Protocol of the Session on January 25, 2018

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Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie, sich auf Ihre Plätze zu begeben. - Herzlichen Dank, die Sitzung ist eröffnet, dann können wir in den Sitzungstag starten. Bevor wir den ersten Tagesordnungspunkt aufrufen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Kollegin Ines Strehlau von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Abgeordnete Jörg Nobis von der AfD-Fraktion und von der Landesregierung Frau Ministerin Monika Heinold erkrankt sind. Wir wünschen allen dreien von dieser Stelle aus gute Besserung.

(Beifall)

Beurlaubt aus freudigem Anlass ist, wie wir gestern schon gehört haben, nach wie vor der Abgeordnete Martin Habersaat. Wegen auswärtiger Verpflichtungen ist von der Landesregierung Frau Ministerin Prien heute Nachmittag beurlaubt. Nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner mitgeteilt, dass er an der Teilnahme an der heutigen Sitzung des Landtages verhindert ist.

Wir kommen nun zu unseren Gästen auf der Besuchertribüne. Dort sitzen Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums aus Preetz. Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Kommunalen Wohnungsbau stärken - innovative Wohnkonzepte fördern

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/462

Voraussetzungen für die Schaffung von Wohnraum weiter verbessern

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/478

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Özlem Ünsal das Wort.

1328 Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 20. Sitzung - Donnerstag, 25. Januar 2018

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Gäste! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben das Thema erneut auf der Agenda, und ich sage erneut: Bezahlbarer Wohnraum entwickelt sich rasant zur Mangelware. Es kann nicht sein, dass ein notwendiger Bestandteil unserer Daseinsvorsorge hier nicht in der Intensität aufgegriffen wird, wie wir es erwarten.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Problem ist inzwischen in der Mittelschicht angekommen, lieber Andreas. Dies sage ich, um an unsere Debatte anzuknüpfen. Die Angst vor hohen Wohnkosten erreicht inzwischen breite Schichten unserer Gesellschaft, auch das wissen wir alle. Besonders erschreckend finde ich persönlich das Ergebnis einer aktuellen Studie der Caritas: Drei Viertel der Befragten sagen, dass der Anstieg für sie unmittelbar mit dem Armutsrisiko und dem Risiko der Wohnungslosigkeit verbunden ist. Wenn das kein Handlungsgrund ist, dann Prost.

Wir brauchen deshalb eine offensive Wohnungsund Städtebaupolitik, die unsere Kommunen und Menschen in besonderen Lebenslagen nicht alleinlässt. Bezahlbares Wohnen ist ein zentrales Gerechtigkeitsthema nicht nur für Schleswig-Holstein, aber auch für Schleswig-Holstein. Ich hoffe, dass wir es endlich als ein solches begreifen.

(Beifall SPD und vereinzelt SSW)

Deshalb erwarte ich von der Landesregierung ein klares und deutliches Bekenntnis zum bezahlbaren und vor allem auch zum kommunalen Wohnungsbau, das mit effektiven Instrumenten noch stärker als bisher unterlegt wird. Das fehlt mir im Moment noch. Der Druck wächst, aber der Koalitionsvertrag ist hierzu leider recht dünn, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

Wir brauchen dringend Handlungsoptionen dahin gehend, wie Rahmenbedingungen wirkungsvoll verbessert werden können und bezahlbarer Wohnraum zügig realisiert werden kann. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass Bevölkerungsschichten aus bestimmten Stadtteilen massiv verdrängt werden und dass bestimmte Zielgruppen unserer Bevölkerung gegeneinander aufgewiegelt werden.

In der Vergangenheit, auch das wissen wir, wurden parteiübergreifend Fehler gemacht. Hier nehme ich meine eigene Partei nicht aus. Bund, Länder und Kommunen haben eigene Wohnungsbaubestände an Privatinvestoren abgegeben und damit heute vie

lerorts keine ausreichenden Steuerungsinstrumente mehr in der Hand. Der Ausstieg der öffentlichen Hand aus dem Wohnungsbau trägt nun einen Teil zur steigenden Wohnungslosigkeit bei. Wir wissen aber auch, dass weder der Markt noch Investoren allein das Problem lösen können oder auch lösen werden. Der Neubau durch Private allein wird den Wegfall an gebundenen Wohnungen nicht kompensieren. Deshalb muss es unser Ziel sein, städtische Eingriffsreserven nicht nur über den Neubau, sondern auch im Bestand sicherzustellen, mit Belegungsrechten auszustatten und Mietpreisbindung konstant zu halten.

