Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Jörg Nobis)

(Beifall AfD - Martin Habersaat [SPD]: Tau- send Jahre!)

Im Ergebnis muss ich resümieren: Bei aus Haushaltssicht guten Rahmenbedingungen, hohen Einnahmen, guter Konjunktur und niedrigsten Zinsen machen Sie sicher nicht alles fasch, aber leider eben zu vieles. Der Schuldenabbau geht zu langsam voran, die Investitionen werden an der Umsetzung scheitern, in zentralen Politikfeldern packen Sie die Probleme nicht an der Wurzel. Sie nutzen stattdessen das Füllhorn, um parteipolitische Gräben mit vielen Talern zuzuschütten, und das ist zu wenig; zu wenig für den Anspruch, den ich Ihnen eigentlich unterstelle, zu wenig für unsere Kinder und Enkel, zu wenig für Schleswig-Holstein, meine Damen und Herren. Unser Land hat mehr verdient als diese erratisch Geld ausgebende Baukastenregierung: karibisches Wünsch-dir-was, ein Lieblingsprojekt von Grün, ein Lieblingsprojekt von Magenta-Gelb und dann noch irgendetwas, was dem Herrn Ministerpräsident gefällt. Das bisschen Haushalt macht sich also nicht von selbst, und die gesamte Regierung trägt Schuld an der weiteren Verschleppung der Probleme in Schleswig-Holstein. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen ich war eben zu schnell. Nun aber begrüßen wir ganz herzlich den hamburgischen Bürgerschaftsabgeordneten Sven Tode zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern aus Barmbek. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die Abgeordneten des SSW hat jetzt Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich die eigentliche Rede beginne, möchte ich etwas auf das erwidern, was der Kollege Nobis eben gerade gesagt hat, denn ich finde, man muss ganz kurz darauf eingehen. Ich finde, das war gerade eben eine Rede, die nur so vor Flüchtlingshass und Menschenhass an sich strotzte. Es war eine Rede, die darauf aufgebaut ist, die Schwächsten dieser Gesellschaft gegeneinander auszuspielen, und ich finde: Ganz ehrlich, meine Damen und Herren, das ist ein widerliches Menschenbild, das wir hier niemals zulassen sollten. Wir sollten Menschen in Not weiterhin helfen. Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, zu Beginn möchte ich gern die Gesamtsituation des Landes beleuchten, insbesondere natürlich die Situation des Landeshaushalts. Wie schon in der letzten Wahlperiode können wir sagen, dass die Einnahmen des Landes stetig steigen, und wir können sogar feststellen, dass die Steigerungsraten tatsächlich für die nächsten Jahre sogar noch besser aussehen als je zuvor. Das kann uns natürlich alle freuen, meine Damen und Herren.

Zu erreichen, dass die Landeshaushalte schon in den letzten Jahren der Küstenkoalition mit schwarzen Zahlen abschließen konnten, war allerdings etwas schwieriger als heute. Es gab in den letzten Jahren schwarze Zahlen, trotz der immensen Aufwendungen, die wir in der Flüchtlingskrise haben stemmen müssen. 2015 und vor allem 2016 haben wir hohe dreistellige Millionensummen aufwenden müssen, um uns den Herausforderungen in dieser Frage stellen zu können; und das, und das ist ganz wichtig, ohne dass es einem einzigen Menschen in diesem Land schlechter ging als je zuvor.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Meine Damen und Herren, das ist eine große gesamtgesellschaftliche Leistung, die wir als Landtag, als Land, als Kommunen, als Ehrenamtliche und als Gesamtgesellschaft geleistet haben. Ich kann Ihnen sagen, darauf bin ich immer noch ganz stolz.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Ich finde nämlich, wir alle können stolz darauf zurückblicken, dass gerade Deutschland und wir als Schleswig-Holsteiner diese Herausforderung gemeistert haben. Natürlich sind wir hier noch nicht am Ende angelangt, aber ich finde, die Zwischenbilanz ist recht positiv. Inzwischen normalisiert sich die Lage wieder, und das ist natürlich auch dem Landeshaushalt anzumerken. Manche Ausgabe, die früher noch eingeplant war, kann nun wegfallen, und manches ist jetzt verstetigt, weil Integration natürlich eine dauerhafte Aufgabe noch über Jahrzehnte hinweg ist und wir hier durchaus noch Aufgaben zu bewältigen haben.

