Protokoll der Sitzung vom 21.05.2015

Das war angemessen.

(Heiterkeit)

- Vielen Dank! - Herr Koch, die inhaltliche Auseinandersetzung fand zum Teil schon im Finanzausschuss statt. Sie waren anwesend, haben das aber vielleicht schon vergessen.

Der andere Punkt ist, dass wir hier gleich eine Debatte dazu führen werden. Da Sie den Entwurf des Nachtragshaushalts einbringen, sind Sie der erste Redner; das ist nun einmal so. Aber weitere Redebeiträge werden folgen.

Meine Frage bezieht sich auf folgenden Punkt: Sie wissen, dass die Ergebnisse der Steuerschätzung erst vor rund zwei Wochen veröffentlicht wurden. Diese müssen in einem seriösen Nachtragshaushalt aufgegriffen werden. Da Sie - anders als wir - die Ergebnisse der Steuerschätzung nicht abgewartet haben, sind Sie in diesem Punkt nicht auf dem aktuellen Stand. Somit gibt es schon formal gute Gründe, mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts zu warten.

Herr Kollege Andresen, das ist falsch. Die Mehreinnahmen laut Steuerschätzung sind für unseren Haushalt nur ein durchlaufender Posten. Sie wissen wahrscheinlich genauso gut wie ich, dass zusätzli

che konjunkturbedingte Steuereinnahmen nicht für Mehrausgaben zur Verfügung stehen, sondern in gleicher Höhe für die Reduzierung der Neuverschuldung eingesetzt werden müssen. Ich wiederhole: Das ist ein durchlaufender Posten. Deshalb muss auch nicht nach jeder neuen Steuerschätzung ein Nachtragshaushalt verabschiedet werden. Diese Notwendigkeit besteht nicht. Insofern ist das, was Sie gesagt haben, falsch.

(Beifall CDU)

In meiner verbleibenden Redezeit möchte ich gern noch auf die Behauptung im ersten Teil Ihrer Zwischenbemerkung eingehen. Sie haben gesagt, im Finanzausschuss habe eine inhaltliche Auseinandersetzung mit unserem Entwurf stattgefunden. Hierzu ist festzustellen, dass Sie zunächst mit Ihrer Forderung nach Vertagung gescheitert sind. Dann haben Sie ein paar Argumente nachgeschoben, weshalb Sie den Haushalt dennoch ablehnen würden. So haben Sie - genauso wie Kollegin von Kalben in der Presse unsere Gegenfinanzierungsvorschläge infrage gestellt. Jetzt gehe ich einmal davon aus, dass Sie zu dem damaligen Zeitpunkt die Gegenfinanzierungsvorschläge der Landesregierung noch nicht kannten; sonst hätten Sie vielleicht geschwiegen. Im Gegensatz zu unseren Gegenfinanzierungsvorschlägen ist das, was die Landesregierung dazu vorgelegt hat, durchaus fragwürdig. So schlägt die Landesregierung eine globale Minderausgabe von 25 Millionen € sowie die Entnahme von 35 Millionen € aus dem Sondervermögen zur Hochschulsanierung vor. Letzteres verbindet die Landesregierung mit dem unklaren Versprechen, diese Mittel irgendwann ab 2018 wieder einzuzahlen. Das ist in der Tat eine fragwürdige Gegenfinanzierung. Der Vorwurf, den Sie gegen uns erhoben haben, trifft Sie selbst noch viel mehr.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, selbstverständlich können Sie heute unseren Gesetzentwurf mit Ihrer Einstimmenmehrheit ablehnen. Das ändert nichts daran, dass wir schneller als die Regierung waren.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist ja toll!)

Wir haben einen handwerklich sauberen und beschlussfähigen Entwurf vorgelegt. Angesichts seiner Qualität hätte es unser Vorschlags verdient gehabt, dass auf dieser Basis inhaltlich diskutiert wird. Mein Dank gilt umso mehr allen Mitstreitern in der CDU-Fraktion, insbesondere unserem Finanzreferenten Sascha Gießmann, für die Pionierarbeit, die wir mit diesem Nachtragshaushalt geleistet haben. - Herzlichen Dank.

(Tobias Koch)

(Lebhafter Beifall CDU - Lars Harms [SSW]: Pioniere in der CDU? - Hans-Jörn Arp [CDU]: Schön, dass die Koalition wach geworden ist!)

