Schleswig-Holstein hat den Reformationstag 2017 doch längst begrüßt und angenommen, aber das hat bei Ihnen offenbar überhaupt keine Bedeutung.
Der Landtag umschifft die AfD, war gestern in der Presse zu lesen. Nicht alle schaffen dies ohne Havarie. Wohin es führt, wenn sich eine Partei einzig die Bekämpfung einer anderen Partei zum Ziel gesetzt hat, können Sie aktuell am Niedergang der SPD erkennen. Lehnen Sie weiter getrost jeden Antrag der AfD ab,
bringen Sie gern auch gleichlautende oder identische Anträge ein, wie Sie es bereits bei der Änderung des Landesverfassungsgerichtsgesetzes getan haben, legen Sie gern auch Anträge der AfD auf Eis, wie Sie es gerade mit der dringend notwendigen Regelung zum Rettungsschuss für die Polizei getan haben, drehen und winden Sie sich in Ihrer eigenen politischen Ausrichtung und nicht selten gegen Ihre Wahlversprechen, wie Sie es bei dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz oder CETA getan haben!
Es mag sein, dass dieses Verhalten im Kieler Landtag eine geübte Praxis ist, wie wir auch lesen durften. Aber macht es das zu einem richtigen Verhalten? Ist das der richtige Weg, mit einem Mandat der Wähler umzugehen? Ich denke, der Wähler erwartet von Politikern, dass diese Probleme erkennen und angehen. Dem Wähler ist es vollkommen gleich, welche Partei es tut.
Die AfD-Fraktion entscheidet stets in der Sache, ohne Ansehen der Person. Denn für uns gilt: Vernunft statt Ideologie. - Vielen Dank.
(Beifall AfD - Widerspruch CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Martin Habersaat [SPD]: Ab heute?)
Bevor wir fortfahren, begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne die Jungen Katholischen Christen aus Kiel und die Eckener-Schule Flensburg. - Seien Sie herzlich willkommen im Kieler Landtag!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut uns sehr, dass unsere Initiative vom Juni letzten Jahres, einen Feiertag einzuführen, nun endlich von Erfolg gekrönt ist.
Wir holen jetzt ein wenig auf, und die Menschen in Schleswig-Holstein bekommen einen freien Tag mehr, den sie auch wirklich verdient haben.
Die Diskussionen zum Feiertag waren sehr gut, und auch die Anhörung zu unserem Vorschlag „Tag der Landesverfassung“ war durchaus interessant.
Was aber noch interessanter ist, dass heute kaum einer das bekommt, was er eigentlich haben wollte. Die CDU - der Kollege Koch sagte es gerade eben war reserviert und wies darauf hin, dass sie eher keinen Feiertag haben wollte, weil das der Wirtschaft schade. Heute bekommt sie einen Feiertag.
Die FDP hat sogar ganz klar einen Feiertag ausgeschlossen. „Mit uns nicht“, hat man gesagt. Als man nicht mehr anders konnte, weil der Druck der
Bürgerinnen und Bürger zu groß wurde, hat die FDP dann einen weltlichen „Tag des Grundgesetzes“ vorgeschlagen. Heute stimmt sie weder gegen den kirchlichen Feiertag noch für ihren eigenen Vorschlag.
Noch exotischer ist es mit der SPD. Sie hatte drei Feiertage ins Gespräch gebracht und hier den Matrosenaufstand favorisiert. Der wäre durchaus als Norddeutsch verbindend durchgegangen. Aber die Reformationslobby war denn auch für die Sozialdemokraten zu groß, und sie sind dann mit roten Fahnen ins Kirchenlager umgeschwenkt, meine Damen und Herren.
