Protokoll der Sitzung vom 21.02.2018

Ich möchte ganz herzlich allen Vertretern der Landesregierung, aber natürlich ganz besonders Monika Heinold als Finanzministerin dafür danken, dass in der Vorbereitung alles sehr professionell und sehr fair zuging. Ich hatte auch nichts anderes erwartet, Frau Ministerin. Dennoch wollte ich das noch einmal gesondert ansprechen.

Natürlich, Frau Kollegin Raudies, haben wir es derzeit einfacher als in früheren Haushaltsjahren. Ich war auch dabei, als wir mit Schwarz-Gelb nach der Finanz- und Wirtschaftskrise, nach diesem riesigen strukturellen Defizit, das uns andere hinterlassen haben, zu Recht die Schuldenbremse beschlossen haben. Natürlich habe ich auch solche Haushaltsberatungen mitgemacht. Ich muss aber sagen: Wenn die Zeiten so sind, wie sie gerade sind, ist es deutlich einfacher, einen Haushaltsplan aufzustellen. Es macht wesentlich mehr Spaß, wenn man nicht Milliardenbeträge einsparen muss, sondern Spielräume hat, mit denen man gestalten kann. Das können Sie uns zwar vorwerfen, aber diese Möglichkeit hatten Sie in den letzten Jahren auch. Auch Sie mussten in den letzten Jahren nicht sparen und haben die Verfassung einhalten können, weil die gute Konjunktur so lange anhält. Auch dies gehört selbstverständlich zur Wahrheit. Wir hoffen, dass dies möglichst lange so bleibt. Ich hoffe, alle hier im Saale hoffen das auch.

Natürlich hilft uns das Niedrigzinsniveau ungemein, Frau Kollegin Raudies. Wir haben in den vergangenen Jahren jährlich mehrere Milliarden umgeschuldet. Die Kreditverträge laufen zurzeit auf sehr niedrigem Niveau. Dennoch haben wir nach wie vor mehr als 500 Millionen € an Zinslast, obwohl die Zinsen derzeit sehr niedrig sind. Wenn die Zinsen nicht so stark in den Keller gerauscht wären, dann hätten wir nicht 500 Millionen € pro Jahr an Zinslast, sondern 1,5 Milliarden oder gar 1,8 Milliarden €. Es ist für ein hochverschuldetes Land wie Schleswig-Holstein gut, dass die Zinsen so niedrig

(Eka von Kalben)

sind. Aber für die Sparer ist das natürlich nach wie vor ein großes Problem.

Entscheidend ist in solchen Haushaltsjahren natürlich auch, was man aus einer solchen Situation macht. Wir sollten uns deshalb intensiv über die Frage unterhalten: Was machen wir, was gestalten wir an dieser Stelle?

Schleswig-Holstein hat nach wie vor einige Probleme; das klang heute schon an. Wir haben eine wirtschaftliche Entwicklung, die auf mittlere Sicht schwächer ist als in anderen westdeutschen Bundesländern. Deshalb müssen wir an unserer Wirtschaftsstruktur arbeiten.

Nach wie vor haben wir einen hohen Schuldenstand von mehr als 26 Milliarden €, und leider wird noch einiges hinzukommen.

Pensionsverpflichtungen sind ebenfalls ein großes Thema.

(Dr. Ralf Stegner [SPD] telefoniert mit sei- nem Handy)

Wir haben Risiken bei der HSH Nordbank. - Herr Dr. Stegner, ich will Sie durchaus nicht unterbrechen. Aber Sie haben ja selber darauf hingewiesen, man dürfe über Ihre Verantwortung nicht sprechen. Wenn wir das tun, dann drohen Sie damit, dass Sie nicht zustimmen, obwohl wir noch gar nicht die Grundlage kennen, über die wir abstimmen. Wenn man über Ihre Verantwortlichkeit spricht, die es in erheblichem Maße auch mit Blick auf die HSH Nordbank gegeben hat, dann drohen Sie damit, dass Sie nicht zustimmen würden. Wenn Sie sich wieder aus der Verantwortung stehlen wollen, weil Sie beleidigt sind, Herr Dr. Stegner, dann möchte ich Ihnen sagen: Wir sollten über dieses Thema doch ein wenig seriöser debattieren, jedenfalls nicht so, wie Sie es heute getan haben.