Das freut uns alle, Herr Kollege Arp. - Ich bitte Sie, gemeinsam mit mir auf der Tribüne einen weiteren Gast zu begrüßen, Christian Thiessen, Landesvorsitzender der PIRATEN. - Herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Nun erteile ich für die SPD-Fraktion Lars Winter das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Koch, Sie haben hier nichts Neues vorgetragen. Neu waren nur Ihr Anzug und Ihre Krawatte; die haben Sie wahrscheinlich extra für heute gekauft. Inhaltlich war es derselbe Quark wie sonst.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Am Ende Ihrer Ausführungen haben Sie gesagt, Sie seien schneller als die Regierung gewesen. Das zeigt: Sie sind auf einem 100-Meter-Lauf. Ich bin neuerdings auch unter die Läufer gegangen, beteilige mich aber am Halbmarathon. Dieser dauert länger. Man muss eine lange Strecke überwinden, es reicht nicht aus, nur einmal kurz anzutreten und dann wieder abzutreten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ihre Rede hat gezeigt, dass es Ihnen nicht um die Zukunft des Landes geht, sondern einfach um Effekthascherei. Es ging Ihnen nur darum, vor der Regierung einen Nachtragshaushaltsentwurf vorzulegen. Fertig, aus!

Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie der Erste waren. Aber der Erste zu sein, bedeutet noch lange nicht, der Beste zu sein.

Der Finanzausschuss ist - das wissen Sie - trotz aller Differenzen in der Sache ein Organ, in dem es ausgesprochen kollegial zugeht. So ging es auch am 7. Mai 2015 zu. Alle anderen Fraktionen baten die CDU, ihren Nachtragshaushaltsentwurf gemeinsam mit dem der Regierung für die Juni-Sitzung einzureichen und dann darüber zu beraten. Es waren alle Fraktionen! Sie sprachen eben von der Einstimmen

mehrheit. Hierzu stelle ich fest: Die Fraktion der PIRATEN hat mit uns gestimmt. Die FDP hat Ihnen nicht zugestimmt, sondern sich der Stimme enthalten. Von daher sind Sie allein. Sie sind mit Ihrer Vorstellung isoliert. - Es hilft aber nichts, Kollege Koch musste mit dem Kopf gegen die Wand. Also müssen wir heute Ihren Vorschlag ablehnen.

Dabei enthält der Nachtragshaushalt der CDU durchaus Punkte, über die man reden sollte. Dazu gehört die Stärkung der Hilfen für Flüchtlinge ebenso wie die weitere Verbesserung der Unterrichtssituation in Schleswig-Holsteins Schulen. Wir können uns auch durchaus vorstellen, dass wir im Lichte der neuen Zahlen und Fakten an der einen oder anderen Stelle zu einer Gegenfinanzierung kommen können. Ministerin Heinold legt die Haushaltsplanung immer konservativ an. Das wissen wir zu schätzen. Wenn sich herausstellt, dass bestimmte Entwicklungen - wie zum Beispiel bei den Zinsen - günstiger ausfallen, gibt es Spielräume nach oben. Diese zu nutzen, ist sinnvoll und vernünftig. Aber das Beispiel der Gegenfinanzierung mit Ihrem ideologischen Paket zur Biotopkartierung zeigt wieder, dass wir da garantiert nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Kombiniert mit dem Entschließungsantrag der CDU ,,Handeln statt Reden“ macht der Nachtrag wieder einmal deutlich, dass es um reißerische Effekte geht und nicht um mehr Gerechtigkeit, um Solidarität und um eine konsequente Ausrichtung auf die zentralen Themen der Zukunft.

Ich kann das Gerede von den angeblichen Nichtweiterleitungen von Bundesmitteln an die Kommunen langsam nicht mehr hören. Es wird den Realitäten ebenso wenig gerecht wie den gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen wir stehen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Selbstverständlich findet das Leben von Bürgerinnen und Bürgern in Kommunen statt. Dort sind Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Dort leben Menschen. Kommunen in Schleswig-Holstein stehen besser da als in vielen anderen Bundesländern. Auch dies ist übrigens ein Grund, weshalb aus dem Sondervermögen des Bundes zur Investitionsförderung finanzschwacher Kommunen nur rund 2,8 % nach Schleswig-Holstein fließen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir hätten uns einen Diskurs gewünscht, wenn die Steuerschät

(Tobias Koch)

zung für Schleswig-Holstein und die Vorschläge der Landesregierung vorliegen, wenn die Vereinbarungen mit dem Bund für zusätzliche Mittel stehen, sodass wir die unterschiedlichen Vorstellungen für einen Nachtrag 2015 hätten nebeneinanderlegen und beraten können. Allerdings haben wir nun Anlässe für gleich zwei Landtagssitzungen hintereinander, das komplexe Thema der Landesfinanzen zu erörtern.