Für uns gehört deshalb auch dazu, dass durch gezielte Beratung und Förderung kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften gegründet werden, dort, wo sie bestehen, auch gestärkt werden und so am Markt entsprechend als Korrektiv wirken können, da wir wissen, dass viele Akteure am Markt nicht ausschließlich aus Gemeinwohlinteresse heraus agieren, sondern auch am Markt orientiert. Das ist legitim, aber das rettet uns nicht vor der Lage, in der wir im Moment stehen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Innenminister, ich hatte es schon gesagt, Sie sind ein kommunal versierter Innenminister. Von Ihnen erwarte ich dringend die notwendige Unterstützung unserer Kommunen. Wir brauchen auch weiterhin eine wirkungsvolle Förderpolitik. Sie haben bereits angekündigt, dass Sie diese fortsetzen wollen. Sie reicht aber nicht aus. Die Bundesregierung hat die Bundesmittel auf Druck der SPD für den sozialen Wohnungsbau von 500 Millionen € auf 1,5 Milliarden € erhöht. Wir wissen aber, dass selbst das nicht mehr ausreichen wird. Der Ex-Bundesfinanzminister Schäuble hatte es immer strikt abgelehnt, dass beispielsweise die BImA auf Einnahmen zugunsten der Schaffung von bezahlbarem Wohnungsbau verzichtet, und er hat damit Bodenspekulation billigend in Kauf genommen. Deshalb sagen wir auch: Wer die Politik der BImA zugunsten der Städte verändern will, muss die BImA ganz klar reformieren.

(Beifall SPD und SSW)

Das ist ein wichtiger Schritt, den die SPD im Bund auch federführend in das aktuelle Sondierungspapier hineinverhandelt hat. Die Landesregierung muss sich begleitend dafür einsetzen, dass auf Bundesebene eine entsprechende Regelung für die Liegenschaften auf den Weg gebracht wird. Wir haben dies um die Flächen der Deutschen Bahn erweitert.

Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 20. Sitzung - Donnerstag, 25. Januar 2018 1329

Auch das gehört dazu, damit stadtentwicklungspolitische Ziele beachtet werden können.

Gleiches gilt für die Gewinnung von Bauland und Baulandmobilisierung für Kommunen durch steuerliche Maßnahmen sowie die Eigentumsbildung. Auch findet sich dort das Ziel wieder, die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für einen qualifizierten Mietspiegel sowie die Wirksamkeit der Mietpreisbremse zu evaluieren und gegebenenfalls nachzusteuern. Auch das hat dort Eingang gefunden.

Ein letzter Punkt, den wir in unseren Initiativantrag ebenfalls aufgenommen haben, ist, den Neubau und innovative inklusive Wohnkonzepte zu fördern. Wir haben hier Fördermöglichkeiten, aber auch die reichen nicht aus. Wir wollen, dass dies weiter gefasst wird, damit weitere innovative Wohnbauprojekte auf den Weg gebracht werden können. Deshalb hoffe ich, dass Sie dies entsprechend mittragen.

Es gibt also noch eine ganze Menge zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen. Hier tragen wir gesellschaftliche Verantwortung. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unseren Antrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Peter Lehnert das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute erneut die Gelegenheit haben, über das wichtige Thema Wohnungsbau zu sprechen. Die SPD hat dazu einen Antrag vorgelegt, der allerdings nur einen Teilbereich näher beleuchtet.

Die Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP haben hierzu einen Alternativantrag vorgelegt, der diesen wichtigen Politikbereich etwas umfassender betrachtet. Als zentrale Herausforderung benennen wir dabei die Bereitstellung von ausreichenden Wohnbauflächen in unseren Kommunen. Deshalb wollen wir die im Landesentwicklungsplan vorgesehenen engen Grenzen der wohnbaulichen Entwicklung in den Regionen, in denen eine starke Wohnraumnachfrage besteht, endlich den realen Erfordernissen anpassen.

Dies ist die Grundlage dafür, endlich mehr Wohneinheiten in den Kommunen zuzulassen, die unter

diesem Siedlungsdruck besonders leiden. Dies sind neben den Kreisen im Hamburger Umland vor allen Dingen Kiel, Lübeck und auch die Insel Sylt. Die dort bereits vorhandene gute Infrastruktur gilt es zu nutzen.

Außerdem wollen wir die interkommunale Kooperation stärken, um damit auch Kommunen in den übrigen Landesteilen die Möglichkeit zu geben, durch mehr Flexibilität zusätzlichen Wohnraum in speziellen Marktsegmenten zu schaffen. Wir wollen alle Möglichkeiten prüfen, im Rahmen der Landesbauordnung zusätzliche Möglichkeiten zur Nachverdichtung zu schaffen. Innerhalb bereits bestehender Siedlungsgebiete sollen dadurch mögliche Entwicklungspotenziale auch konsequent für den Wohnungsbau genutzt werden. Damit erreichen wir zugleich eine bessere Auslastung der bestehenden Infrastruktur und vermeiden eine übermäßige Flächenversiegelung.

