Protokoll der Sitzung vom 19.06.2015

Jetzt komme ich zu Ihrer Rede. Vergessen Sie die Mehrheiten nicht. Wir haben hier mehrfach über die 13.000 landwirtschaftlichen Betriebe und alles, was dazugehört, diskutiert. Es betrifft 100.000 Menschen in Schleswig-Holstein, die davon leben, dass Landwirtschaft als Wirtschaft funktioniert. Und Sie gehen mit keinem Wort auf diese Bauern, die jeden Tag ihre Arbeit tun, ein! Das ist das Problem.

(Beifall CDU und FDP)

Warum stellen Sie nicht auch einmal lobend dar, was wir heute haben? - Wir haben es mehrfach versucht. Schauen Sie sich einmal den Hamburger Rand an. Da gibt es mehr Pferde als Kühe. Die Landwirte dort lassen ihre Flächen so beweiden, wie Sie sich das ökologisch vorstellen. Gucken Sie an die West- oder an die Ostküste. Alle Bauern betreiben, wenn auch nicht hauptberuflich - manchmal aber auch das -, in Teilen erneuerbare Energieanlagen. Sie sind in Ihrer Rede mit keinem Wort auf diese Geschäftsfelder eingegangen. Das ist alles nachhaltig, das sind alles Alternativen. Wollen Sie diese unterstützen, wollen Sie das abwürgen, oder haben Sie auch Ideen, wie Sie diesen Landwirten aus der EU-Agrarpolitik künftig in irgendeiner Form behilflich sein werden?

Wir haben - auch das ist ein Riesenpfund, was Sie hier im Landtag nie öffentlich zugeben - in Dithmarschen das größte Anbaugebiet für Kohl in Europa.

(Beifall CDU und FDP)

Auch da - das gebe ich gerne zu - gibt es ökologisch wirtschaftende Betriebe, die nicht nur Kohl,

sondern vermehrt auch Gemüse anbauen - ein Riesenpfund für dieses Land. Das ist auch keine Minderheit, sondern gehört eher zu den Mehrheiten. Sie wissen ganz genau, dass wir sowohl an der Ost- als auch an der Westküste unwahrscheinlich starke Ackerbaubetriebe haben, die mit diesem Grundstandort sehr vorsichtig, bewusst und nachhaltig für die nächsten Generationen umgehen. Auch diese müssen unterstützt werden. Kein Wort des Lobes!

Sie sprechen von Minderheitenpolitik. Erkennen Sie es doch einmal an, loben Sie unsere Bauern, sagen Sie doch einmal, was diese heute alles leisten!

(Beifall CDU und FDP)

Zeigen Sie mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen, besonders in der zweiten Säule, einen Weg auf, wie man mit den Problemen, die uns durchaus heute schon bekannt sind, umgeht.

Sie verbreiten Angst im Land, und ich kann Ihnen auch sagen, weswegen: Flächenknappheit. Flächenknappheit ist ein Problem, über das wir jeden Tag diskutieren. Regeln Sie es im neuen Naturschutzgesetz so, dass wir ein Vorkaufsrecht für die Verbände und den Staat haben und die Fläche dadurch noch knapper wird?

Schaffen Sie es vielleicht in irgendeiner Form, dem aus meiner Sicht lang bekannten Problem wie dem Jakobskreuzkraut mit Mitteln, die die Landwirtschaft schon lange kennt - auf Naturschutzflächen nicht nur pflügen, sondern vielleicht auch einmal rechtzeitig eine Pflanze auszureißen -, Herr zu werden? Das kann doch nicht so ein Problem sein. Das hätten die Bauern doch schon lange gelöst.

(Beifall CDU und FDP)

Schaffen Sie es vielleicht auch mit innovativen Ideen - auch das haben wir öfter diskutiert -, dass die Nährstoffüberschüsse, die vornehmlich aus dem nordwestlichen Raum in Schleswig-Holstein kommen, in irgendeiner Weise dorthin gebracht werden, wo sie denn sinnvoll auch verwertet werden können, nämlich im Südosten Schleswig-Holsteins, dort, wo die Äcker noch etwas aufnehmen können?

Schaffen Sie es vielleicht auch, nicht nur mit Verordnungen und Ordnungsrecht zu kommen? Ich verweise in diesem Zusammenhang immer auf den Knickschutz. Das war am Ende auch irgend so ein Kompromiss, der eigentlich keinen wirklich verbesserten Schutz darstellt.

