Protokoll der Sitzung vom 29.06.2017

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, kein Klimaschutz ohne Energiewende. Unser schönes Land zwischen den Meeren ist gesegnet mit einer frischen Brise. Sie ist nicht nur ein Anziehungspunkt für Touristen und Einwohner, sondern auch ein Quell sauberer Energie. Das Interesse aller Menschen an klimaschonender Energie ist mit den Interessen der Menschen und des Naturschutzes in Ausgleich zu bringen. Die Energiewende ist jedoch nicht nur eine große Aufgabe für Schleswig-Holstein, sondern auch eine große Chance. Es gilt, die Erfolge der Energiewende auf die anderen Sektoren wie zum Beispiel die Verkehrswende zu übertragen; denn, meine Damen und Herren, kein Klimaschutz ohne Verkehrswende. Damit meine ich die Elektromobilität im Allgemeinen und den Schienenverkehr im Speziellen. Dafür werden wir mehr Geld in die Hand nehmen: 50 Millionen €.

E-Züge sind einfach schneller, besser und billiger, MOIN.SH heißt, mit grünen Strategien wie Netz 25+ schwarze Zahlen zu schreiben. Noch umweltfreundlicher als elektrische Züge sind Fahrräder, egal ob mit oder ohne E-Motor. Auch hier werden wir weiter investieren. Durch Radschnellverbindungen in den Metropolen stärken wir das Fahrrad im Alltagsverkehr. Ich sehe, dass der ehemalige Bürgermeister von Norderstedt mir in diesem Bereich zustimmt.

Meine Damen und Herren, das ist eine gute und grüne Agenda. So kann es klappen mit Jamaika.

Lieber Herr Günther, ich freue mich, dass Sie als Schwerpunkt Ihrer Regierung die Bildungspolitik

(Eka von Kalben)

genannt haben. Ich denke, das ist ein Punkt, der uns besonders eint, der wahrscheinlich viele Parteien hier im Hause eint, dass die Bildungspolitik das Thema für uns in Schleswig-Holstein für die Zukunft ist.

Wir haben in den Koalitionsverhandlungen trotz unterschiedlicher Bildungskonzepte gemeinsame Ziele gefunden. Auf einige konnten wir uns ja schnell einigen, wie zum Beispiel die 100-prozentige Unterrichtsversorgung, bei anderen Punkten mussten wir mehrere Runden drehen. Frau Prien und Anita Klahn wissen, wovon ich rede. Uns eint, dass wir durch gute Bildung und Chancengleichheit Entfaltung ermöglichen wollen. Angesichts des demografischen Wandels und der sich immer weiter spreizenden sozialen Schere ist Bildungsgerechtigkeit gerade für uns Grüne ein zentrales Anliegen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Natürlich beginnt Bildungsgerechtigkeit bei den Kleinsten. Das ist bekanntlich in den Kitas.

(Zuruf CDU)

- Mitnichten, lieber Herr Koch, es tut mir leid. In der Besprechung war das kein reines CDU-Projekt. Ich verzichte hier auf einen Programmabgleich, da wir meines Erachtens den Wahlkampf nicht weiterführen, sondern nach vorn gerichtet diskutieren sollten. Insofern gehe ich davon aus, dass dies nun ein Jamaika-Projekt ist.

Dort, in der Kita, wollen wir in die Qualität investieren. Wir werden dafür in dieser Legislaturperiode weitere 70 Millionen € bereitstellen. Einig waren wir uns auch darüber, dass wir die Kita-Eltern stärker entlasten. Wir werden damit beginnen, indem wir die Elternbeiträge deckeln. Gleichzeitig werden wir zusammen mit den kommunalen Landesverbänden die Kita-Finanzierung neu ordnen und die Sozialstaffelregelung reformieren und vereinheitlichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Keine Sorge, das Kita-Geld wird erst durch die Neuregelung der Elternbeiträge abgelöst und nicht schon vorher eingestellt.

