Noten aussprechen, und genauso konnte sie sich vorher für Noten aussprechen -, ist das totaler Irrsinn, aber machen Sie es gern. Machen Sie eine Kampagne. Das hilft vielleicht, den Diskurs über Politik insgesamt zu beleben. Damit haben wir kein Problem. Aber die Annahme, dass das jetzt unsere
Wir haben den Hauptkonflikt der Vergangenheit wirklich befriedet. Die Schulen können sich jetzt auf die inhaltliche Ausgestaltung konzentrieren, vor allem auch im Bereich der Inklusion. Wir werden sie im Rahmen des Machbaren mit Ressourcen unterstützen. Da sind wir allemal sehr viel näher an dem Wohl der Menschen in der Bildungspolitik als Sie mit Ihren Umfragen zu Noten.
Meine Damen und Herren, ich gebe zu: Was beim Schulgesetz kommunikativ vorbildlich geklappt hat, hätte beim Lehrkräftebildungsgesetz noch besser sein können. Das ändert aber nichts daran, dass das Gesetz richtig ist, dass es notwendig war und dass wir jetzt endlich eine Lehrerbildung haben, die unserer Schulrealität entspricht. Ich bin stolz auf unseren gefundenen Kompromiss.
Dialog gibt es nicht nur im Bildungsbereich. Beim Denkmalschutz, beim kommunalen Finanzausgleich, in der Landwirtschaftspolitik - wir reden, wir erklären, wir hören zu und lernen, mit den Kommunen, den Landwirten, den Fischern und vielen mehr. Das war beim Knickschutz so, das ist beim Grundwasserschutz, beim Grünlandschutz und auch beim Thema Tierschutz so. Die Vereinbarung zum Thema Knickschutz war ein Kompromiss. Wir und auch die Umweltverbände hätten noch mehr gewollt. Hier geht es nicht um persönliche Interessen, es geht um die Interessen eines großen Teils der Bevölkerung. Es geht um die Interessen zukünftiger Generationen. Es geht um die Natur und die Vielfalt.
Als Fußnote: So mancher ausgehandelte Kompromiss in der Landwirtschaft wird hinterher trotzdem als Untergang des Abendlandes dargestellt. Ich finde, das diskreditiert nicht den Dialog, und das diskreditiert nicht unsere Dialogpolitik, das diskreditiert höchstens den Bauernverband.
Meine Damen und Herren, Sie machen sich lustig, wenn wir mit Bürgerinnen und Bürgern reden. In Wirklichkeit ärgert es Sie aber nur, wenn wir hier nicht immer die Meinung der Opposition, also Ihre Meinung, aufnehmen.
Aber es gibt Positionen, für die wir gewählt wurden, und diese Positionen geben wir nicht draußen an der Garderobe ab. So gibt es auch Positionen, bei denen sich keine Kompromisse finden lassen. Ein bisschen bleifreie Jagd geht nicht. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir hier einen wichtigen Beitrag für die Wälder, die in ihr lebenden Tiere oder auch die gestorbenen erreicht haben.
Meine Damen und Herren, ich komme zum dritten genannten Vorhaben, das Ziel einer nachhaltigen Politik. Das lässt sich neben der Umweltpolitik besonders gut bei der Haushaltspolitik erläutern. Die Haushaltssanierung verlangt uns immer noch viel ab. Sie wird die Landespolitik auch über das Jahr 2017 hinaus weiter begleiten. Derzeit sind - zugegeben - die Rahmenbedingungen etwas leichter als zu Ihrer Regierungszeit. Die aktuellen Zahlen zeigen aber auch, wie schnell sich mögliche Spielräume verschieben können. Liebe Frau Heinold, auch wenn das so zitiert wurde, glaube ich auf keinen Fall, dass der Haushalt kippt. Ich bin mir ganz sicher, dass Sie dafür sorgen werden, dass der Haushalt nicht kippt.
Diese Landesregierung und namentlich Monika Heinold prägen das Finanzministerium in einzigartiger Weise. Sie stehen für die Haushaltskonsolidierung, aber sie stehen eben auch dafür, dass Sparen kein Selbstzweck ist, dass der Haushalt auch das Leben der Menschen im Land gestaltet.
Es war falsch, bei den Frauenhäusern zu sparen, es war falsch, bei den Blinden zu sparen, es war falsch, den Ökolandbau nicht zu unterstützen.
Und doch gibt es in vielen Bereichen immer noch Unterfinanzierungen. Nicht jeder berechtigte Anspruch konnte befriedigt werden - in der Bildung, in der Kindertagesbetreuung, in der Migrationsberatung, bei den Krankenhäusern, bei den Hochschulen. Überall könnte man mit gutem Gewissen nachbessern. Wir suchen nach Lösungen, aber - da bin ich zu Recht zitiert worden - wir können den Euro nur einmal ausgeben.
Ohne den Haushaltsberatungen vorgreifen zu wollen, möchte ich grundsätzlich sagen: Wir haben einen gewaltigen Investitionsstau. Dazu ist hier
schon viel gesagt worden, insofern kann ich das abkürzen. Aber diesen Stau gibt es nicht nur bei Straßen und Brücken. Gerade auch im Krankenhausbereich kämpfen wir gegen die Folgen eines massiven Investitionsstaus. Da ist das UKSH nur ein Beispiel. Auch andere Krankenhäuser des Landes sind schwer betroffen. Die Koalition wird dort deshalb entschieden nachsteuern; wir sind auf einem guten Weg.
Investieren und Sanieren, das sind keine Gegensätze, das ist verantwortungsvolles Wirtschaften, das ist alte Kaufmannskunst. Kluge Investitionen heute sind die Ersparnisse von morgen. In dem Zusammenhang möchte ich gern noch einmal auf mein Lieblingsprojekt für unsere nachhaltige Haushaltspolitik verweisen, und das ist das von der Finanzministerin initiierte Projekt PROFI. Die energetische Sanierung von Landesliegenschaften, von Schulen, von Kindergärten und von Krankenhäusern bewahrt Gebäude vor dem Verfall, sie führt zu Einsparungen bei den Betriebsmitteln, und sie ist langfristiger Klimaschutz. Das sind sinnvoll eingesetzte Haushaltsmittel für die kommenden Generationen.
Noch eine Sache zum Haushalt, lieber Herr Callsen - entschuldigen Sie, lieber Herr Günther. Aber auch Herr Callsen hat vorher schon öfter gesagt, wir täten nicht genug für die Kommunen. Da verweise ich gern auf die Stellungnahme der Präsidentin des Landesrechnungshofs zum vorgelegten Haushaltsentwurf. Dort werden wir stark dafür gerügt, dass wir zu viel Geld für die Kommunen ausgeben. Wir werden kritisiert, weil wir Kommunen unterstützen. Das ist die Wahrheit. Mit dieser Kritik kann ich gut leben.
Meine Damen und Herren, wir gehen die Probleme des Landes an, und zwar jedes Problem. Das haben wir uns vorgenommen, daran halten wir uns. Debatten mit den Bauern, Demos gegen Fracking, Proteste in Lauenburg oder entlang der Stromleitungen es ist ja nicht so, dass alle nur klatschen, wenn wir Lösungen präsentieren oder suchen. Aber der Protest kommt daher, dass Probleme da sind und dass sie endlich, endlich, angegangen werden - mit Offenheit, mit Engagement und mit Mut.