Protokoll der Sitzung vom 28.09.2012

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen allen einen guten Morgen, bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen und eröffne die Sitzung am heutigen Tag.

Ich teile Ihnen mit, dass die Kollegin Angelika Beer erkrankt ist, und bitte Sie, ihr von dieser Stelle aus mit mir zusammen eine gute Besserung zu wünschen.

(Beifall)

Begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Probstei, Schönberg. - Herzlich willkommen euch hier im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Verbesserung der Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/178

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Johannes Callsen von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor mehr als 20 Jahren haben Schleswig-Holstein und Hamburg ein gemeinsames Regierungsabkommen geschlossen. Dies war ein wichtiger Schritt, um die Zusammenarbeit beider Länder auf eine vertragliche Grundlage zu stellen. 20 Jahre sind eine lange Zeit in einer Partnerschaft. Aber auch eine Partnerschaft zwischen zwei Ländern bleibt nicht stehen, sondern sie verändert und entwickelt sich weiter.

Vor einem halben Jahr hat die Enquetekommission ihre Bestandsaufnahme zur norddeutschen Kooperation vorgelegt und Empfehlungen gegeben, wie beide Länder ihre Zusammenarbeit noch besser gestalten können. Aus dem Abschlussbericht geht ganz klar hervor: Die Potenziale sind auf beiden Seiten noch nicht voll ausgeschöpft. SchleswigHolstein und Hamburg können gemeinsam mehr erreichen.

(Beifall CDU und Abgeordneter Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Wir brauchen ein Mehr an Zusammenarbeit, wir brauchen ein Mehr an Gemeinsamkeiten und ein Mehr an gemeinsamen Projekten.

Es war gerade die SPD-Fraktion in diesem Haus, die in der vergangenen Legislaturperiode immer wieder dazu aufgefordert hat, die Zusammenarbeit beider Länder auszubauen. Wir erinnern uns alle an eine Vielzahl von Anträgen zu diesem Thema. Seit Sie in Regierungsverantwortung sind, scheint diese Forderung aber von Ihnen nicht mehr mit dem notwendigen Nachdruck vertreten zu werden, den Sie noch im Wahlkampf an den Tag gelegt haben. Ich sage daher ganz klar: Die Arbeit der Enquetekommission zur norddeutschen Kooperation darf nicht für die Katz gewesen sein. Wir müssen jetzt die Weichen für eine bessere und weitere Zusammenarbeit stellen.

(Beifall Abgeordneter Hans-Jörn Arp [CDU])

Hamburg und Schleswig-Holstein brauchen eine bessere Koordination ihrer Vorhaben. Es ist an der Zeit, ein neues Kapitel in der norddeutschen Zusammenarbeit aufzuschlagen und dafür auch die rechtlichen Grundlagen zu legen.

(Beifall CDU)

Es hilft Schleswig-Holstein nicht, dass die Grünen ihre Basis jetzt über den Nordstaat abstimmen lassen, während der SSW nichts mehr scheut als eine engere Anbindung an die Hansestadt Hamburg.

Auch der Bund der Steuerzahler hat jüngst beklagt, dass eine bessere Zusammenarbeit mit Hamburg aus dem Blickfeld der schleswig-holsteinischen Landesregierung verschwunden ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei einem Grundlagenstaatsvertrag steht das Wohl beider Länder im Mittelpunkt. Ein solcher Vertrag sorgt für ein Mehr an gemeinsamer Koordinierung, zum Beispiel bei der Landesplanung und der Infrastrukturplanung. Aber auch beim Straßenbau, beim Stromleitungsbau, bei der Luftfahrt und bei den Wasserwegen sind gemeinsame Wege möglich. Hier ist es wichtig, dass beide Länder gemeinsam für die wichtigen Verkehrsprojekte im Norden eintreten. Ebenso bringt eine Zusammenarbeit in der Verwaltung für beide Seiten enorme Einsparpotenziale mit sich.

Das Gleiche gilt - auch das hat die Enquetekommission herausgearbeitet - bei der Wirtschaftsförde

rung, wo ein Staatsvertrag verlässliche Rahmenbedingungen schaffen kann, die das Wohl beider Länder berücksichtigen.

Statt gegeneinander zu arbeiten, sollten Hamburg und Schleswig-Holstein besser ihre Stärken bündeln. Sie könnten so ihre Energie dafür aufwenden, wirkungsvoll ihre Interessen in Norddeutschland gemeinsam durchzusetzen. Ich plädiere deshalb dafür, nicht noch mehr Zeit verstreichen zu lassen, und bitte Sie über alle Fraktionsgrenzen hinweg, mit uns gemeinsam heute die Landesregierung aufzufordern, einen neuen Grundlagenstaatsvertrag mit Hamburg auszuhandeln, in dem die Rahmenbedingungen der zukünftigen Zusammenarbeit normiert werden.

Unsere Landesparlamente aber - das ist ein ganz wichtiger Punkt - müssen in diese Beratungen und Verhandlungen einbezogen werden; denn das alte Regierungsabkommen lässt die Landesparlamente außen vor. Auch das muss für die Zukunft ein neuer Grundlagenstaatsvertrag ändern.

