Protokoll der Sitzung vom 20.11.2020

Die Stromlücke, die wir schließen wollen, Herr Minister, ist immens, weil in den Berechnungsfaktoren einiges fehlt, was wir - darüber sind wir uns einig - eigentlich über Fotovoltaik ausgleichen wollen. Aber wir brauchen eine klare Positionierung. Die Paneele gehören aufs Dach und nicht auf die Freilandfläche.

(Beifall CDU, SSW und vereinzelt SPD)

Natürlich rechnet sich eine solche Freiland-Fotovoltaikanlage durchaus, wenn sie in großem Maßstab gebaut wird. Aber damit beginnen dann zugleich auch die Probleme. Es gibt Nachfragen aus den Kommunen - auch insoweit werden Sie Erfahrungen gesammelt haben -: Wie soll ich als Gemeindevertreterin oder als Gemeindevertreter denn letztendlich oftmals mit Befangenheit entscheiden, ob mein Nachbar auf seinen Flächen diese hochverzinste Fotovoltaikanlage mit einer Pacht installieren darf, bei der jegliche landwirtschaftliche Produktion unrentabel wird?

Diese spannende Frage können wir den Kommunen in ihrer Verantwortung nicht allein überlassen, son

dern da sollten wir gemeinsam - da appelliere ich an die Innenministerin und an den Innen- und Rechtsbereich - rechtzeitig darüber nachdenken, ob wir in irgendeiner Form Steuerungsmöglichkeiten haben, ob wir einen Leitfaden erstellen oder Empfehlungen geben können, wie die Kommunen mit diesem zukünftigen Trend, der eindeutig erkennbar ist, umgehen sollten.

Also nochmals die klare Aussage: Fotovoltaik erst auf die großen Dächer, nicht die Privaten belasten und dann den Kommunen beiseitestehen, damit es keinen Wildwuchs mit großen Freiland-Fotovoltaikanlagen in den Kreisen und Kommunen gibt. Wenn wir das noch mit einarbeiten, dann sind wir alle auf der sicheren Seite. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Eka von Kalben.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich uns jetzt hier so höre mit allen Einschränkungen, was dann doch nicht geht oder was sich rechnen muss, dann frage ich mich, wie ich eigentlich gleich zu den jungen Leuten rausgehen soll, die uns hier immer wieder bedrängen. Es wird ja von allen Seiten immer betont - jedenfalls von fast allen Seiten -, wie wichtig und toll es ist, dass die Jugend uns Dampf macht und uns auf das hinweist, was eigentlich seit 30 Jahren allen bekannt sein sollte. Die Jugendlichen werden sich fragen, warum wir denn jetzt schon wieder anfangen, rückwärts zu ziehen.

Ich glaube, dass es einen Unterschied macht, ob sich Herr Nobis hier zu Wort meldet und sagt, das rechnet sich alles nicht und das sei ein Riesenproblem, oder ob sich jemand wie Obama zu Wort meldet. Ich weiß nicht, ob Sie gestern das Interview mit Obama gesehen haben, der gesagt hat, man kann unterschiedlicher Meinung sein, wie man beim Klimawandel vorangeht. Aber wenn man gar nicht anerkennt, dass man beim Klimawandel ein Problem hat, dann kann man natürlich auch nicht über die Problemlösung reden. Ich glaube, es ist das ganz große Problem, dass viele Teile am rechten Rand des politischen Spektrums nicht das Problem erkennen. Wenn man das Problem aber nicht erkennt, kann man auch nicht ernsthaft über die Lösung des Problems diskutieren.

Wenn wir davon sprechen, dass sich das rechnen muss - das hat ja auch Frau Krämer gesagt und,

(Dr. Ralf Stegner)

wenn ich das richtig verstanden habe, ist das ja auch die Position von Frau Midyatli bei dem, was sie gefordert hat -, dann rechnen wir immer nur betriebswirtschaftlich. Was rechnet sich betriebswirtschaftlich für den privaten Häuslebauer, für den Gewerbetreibenden, für wen auch immer?