(Beifall FDP und CDU - Zurufe SPD)

Wir können ja gerne darüber reden, wer die Bank bei der Gewährträgerhaftung quasi in das Elend hineingejagt hat, auch darüber, wer 2009 nicht unter den Sockel gegangen ist, sondern das selber gemacht hat. Darüber können wir gerne reden, wenn Sie das wollen. Das ist dann aber für Sie nicht besonders angenehm.

(Beifall FDP und SSW)

Es ist also weiterhin Haushaltsdisziplin angezeigt. Frau Raudies, Sie haben kritisiert, dass ich das Thema angesprochen habe, dass es natürlich noch keine richtige Zinswende gibt, dass die Zinsen aber in absehbarer Zeit - wir wissen noch nicht genau, wann

das sein wird - wieder steigen werden. Dieses ist für ein hochverschuldetes Land wie Schleswig-Holstein durchaus ein Problem.

Wir sichern uns gegen Zinsänderungsrisiken ab. Das ist zwar keine günstige Angelegenheit, aber das machen wir, weil es klug ist. Sehen Sie es mir nach, vielleicht bin ich ein altmodischer Typ, aber ich möchte gerne, dass wir bei strukturellen Ausgaben nach wie vor zurückhaltend sind. Denn ich möchte, dass meine Kinder auch in 20 oder 30 Jahren noch einen Staat vorfinden, der funktioniert, nicht aber einen überschuldeten Staat. Deswegen müssen wir uns darum kümmern.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir setzen als Jamaika-Koalition die richtigen Schwerpunkte und stellen die richtigen Weichen mit durchaus großen Veränderungen gegenüber den Haushalten der Küstenkoalition. Wir sanieren, modernisieren und bauen die Infrastruktur im Lande aus; denn wir haben ein riesiges Defizit auch bei der Infrastruktur. In der Vergangenheit gab es nämlich eine Verlagerung von Schulden. Über dieses Problem kümmern wir uns jetzt in guten Haushaltsjahren.

Wir kümmern uns um die Landesstraßen. Herr Dr. Stegner, ich bin froh, dass Sie nicht wiederholt haben, was Sie in der letzten Sitzung an Halbwahrheiten oder Unwahrheiten verbreitet haben, dass Sie dort mehr gemacht hätten als wir jetzt. Das kann nun wirklich niemand, der in Mathematik die dritte Klasse erfolgreich bestritten hat, nachvollziehen. Sie haben es nicht wiederholt. Sei es drum.

Wir machen mehr für die Hochschulen. Wir machen auch mehr für den ÖPNV, weil wir dort vor allem für die ländlichen Räume vor großen Herausforderungen stehen. Wir machen mehr für Schulen, Kitas, Sportstätten, Krankenhäuser und für den Breitbandausbau. Wir kümmern uns um die Gründungskultur, weil wir auch dort ein Riesenpotenzial haben, das wir heben sollten. Wir kümmern uns um die Stärkung des Rechtsstaates, schaffen mehr Stellen für Polizei und Justiz.

Natürlich haben wir den Personalabbaupfad verlassen. Der war allerdings auch nie ein Selbstzweck, sondern eine finanzpolitische Notwendigkeit. Wir haben nie gesagt, wir bauen Stellen im öffentlichen Dienst ab, weil wir das für so clever halten, sondern weil das Geld nicht da war. Jetzt haben wir finanzielle Spielräume, und wir sehen, wir müssen in den Schulen nacharbeiten, wir müssen bei der Justiz nacharbeiten, wir müssen bei der Polizei nacharbei

(Christopher Vogt)

ten, damit wir mehr Sicherheit haben und den Rechtsstaat stärken, die Bildung stärken, und das tun wir eben, weil wir uns die finanziellen Spielräume erarbeitet haben, und die nutzen wir jetzt.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir tun deutlich mehr. Wir müssen uns in den nächsten Jahren noch mehr um die Integration von Menschen kümmern, die zu uns gekommen sind, weil das für beide Seiten wichtig ist - für die Menschen, die schon lange hier sind, und für die Menschen, die neu zu uns gekommen sind. Wir kümmern uns um die Stärkung der Kultur und übrigens auch um die Pflege. Das ist ein Zukunftsthema, um das wir uns dringend kümmern müssen. Wir tilgen Altschulden.

