Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 48 auf:

35. Tätigkeitsbericht 2015 des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein für den Berichtszeitraum 2013/2014

Drucksache 18/2730

Bevor wir in die Debatte eintreten, hätte ich gern Herrn Weichert begrüßt, der jetzt aber verständlicherweise vermutlich mit Frau Hansen nach unten gegangen ist und die Glückwünsche entgegennimmt.

Daher eröffne ich jetzt gleich die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Dr. Axel Bernstein für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich mit Blick auf die - nicht funktionierende - Uhr bemühen, es kurz zu machen. Der Bericht des ULD gibt wie üblich einen guten Überblick über die umfangreiche Tätigkeit; über den Datenschutz in der Verwaltung, über die Beratung der privaten Wirtschaft, aber auch über die Beschäftigung mit Zukunftsthemen wie Cybersicherheit oder Big-Data in Modellprojekten und Studien, über die Auditierungsprojekte und über die Zusammenarbeit und die Beratung des Landtags. All dies ist professionell, all das ist lobenswert, all das ist gut.

Es gibt aber auch ein paar Bereiche, in denen sich das ULD nach unserer Überzeugung verrannt hat, beziehungsweise bei denen die Leitung auf Spielwiesen unterwegs ist, die nach unserer Auffassung nicht zu den Aufgaben des ULD gehören.

(Beifall CDU)

Da ist natürlich die unselige Dauerfehde mit Facebook zu nennen. Es gibt aber auch das eine oder

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

andere weitere Beispiel. Unter der Überschrift: „USA, unser Freund, Spion und Konkurrent“ befindet sich in dem Bericht ein Abschnitt, der mit in einem Kästchen eingerahmten Text unter der Überschrift „Was ist zu tun“ endet. Die Aussage darin: Das Verhältnis Deutschlands zu den USA - soll es eine Partnerschaft sein - muss sich an grundrechtlichen Werten orientieren. Für diese Grundaussage haben wir auf das ULD gewartet.

Nehmen wir ein weiteres Beispiel, den Abschnitt „Whistleblower“:

„Zwar könnte die Bundesrepublik Snowden Schutz gewähren, ein rechtlicher Anspruch auf einen solchen Schutz lässt sich aber kaum begründen.“

- Auch das ist nicht falsch, aber nach unserer Auffassung weit weg vom Auftrag des ULD.

Es ist jetzt ein bisschen müßig, Frau Hansen zu ihrer Wahl zu gratulieren, weil sie dies draußen jetzt wahrscheinlich nicht mitbekommt. Da wir hier aber weitestgehend nur noch für das Protokoll sprechen, will ich dies tun. Wir wünschen Frau Hansen viel Erfolg bei ihrer Tätigkeit und immer den richtigen Blick auf die Schwerpunkte und auf die Zuständigkeiten des ULD.

(Beifall)

Mit dieser Wahl ist auch der Zeitpunkt gekommen, die sachwidrige Lex Weichert wieder abzuschaffen; dem dürfte ja jetzt nichts mehr im Wege stehen.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Stichwort Thilo Weichert: Wir waren als CDUFraktion nun wahrlich nicht immer mit ihm einer Meinung. Ich persönlich möchte an dieser Stelle allerdings sagen: Für den offenen und fairen Umgang in Veranstaltungen und in Gremien darf ich mich ganz herzlich bedanken. Bei allen inhaltlichen Differenzen ist es sicherlich das Verdienst von Thilo Weichert, dass die öffentliche Wahrnehmung immer wieder auf das Thema Datenschutz gelenkt wurde. Das hartnäckige Werben dafür, dass Datenschutz und Medienkompetenz jeden Einzelnen angehen, ist richtig und wichtig. Die zumindest in weiten Teilen sehr abgewogene Stellungnahme von Thilo Weichert zur überfälligen Einführung von Höchstspeicherfristen lässt ja auch hoffen, dass hier inhaltlich noch Bewegung hineinkommt.

Wir wünschen Thilo Weichert für seine Zukunft alles Gute und einen Abschied ohne Groll aus dem Amt.

Im Juni 2013 hat die „Süddeutsche Zeitung“ ein Portrait über Herrn Weichert unter der Überschrift „Ein Mann wie eine Firewall“ veröffentlicht. Nun steht das turnusmäßige Update an, und das ist dann auch gut so. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Herr Abgeordnete Peter Eichstädt.

Wir haben übrigens weiterhin ein bisschen Probleme mit der Uhr. Ich habe mich davon überzeugt, dass dies nicht an der CDU liegt. Aber wir werden hier jede Minute mitzählen.

Ich habe noch nie Probleme mit dieser Uhr gehabt.

(Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Nun kann die Uhr zu laufen beginnen.

(Heiterkeit)

Zunächst danke ich Herrn Weichert und seinem Team für den umfassenden Bericht, den wir heute zu würdigen haben und der beruhigt. Er macht die zwei Seiten der Medaille des Datenschutzes und der Datennutzung über die neuen technischen Möglichkeiten und die Notwendigkeit, sich mehr denn je für Datenschutz einzusetzen, noch einmal deutlich.