Wenn wir uns das Ganze aber volkswirtschaftlich angucken, dann rechnen wir so: Was ist mit den Dürrehilfen? Was ist mit dem Küstenschutz? Was ist mit den Sturmschäden? Was ist mit den Hitzeschäden? Was ist mit den Migrationswellen, die der Klimaschutz auslösen wird? Was ist damit, dass in manchen Ländern auch durch Brände die Wirtschaft total zusammenbrechen kann? Was ist mit den Überflutungen? Das sind doch die wichtigen Fragen. Wenn wir das große Ganze anschauen, dann sieht die Rechnung nämlich ganz anders aus. Das gilt auch für die Frage, aus der Atomkraft auszusteigen und in die erneuerbaren Energien einzusteigen. Das sind doch alles Dinge, die wir auch berechnen müssen, nicht nur die betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkte.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung der Abgeordneten Krämer?

Sie haben bestimmt vernommen, dass ich gesagt habe, dass wir bei einer verpflichtenden Fotovoltaikbestückung von nicht privat genutzten Gebäuden letztlich auch die Entsorgungskosten der Fotovoltaikplatten und die Verschattung der Gebäude mit ins Kalkül ziehen müssen. Man darf nicht den Klimaschutz gegen den Umweltschutz ausspielen. Ich glaube, dass wir beides betrachten müssen.

Es ist natürlich möglich, wenn man ein alternatives Angebot immer weiter ausweitet. Sind Sie aber nicht mit mir einer Meinung, dass der Klimawandel schneller gestoppt werden kann, wenn ich die CO2-Emissionen reduziere, indem ich das Angebot verknappe? Ein auf alle Branchen ohne Ausnahmen bezogener Zertifikatehandel ist die effizienteste Variante, den Klimawandel zu stoppen.

- Ich habe ja schon in meiner Rede gesagt, dass ich sowohl die CO2-Bepreisung als auch den Emissionshandel und die Verknappung der Emissionsrechte befürworte. Es ist ja nur eine andere Form der

Bepreisung. In dem Moment, wo ich es verknappe, ändert sich auch der Preis. Ja, ich teile Ihre Auffassung, dass dies die richtigen und wichtigen Dinge sind, die wir auch international voranbringen müssen, weil wir hier nicht als Land Schleswig-Holstein allein das Klima retten können. Insofern teile ich Ihre Position komplett, dass es dafür Anreize geben muss.

Ich bin allerdings im Gegensatz zu anderen auch der Meinung, dass wir keine Zeit mehr haben. Wir haben überhaupt keine Zeit!

(Unruhe)

Deswegen bin ich der Meinung, dass wir beides brauchen: Solange wir uns nicht international noch nicht einmal national oder europäisch - auf Zertifikate und CO2-Bepreisung einigen können, brauchen wir alle Maßnahmen, die irgendmöglich sind. Dafür werbe ich.

Frau Abgeordnete bitte, gestatten Sie eine Nachfrage der Abgeordneten Krämer?

Frau Abgeordnete, vielleicht sind wir da gar nicht so weit auseinander. Ich bin der Meinung, dass die reine Besteuerung noch nicht eine einzige Tonne CO2 einspart.

(Vereinzelter Beifall FDP)

Solange der Grenznutzen höher ist als die Grenzkosten, die ich durch die Besteuerung erlange, mindere ich vielleicht meinen Profit, habe aber keinerlei Einsparung. Die Maßnahmen, die wir machen, ziehen auch nur auf mittel- und langfristige Wirkungen. Bis wir zusätzliche Alternativen beziehungsweise Strom an den Markt gebracht haben, hat es noch keine direkte Auswirkung auf eine geringere Produktion von CO2. Mit einem florierenden und funktionierenden Zertifikatehandel kann ich aber sofort die Mengen drosseln. Das ist meines Erachtens der schnellste, vernünftigste sowie ökonomisch und ökologisch sinnvollste Weg. - Danke schön.