Außerdem wollen wir, dass sich das Land dafür einsetzt, geeignete Grundstücke, die sich im Eigentum des Landes oder des Bundes befinden, kostengünstig zumindest anteilig für den geförderten Wohnungsbau oder studentisches Wohnen zur Verfügung zu stellen. Dies gilt selbstverständlich auch für die Flächen, die bereits im Eigentum der Kommunen sind.

Darüber hinaus bitten wir die Landesregierung, die vorhandenen Wohnungsbauprogramme konsequent weiterzuführen - der Innenminister hat das bereits angekündigt -, um so in den nächsten Jahren für zusätzlichen Wohnraum mit Belegbindung zu sorgen.

Außerdem soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass der Bund sich auch weiterhin mit ausreichend Finanzmitteln am sozialen Wohnungsbau in den Ländern beteiligt. Ich glaube, bisher hatten wir in dieser wichtigen Frage einen breiten Konsens in diesem Haus. Kollegin Ünsal hat das ja eben noch einmal ausgeführt.

Allerdings hat mich, muss ich ganz ehrlich sagen, in dem Zusammenhang doch befremdet, dass die Mehrheit der schleswig-holsteinischen SPD-Delegierten auf dem Bundesparteitag in Bonn gegen die Aufnahme von Koalitionsgesprächen gestimmt hat, und zwar im vollen Bewusstsein dessen, was in dem Sondierungspapier dringestanden hat. Kollegin Ünsal hat das eben selber ausgeführt. Darin befinden sich wichtige Punkte, nämlich eine Milliarde € für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen und die Aufforderung an die BImA, entsprechend dem, was wir ja gemeinsam hier fordern, tätig zu werden. Also, ich glaube, es wäre dringend

(Özlem Ünsal)

notwendig, bei den Sozialdemokraten etwas Überzeugungsarbeit in den eigenen Reihen zu leisten, dass diese Grundlage aus den Sondierungsgesprächen gerade für den Wohnungsbau in SchleswigHolstein und für die Problemgruppen, die Sie zu Recht angesprochen haben, ganz wichtig wäre. Ich glaube, das wäre ein wichtiger Punkt, um auch wieder Glaubwürdigkeit in der Politik nach außen zu demonstrieren.

(Beifall CDU, FDP und Volker Schnurrbusch [AfD] - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Abschließend lassen Sie mich noch darauf hinweisen, dass wir die Landesregierung bitten, vor allen Dingen innovative und zukunftsweisende Planungen und Konzepte, die zu einem vielfältigen zusätzlichen Angebot an Wohnraum führen werden, zu unterstützen. Es gibt da eine ganze Reihe von Projekten, die sehr innovativ sind. Wir wollen dabei vor allen Dingen die Betroffenen zu Beteiligten machen und sie auf diesem Weg mitnehmen; denn in dem Punkt, den ich vorher angesprochen habe, was Nachverdichtung, weniger Flächenverbrauch und gute Infrastruktur angeht, stimmen wir, glaube ich, alle überein. Aber das führt natürlich auch zu einem Konkurrenzkampf mit den Bewohnern, die in diesen Quartieren bereits wohnen. Deswegen ist es unheimlich wichtig, bei der Entwicklung der neuen innovativen Konzepte die Bewohnerinnen und Bewohner mitzunehmen und ihnen deutlich zu machen, dass es ganz wichtig ist, eine inklusive und vielfältige Wohnungsbaupolitik zu unterstützen. Vor allem ist es wichtig, den erhöhten Bedarf an altersgerechtem Wohnraum dort miteinander zu besprechen und eine höhere Zustimmung zu bekommen. Das alles müssen wir gemeinsam mit der privaten Wohnungswirtschaft, den Wohnungsbaugenossenschaften und der kommunalen Ebene besprechen. Wir müssen die anstehenden Herausforderungen aktiv annehmen, um endlich schnelle Lösungen zu finden.

Ich schlage vor, dass wir beide Anträge in den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss überweisen und uns des Themas dort weiter annehmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Wohnungsbau steht zu Recht auf der heutigen Tagesordnung; denn wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Situation beim sozialen Wohnungsbau im Land insgesamt verändert hat. Ich komme dazu und werde das in meiner Rede auch begründen.