Das sage ich aus zwei Gründen deutlich: zum einen, weil wir sehen können, dass wir im Haushalt immer noch die Luft haben, hier das eine oder andere zu tun. Ich glaube, die zweite Lesung des Haushalts sollten wir durchaus dafür nutzen, um zu sehen, ob wirklich jede sinnvolle Maßnahme in diesem Bereich, also im Flüchtlingsbereich, schon aus

(Jörg Nobis)

kömmlich finanziert ist oder ob wir hier noch ein bisschen nachlegen müssen. Zum anderen zeigt die finanzpolitische Entspannung im Flüchtlingsbereich bei gleichzeitig weiter markant steigenden Einnahmen für das Land, dass die neue Landesregierung weitaus größere Spielräume hat als die Vorgängerregierung. Auch das ist erst einmal nichts Schlimmes, denn es gilt, diese Spielräume klug zu nutzen. Es ist aber auch immer daran zu denken, dass die Zinsen irgendwann einmal steigen können und dass auch die Risiken der HSH-Nordbank natürlich noch nicht aus dem Weg geräumt sind. Gleichwohl: So rosig, wie die Haushaltslage heute ist, war sie noch nie. Aber wir müssen auch Vorsicht walten lassen.

Betrachten wir die Steuerschätzungen, wird dies, so glaube ich, sehr deutlich. Hatten wir noch im Jahr 2011 knapp 6,8 Milliarden € an Steuereinnahmen, so werden es im folgenden Jahr, 2018, 9,85 Milliarden sein. Das sind also rund 3 Milliarden € oder 34 % mehr Steuereinnahmen innerhalb von sieben Jahren. Das ist gewaltig, und wir alle hätten nie gedacht, dass es so kommt.

Bis 2021 sollen die Steuereinnahmen sogar auf 10,7 Milliarden € steigen. Mit so viel Luft im Haushalt konnte man bei Weitem nicht rechnen. 2015/ 2016 haben wir fast 1 Milliarde € für die Flüchtlingsfrage gestemmt. Auch das ist eine reife Leistung. Aber da ist jetzt auch eine Lücke im positiven Sinne entstanden, weil das Geld nicht komplett verbraucht wird. Es ist also genügend Spielraum vorhanden, allerdings - auch das muss man ehrlich sagen - nicht Spielraum für unendlich.

Im Übrigen - das ist in der Betrachtung für die zukünftige Finanzplanung vielleicht auch ganz wichtig - geht es auch den Kommunen so gut wie nie zuvor. Das wird die Kommunen natürlich freuen, heißt aber auch, dass deren Finanznot nicht mehr so groß ist, wie dies in der Vergangenheit immer behauptet worden ist. In Zahlen ausgedrückt sieht das wie folgt aus:

Die Steuereinnahmen in 2011 betrugen 3,3 Milliarden €; in 2018 werden es dann schon knapp 4,8 Milliarden € sein, also rund 44 % Mehreinnahmen. Das sind somit noch höhere Steigerungsraten als beim Land. In 2021 werden die Kommunen in Schleswig-Holstein laut November-Steuerschätzung bei knapp 5,3 Milliarden € liegen, meine Damen und Herren. Die Not bei den Kommunen ist also bei Weitem nicht mehr so groß, und die Reform des kommunalen Finanzausgleichs durch die ehemalige Küstenkoalition hat das Geld auch noch gerecht auf der kommunalen Ebene verteilt. Hier gibt es also keine großen Baustellen mehr.

