- Sie können mich immer wieder überraschen, Herr Arp. - Auf dieser Grundlage werden wir in Schleswig-Holstein weiterhin weltoffene und humane Politik machen. Als Grüne und als ehemalige Sprecherin für Asyl- und Integrationspolitik sage ich aus voller Überzeugung: Schleswig-Holstein ist und bleibt weltoffen.
Unser Ziel ist die Stärkung der Sprachkurse. Dabei geht es uns nicht nur um mehr Stunden, damit alle Geflüchteten noch besser Deutsch lernen können. Von uns gibt es auch das klare Bekenntnis, dass alle Geflüchteten in den Kommunen Zugang haben. Wir hier vor Ort wissen, dass das Angebot des Bundes in dieser Hinsicht nicht ausreicht und wir mehr dafür tun müssen, damit Integration gelingt.
Dafür werden wir gemeinsam ein Integrationsgesetz erarbeiten. Mir ist es besonders wichtig, dass dieses Gesetz Teilhabe und Partizipation als oberste Richtschnur für Integration definiert. Ich bin sehr einverstanden damit, dass wir dieses Ziel im Koalitionsvertrag definiert haben. Ja, Integration ist keine Einbahnstraße; wir verlangen auch etwas dafür. Das ist aber so selbstverständlich, dass es nicht im Vordergrund stehen muss.
Wir führen in vielen Punkten die gute Integrationspolitik, die unter der Küstenkoalition begonnen wurde, fort: Verstetigung der Integrationspauschale, Unterstützung der Kommunen, Verbesserung der schulischen und beruflichen Integration - die Zeit dieser Rede reicht nicht aus.
Eine Flüchtlingsgruppe möchte ich gesondert nennen, weil ich glaube, dass wir für diese besonders viel Gutes aufgeschrieben haben: heranwachsende Geflüchtete. Berufsschulzugang nach Möglichkeit bis 27, Nachjustierung bei „3 plus 2“, BAföG und eine Hochschulduldung analog zu „3 plus 2“ - das alles sind richtig gute Errungenschaften, die diesen Geflüchteten echte Möglichkeiten eröffnen werden, hier richtig anzukommen, und zwar unabhängig von den Herkunftsstaaten.
Wir müssen darauf schauen, was jemand braucht, was jemand will und was jemand kann, nicht aber darauf, woher jemand kommt.
Natürlich hätten sich alle Vertragsparteien mehr vorstellen können. Sicherlich am schwersten ist es für uns Grüne in Fragen der Abschiebehaft und der Abschiebung, insbesondere nach Afghanistan. Aber wir sind davon überzeugt, dass wir Lösungen gefunden haben, die unser Anliegen, dass Abschiebehaft und Abschiebungen immer nur letzte Mittel sein dürfen und humanitär durchgeführt werden müssen, prominent zum Ausdruck bringen. Ich vertraue auf Ihre Einschätzung, Herr Grote. - So kann es mit uns klappen in der Integrationspolitik.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und SSW, ich komme zum Schluss und möchte noch einmal unsere Gemeinsamkeiten betonen, die Punkte, die uns verbinden. Wir alle wollen selbstverständlich unsere demokratische Kultur bewahren und stärken. Mehr als das - wir alle streiten für ein liberales, weltoffenes, europäisches Schleswig-Holstein. Wir alle werden uns Rechtspopulismus und alternativen Fakten weiterhin entschlossen entgegenstellen. Bei aller Schärfe, die manchmal in der Debatte ist und die auch dazugehört, weiß ich: Wir alle wollen das Beste für die Menschen in Schleswig-Holstein. Dafür wollen wir in diesem Parlament weiter zusammenarbeiten.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Koalition in den nächsten fünf Jahren das Schiff nicht nur über Wasser halten wird, sondern dass sie auch ordentlich Seemeilen machen kann. Dazu müssen wir das, was unsere Parteien in den Koalitionsverhandlungen begonnen haben, weiterführen und zu unseren Prinzipien erklären: dass wir die Unterschiede zwischen uns akzeptieren, dass wir uns respektieren und dass wir versuchen, einander zu verstehen und voneinander zu lernen - dies gilt, wie gesagt, ausdrücklich auch für unsere ehemaligen Koalitionspartner -, dass wir aufeinander zugehen und wo immer möglich Brücken zueinander bauen und dass wir uns auf unsere Gemeinsamkeiten stützen und gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit suchen.