In den Schulen wollen wir die Chancengleichheit erhöhen, indem wir Schulen in Sozialräumen mit besonderen Herausforderungen mit besserer Personalausstattung, einem sogenannten Bildungsbonus, ausstatten. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Bildungspolitik wird es sein, die Qualität der Inklusion zu verbessern.

Ja, liebe SPD, von Ihnen höre ich immer die Zwischenrufe nach den Noten. Ja, es haben auch Dinge Einzug in den Koalitionsvertrag gehalten, die neu oder anders sind.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD]: Die alt sind!)

- Vielleicht auch alt sind, aber auf jeden Fall nicht die Politik der Küstenkoalition weiterführen. Es wäre aber auch absurd. Warum, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten bitte schön CDU und FDP mit uns in ein Bündnis gehen, wenn alles aus der Küstenkoalition fortgeführt würde? - Das ist doch eine absurde Vorstellung.

(Zuruf SPD: Das haben wir auch nicht erwar- tet!)

- Deshalb ist es völlig klar, dass es auch Unterschiede gibt. Das wäre undemokratisch, wenn es so wäre. Insofern kann man sich freuen, wenn aus unserer Sicht viele Dinge weitergeführt werden, die grün sind. Ich finde es absurd zu denken, dass alles genauso bliebe.

Zu den Noten. Sie sagen, die Notenpflicht werde wieder eingeführt. Fakt ist Folgendes: Bisher gab es Notenfreiheit. Wenn sich Schulklassen für Noten entscheiden wollten, konnten sie das tun. Das haben sie zum großen Teil getan. Jetzt gilt, dass die Noten die Regel sind, und die Schulklassen, die keine Noten haben wollen, können sagen, dass sie es nicht möchten. Ja, es ist ein Unterschied, aber er ist auch, wenn man ehrlich ist, ein bisschen symbolisch.

(Birte Pauls [SPD]: Also zukunftweisend!)

- Sie wollen es als zukunftweisend bezeichnen, liebe Frau Kollegin, ich finde es nicht zukunftweisend, ich sehe es als eine Sache an, bei der man Kompromisse eingehen kann.

Zu dem zweiten Kritikpunkt, den Berufsschulen. Das ist tatsächlich ein Punkt, den auch wir problematisch gesehen haben.

(Zuruf SPD: Sie haben es aber trotzdem ge- macht!)

- Es ist aber so -

(Thomas Hölck [SPD]: Aus Versehen!)

- Nein, es ist überhaupt nicht aus Versehen, sondern es ist völlig klar, dass wir viele Punkte im Koalitionsvertrag haben. Wenn Sie sich den Bildungsteil ansehen, dann erkennen Sie, dass wir die Berufsschulen stärken werden, und zwar an ganz vielen Stellen.

(Eka von Kalben)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP)

Wir werden ein Ship aufbauen. Es wird zurzeit im Bildungsministerium aufgebaut. Wenn das aufgebaut ist und sich zu einem eigenen Institut entwickelt hat, dann kann es ins Wirtschaftsministerium. Das Wirtschaftsministerium hat die Federführung, weil dort die Planerstellen für das Ship angesiedelt sind. Es gibt aber im Moment noch überhaupt keinen Grund, sich an der Stelle aufzuregen.

Meine Damen und Herren, im sozialen Bereich stärken wir die medizinische Versorgung im ländlichen Raum und die Geburtshilfe. Mit einem Zukunftslabor werden wir die Chancen eines Grundeinkommens, eines Bürgergeldes und der Fortentwicklung der bestehenden sozialen Sicherungssysteme gemeinsam diskutieren und die Ergebnisse auf die Bundesebene tragen.

Das Angebot für von Gewalt betroffene Frauen bauen wir aus. Das Gleichstellungsgesetz in Schleswig-Holstein bleibt, wie es ist. Wir werden gemeinsam den Zusammenhalt in diesem Land weiter fördern und niemanden auf der Strecke lassen. So kann es klappen mit Jamaika.

