Ich wäre von der Opposition wohl kaum dazu aufgefordert worden, sofort ein Disziplinarverfahren gegen die Unterzeichner einzuleiten. Hätte ich dies getan, dann hätte es im Gegenteil gleich geheißen: „Maulkorbskandal! - Ministerin will kritische Juristen mundtot machen“.
Mit dem, was gestern abgelaufen ist, laufen wir Gefahr, dass wir unsere eigenen staatlichen Fundamente aushöhlen. Mich empört deshalb der erneute Versuch, interne Schreiben und Diskussionen politisch auszuschlachten und in der Öffentlichkeit als wie auch immer gestalteten Versuch eines Eingriffs in unsere rechtsstaatliche Gewaltenteilung zu skandalisieren.
Meine Damen und Herren, ich will es zum Ende noch einmal betonen: Öffentlich in der Kritik zu stehen, ist gewissermaßen Teil meiner Jobbeschreibung. Ich habe mich auch schon fast daran gewöhnt. Politische Auseinandersetzungen können hart geführt werden und müssen auch manchmal hart geführt werden.
Was ich in den letzten Wochen erlebt habe, hat für mich aber mittlerweile eine ganz andere Qualität erreicht. Ich kenne zum Glück nicht nur dieses Haus sehr gut, und ich kenne die Politik in SchleswigHolstein sehr gut, ich kenne auch alle Interessengruppen, Verbände, Gewerkschaften, alle, die sozusagen auch ihren Beitrag zu dieser Diskussion in den letzten Wochen geleistet haben. Das steht ihnen zu, das ist Ausdruck für unsere Demokratie; denn unsere Verfassung sichert uns das Recht zu dieser Auseinandersetzung. Wir können alle dankbar dafür sein, dass es so ist.
Das ist auf dieser Welt - ich sage auch: in unserem Land - nicht immer Selbstverständlichkeit gewesen. Schleswig-Holstein hat eine eigene Demokratiegeschichte. Leider wird von Schleswig-Holstein häufig als von dem Land gesprochen, in dem Demokratiekrisen und Skandale zu Hause sind.
Ich möchte aber noch einmal - das mag sich etwas pathetisch anhören, aber ich sage es bewusst - den Blick darauf richten, dass wir uns in diesem Land aus guten Gründen 1990 eine neue Landesverfassung erarbeitet haben und dass diese Landesverfassung eine sehr offene, eine sehr transparente und eine sehr gute Landesverfassung ist und auch so gewollt war. Das Parlament hat damals viele neue Rechte erhalten. Wir alle gemeinsam wollen diese offene Demokratie und diese politische Kultur pflegen.
Mittlerweile - ich sage das ganz offen - sehe ich das gar nicht mehr, sondern ich sehe Polemik. Sie mögen sagen, ich würde das nur sagen, weil ich selber betroffen bin. Das bin ich ja auch. Aber ich bin auch Bürgerin dieses Landes und muss sagen: Als Bürgerin dieses Landes finde ich es unerträglich, dass es so weit gekommen ist. - Vielen Dank.
Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 11 Minuten überzogen. Diese Zeit steht jetzt allen Fraktionen zu. Jede Fraktion hat jetzt eine Redezeit von 16 Minuten. - Das Wort für die CDUFraktion hat der Fraktionsvorsitzende Daniel Günther.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Spoorendonk, bei aller Liebe, aber mit dem, was Sie hier gerade aufgeführt haben - ich kann Ihnen das leider nicht ersparen -, mit jedem dieser Auftritte, den Sie absolviert haben, heute im Parlament und in den letzten zwei Monaten, haben Sie der Justiz und der Politik in diesem Land geschadet.
Ich sage Ihnen: Wir ziehen uns diesen Schuh einer politischen Skandalisierung in keinster Art und Weise an, wirklich in keinster Art und Weise.
Ich sage Ihnen auch: Es war Ihre Ministerin Spoorendonk, die diese Sachverhalte in der Öffentlichkeit zum ersten Mal politisch instrumentalisiert hat, indem sie selber am 14. Februar 2015 in den „Kieler Nachrichten“ die E-Mail der Präsidentin des Lübecker Landgerichts zitiert hat, die ihr Rückendeckung gegeben hat. - Damit sind Sie in die Öffentlichkeit gegangen und haben gesagt, die Präsidenten stünden hinter Ihnen. Wir waren es nicht, die das gemacht haben!
Dass Sie sich ernsthaft nicht entblöden, einen solchen Vergleich mit den Äußerungen von Herrn Kubicki zu ziehen, um sich zu verteidigen, wo es um das fachliche Votum der Justiz zu politischen Entscheidungen geht! Natürlich ist das erwünscht. Aber das ist doch etwas völlig anderes. Hier geht es um die politische Einflussnahme auf die Politik in diesem Land. Dass Sie den Unterschied nicht begreifen, zeigt, wie ungeeignet Sie sind.
Weil Sie offenkundig keine Juristen bei sich im Haus haben, die Sie rechtzeitig auf diese Sitzung vorbereiten, sage ich Ihnen einmal, was im Kommentar zum Richtergesetz von Johann-Friedrich Staats steht:
„Der Richter braucht in der politischen Diskussion seinen Beruf nicht zu verschweigen. Er darf jedoch nie den Anschein einer amtlichen Stellungnahme erwecken …, das Amt als eine Art ‚Schallverstärker‘ einzusetzen. Es ist zumal unzulässig, dass ein Richter zu einem aktuellen Thema der erregten politischen Diskussion unter Hervorhebung seiner Stellung als Richter öffentlich Stellung nimmt.“
Ich frage mich in aller Ernsthaftigkeit: Wenn das alles so harmlos ist und Sie das alles, was die beiden gemacht haben, überhaupt nicht problematisch finden, warum haben Sie dann überhaupt ein Diszi
Wenn ich der Ministerin glauben soll, dass sie das nicht selber initiiert hat, dann frage ich mich, woher Sie die Kenntnisse haben, warum diese Initiative überhaupt ergangen ist.
Sie haben gerade eben zum ersten Mal gesagt, dass sie überhaupt nicht die JVA Lübeck gemeint haben, weil sie ja davon ablenken sollten, dass es um diese Debatte ging. Woher wussten Sie denn, aus welchen Gründen diese Initiative überhaupt ergangen ist?
Im Übrigen: Wir sind von Ihnen von den regierungstragenden Fraktionen ja einiges gewohnt. Es ist ja klar: Wenn man nicht weiß, wie man sich verteidigen soll, dann geht man zum Gegenangriff über.
Und man erklärt den Oppositionsparteien, dass sie besser in die Psychiatrie gehören als in das Parlament. - Das ist ein Jargon, Herr Kollege Harms, den wir hier im Landtag wirklich nicht gebrauchen können!
Dann haben Sie als Ministerin sich allen Ernstes hier hingestellt, auf die Opposition gezeigt und gesagt, wir skandalisieren das, obwohl alle Richterverbände in Schleswig-Holstein das absolut identisch so sehen wie alle Oppositionsfraktionen. Selbst die Neue Richtervereinigung hat sich in diesem Sinne geäußert. Es ist doch nicht nur die Opposition, die das kritisch sieht!