Sollte die neue Landesregierung den kommunalen Finanzausgleich tatsächlich ändern wollen - das kann man sicherlich tun -, dann wird dies nicht an vielen Stellen möglich sein, zumal - auch das bitte ich zu bedenken - wir ja auch noch eine Evaluation des kommunalen Finanzausgleichs erwarten. Das ist ja in das Gesetz eingearbeitet worden. Ich fand es immer recht schlau, zunächst abzuwarten, wie die Mechanismen überhaupt wirken, um dann zu gucken, an welchen Stellschrauben man drehen kann. Das muss nicht immer unbedingt die große Stellschraube sein. Aber darüber werden wir sicherlich noch an anderer Stelle diskutieren.

Deshalb ist es heute vornehmlich zunächst vernünftig, das überschüssige Geld - das hört sich wirklich klasse an, ist aber nun einmal so; das ist ja der Springbrunnen - in den Schuldenabbau einzuspeisen. Dazu sind wir ohnehin verpflichtet, was die konjunkturellen Einnahmen angeht. Aber man darf natürlich auch gerne ein bisschen mehr tun. Ebenso vernünftig ist es, das überschüssige Geld natürlich auch in das IMPULS-Programm einzuspeisen. Ich muss ehrlich gestehen: Für mich ist es immer wieder eine Genugtuung zu sehen, dass das IMPULSProgramm von der neuen Landesregierung fortgeführt wird. Denn was haben wir uns damals als Küstenkoalition alles anhören müssen? Unser damaliger Kollege Garg, der jetzt Minister ist, sagte hierzu - ich zitiere wörtlich -:

„IMPULS ist eine Handreichung zur Autosuggestion!“

Der liebe Heiner hat es sogar noch besser gesagt das ist ja immer seine typische Formulierung -:

„IMPULS ist hochgradig albern!“

Das ist natürlich nicht so. Aber der Kollege Koch sagte es auch nicht anders. Er sagte nämlich, das sei ein „Infrastrukturverrottungsprogramm“.

(Heiterkeit)

Dieses Verrottungsprogramm wird also nun von der Landesregierung weitergeführt. Ich glaube, es ist somit nicht hochgradig albern.

(Beifall SSW und SPD)

Ich glaube, dass die Kolleginnen und Kollegen, die das damals kritisiert haben, nun geläutert sind und sich darüber freuen, dass die damalige Küstenkoalition so vorausschauend gehandelt hat. Das ist doch ganz gut, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, SPD und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Lars Harms)

Ich finde, es ist in der Politik durchaus ein gutes Zeichen, dass man voneinander lernen kann beziehungsweise auch einmal sagt: „Ach, da hat doch jemand anderes etwas besser gemacht, als wir dies eigentlich gedacht hatten. Deshalb führen wir das fort.“ Es ist ja auch eine gewisse Kontinuität. Ich weiß ja, lieber Heiner, dass du von mir immer gern lernst. Wir werden uns ja demnächst treffen. Ich bin gespannt, was wir dann voneinander lernen werden. Aber ich glaube, es ist wirklich wichtig, auch in der heutigen politischen Landschaft deutlich zu machen, dass demokratische Parteien trotz aller Unterschiede gut zusammenarbeiten und auch Programme fortführen können. Gerade das IMPULS-Programm ist ein gutes Beispiel dafür, meine Damen und Herren.

Nun liegt uns heute ein weiterer Gesetzentwurf zum IMPULS-Programm in zweiter Lesung vor. Neben den bisherigen Fördermöglichkeiten aus diesem Programm sollen nun auch zusätzlich noch Gelder für den Küstenschutz und für die Wasserwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Gerade die Wasserund Bodenverbände haben bei ihren Anlagen einen erheblichen Investitionsstau, sodass diese Maßnahme von uns auf uneingeschränkte Zustimmung trifft. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Die älteste Anlage zur Entwässerung im Land Schleswig-Holstein stammt aus dem Jahre 1913, ist also etwas mehr als 100 Jahre alt. Ich halte es für notwendig, dass man nach einer solch langen Zeit endlich damit anfängt, die Wasser- und Bodenverbände, die ja kommunal getragen sind, mit modernen Anlagen zu unterstützen.