- Keine Sorge, ihr seid ja nicht die Einzigen! - Die Grünen wollten in gar keinem Fall einen kirchlichen Feiertag. Sie hätten am liebsten den Weltfrauentag gehabt. Herausgekommen ist natürlich das genaue Gegenteil. Schon Luther hat gesagt - ich zitiere -:
Aber Scherz beiseite, meine Damen und Herren. Wir haben eine Anhörung durchgeführt. Mir ist es bisher noch nie untergekommen, dass man das Ergebnis einer Anhörung vollkommen missachtet. Hier und heute ist es nun das erste Mal, dass ich das erlebe. Die Anhörung war eindeutig. Für den Reformationstag hat sich kaum jemand ausgesprochen. Im Gegenteil: Die katholische Kirche und auch die jüdische Glaubensgemeinschaft haben explizit deutlich gemacht, dass sie diesen Feiertag gerade nicht als verbindend auffassen können. Die katholische Kirche empfinde an dem Tag die für sie schmerzliche Kirchentrennung, und die jüdische Gemeinschaft verweist auf das antisemitische Gedankengut Luthers. Auch für Muslime und Buddhisten oder auch Menschen, die gar nicht an einen Gott oder Ähnliches glauben, ist ein solcher Tag kein verbindender Tag.
Wenn man dann noch in der Begründung zum Vorschlag der Regierungsfraktionen im Ausschuss liest, dass man mit dem Reformationstag auch die Hoffnung verbindet - ich zitiere -, „dass dieser Tag Chancen bietet für einen reflektieren Umgang mit Fragen zu Religion und Gesellschaft“, dann haben wohl die Ungläubigen und Andersgläubigen bisher
unreflektiert gedacht und müssen nun auf Linie gebracht werden. Das ist nicht unbedingt das, was alle Menschen verbindet.
Genau um eine solche Diskussion zu vermeiden, haben wir einen „Tag der Landesverfassung“ vorgeschlagen, weil dieser Werte wie Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in den Mittelpunkt stellt und eben unabhängig von Glaubensfragen ist. Gerade in der heutigen Zeit, in der diese Werte vielerorts in Bedrängnis kommen, ist es besonders wichtig, diese Werte in den Mittelpunkt zu stellen. Betrachtet man das Ergebnis der Anhörung, liegen wir mit diesem Ansatz auch gar nicht verkehrt. Die weit überwiegende Zahl der Anzuhörenden hat sich für einen Tag der Landesverfassung ausgesprochen, unter anderem auch, weil dieser einen Bezug zu Schleswig-Holstein hätte - eigentlich etwas, was für einen Feiertag bei uns selbstverständlich sein sollte.
Nun wird ins Feld geführt, dass man einen gemeinsamen norddeutschen Tag haben wolle, wohl auch um eine - wie auch immer geartete - norddeutsche Identität zu kreieren. Dann hätte man aber auch den Matrosenaufstand nehmen können; der hat immerhin eine demokratische Legitimation.
Auch der Hinweis, meine Damen und Herren, dass man einheitliche Feiertage in Hamburg und Schleswig-Holstein bräuchte, damit nicht Familien auseinander gerissen werden, überzeugt nicht. In anderen Bundesländern gibt es auch unterschiedliche Feiertage, und dort kann es zu den gleichen Situationen kommen. Auch dort pendelt man in Großstädte, und Grenzpendler nach Dänemark haben sich in Schleswig-Holstein seit Jahrzehnten mit dieser Situation auseinanderzusetzen. Das klappt gut, und davon ist die Welt nicht untergegangen.
Im Übrigen wären auch die Schüler kein Problem gewesen; denn die Schulen im Grenzgebiet zu Hamburg auf beiden Seiten der Grenze hätten ihre beweglichen Feiertage jeweils auf die Tage legen können, an denen in den Bundesländern die unterschiedlichen Feiertage gewesen wären. Das wäre also alles gar kein Problem gewesen, wenn man gewollt hätte, dass man einen schleswig-holsteinischen Tag bekommt.
Am Ende geht es nämlich darum, dass ein weiterer kirchlicher Feiertag eingeführt wird, womit die christliche Prägung unseres Landes noch einmal unterstrichen wird. Das geschieht automatisch in Abgrenzung zu anderen Glaubensgemeinschaften. Das ist der Kern, der bleibt, und das sehen wir in der Tat immer noch kritisch.