Am Wochenende hat der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, in den „Kieler Nachrichten“ dazu aufgerufen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger für eine demokratische, menschenfreundliche Gestaltung der Informationsgesellschaft starkmachen. Was meint er damit? - Es geht zum einen darum, dass die heutigen elektronischen Datensammel- und Datenverarbeitungsmöglichkeiten und Kommunikationstechnologien sicherlich viele neue Chancen bieten. Ich denke zum Beispiel an die Medizin, an ärztliche Versorgung, an E-Learning-Portale, um sich fort- und weiterzubilden, an Möglichkeiten, sich mit Menschen überall auf der Welt zu vernetzen, Wissen weltweit allen Menschen zur Verfügung zu stellen und die Mächtigen zu kontrollieren.

Zum anderen geht es aber auch um die Überforderung des Einzelnen im Rahmen all dieser genannten Möglichkeiten. Die einen gehen sorglos mit ihren Daten um und lassen andere an jedem noch so kleinen Detail in ihrem Leben teilhaben. Gleichzeitig

(Dr. Axel Bernstein)

sind ihnen die Gefahren, die daraus für sie resultieren könnten, entweder nicht bewusst, oder es ist ihnen gleichgültig.

Die anderen, die nicht alles anderen preisgeben wollen und sich nicht einer Einschränkung der individuellen Freiheitsrechte durch zunehmende Einschränkung aussetzen wollen, wissen häufig nicht, wie sie ihre Daten schützen sollen, ohne sich von den durchaus geschätzten Möglichkeiten abzukoppeln.

Hier setzt der dritte Aspekt an, der sich daraus ableitet, nämlich der Datenschutz. Mit all den neuen Möglichkeiten wird auch ein Missbrauch der Daten, die wir preisgeben, immer einfacher. Hier brauchen wir wirksame rechtliche Regelungen, die Daten zu schützen. Deshalb ist es richtig, dass auch auf europäischer Ebene endlich über eine neue Datenschutzverordnung verhandelt wird; denn es nützt so gut wie nichts, auf nationaler Ebene Daten zu schützen, wenn sie europa- und weltweit nicht geschützt sind.

Aber neben den notwendigen Regelungen des Datenschutzes brauchen wir mehr bewussten Umgang und ein aktives Bewusstsein mit unseren Daten. Das deutlich zu machen, ist auch Aufgabe der Politik. Vor allem jungen Menschen müssen wir vermitteln, dass der Satz ,,Ich habe doch nichts zu verbergen“ nicht nur naiv ist, sondern unter vielerlei Gesichtspunkten auch gefährlich.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, für Schleswig-Holstein und den Datenschutz im Land ist der heutige Tag ein Einschnitt.

Sehr geehrter Herr Dr. Weichert, ich möchte Ihnen im Namen meiner Fraktion für Ihre Arbeit als Beauftragter für den Datenschutz in Schleswig-Holstein danken.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie waren in all den Jahren ein für die Politik nicht immer bequemer, manchmal ausgesprochen unbequemer Partner, aber Sie waren immer ein Partner. Sie haben den Datenschutz in unserem Land zu einem Markenzeichen gemacht, und Sie genießen weit über unsere Landesgrenzen hinaus großes fachliches Ansehen. Dieses fiel auch ein wenig auf unser Land zurück. Dass Sie einige von uns gelegentlich auch genervt haben, vor allem mit Ihrem sagen wir mal - beharrlichen Vorgehen gegenüber Facebook, gehört natürlich auch zur Chronik.

Aber trotz aller Auseinandersetzungen war die grundsätzliche Anerkennung Ihrer Arbeit von den meisten nie wirklich infrage gestellt worden. Ich erinnere mich noch gut daran, Herr Kollege Bernstein - das ist mein Kollege von der CDU-Fraktion -, dass Sie angesichts der Aktivitäten von Herrn Weichert gegen Facebook ein freundliches „Nicht schon wieder, Thilo“ in die Pressemitteilung schrieben. Das klang leicht genervt, aber eigentlich auch, Herr Kollege Bernstein, schon wieder ein bisschen liebevoll und zeigt, dass Kritik und Zuneigung nicht weit auseinanderliegen müssen.

Herr Weichert, ich danke Ihnen und wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft! Sie waren ein guter schleswig-holsteinischer Leuchtturm des Datenschutzes.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Gestatten Sie mir nun noch ein paar kurze Worte an die Adresse von Frau Hansen. Sie ist zwar im Moment nicht im Raum, ich möchte sie aber trotzdem vortragen, weil ich denke, sie wird diese draußen hören.

Liebe Frau Hansen, Ihnen gratuliere ich im Namen meiner Fraktion herzlich zu Ihrer Wahl. Sie werden mit Sicherheit vieles anders machen und Ihren eigenen Stil finden. Aber wenn Herr Dr. Weichert in der Presse zitiert wird, er halte große Stücke auf Sie und wörtlich sagt „Ich wüsste niemand Besseren“, dann ist das zumindest für Sie ein guter Start. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Herrn Abgeordneten Burkhard Peters das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute den letzten Tätigkeitbericht des ULD zu verhandeln, der unter Verantwortung von Dr. Thilo Weichert für den Zeitraum 2013 und 2014 verfasst wurde.

Ziemlich zu Beginn des Berichtzeitraums, genau am 6. Juni 2013, steht ein Ereignis, in dessen Folge für den Datenschutz weltweit ein geradezu brutaler Ernüchterungsprozess eingetreten ist. Am 6. Ju