Frau Kollegin Raudies, Sie haben kritisiert, dass hier das Kommunalpaket angesprochen wurde. Das sei heute kein Thema. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir heute auch die Nachschiebeliste beraten. Darin ist das Kommunalpaket für das nächste Jahr finanziell hinterlegt. Ich muss ehrlich sagen, das ist das größte Kommunalpaket in der Geschichte des Landes: in drei Jahren 1 Viertelmilliarde €. Da kann man natürlich sagen, das sei alles viel zu wenig. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass auch die Kommunen von den guten Steuereinnahmen profitieren. Selbst die Stadt Lübeck schafft es - so haben wir gestern gelesen -, 40 Millionen € Plus zu haben.

(Zurufe CDU und SSW)

Ich habe gedacht, ich lese nicht richtig. Auch das muss man einmal zur Kenntnis nehmen. Die Kommunen profitieren davon, aber auch wir werden unserer Verantwortung gerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Über den Bürgermeister in Lübeck können wir uns lange unterhalten, Kollege Baasch. Das ist ein abendfüllendes Thema. Ich hätte mir auch Sie vorstellen können, aber sei es drum.

Ich möchte kurz etwas zum Thema Investitionen sagen. Es ist ein Problem der Schuldenbremse oder besser gesagt von überschuldeten Haushalten, dass man immer am leichtesten bei den Investitionen spart. Das fällt im ersten Jahr nicht so auf, aber auf mittlere oder lange Sicht ist es ein Problem, wenn man die Investitionen herunterfährt. Insofern haben wir gesagt, das Problem darf nicht weiter verlagert

werden. Indem man weniger investiert, hält man die Schuldenbremse ein und schafft ausgeglichene Haushalte.

Deshalb haben wir vorgeschlagen, die Schuldenbremse ein Stück weit zu korrigieren. Sie haben das in Wahrheit mit IMPULS und so weiter auch getan. Wir haben das übrigens Schattenhaushalt genannt, aber gesagt, es ist trotzdem richtig, damit man investieren kann. Wir haben vorgeschlagen, die Schuldenbremse so zu konkretisieren oder zu ergänzen, dass man ein Investitionsgebot in die Verfassung schreibt. 10 % ab 2020 haben wir vorgeschlagen. Uns haben alle im Haus gesagt, das sei völliger Blödsinn und nicht erreichbar. Wir sind jetzt bei circa 6,5 %. Wir haben jetzt mehr konsumtive Ausgaben. Jede Lehrerstelle verringert die Investitionsquote. Wir haben es trotzdem im ersten Haushalt geschafft, bei 9,8 % Investitionsquote zu landen. Ich finde, das ist ein großer Erfolg.

Allein für sich genommen ist die Investitionsquote noch nicht besonders aussagekräftig. Aber wenn man mehr für Bildung tut, mehr konsumtive Ausgaben hat und gleichzeitig die Investitionsquote deutlich erhöht, ist das ein wichtiger Indikator für die Zukunftsfähigkeit eines Haushalts.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir beraten auch die Finanzplanung. In den nächsten zehn Jahren wird es jedes Jahr über 1 Milliarde € Investitionen geben. Das ist ein deutlich höheres Niveau, als wir es in der Vergangenheit hatten. Ich glaube, das ist ganz wichtig, damit wir die Infrastruktur sanieren und modernisieren.

Herr Dr. Stegner hat gesagt, diese Koalition und dieser Ministerpräsident hätten so unglaublich viel Glück. Ich will einmal sagen, das ist das Glück der Tüchtigen. Das will ich an dieser Stelle einmal behaupten.

