Zur Sicherstellung des Abstandes zur Grundsicherung werden wir die einkommensabhängigen Familienergänzungszuschläge schaffen. Ich finde es richtig, dass wir insbesondere die unteren Besoldungsstufen und die Familien fördern. Wir folgen damit letztendlich der gesellschaftlichen Realität und kehren von der Alleinverdienstannahme ab. Sie haben es gerade so ausgeführt, als wäre das ein Schritt, der sonst woher kommen würde.
Es ist aber die Lebensrealität des bürgerlichen Rechts. Diese Lebensrealität teilen die allermeisten Menschen in dieser Gesellschaft, in der schon heute im eherechtlichen Bereich alles eben gemeinschaftlich veranlagt wird. Auch den Beamten wird es so veranlagt. Die Fehlanreize, die Sie gerade andeuteten, gibt es immer dann, wenn Menschen verpartnert sind und beide Partner Teile des Beamtentums sind, aber eben erheblich unterschiedliche Verdienste haben. Da gibt es auch heute schon durchaus diese Fehlanreize, die Sie beschrieben haben. Außerhalb des Beamtentums ist das längst Standard und eherechtliche Regelung des bürgerlichen Rechts.
Ja, wir tun mit diesem Gesetz das Notwendige und keine großen Sprünge darüber hinaus. Das gehört zur Transparenz hinzu. Ich halte das in der aktuellen Lage, aber auch grundsätzlich für angemessen. Letztlich bleibt allerdings die Hoffnung, dass auch andere Länder diesen Weg gehen. Erste Anzeichen aus Rheinland-Pfalz nehmen wir sehr wohlwollend zur Kenntnis und hoffen auf weitere Länder. Unser Auftrag - daran sei auch zu erinnern - ist es nicht, immer nur auf ausgetretenen Pfaden zu gehen, sondern eben auch, neue einzuschlagen.
Darum möchte ich meine Rede mit einem Hinweis auf das Fortentwicklungsgebot in Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes beenden: Es ist eben auch unsere Pflicht, das Beamtenrecht nicht nur immer weiterzuentwickeln, sondern es auch fortzuentwickeln. Dafür gehen wir jetzt einen wichtigen Schritt. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Eigentlich bin ich mit dem Beitrag meines Kollegen Lasse Petersdotter sehr einverstanden, aber vielleicht kann ich noch ein paar Aspekte dazu beitragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere Aufgabe, dass unsere Beamtinnen und Beamten angemessen besoldet werden. Was bedeutet das eigentlich? Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, dem Beamten und seiner Familie lebenslang entsprechend der wirtschaftlichen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Unterhalt zu gewähren.
Die Beamtin beziehungsweise der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Grundbedürfnisse der Lebenshaltung hinaus einen im Ergebnis amtsangemessenen Lebenskomfort ermöglicht. Bei der Konkretisierung der amtsangemessenen Alimentation hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Seit der Föderalismusreform 2006 liegt dieser Gestaltungsspielraum beim Landesgesetzgeber, also bei uns.
Die Rechtsprechung zur Frage der Amtsangemessenheit der Alimentation hat sich fortentwickelt. Sowohl beim Bund als auch bei den Ländern hat sich gezeigt, dass die Besoldung in unterschiedlichem Umfang nicht den vom Bundesverfassungsgericht definierten Anforderungen entspricht. So unterschreiten wir zum Beispiel bei der Alimentation von Beamtinnen und Beamten und ihren Familien mit mehr als zwei Kindern in einigen Fällen den erforderlichen Abstand zur Grundsicherung - so das Bundesverfassungsgericht. Somit werden die Anforderungen an die Alimentation der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien mit mehr als zwei Kindern nicht erfüllt.
Wie in den letzten Jahren hat das Land auch in diesem Jahr die jährlichen Anpassungen der Tarifentgelte auf den Beamtenbereich übertragen. Daneben haben wir bereits in den letzten Jahren eine Reihe von punktuellen Verbesserungen bei der Besoldung vorgenommen. Beispielhaft seien hier die strukturelle Erhöhung der Besoldung und Beamtenversorgung um 1 % - 0,4 % 2021 und 0,6 % 2022 -, die
Erhöhung der Besoldung in den Eingangsstufen um 3 % und die Anpassung von Zulagen genannt. Diese Maßnahmen reichen jedoch nicht aus, um das für den nötigen Abstand zur Grundsicherung erforderliche Maß zu erfüllen.
Heute legen wir eine vor diesem Hintergrund erarbeitete Lösung vor. Mit dem Wegfall der unteren Besoldungsgruppen und der Neuordnung des kindbezogenen Familienzuschlags soll dem vom Verfassungsgericht definierten Abstandsgebot der Alimentation zur sozialen Grundsicherung Rechnung getragen werden. Es wird darüber hinaus einen Familienergänzungszuschlag als einkommensabhängige Komponente begrenzt auf die Fälle geben, in denen ein tatsächlicher Fehlbedarf und somit ein Handlungsbedarf vorliegt.
Außerdem gibt es Entlastungen bei der Beihilfe beziehungsweise Heilfürsorge. So entfallen beispielsweise die Beihilfeselbstbehalte in den unteren Besoldungsgruppen bis einschließlich A 9 komplett, und das ist auch gut so. Im Bereich der Heilfürsorge der Polizei und der Feuerwehr werden die Kürzungsbeträge der Besoldung von 1,4 % des Grundgehalts auf 1,0 % gesenkt. - Das klingt zugegebenermaßen alles sehr technokratisch.
In den vergangenen Wochen wurde umfassend daran gearbeitet, die verfassungsrechtlichen Bedenken, die mehrfach erwähnt wurden, auszuräumen beziehungsweise diese gegen den praktischen Nutzen und die verfassungsrechtliche Verpflichtung zur angemessenen Alimentation abzuwägen. Was wir aber derzeit sehen, ist, dass ohne verfassungsrechtliche Bedenken eine angemessene Alimentation vielleicht nicht möglich sein wird.
Das sollte uns auf lange Sicht darüber nachdenken lassen, ob es nicht an der Zeit ist - wie es der Kollege Petersdotter sagte -, ausgetretene Pfade zu verlassen und die rechtlichen Rahmenbedingungen moderner und flexibler zu gestalten. Denn was wir alle nicht wollen, ist doch, dass wir diese Debatten Jahr für Jahr wieder führen müssen, und das wortwörtlich auf Kosten unserer Beamtinnen und Beamten.
Jetzt mag der eine oder andere denken: Die lehnen sich hier heute ganz schön weit aus dem Fenster. Ja, manchmal ist das eben nötig, um etwas weiter und besser sehen zu können.
Wir sind heute mutig und überzeugt, dass wir mit diesem Gesetzentwurf beispielhaft vorangehen und im Zusammenschluss mit anderen Bundesländern
die Beamtenbesoldung um einiges moderner und flexibler machen können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Besoldung für unsere Landesbeamtinnen und Landesbeamten ist zu gering bemessen. Dies ist ja keine neue Erkenntnis. Im Vergleich zum Bund und zu den meisten anderen Ländern bietet Schleswig-Holstein seinen Landesbeamten nicht nur weniger Geld und weniger attraktive Gesamtbedingungen, sondern verstößt seit Jahren auch in mehreren Besoldungsgruppen gegen das verfassungsrechtliche Gebot der amtsangemessenen Alimentation, wie ja sowohl das Oberverwaltungsgericht Schleswig als auch das Bundesverfassungsgericht entschieden haben. Entsprechend musste - eigentlich schon seit Jahren - gehandelt und die Besoldung und Alimentation angepasst werden. Mit den vorliegenden Drucksachen hat die Jamaika-Koalition nun kurz vor der Landtagswahl einen Anpassungsversuch vorgelegt, der so gerade eben das gerichtlich geforderte und tariflich vereinbarte Mindestmaß an Veränderung berücksichtigt.
Das Gesetz zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung beinhaltet die Übernahme der mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ausgehandelten Tarifeinigung. Es muss außer Frage stehen, dass der Tarifabschluss auch für die Beamtinnen und Beamten übernommen wird, und von daher können wir diesem Gesetz natürlich zustimmen.
Anders sieht es dagegen mit dem zweiten hier vorgelegten Gesetzentwurf zum Alimentationsprinzip aus. Ich habe die SSW-Haltung hierzu bereits mündlich im letzten Finanzausschuss ausgeführt und werde auch hier nochmals gern erläutern, weshalb wir uns bei diesem Gesetz enthalten werden.
Grundsätzlich spricht sich der SSW ganz klar dafür aus, dass die Beschäftigten im Landesdienst nicht nur angemessen, sondern attraktiv vergütet werden sollen. Leistungsbereitschaft, Verantwortungsübernahme und die Anpassung an das Prinzip des lebenslangen Lernens müssen belohnt werden, denn nur so gewinnen und sichern wir uns langfristig die besonders begehrten Fachkräfte und Leistungsträ
Vergütungsbestandteile, die diese Prinzipien konterkarieren, können weder gerecht noch juristisch haltbar sein. Leider finden sich solche jedoch in dem vorliegenden Gesetzentwurf. So sollen beispielsweise der Familienstand und das Einkommen des Lebenspartners eines Beamten eine Rolle spielen, wodurch das Leistungsprinzip ad absurdum geführt wird. Auch der Grundsatz der abgestuften Besoldung soll umgangen werden. Stattdessen sollen kinderbezogene Leistungen ausgeweitet werden. Ein zukunftsfähiges und gerechtes Besoldungssystem wird hier nicht geschaffen.
Das für mich gravierendste Gegenargument ist jedoch, dass der Entwurf so, wie er hier vorliegt, krachend durch die schriftliche Anhörung im Finanzausschuss gefallen ist, wobei gleich mehrere Anzuhörende - Beamtenvertretungen wie auch juristische Fachleute - die Verfassungskonformität anzweifeln und prognostizieren, dass das Gesetz, sollte es in dieser Form verabschiedet werden, schon sehr bald vor Gericht landen und dort wieder einkassiert werden wird.
Meine Damen und Herren, diese Diskussion hatten wir ja auch schon im Finanzausschuss, und dennoch hat sich die Finanzministerin auch auf explizite Nachfrage dafür ausgesprochen, das Gesetz trotz dieser verfassungsrechtlichen Mängel und Bedenken in dieser Plenartagung in zweiter Lesung vorzulegen und letztlich schnell noch vor der Wahl durchzuwinken. Der SSW kann diesem Gesetz aufgrund der potenziellen Verfassungswidrigkeit jedoch nicht zustimmen.
Wir reden hier über ein Gesetz, bei dem uns Fachleute sagen, dass das mit unserer eigenen Verfassung nicht übereinstimmen könnte. Allein das müsste doch dazu führen, dass man vielleicht noch einmal draufguckt und das korrigiert.
Meine Damen und Herren, natürlich ist uns klar, und auch mehrere Stellungnahmen haben dies angemerkt: Es handelt sich um ein komplex gewachsenes Besoldungssystem, das nicht mal eben mit vielen kleinen Einzelmaßnahmen korrigiert werden kann, sondern für das es eigentlich eine groß angelegte, schlüssige, ämtergerechte Besoldungsreform bräuchte.
Dies wäre in der Tat ein gewaltiger politischer Gestaltungsakt. Aber zumindest die eindringliche Empfehlung, man möge sich doch auf Bundesebene
oder zumindest mit den anderen norddeutschen Ländern abstimmen und nicht im Alleingang vorpreschen, hätte die Landesregierung ernst nehmen sollen. Im Konkurrenzkampf um die besten Köpfe wird dieses Gesetz Schleswig-Holstein daher wohl insgesamt leider zum Nachteil gereichen.
Deswegen, meine Damen und Herren, ist jetzt schon klar, dass es die Aufgabe der nächsten Landesregierung sein wird, dieses Gesetz vernünftig zu überarbeiten, und zwar in Abstimmung mit anderen Bundesländern und vor allen Dingen gemeinsam mit unseren Beamtinnen und Beamten. Man muss sich da einmal zusammensetzen und etwas Vernünftiges machen; denn die Beamten haben nicht nur insoweit ein Problem damit, sondern sie haben ein Problem mit dem ihnen nicht gewährten Weihnachtsgeld und was da noch alles ist. Wir sollten das alles einmal in die Hand nehmen und es ein für alle Mal vernünftig regeln, damit uns die Beamtinnen und Beamten da nicht ständig im Nacken sitzen müssen. Das tut mir irgendwie auch für diese Menschen leid. Sie haben eine bessere Behandlung durch uns verdient. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vollmundigen Auftritte der Kollegin Raudies sind immer wieder beeindruckend,
und der Kollege Harms versucht, dem nicht nachzustehen. Insofern sei erlaubt, noch einmal an Folgendes zu erinnern: In Ihrer Regierungszeit haben Sie die Beamtenbesoldung nach Kassenlage gemacht. Bei Ihnen konnten sich die Beamten noch nicht einmal darauf verlassen, dass sie das bekommen, was ihnen wirklich zusteht. Eine zeit- und wirkungsgleiche Übernahme von Tarifverträgen war in Ihrer Regierungszeit keine Selbstverständlichkeit. Bei uns war es das hingegen schon, und zwar die ganzen fünf Jahre. Wir machen dieses Gesetz am heutigen Tage, um den Tarifabschluss zeit- und wirkungsgleich zu übernehmen. Die Beamtinnen und Beamten hätten sich gefreut, wenn das in der Regierungszeit von SPD und SSW genauso gewesen wäre.
Aber damit nicht genug. Wir haben gleich zu Beginn dieser Wahlperiode ein Beförderungspaket geschnürt, um den Beförderungsstau der Vorjahre aufzulösen. Wir haben dafür gesorgt, dass Grundschullehrerinnen - es sind ja überwiegend Frauen an den Grundschulen - zukünftig genauso gut bezahlt werden wie ihre männlichen Kollegen an den weiterführenden Schulen, indem wir die Besoldung der Grundschullehrkräfte auf A13 anheben.
(Beifall Katja Rathje-Hoffmann [CDU] und Dennys Bornhöft [FDP] - Martin Habersaat [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage und macht sich auf den Weg zu einem Saal- mikrofon)
- Nein, Kollege Habersaat, Sie müssen sich nicht beeilen. Ich gestatte keine Zwischenfrage von Ihnen.
Wir haben bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten dafür gesorgt, dass Wechseldienstschichten mit Arbeitszeitentlastung honoriert werden, dass Erschwerniszulagen erhöht werden. Wir haben ein Besoldungsstrukturgesetz gemacht, mit dem wir zumindest einen Teil des gestrichenen Weihnachtsgeldes quasi wieder gutgemacht haben mit den 0,4 und 0,6 %. Wir haben also 1 % in die Besoldungstabellen eingearbeitet, die zukünftig mit dynamisiert werden, also mit steigen.