Meine Damen und Herren, wir haben auch große Pläne für die landespolitische Gestaltung der Digitalisierung. Dass dies ein zentrales Projekt der Landesregierung in den nächsten fünf Jahren sein wird, war zwischen unseren Parteien in den Koalitionsverhandlungen von Beginn an unstrittig. Dem Thema ist deshalb auch ein eigenes Kapitel im Koalitionsvertrag gewidmet. Wir wollen die demografischen Chancen des digitalen Wandels nutzen, und zwar für eine bessere Kommunikation mit dem Staat, für eine moderne Bürgerbeteiligung, für mehr Transparenz und für mehr Teilhabe. Auch die digitale Gesellschaft muss inklusiv gestaltet werden. Wir wollen seinen Risiken begegnen, indem wir größten Wert auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung, Verbraucherrechte und IT-Sicherheit legen. Dazu haben wir klare Ziele formuliert. So kann es klappen mit Jamaika.

Meine Damen und Herren, wer hätte gedacht, dass es unseren drei Parteien im Bereich der inneren Sicherheit tatsächlich gelingt, eine gemeinsame Agenda zu entwerfen? Zwar hatten wir uns auf unserer Überfahrt nach Jamaika jetzt weniger auf PIRATEN-Überfälle als auf andere sicherheitspolitische Herausforderungen eingestellt, aber für uns Grüne war wichtig, dass es keinen Roll-back der Reformen der Küstenkoalition geben wird. Dazu gehört unter anderem die Polizeibeauftragte, deren

Wert sich in unseren Augen längst gezeigt hat, dies insbesondere auch angesichts der jüngeren Erkenntnisse zur sogenannten Rocker-Affäre beim LKA.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

In allen unseren Programmen stand ja von vornherein, dass wir die Polizei stärken wollen. Das ist notwendig, und das werden wir auch genauso auf Grundlage des von der Küstenkoalition beschrittenen Weges umsetzen.

Wir wollen für eine nachhaltige Kriminalitäts- und Extremismusbekämpfung auch unsere Präventionsprojekte stärken und erweitern und, was für uns Grüne absolut zentral ist: Jamaika wird die Bürgerrechte verteidigen und zu anlasslosen Massenüberwachungsinstrumenten und Gesetzesverschärfungen die notwendige restriktive Haltung einnehmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Von Änderungen an Sicherheitsgesetzen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene werden stets alle drei Koalitionspartner überzeugt werden müssen.

Nicht zu vergessen: die Drogenpolitik. Wir setzen ein gutes und wichtiges Zeichen mit der Passage bezüglich der Entkriminalisierung von Cannabis. Die Zeit ist reif, hier einen neuen Ansatz zu wagen. Wir Grünen sind sehr glücklich, dass wir uns in dieser Koalition darauf einigen konnten.

Liebe Schülerinnen und Schüler, ich sage es gern immer wieder, auch den Besuchergruppen: Wir sind nicht der Meinung, dass Cannabis völlig ungefährlich sei und dass man so viel kiffen solle, wie man kann. Es geht vielmehr darum, dass man dafür nicht kriminalisiert wird. Das ist eine wichtige Botschaft, die man in diesen Zusammenhang setzen sollte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Im Strafvollzug werden wir vieles von dem fortführen, was wir mit der Küstenkoalition begonnen haben. Resozialisierung wird weiterhin ganz großgeschrieben, das Übergangsmanagement wird verbessert. Meine Damen und Herren, so kann es klappen mit Jamaika.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Besonders froh - ehrlich gesagt, ein bisschen überrascht, liebe CDU - bin ich über den Teil, den wir

(Eka von Kalben)

im Asyl- und Integrationsbereich gemeinsam beschlossen haben.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Wieso überrascht?)