Schaffen Sie es vielleicht auch, den Bauern die Angst zu nehmen, die morgen eine Siloplatte bauen müssen und deswegen vielleicht ihren Hof aufge

ben müssen, weil sie nicht wissen, wie es weitergehen soll, und ihnen zu helfen?

Ich glaube, das schaffen Sie mit dem, was Sie hier vorgestellt haben, im Moment nicht.

Ich komme nun zu dem, was man vielleicht anders machen sollte. Sie haben die Mittel von 28 Millionen € auf 57 Millionen € für den Ökolandbau erhöht. Das ist eine gute Idee, die müssen Sie fördern. Dieser Bereich muss auch irgendwie in Gang kommen, und diese Landwirte müssen auch einen Markt finden. Die Frage ist aber, ob sie, wenn sie langfristig am Tropf der Politik hängen, auch Zukunftsängste haben werden. Heute am Tropf - morgen andere Politik - morgen ist die Kasse wieder leer - morgen fällt Griechenland. Wer weiß, was kommt! Auch wenn Sie die Mittel von 28 Millionen € auf 57 Millionen € erhöhen, leben diese Landwirte mit einer gewissen Angst.

Da ist der Fehler vielleicht auch in Ihrem System. Sie geben 10 Millionen € für tiergerechte Ställe aus. Ich sage Ihnen nun einmal, was Bayern im Jahr für diesen Bereich ausgibt, auch wenn wir uns nicht immer mit Bayern vergleichen können. Bayern gibt 75 Millionen € aus, und dies nicht für die Ökolandbauställe, sondern für die konventionelle Landwirtschaft. Es gibt dort Programme, aus denen nach Vorgabe der Landesregierung für das Tierwohl Standardställe bis zu 75 %, wenn es richtig gut läuft, gefördert werden. Da ist es doch klar, dass es dem Tier dann nachher wesentlich besser geht. Es ist auch klar, dass dort auch der konventionelle Landwirt dieses Programm annimmt.

(Beifall CDU)

Hier gibt es - nur zum Vergleich - lächerliche 1,2 Millionen € im Jahr für tiergerechte Ställe. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich prophezeie Ihnen, dass das so gut wie nicht angenommen wird.

Ich komme noch einmal zu den Mitteln der zweiten Säule. Ein Riesenproblem - das werden Sie in der Praxis erleben - sind die Vorgaben, die bei all diesen Agrarumweltmaßnahmen aufgelegt wurden. Wir haben versucht, dies im Umwelt- und Agrarausschuss zu diskutieren. Sie hatten darauf hingewiesen, dass Verbände und Politik eingebunden waren. Alle fanden die Programme ganz hervorragend.

Jetzt kommen wir aber zur Praxis. Da höre ich immer nur, dass die Auflagen, die damit verbunden sind, so hoch sind - auch ich habe versucht, diese Programme für dieses Jahr in Anspruch zu nehmen -, dass sie am Ende von der konventionellen

(Heiner Rickers)

Landwirtschaft - das ist wieder die Masse und nicht die Minderheit - gar nicht angenommen werden können.

(Beifall CDU)

Sie schütteln den Kopf. Es ist einfach zu sagen: Der Prallteller soll verboten werden, Sie müssen schlitzen. Das ist gar nicht so leicht, wenn Sie Steine im Acker, hügeliges Gelände oder kleine Strukturen haben. Das betrifft eigentlich alle die, die Sie eigentlich in der Landwirtschaft unterstützen wollen.

Es ist auch nicht so einfach, wenn Sie Grünlandprämien ausgeben und diese mit so vielen Auflagen verbinden, dass sie der konventionelle Landwirt am Ende gar nicht in Anspruch nimmt. Also sind Ihre gesamten Programme genau auf die Leute zugeschnitten, die zur Minderheit gehören. Das ist absolut der falsche Weg.

(Beifall CDU und Christopher Vogt [FDP])

Internet: Auch da wissen Sie, dass sich viele selbst geholfen haben. Ich komme ja aus dem Kreis Steinburg, dem Vorzeigekreis in Sachen Internet. Wir sind ganz weit vorn, haben 60 % der Kreisfläche erschlossen. Dies erfolgte über kommunales Engagement über den Kreis und die Kommunen direkt, wohl mit Unterstützung, aber ohne viel Hilfe aus der Regierung in Kiel. Das läuft hervorragend und macht Schule. Das wird auch weitergehen.

