Die Ministerin hat die vereinbarte Redezeit um 5 Minuten überschritten. Diese Zeit steht jetzt auch allen Fraktionen zur Verfügung. Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt stehen wir vor gewaltigen finanziellen Herausforderungen. Dies betrifft weniger Bund, Land und Kommunen, sondern vor allem die ganz normalen Menschen in ihrem Alltag. Die Kosten für Heizen, Tanken, Strom und Lebensmittel steigen nämlich seit Jahren unaufhörlich. Wir haben es hier also nicht nur mit Steigerungen infolge der Coronapandemie und des Krieges in der Ukraine zu tun, sondern mit einer allgemeinen, bedenklichen Entwicklung.
Ein paar Beispiele, die ich auch gestern schon genannt habe: Ein Liter Benzin hat vor zwei Jahren noch durchschnittlich 1,29 € gekostet - inzwischen ist die 2-€-Marke bei Weitem geknackt. Der Gaspreis hat sich verdoppelt. Heizöl hat 2020 durchschnittlich circa 50 ct/l gekostet - inzwischen liegt der Literpreis bei knapp 1,70 €, und damit ist er mehr als dreimal so hoch. Auch der Strompreis ist um durchschnittlich 16 % angestiegen. Was das für die Lebensmittelpreise bedeutet, haben wir ja gestern schon beraten.
All diese Kosten, meine Damen und Herren, entstehen ja nicht durch Luxusgüter, auf die die Leute vielleicht irgendwann einmal komplett verzichten können. Nein, all diese Kosten gehören zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten, denen man nicht ausweichen kann. Deshalb müssen wir hier endlich aktiv gegensteuern.
Es kann doch nicht sein, dass der Staat mehr und mehr an diesen Preisexplosionen verdient, während den ganz Armen bloß ein paar Brotkrumen in Form von einmaligen Zuschüssen hingeworfen werden und all die fleißigen und eh schon gebeutelten Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen leider überhaupt keine Lobby haben. Sie sollen alles selbst stemmen und drohen trotz Arbeit in die Armut abzurutschen. Gerade diesen Menschen müssen wir nun dauerhaft helfen.
fordern wir die Landesregierung auf, darauf hinzuwirken, dass der Bund die Verbrauchssteuern und Abgaben auf Kraftstoffe, Heizstoffe und Strom so weit senkt, dass die Preise pro Verbrauchseinheit wieder dem Vorkrisenniveau entsprechen. Dies wäre die effektivste und - vor allen Dingen - die unbürokratischste Maßnahme, die den Bürgerinnen und Bürgern sofort und unmittelbar Entlastung bringen würde. Wir erwarten in diesem Hohen Haus daher eine breite Unterstützung für unseren Antrag, damit den Menschen schnell geholfen wird.
Wir können uns diese Entlastungen auch leisten! Die Mehrwertsteuereinnahmen steigen in gleichem Maße wie die Teuerung. Wenn der Bund auf Steuergeschenke an die Mineralölkonzerne à la Benzingutschein verzichtet, wenn er auf Krisengewinne aus der Mehrwertsteuer verzichtet und wenn er endlich auch die internationalen Konzerne richtig besteuert, dann ist genügend Geld da, um die ganz normalen Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu unterstützen. Und die haben es allemal verdient!
Meine Damen und Herren, nun aber auch zu dem anderen Thema, unserem Haushalt. Das Haushaltsjahr 2021 hat sich für uns nämlich ebenfalls deutlich positiver entwickelt, als zu erwarten war.
Daran zeigt sich wiederum, dass die Regierung in den vergangenen fünf Jahren tatsächlich das Glück hatte, in einer Zeit regieren zu dürfen, in der man mit sehr, sehr viel Geld gesegnet war, was andere Regierungen, gleich welcher Couleur, vorher leider so nicht hatten.
Die rund 280 Millionen € an Überschüssen sind eine sensationell gute Summe, die anteilig - natürlich zu Recht - sowohl in die Schuldentilgung geht als auch in die Coronarücklage fließen sollte.