(Beifall CDU)

Die Kollegin Gitta Trauernicht hat es bereits in der letzten Legislaturperiode passend beschrieben. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:

„Wir brauchen eine kluge Politik für eine starke Allianz im Norden. Selbstbewusst und auf Augenhöhe mit Hamburg werden wir neue Wege gehen.”

(Beifall Abgeordneter Martin Habersaat [SPD])

Ich hoffe, dass diese Worte jetzt kein bloßes Wahlkampfgetöse waren, sondern auch heute noch in dieser Legislaturperiode Bestand haben. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Schleswig-Holstein zum Motor der norddeutschen Zusammenarbeit wird.

(Beifall CDU und Abgeordneter Oliver Kumbartzky [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege.

Bevor wir fortfahren, möchte ich Ihnen mitteilen, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigt haben, dass wir heute ohne Mittagspause tagen.

Damit Sie sich vorbereiten können und wir alle den gleichen Stand haben, fasse ich den gegenwärtigen Stand wie folgt zusammen: Wir haben jetzt den Ta

gesordnungspunkt 31 in der Beratung. Folgen wird der Tagesordnungspunkt 46 A. Danach werden wir den Punkt 43 beraten und im Anschluss daran die Punkte 6 und 27 in gemeinsamer Beratung. Als Letztes haben wir dann heute noch den Tagesordnungspunkt 13 auf der Tagesordnung. Alle diese Punkte sollen also ohne Mittagspause bis heute Mittag abgehandelt werden.

Wir fahren fort. Der Redner der SPD-Fraktion ist Martin Habersaat. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Problem bei dem Wort „zuerst” ist, dass man nicht immer alles zuerst machen kann. Es gibt bei AbiStreichen das beliebte Spiel, dass im Lehrerzimmer Plastikbecher mit Wasser aufgestellt werden. Wenn das Lehrerzimmer wieder benutzt werden können soll, dann müssen diese Becher natürlich raus. Die Becher können aber nicht alle zuerst entfernt werden, sondern man muss mit einem Becher anfangen. Nun stellen wir uns einmal bildlich Torsten Albig vor, der die Staatskanzlei betritt, und diese ist voll mit Wasserbechern. Die können natürlich nicht alle zuerst entfernt werden.

Ich habe jetzt bewusst das Bild mit den Wasserbechern benutzt, statt den auf dem Land beliebten Spaß mit Papiertüten und Pferdemist zu nehmen, weil das dann vielleicht unparlamentarisch geworden wäre.

(Heiterkeit)

Das Interessante, Herr Callsen, ist ja, dass Sie in der letzten Legislaturperiode alle Möglichkeiten gehabt hätten, aber keinen einzigen Beschluss gefasst haben, der in diese Richtung geht, die Sie nun „zuerst” umgesetzt haben möchten.

(Beifall SPD)

Sie haben einige Beispiele genannt. Ich hätte noch den UV Nord anzubieten, der uns seit Langem auffordert, auf allen politischen Themenfelder so eng wie möglich zusammenzuarbeiten.

Nun bitten Sie uns, heute zu beschließen - und dem Teil können wir alle sofort zustimmen -:

„Die Kooperation der norddeutschen Bundesländer hat für Schleswig-Holstein einen hohen Stellenwert. Dabei kommt der besonderen Kooperation mit Hamburg für Schleswig-Holstein eine besondere Bedeutung zu.“

Jawohl, so ist es. Wir freuen uns, dass Sie die Arbeit in diese Richtung aufgenommen haben und

(Johannes Callsen)

dies sinnvollerweise mit einem Parallelantrag in der Hamburger Bürgerschaft begleiten, weil wir natürlich in beiden Parlamenten in die richtige Richtung arbeiten müssen. Sie fordern auch die Beteiligung der Parlamente zu Recht.

Die Beteiligung kann - diesem Vorschlag haben Sie sich bisher verweigert - über einen gemeinsamen Ausschuss beider Länder passieren, der formal das haben wir alle gelernt - aus zwei Ausschüssen bestünde, die immer gemeinsam tagen. Überhaupt sollten wir uns überlegen, wie wir es schaffen, häufiger mit den Hamburgern zu sprechen. Noch vor der Landtagswahl wurde ein informelles Zusammentreffen von Parlaments- und Fraktionsspitzen vonseiten der CDU abgelehnt, weil es offenbar nicht in die Wahlkampfdramatik passte, weil man gerade auf eine andere Rhetorik umgeschwungen war und mit wilden Angriffen hantierte.

Bis vor Kurzem haben Sie immer negativ kommentiert, wenn sich Torsten Albig und Olaf Scholz für eine gute Nachbarschaft eingesetzt haben. Jetzt soll es losgehen. Gut so!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Konkretes Bei- spiel!)

Der letzte Wirtschaftsminister hat prüfen lassen, ob er mit seinem Haus Vereinbarungen mit Hamburger Behörden schließen sollte. Man fragt sich daher, ob es nicht möglich war, mit dem gesamten Kabinett vorzugehen und der Wirtschaftsminister deswegen einen separaten Weg einschlagen musste. Aber okay.

Heute greifen Sie dieses Gutachten auf, das zu dem Schluss kommt: Am besten sollte es mit Hamburg unter dem Rahmenstaatsvertrag ein gemischtes Abkommen geben, und die Ebenen Regierung, Verwaltung und Parlament sollten zusammenarbeiten. Das finde ich alles nachvollziehbar und in Ordnung.