Für die SPD-Landtagsfraktion stehen soziale Gerechtigkeit, Bildung und Nachhaltigkeit im Zentrum unserer Finanzpolitik. Dies muss sich im Landeshaushalt widerspiegeln. Für populistische Schnellschüsse gibt es zum Glück keinen Raum. Ausdrücklich begrüßen wir - das gestehen wir Ihnen zu -, dass mit dem Nachtrag der CDU zum ersten Mal das neue Instrument unserer Landesverfassung genutzt wurde, mit dem wir die Rechte des Parlaments in Budgetangelegenheiten gestärkt haben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Transparenz der Haushalte ist für uns ein wichtiger Punkt. Hier wünschen wir uns Instrumente, die weit über das hinausgehen, was die heutigen kameralistischen Haushalte abbilden. Das bedeutet aber keineswegs, dass wir mit Doppik allein weiterkämen. Die Kosten-Nutzen-Schätzung auf EU-Ebene macht deutlich, dass ein neues Rechnungssystem beziehungsweise Rechnungswesen dann sinnvoll ist, wenn es mit weiteren finanzpolitischen Reformen kombiniert wird. Für sich allein ist Doppik keine Heilslehre.

Als künftige Norm können Europäische Rechnungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor eine Basis für die künftigen Vereinbarungen werden. Die Abkürzung lautet EPSAS. Bestandteile können unter anderem die Rechnungsführung nach dem Prinzip der Periodenabgrenzung, doppelte Buchführung, international harmonisierte Rechnungslegung und Kompatibilität mit den Grundsätzen des ESVG sein. Auch hier ist langfristiges, nachhaltiges Denken und Handeln gefragt. Gerade in Schleswig-Holstein haben wir gespürt, dass man mit Schnellschüssen sehr viel Geld verbrennen kann. Deswegen müssen wir zunächst einmal zu gemeinsamen Standards kommen.

Den Antrag der CDU lehnen wir ab, ebenso den Antrag in der Drucksache 18/2909. Für den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 18/2859 beantragen wir Kenntnisnahme. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Abgeordneten Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass wir uns alle darüber einig sind, dass wir unserer humanitären Verpflichtung für Flüchtlinge gerecht werden müssen. Unabhängig von dem, was ich gleich noch zum Dissens in der Sache zu vielen Punkten in der CDU-Haushaltspolitik sagen werde, möchte ich das voranstellen, denn das ist ein großer Wert. Dass wir im Hinblick darauf alle über Nachtragshaushalte in welcher Form auch immer sie dann ausgeprägt sind - agieren wollen, ist ausdrücklich zu begrüßen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können uns in der Haushaltsplanung nicht darauf verlassen, dass der Bund endlich seiner Verantwortung genauso gerecht wird, wie wir alle hier es wollen. Aber man muss zumindest sagen dürfen, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble bisher dort ziemlich stark aus dem Staub machen. Wir erwarten von der Großen Koalition in Berlin, dass auch strukturell mehr Mittel für die Flüchtlingspolitik zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Auch beim UKSH unterscheiden wir uns in den Entwürfen des Nachtragshaushalts kaum. Auch da ist es gut, dass wir gemeinsam Konsequenzen aus der Keimkrise von vor wenigen Monaten ziehen werden.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Kommen wir nun also zum Dissens. Sie werfen uns gemeinsam mit dem Rechnungshof und anderen immer wieder vor, dass wir eine ausufernde Ausgabenpolitik vornähmen. Sie selber kürzen allerdings nur an echten politischen Haushaltstiteln. Der Kollege Winter hat es genannt. Sie kürzen für 3 Millionen € ausgerechnet bei Klimaschutzmaßnahmen und der Biotopkartierung. Bei der Biotopkartierung ist übrigens besonders interessant, dass Sie das

(Lars Winter)

wahrscheinlich als Ökospielwiese abtun und gar nicht verstehen, dass es bei der Biotopkartierung auch um ein wichtiges Planungsinstrument geht. Das heißt, Ihre Politik in dem Bereich ist auch wirtschaftsfeindlich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)