(Beifall FDP)

- Frau Krämer, wir sind uns in der Jamaika-Koalition ja in einer Sache wirklich einig und haben sehr viel vorangebracht: Das ist die Frage von Wasser

(Eka von Kalben)

stoff. Grüner Wasserstoff braucht allerdings noch einmal viel mehr erneuerbare Energien als die direkte Nutzung von Elektromobilität. Insofern brauchen wir alle Erneuerbaren, die wir in diesem Land schaffen können. Dazu gehört dann auch die Fotovoltaik. Aus meiner Sicht müssen wir damit lieber heute anfangen, damit der Nutzen so schnell wie möglich kommt. Der Nutzen ist sehr direkt und sofort in der Produktion von CO2-freiem Strom vorhanden.

(Wortmeldung Annabell Krämer [FDP])

Meine Damen Abgeordneten, da Sie gerade festgestellt haben, dass Sie sich im Wesentlichen einig sind, schlage ich vor, dass Sie die Details dann bei einem Kaffee klären.

(Beifall Birte Pauls [SPD])

Ja. Insofern komme ich mit einem Satz zum Schluss: Ich glaube nicht, sehr geehrter Herr Nobis, dass die Sorgen der jungen Leute sind, wie sie in zehn Jahren ihre Stromrechnung oder ihr vermeintliches Auto bezahlen können. Diese Menschen haben ein sehr ernsthaftes und aus meiner Sicht auch ernst zu nehmendes Anliegen, das man hier nicht auf diese Art und Weise lächerlich machen sollte. Danke.

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Tobias Koch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Dr. Stegner, ich kann mir ein Stück weit erklären, weshalb Sie hier heute so eine faktenfreie Parteitagsrede gehalten haben, anstatt auf Inhalte, Fakten und Paragrafen von Gesetzentwürfen und auf den Bericht einzugehen. Es mag daran liegen, dass Sie nur die Vertretung für Ihren Kollegen Hölck waren, der leider erkrankt ist und dem ich an dieser Stelle gute Besserung wünsche.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Zum anderen vermute ich, dass Ihr fulminanter, aber inhaltsleerer Auftritt dazu dienen sollte, die Widersprüche innerhalb der SPD zu verdecken, was

Ihnen ja häufig sehr gut gelingt. Deswegen habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet.

Sie haben vorhin die Förderprogramme kritisiert. Die Förderprogramme für Speicheranlagen, für Balkonfotovoltaik und für Lastenfahrräder haben Sie nach dem Motto kritisiert: Es komme ja nicht allen Menschen zugute, sondern nur denjenigen, die es sich leisten könnten, den Besserverdienenden und Vermögenden. - Schauen wir einmal, was Ihr fachpolitischer Experte, der Kollege Hölck, dazu sagt. Er formuliert in seiner Presseerklärung:

„Deshalb erwarten wir, dass Herr Albrecht bei der grünen Finanzministerin auch für die entsprechenden millionenschweren Fördersummen für die Umsetzung seiner Ideen sorgt.“

Ja, was denn jetzt? Förderprogramme ja oder nein? Vielleicht könnten Sie diesen Widerspruch einmal aufklären.

Genauso verzweifle ich darüber herauszufinden, wie die Position der SPD zur Fotovoltaikpflicht auf Dächern ist.

(Wortmeldung Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Wenn Sie das herausgefunden haben, können Sie anschließend gerne noch einmal fragen.

Herr Abgeordneter?

Ich würde gern den Gedanken zu Ende führen, dann lasse ich die Zwischenfrage zu.

Sie geben mir dann ein Zeichen?

Ja. - Auch diesen Widerspruch würde ich gerne aufzuklären versuchen. Ihre Landesvorsitzende fordert eine Fotovoltaikpflicht, und Ihr energiepolitischer Sprecher schreibt dazu in seiner Pressemitteilung: