Protokoll der Sitzung vom 11.10.2017

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Meine Damen und Herren! Herr Holowaty, ich habe gelernt, die Buchstaben „FDP“ stehen jetzt für „Feministische Deutsche Partei“. Vielen Dank. Ganz etwas Neues.

(Christopher Vogt [FDP]: Für den Ponyhof! - Heiterkeit und Beifall)

- Ponyhof ist auch sehr gut. - Meine Damen und Herren von der Koalition, was für ein Problem haben Sie eigentlich mit der kommunalen Selbstverwaltung? In der Sitzung am 22. September 2017 hat die Kollegin Nicolaisen wörtlich ausgeführt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -:

„Es ist eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung, zu entscheiden, welchen Weg diese im Einzelfall wählt. Denn diejenigen, die vor Ort die Entscheidung tragen, wissen am besten, was sie tun.“

(Beifall SPD)

Der Herr Innenminister, der sich als Oberbürgermeister von Norderstedt auch einmal mit der Frage beschäftigt hat, sprach in seiner Rede gerade davon, die Kommunen in die Pflicht zu nehmen, auch kritische Themen zu besprechen. Ein weiteres Zitat:

„Wenn sie die örtliche Gemeinschaft regeln und organisieren wollen, dann gilt dieses nicht nur für bestimmte Rosinen, die man sich herauspickt, sondern man muss die Gesamtheit regeln.“

Super Worte.

(Beifall Bernd Heinemann [SPD])

Was hat die Gemeinde Tangstedt verkehrt gemacht? Sie hat sich die Pferdehaltung als zusätzliches Steuerobjekt ausgesucht. Das muss man sich im Reiterland Schleswig-Holstein gut überlegen. Die Bedeutung des Reitsports und auch der Pferdezucht für unser Bundesland ist sicher nicht zu bestreiten. Da ich aus Elmshorn komme, können Sie mir glauben, dass ich weiß, wovon ich rede.

(Zuruf Barbara Ostmeier [CDU])

- Bei uns sitzt der Holsteiner Verband. - Trotzdem hat sich die Mehrheit der Gemeindevertretung für diese kommunale Aufwandsteuer entschieden, und zwar vermutlich sehr bewusst dafür entschieden, eine Pferdesteuer einzuführen und nicht die Grundsteuer oder die Gewerbesteuer zu erhöhen, sprich die lokalen Grundstückseigentümer und Gewerbetreibenden zu belasten. Das liegt sicher auch daran, dass es sonst nur wenig rechtliche Möglichkeiten gibt, die Betreiber der Reitställe angemessen an den der Gemeinde anfallenden Kosten zu beteiligen, denn diese Betriebe zahlen in der Regel als landwirtschaftliche Betriebe die geringere Grundsteuer A und keine Gewerbesteuer.

(Stephan Holowaty)

Die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter haben sich kontroversen Diskussionen ausgesetzt - ganz wie der Herr Innenminister sich das gewünscht hat -, haben also eigentlich all das richtig gemacht, was Sie in der letzten Tagung von den Gemeinden gefordert haben und was Sie ihnen auch zutrauen.

Jetzt fällt Ihnen ausgerechnet die Landesregierung in den Rücken, die Landesregierung, die doch laut Verfassung Sachwalter der kommunalen Interessen sein sollte und nicht ihr Boykotteur. Wo kommen wir denn da hin? Was ist das für ein Umgang, liebe Leute?

(Beifall SPD)

Ordnungs- und sozialpolitische Verwerfungen sieht die Landesregierung - geht es noch ein bisschen größer? - und will den Reitsport vor zusätzlichen finanziellen Belastungen schützen.

(Barbara Ostmeier [CDU]: Ja!)

Im Koalitionsvertrag heißt es - noch ein Zitat; sehen Sie es mir nach, es macht einfach so viel Spaß, Sie immer zu zitieren -:

„Reiten ist Sport, und Sportarten sollen nicht besteuert werden.“

Schade nur, dass sich davon in Ihrem Gesetzentwurf nichts wiederfindet, denn der Gesetzentwurf verbietet die Steuer auf das Halten und den entgeltlichen Nutzen - ich glaube, Sie meinen die Nutzung - von Pferden, und von dem Sport ist keine Rede mehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, richtig begeistert bin ich aber darüber, wie Sie das Thema Konnexität vom Tisch wischen. Im Gegenteil, der Pressesprecher des Innenministeriums verkündet auch noch noch ein Zitat -:

„In Abwägung all der legitimen Belange hat die Landesregierung entschieden, dass das Interesse der Gemeinden an einer geringfügigen Verbesserung ihrer Einnahmen zurückstehen muss.“

Herr Holowaty hat nun gerade die finanzielle Situation der Gemeinde beklagt. Warum machen Sie sie dann noch schlechter?

Der Gemeinde Tangstedt werden durch dieses Gesetz Einnahmen in Höhe von rund 100.000 € jährlich entgehen. Ich denke, da ist ein Ausgleich aus dem Landeshaushalt fällig. Oder kommt der dann erst mit dem kommunalen Finanzausgleich, vielleicht im Jahr 2020 oder 2021?