Gleichwohl ist klar, dass einer der Hauptgründe unserer Initiative war, dass die Schleswig-Holsteiner einen zusätzlichen arbeitsfreien Tag haben sollten, weil immer noch eine Ungerechtigkeit gegenüber anderen Bundesländern besteht. Diese Ungerechtigkeit wird mit einem neuen Feiertag etwas verkleinert, weshalb wir nichts gegen einen neuen Feiertag haben können, wenn wir uns auch einen anderen Inhalt des Feiertags und ein anderes, mehr sommerliches Datum gewünscht hätten.
Sei es drum, meine Damen und Herren. Die Schleswig-Holsteiner bekommen dank unserer Initiative einen freien Tag mehr, und dem stehen wir natürlich nicht im Weg. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen am 31.10. "Happy Halloween".
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein hat im Vergleich zu anderen Bundesländern weniger arbeitsfreie Tage. Das ist zweifelsohne ungerecht und aus Arbeitnehmer- und Gewerkschaftssicht auch nicht akzeptabel. Deshalb finde ich die Initiative zur Einführung eines neuen Feiertags auch richtig und wichtig.
Hier den Reformationstag zu nehmen, halte ich jedoch für falsch. Er ist alles andere als ein weltlicher Feiertag. Im Jahr 2018, in dem sich viele Menschen, die Mehrheit in diesem Land, eben keiner Konfession zugehörig fühlen oder sich mit religiösen Fragen beschäftigen, passt dies nicht wirklich in die Zeit. Ohne Frage ist die Reformation kein alleiniges religiöses Ereignis gewesen. Jedenfalls folgte dem - obwohl natürlich viel später - viel an Aufklärung und an gesellschaftlichem und auch demokratischem Fortschritt; das muss man auch dazu sagen. Dies erkenne ich aus weltlicher Sicht durchaus an. Aber auch für evangelische Fürsten gab es damals zunächst nur einen wahren legitimen Glauben. Erst Jahrhunde später wurden auch andere Weltanschauungen akzeptiert.
Es gibt keinen Anlass, die Ereignisse um die Reformation und das, was daraus folgte, zu romantisieren. Auch wenn die Reformation zweifelsohne den
Weg zu weitgreifenden Umbrüchen bereitet hat, bleibt sie untrennbar mit dem Namen Martin Luthers verbunden. Dass dieser ganz bestimmt kein Heiliger war, ist bewiesen. Seinen Antisemitismus hat er unverhohlen ausgesprochen. Seine judenfeindlichen Äußerungen oder sein Siebenpunkteplan seien nur als Beispiel erwähnt. Ich muss das hier nicht weiter ausführen. Das ist nämlich ziemlich ekelhaft. Das gehört zum Bild dazu. Da kann man im historischen Kontext auch nichts isoliert betrachten. Da gibt es wirklich nichts zu relativieren.
Wenn es also heute eine breite Mehrheit für den Reformationstag gibt, dann muss zumindest diese kritische Aufarbeitung garantiert sein. Ich erwarte, dass der Reformationstag Raum dazu gibt, sich kritisch mit der Person Martin Luthers auseinanderzusetzen. Im letzten Jahr, dem Jahr des Reformationsjubiläums, wurde das ja in Teilen auch richtig gut getan. Das muss also fester Teil der politischen Bildungsarbeit sein, egal, ob es nun ein Feiertag wird oder nicht.
Eine wachsende Zahl von Menschen in SchleswigHolstein identifiziert sich weiterhin mit keiner Religion, und das dürfen wir nicht ausblenden. Als säkularer Sozialdemokrat hätte ich einen weltlichen Feiertag deshalb für zeitgemäßer und in diesem Haus auch für mehrheitsfähig gehalten. Mein Kollege Lars Harms hat das eben, finde ich, sehr treffend dargestellt. Der Tag der Landesverfassung oder der Tag des Kieler Matrosenaufstands wären eindeutig bessere Alternativen gewesen. Deshalb kann ich dem vorliegenden Beschlussvorschlag leider nicht zustimmen. - Vielen Dank.