Inzwischen haben sich die Haushaltsaussichten abermals verändert, und wir haben neben Corona eine zweite, kurzfristig zu stemmende Aufgabe vor uns. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, aber auch andere Menschen zu Geflüchteten gemacht, wovon natürlich einige Tausend hier in Schleswig
Werter Kollege Harms, Sie sind ja eine parlamentarische Allzweckwaffe; das muss man neidlos anerkennen. Auch in Sachen Finanzpolitik habe ich höchste Achtung vor Ihnen. Aber habe ich es eben richtig verstanden, dass Sie sagten, Sie hätten sich in der vorherigen Legislaturperiode auch gern aus so einem Füllhorn bedient beziehungsweise Sie hätten sich das gewünscht? Sind Sie dieser Auffassung auch dann, wenn Sie berücksichtigen, dass wir im vergangenen Jahr schon wieder einen hohen Haushaltsüberschuss - 600 Millionen € - hatten? Haben Sie nicht auch vernommen, dass die Finanzministerin sagte, dass für 600 Millionen € Altverbindlichkeiten getilgt wurden, aber auf der anderen Seite Corona-Notkredite in Höhe von 800 Millionen € verbraucht wurden? Dann können Sie doch nicht allen Ernstes von einem bereinigten Haushaltsüberschuss sprechen.
- Wir haben die Corona-Notkredite gemeinsam aufgenommen, außerhalb unseres normalen Haushalts, als Sondervermögen; das zählt also nicht mit. Wir reden hier nur von den normalen Haushalten und den Steuereinnahmen, die man generiert hat. Ich habe beschrieben, wie die Lage ist. Ich habe nicht von „Füllhörnern“ gesprochen,
sondern ich habe nur darauf hingewiesen, dass andere Regierungen, gleich welcher Couleur, also auch Regierungen, an denen die FDP, die CDU, die SPD oder der SSW beteiligt war, schlechtere Lagen hatten, was die Einnahmen angeht. Um mehr ging es mir gar nicht.
Die Ministerin hat ja noch einmal deutlich gemacht, dass die Steuereinnahmen glücklicherweise hoch sind. Es war auch meine wertfreie Feststellung, dass die Lage gut ist. Danach habe ich die Hoffnung angeschlossen, dass es schön wäre, wenn kommende Regierungen - wiederum in Klammern:
gleich, welcher Couleur - die gleiche Lage vorfänden. Erst dann bin ich auf die 280 Millionen € eingegangen, die wir jetzt für die Schuldentilgung und die Corona-Nothilfe nutzen.
Jetzt würde ich gern weitergehen mit der Betrachtung, ob das, was die Landesregierung insoweit tut, richtig oder nicht richtig ist und wie wir uns dazu verhalten werden. Das kommt aber noch.
Vielen Dank, Herr Kollege. Wenn Sie sagen, Sie hätten sich gewünscht, dass man genauso wie in dieser Legislaturperiode auch in den Vorgänger-Legislaturperioden jeweils mehr Geld zur Verfügung gehabt hätte, dann frage ich Sie: Können Sie mir ein Jahr - auch unter SSW-Regierungsbeteiligung, also aus der Zeit der Küstenkoalition - nennen, in dem man nicht mehr Geld als im Vorjahr zur Verfügung hatte, in dem also kein Steuerrekord zu verzeichnen war?
- Nein, nein. Meine Aussage war, dass die Lage nie so gut war wie heute. Dass die Lage beispielsweise zu Zeiten der Küstenkoalition besser war als zu Zeiten der Großen Koalition, steht außer Frage. Das war so. Die Lage der Großen Koalition war wesentlich schwieriger als die der Küstenkoalition. Die Lage der Jamaika-Koalition war wiederum etwas besser als die der Küstenkoalition.
Meine Hoffnung ist - vielleicht haben alle später etwas davon -, dass die Regierung in der neuen Wahlperiode ab Mitte 2022 es so gut haben wird, wie wir es in den vergangenen fünf Jahren hatten. Nur darum geht es.
Meine Damen und Herren, in einem ersten Schritt sollen ja unter anderem mit den erfolgten Mittelumschichtungen - - Jetzt bin ich völlig durcheinander. Ich schmeiße das beiseite und gehe weiter.