(Beifall SSW)

Gleiches gilt natürlich auch - das ist ebenfalls ein starker Unterschied zur AfD - für die Förderung von Frauenhäusern. Ja, natürlich, das ist Landesinfrastruktur und muss unterstützt werden. Da gibt es eben keine anderen Möglichkeiten, auch nicht auf der kommunalen Ebene. Ich bin froh, dass wir die bestehenden Häuser unterstützen können, und würde mir wünschen, dass wir noch mehr Frauenhäuser bekommen, damit die Bedarfe entsprechend gedeckt werden können.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleiches gilt natürlich auch für den investiven Naturschutz. Da gibt es viele Organisationen vor Ort, die wirklich hervorragende Arbeit leisten. Wir wollen immer viel haben; aber dies muss auf kommunaler Ebene auch mit guter Ortskenntnis geleistet

werden. Deshalb ist es richtig, dass auch der investive Naturschutz unterstützt wird.

Beides sind landesweit relevante Aufgaben, die oft von ehrenamtlichen Trägern übernommen werden. Deshalb muss das entsprechend unterstützt werden.

Zu guter Letzt hat uns sehr gefreut, dass auch Schulen mit Investitionsmitteln bedacht werden und dass bei diesem Sonderprogramm kein Unterschied gemacht wird zwischen öffentlichen Schulen, freien Schulen und dänischen Schulen, sodass alle gefördert werden können. Dies halten wir für richtig und begrüßen dies deshalb auch ausdrücklich.

(Beifall SSW)

Wir hätten uns allerdings im Ausschuss eine kleine, aber feine Ergänzung des Gesetzentwurfs gewünscht, die heute auch schon angesprochen worden ist. Es gibt nämlich einen Investitionsstau in den Tierheimen des Landes. Die Gesamtsumme dürfte hier bei etwa 2 Millionen €, vielleicht auch 2,5 Millionen € liegen. Das ist für das IMPULSProgramm eigentlich eine überschaubare Summe.

Leider konnten wir die Regierungskoalition im Ausschuss nicht davon überzeugen, auch die Tierheime in das IMPULS-Programm aufzunehmen. Deshalb müssen wir uns vornehmen, in der zweiten Lesung insoweit noch weiter zu gucken, ob wir den Tierheimen Investitionsmittel, vielleicht aber auch dauerhaft Mittel zur Verfügung stellen können. Denn ich glaube, wir brauchen diese Investitionsmittel in den Tierheimen, und wir benötigen dafür auch eine Beteiligung des Landes an der institutionellen Förderung der Tierheime.

Eines sage ich auch ganz deutlich: Andere Bundesländer beteiligen sich schon an der Finanzierung ihrer Tierheime. Wir meinen, dass dies auch Schleswig-Holstein gut zu Gesicht stehen würde; denn unsere Tierheime sind unterfinanziert. Dagegen muss man etwas tun, wenn man es mit dem Tierschutz wirklich ernst meint. Ich glaube, das tun wir alle zusammen.

(Beifall SSW, SPD und Christopher Vogt [FDP])

Nun sind wir schon mehr oder weniger mitten drin im allgemeinen Haushalt. Er ist, ebenso wie die Vorgängerhaushalte, sehr stark geprägt von Förderungen für und in die Wirtschaft. Ich spreche dabei aber nicht nur von Handwerk und Industrie, wie man das sonst immer macht, sondern ich spreche insbesondere auch von der Landwirtschaft und gerade auch von der Kulturwirtschaft. Hier sind in der Vergangenheit Impulse gesetzt worden, die jetzt ih

(Lars Harms)

re Fortsetzung finden. Ich glaube, das funktioniert ganz gut.