(Zuruf SPD)

Aber, Herr Dr. Stegner, unser Glück besteht nicht nur darin, dass die Einnahmesituation so gut ist, weil die Steuerzahler so viel Geld an den Staat überweisen müssen. Unser Glück besteht auch darin, dass wir eine unfassbar schwache SPD-Opposition haben. Dazu ist heute schon vieles gesagt worden. Ich will das nicht noch einmal im Einzelnen zerpflücken. Das haben die Kollegen schon gut gemacht.

Sie haben kritisiert, dass ich gestern Ihre Vorschläge als halbseiden kritisiert habe. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe das getan, weil ich ein höfli

(Christopher Vogt)

cher Mensch bin. Mir wären auch andere Begriffe dafür eingefallen. Es kann nicht angehen, dass man sagt, man macht strukturelle Ausgaben in Höhe von einer Viertelmilliarde Euro. All die Versprechen, die Sie in den letzten zehn Jahren nicht eingelöst haben, wo Sie sich selbst korrigieren wollen, das machen Sie jetzt, weil Sie auf einmal behaupten, dieses Jahr sei völlig anders als die Jahre vorher und Sie hätten überhaupt kein Glück gehabt. Bis zum letzten Jahr war das alles ganz schwierig, und jetzt ist es bei Jamaika ganz toll. Jetzt kann man das alles einlösen. Ihre Gegenfinanzierung spottet wirklich jeder Beschreibung. Das wurde schon gesagt. Die Vorsorge für die Tarifsteigerungen bei Beschäftigten im öffentlichen Dienst - das zu nehmen, um das Weihnachtsgeld zu finanzieren - ist wirklich der Hammer.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber viel interessanter finde ich noch: Sie haben sich wieder an Bernd Buchholz abgearbeitet und ihm seine PR-Fähigkeiten geneidet. Zu Recht. Aber ich muss ehrlich sagen, wir räumen beim Thema Marschbahn, bei dem Sie ihn so kritisiert haben, ebenso wie beim Thema frühkindliche Bildung, beim Wohnen, bei der Verkehrspolitik auf Straße und Schiene Ihre Trümmer weg, und Sie pöbeln immer noch hinterher.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss sagen, das ist schon lustig. Wir haben uns erlaubt, zur Marschbahn noch einen Antrag einzureichen. Ja, die Debatten, die in der Gesellschaft geführt werden, gehören ins Parlament. Ich dachte, dass Sie das als engagierter Parlamentarier bisher auch so gesehen haben. Deshalb haben wir einen Neun-Punkte-Plan vorgelegt. Wir haben gedacht, wir schauen einmal, was die SPD als Alternative anbietet, weil Sie immer nur schimpfen und sagen, Meyer hat das ganz toll gemacht, der Buchholz muss das Problem jetzt ganz schnell lösen.

Sie haben uns einen Alternativantrag vorgelegt, auch einen Neun-Punkte-Plan, übrigens genau die Punkte, die wir vorgeschlagen haben. Die schlagen Sie uns jetzt als Ihre Alternative vor. Sie fordern auch, dass wir die Planung bei den Abschnitten, die eingleisig sind, machen, damit die endlich zweigleisig werden, etwas, was man schon vor Jahrzehnten hätte machen müssen. Das fordern Sie in Ihrem Antrag auch, streichen aber gleichzeitig mit den Haushaltsvorschlägen das Geld dafür, weil MOIN.SH kein Geld bekommen soll.

(Beifall FDP, CDU und SSW)

Ja, Herr Dr. Stegner, wie soll man so etwas ernst nehmen? Ich finde, Sie sind momentan nicht regierungsfähig. Zur Großen Koalition hat Daniel Günther viel Lob verloren. Ich würde das so nicht mittragen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich den Anspruch auf Ganztagsbetreuung bei den Grundschulen super finde. Aber wenn Sie 2 Milliarden € für vier Jahre ausgeben, landen in Schleswig-Holstein im Jahr 16 Millionen €. Davon werden wir es nicht bezahlen können. Die Kosten werden wieder bei Land und Kommunen landen. Das ist nicht seriös. Ich hoffe trotzdem, dass die Große Koalition zustande kommt. Ich hoffe auch, dass Sie Ihre Fraktion noch dahinter bekommen. Warten wir es einmal ab. Ich freue mich auf jeden Fall auf die nächsten Jamaika-Haushalte. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.