Meine Damen und Herren, wir veranschlagen ja erst einmal 10 Millionen €. Das ist das, was wir eigentlich tun. Diese sind für Aufnahme, Betreuung, Versorgung und Integration der aus der Ukraine geflüchteten Menschen gedacht. Wir alle wissen natürlich, dass dieses Geld nicht ausreichen wird; das ist völlig klar. Es ist nur ein Anfang, schnell gemacht. Wir müssen noch wesentlich mehr Mittelumschichtungen vornehmen, damit wir in der Lage sind, auch die zukünftigen Aufgaben zu bewältigen. Das ist eine Herausforderung.
Allerdings stimmt auch das: Wir müssen hier in allererster Linie humanitäre Hilfe leisten. Dann brauchen wir aber konkretere Schätzungen, damit wir wissen, welche Maßnahmen wir überhaupt noch gegenfinanzieren müssen. Es mag Lücken geben, zu deren Schließung wir aber in der Lage sind, das heißt, wir werden das Geld aufwenden, um diese Aufgaben zu bewältigen. Aber wenn wir einen Kassensturz in diesem Bereich vornehmen, dann haben wir natürlich eine gute Grundlage, um uns auch mit dem Bund darüber zu unterhalten, wie viel Geld er zur Verfügung stellen muss. Denn, meine Damen und Herren, klar ist: Weder wir allein noch unsere Kommunen werden das finanziell leisten können, sondern hier ist vornehmlich der Bund in der Pflicht. Er muss jetzt sagen, wie er es finanzieren will. Das ist eine große Herausforderung, gerade auch vor dem Hintergrund, dass der Bund jetzt viele weitere Herausforderungen angehen will. Angesichts dessen wird es gar nicht so einfach sein, den Haushalt wieder zusammenzubinden.
Dem Nachtragshaushalt hier werden wir natürlich zustimmen; das ist gar keine Frage. Wir brauchen jetzt eine rechtliche Grundlage, damit wir erst einmal anfangen können.
Ich habe zwar nicht die Befürchtung, aber ich schätze es so ein, dass das nicht der letzte Nachtragshaushalt sein wird. Wir werden uns wahrscheinlich im Herbst noch einmal über Geld unterhalten müssen. Ich finde, in dieser Frage sollten wir, zumindest die demokratischen Parteien - ich hoffe, nur noch wir sind dann hier im Parlament -, zusammenhalten. Es geht hier schließlich um die Flüchtlinge aus der Ukraine, denen wir so schnell und so unkompliziert wie möglich helfen müssen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Angriffskrieg auf die Ukraine ist schrecklich und bringt nur Leid mit sich. Es ist Putins Krieg, der schlimme Folgen nach sich zieht. Meine Gedanken sind daher bei den Ukrainerinnen und Ukrainern.
Ich bin froh, dass die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner vor allem eines auszeichnet: dass sie tolerant, offen und hilfsbereit sind. Genau das ist jetzt gefragt mit der Aufnahme und Betreuung der Menschen, die vor diesem schrecklichen Krieg fliehen.
Damit Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Geflüchteten gut funktionieren, müssen auch wir als Land Mittel bereitstellen. Das tun wir, und zwar in einem Umfang, wie Mittel dafür benötigt werden. Die 38 Millionen €, die Frau Heinold nannte, sind dabei der erste Schritt. Die Erstaufnahmeeinrichtungen werden erweitert beziehungsweise wieder hochgefahren. Es wird Personal eingestellt. Wichtige Materialien und Medikamente werden beschafft.
Aber es geht auch darum, eine gute Integration zu ermöglichen und vor allem die Kinder zu betreuen und zu beschulen. Gerade für die Kinder haben wir eine besondere Verantwortung. Mit dem Nachtragshaushalt werden wir alle Häuser in die Lage versetzen, schnellstmöglich zu reagieren. Für den Gesetzentwurf bin ich daher der Landesregierung sehr dankbar.
Dankbar bin ich der Landesregierung auch für die sehr schnelle Bereitstellung von Mitteln für unsere Kommunen. Mit der 500-€-Aufnahmepauschale pro aufgenommenem Flüchtling unterstützen wir unsere Kommunen schnell und unbürokratisch. Leider das wurde schon zu Recht angesprochen - warten wir immer noch auf den Bund, was die finanzielle Hilfe betrifft. Dabei ist gerade jetzt der Schulterschluss aller Ebenen sehr wichtig, und zwar sehr schnell.