Wegebau im ländlichen Raum: Sie sagen immer, die Landwirte wollen mit dem großen Güllewagen fahren. Das ist ja gar nicht unser Ansinnen. Das, was heute marode ist, muss im Kern erneuert werden. Hier waren wir doch schon auf einem sehr guten Weg. Der Weg, der dort geschaffen wird, muss multifunktional sein. Es geht nicht, dass Sie über eine Straßenausbaubeitragssatzung verpflichtend den Knüppel - sprichwörtlich - auf die Wege legen.

Letztes Thema: Küstenschutz, Agrarstruktur. Hervorragend ist, dass die Mittel nicht gekürzt werden und auch für den Küstenschutz - da sind wir uns einig - etwas gemacht wird. Ich komme ja nun das haben Sie über Weihnachten ja verfolgt - aus dem Gebiet Bramau/Stör. Da wird natürlich gar nichts gemacht außer blockiert. Da könnte man vielleicht auch baggern. Sie müssen den Kopf schütteln, das ist mir klar; aber da kann man vielleicht auch einfache Lösungen finden.

Fazit: genug Geld ist da. Wir haben ein Riesenproblem im Küstenschutz - darauf gehen Sie leider auch nicht ein -, und das sind die Ausgleichsfaktoren. Wenn der Deich verstärkt wird, muss im Land

ausgeglichen werden. Das kann doch zukünftig nicht unser Ansinnen sein.

Ich erinnere - dann komme ich zum Schluss - an Ihr Zitat aus dem Umweltausschuss aus dem letzten Jahr. Ich hatte damals gefragt: Wie soll denn der Ausgleich erfolgen, wenn im Rahmen der Fehmarnbelt-Querung der Tunnel Richtung Fehmarn - unter der Ostsee zumindest zur Hälfte auf dem Hoheitsgebiet des Landes Schleswig-Holstein - kommt? Ausgeglichen werden muss ja an Land. Wir graben unter der Ostsee und gleichen an Land aus. Die Fläche ist sowieso schon knapp, und keiner weiß, wo der Ausgleich erfolgen soll.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Am Ende schaden Sie auch dort unseren Bauern.

(Zuruf SPD: Lassen Sie es sein!)

Die Dänen machen es anders und intelligenter. Sie sagen: Wenn wir unter der Ostsee graben, brauchen wir auch nicht an Land ausgleichen. Die machen dafür keinen Ausgleich. Informieren Sie sich. Dann wissen wir, wie es besser geht.

Ich komme jetzt wirklich zum Schluss, Herr Präsident. - Hören Sie auch auf unsere Ratschläge. Denken Sie daran, die Praxis muss ihre Programme auch praxisrelevant umsetzen können. Wenn Sie nach einem Jahr merken, dass das Geld nicht abgerufen wird, dann fragen Sie durchaus einmal bei dem agrarpolitischen Sprecher der CDU nach; der hat andere Ideen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir noch zwei Gäste ganz besonders, die heute bei uns sind. Das sind die Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Ruth Kastner, und der Bürgermeister von Klein Offenseth-Sparrieshoop, Günther Korff. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber das Wort.

(Heiner Rickers)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ende Mai wurde das schleswigholsteinische Entwicklungsprogramm für die ländlichen Räume von der EU-Kommission genehmigt. Ihnen, Herr Minister Dr. Habeck, und Ihrem Haus gilt dafür Dank und Anerkennung. Das war eine Menge Arbeit! Das ist Fördergeld für die gesamte Landwirtschaft in Schleswig-Holstein. Der Minister hat es gesagt: Öko gegen konventionell ist nicht das Thema dieser Förderperiode.

Ganz ehrlich gesagt, lieber Kollege Heiner Rickers, wenn ich im Land unterwegs bin - ich habe fast alle Kreisbauernverbände besucht -, dann erlebe ich stolze, zukunftsorientierte, verantwortungsbewusste Landwirte, die nicht ängstlich auf die Dinge starren, die da kommen, sondern die selbst gestalten wollen.

(Heiner Rickers [CDU]: Das ist gut!)

Davor habe ich große Achtung.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)