(Beifall SPD)

Dann weise ich aber an dieser Stelle auch sehr gern noch einmal darauf hin, dass im kommunalen Finanzausgleich das Geld aller Kommunen verteilt wird und kein Landesgeld. Vielleicht ist Ihnen das entgangen. Das heißt, alle Kommunen bezahlen solidarisch dann noch den Einnahmeausfall mit, den Sie verursacht haben.

Die Gemeinde Tangstedt darf sich dann im Übrigen zweimal freuen: über einen Ausgleich, denn sie erhebt im Übrigen auch Straßenausbaubeiträge - aber das nicht erst seit 2012. Also so viel zu dem Thema: Endlich dürfen sie wieder und so!

Es bleibt dabei: Kommunale Selbstverwaltung ist für Jamaika ein leeres Wort. Die Kommunen haben zu machen, was der Landesregierung gefällt.

(Beifall SPD)

Das ist das, was Sie hier vorführen, und mir wird angst und bange, wenn ich an unsere Kommunen denke und das, was Sie zum kommunalen Finanzausgleich dann vorlegen wollen. Darauf warten wir ganz gespannt. Dieser Gesetzentwurf ist ein weiterer großartiger Beitrag der schwarzen Ampel zur Demotivation des kommunalen Ehrenamtes. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete OleChristopher Plambeck das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser ehemaliger Ministerpräsident Peter Harry Carstensen bezeichnete die Pferde einmal als ein echtes Pfund, mit dem SchleswigHolstein wuchern könne. Mit durchschnittlich 33 Pferden pro 1.000 Einwohner haben wir die höchste Pferdedichte in ganz Deutschland. Damit ist Schleswig-Holstein das Pferdeland Nummer 1, und das wollen wir auch bleiben.

(Beifall CDU und FDP)

In der Tat haben Pferde für Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner, aber auch für unsere Gäste im Land viel zu bieten. Sie sorgen für unvergessliche Landschafts- und Naturerlebnisse, sie haben gesundheitliche Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel beim therapeutischen Reiten, sie stärken den Tourismusstandort Schleswig-Holstein, sie sor

(Beate Raudies)

gen für sportliche Betätigung und sind ein großer Pfeiler in der Jugendarbeit. Deshalb ist es kluge Politik, diese Vorzüge zu erhalten und - das will ich einmal sportlich ausdrücklich - den Sozialdemokraten auch hier die Rote Karte zu zeigen.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Beate Rau- dies [SPD])

Meine Damen und Herren, die Pferdehaltung stellt aber nicht nur aus gesellschaftlicher und sozialer Sicht einen klaren Vorteil dar. Das Pferd hat auch eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für SchleswigHolstein. Pferde sind ein wichtiges Standbein für die landwirtschaftlichen Betriebe sowie für das vorund nachgelagerte Gewerbe, wie beispielsweise Futtermittelbetriebe, den Einzelhandel, also Reitsportgeschäfte, und Tierärzte. Vor diesem Hintergrund ist es fatal, das Halten von Pferden mit einer Pferdesteuer zu belegen.

(Beifall CDU)

Von diesem Gesetzentwurf sollen zwei Signale ausgehen. Erstens: Schleswig-Holstein als Pferdeland bleibt in der gesamten Fläche attraktiv für Pferdehalter und Pferdehöfe. Zweitens: Wir wollen keine Besteuerung des Sports.

(Zuruf Lars Harms [SSW])

Technisch gehört die Pferdesteuer zu den sogenannten kommunalen Aufwandsteuern. Aufwandsteuern sind Steuern, die an den Gebrauch von Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen anknüpfen und dadurch die in diesem Gebrauch zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belasten. Zu den kommunalen Aufwandsteuern gehören insbesondere die Hundesteuer, die Schankerlaubnissteuer, die Jagdsteuer, die Vergnügungsteuer, die Zweitwohnungsteuer und noch vieles mehr. Diese Steuern werden auch gern einmal Bagatellsteuern genannt. Das bedeutet, dass das Steueraufkommen durch sie für die Kommune zu ihren Gesamteinnahmen in einem relativ geringen Verhältnis steht. Bagatellsteuer bedeutet aber nicht, dass sie für den einzelnen Steuerpflichtigen und hier die Pferdehalter nicht spürbar ist. Im Gegenteil: Bereits 150 € pro Tier und Jahr können die Betroffenen hart treffen, denn auch die Reiterinnen und Reiter sind nicht alle Großverdiener.

(Beifall CDU und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [AfD])

Aufwandsteuern sind daher weniger geeignet, einen kommunalen Haushalt zu sanieren, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion. Vielmehr haben sie einen lenkenden Charakter. Mit der Hunde

steuer zum Beispiel, die an der Haltung von Hunden anknüpft, werden vornehmlich ordnungspolitische Ziele verfolgt. Wer heute also aus Haushaltsgründen eine Pferdesteuer vernünftig findet, weil es ja schon die Hundesteuer gibt, der hat offensichtlich den Lenkungsgedanken nicht verstanden und denkt vielleicht jetzt schon über eine Katzen-, Meerschweinchenoder auch Kaninchensteuer nach. Das kann nicht das Ziel sein.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Meine Damen und Herren, es geht aber um viel mehr als das. Es geht auch um das gesellschaftspolitische Signal: Stehen wir zum Pferdeland Schleswig-Holstein oder nicht? Und ich sage: Ja, wir stehen zum Pferde- und Reiterland Schleswig-Holstein.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt AfD)