Meine Damen und Herren, Lukas Beckmann, Gründungsmitglied und Vordenker der Grünen, hat auf unserem Landesparteitag letzte Woche eine, wie ich finde, bemerkenswerte Rede gehalten. Er hält unsere Koalition an sich für einen kulturpolitischen Er
folg. Was er sagte und wie er es sagte, sprach vielen Grünen aus der Seele und lässt sich vielleicht ein Stück weit auf unsere neuen Partnerfraktionen übertragen. Er sagte:
„Rote Linien sind auf dieser Seite der Linie sehr bequem. Wenn man aber über die Linie schaut, dann sieht man, dass auf der anderen Seite weitergearbeitet wird. Allerdings ohne uns. Daraus ergibt sich eine Verantwortung für das Ganze und das jeweils Mögliche. Dazu Zutrauen zu gewinnen, hat mich immer begeistert; das Ringen darum in den Vordergrund zu stellen, die Aufgaben in den Vordergrund zu stellen, … den Dialog in den Vordergrund zu stellen und sich nicht auszuruhen auf traditionellen ideologischen Auseinandersetzungen, die die Zukunft nicht werden gestalten können.“
In diesem Sinne freue ich mich auf die Herausforderungen der neuen Wahlperiode und wünsche uns allen viel Erfolg.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Jahren wurde hier im Hohen Haus ein, wie ich finde, bemerkenswerter Satz gesprochen. Er lautete: „Europa schaut auf Schleswig-Holstein.“ Heute stimmt das. Drei Parteien haben sich zusammengefunden zu einem Experiment, das unglaublich spannend ist und von dem heute niemand sagen kann, wie es ausgehen wird; ich bin davon überzeugt, dass es ein Erfolg werden wird.
Die Wählerinnen und Wähler haben am 7. Mai dieses Jahres eine wichtige Weichenstellung für dieses Land getroffen. Mit dem Verlust der Mehrheit der von Torsten Albig angeführten Regierung - immerhin insgesamt 5 Prozentpunkte Verlust an Wählerzustimmung - haben die Wähler in Schleswig-Holstein die im Landtag vertretenen demokratischen Parteien den Auftrag erteilt, eine stabile politische Perspektive für die kommenden fünf Jahre und bestenfalls für die Zeit darüber hinaus aufzuzeigen. Ich persönlich bin überzeugt davon: Wenn dieses Experiment gelingt - ich glaube, dass es gelingen wird -, dann werden die Sozialdemokraten in Schleswig
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte bereits an dieser Stelle meine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass ausgerechnet der neue Oppositionsführer nach trumpscher Manier die Presse dafür schilt, wie sie Bericht erstattet. Das habe ich nicht verstanden; denn Pressefreiheit und Meinungsfreiheit sind hohe Güter, die sich nicht daran ausrichten, was dem Oppositionsführer gefällt und was ihm nicht gefällt. Ich persönlich habe häufig darunter leiden müssen, wie die Presse berichtet hat. Aber das ist deren Sinn, das ist Sinn der demokratischen Veranstaltung. Vielleicht muss sich Dr. Stegner erst noch daran gewöhnen, dass man loben kann, was zu loben ist.
Klar ist: Niemand hat die Konstellation zwischen CDU, Grünen und Freien Demokraten im Wahlkampf angestrebt, obwohl ich immer wieder betont hatte - auch vernehmbar für die Sozialdemokraten dieses Landes -, dass dies die wahrscheinlichste Alternative nach der Wahl sein würde.
Klar ist auch, dass wir den Auftrag der Wählerinnen und Wähler ernst genommen und in den vergangenen Wochen alles dafür getan haben, aus den Unterschieden zwischen den Partnern eine gemeinsame Basis zu formen und daraus das Beste für Schleswig-Holstein zu machen.
Ich zitiere gern einen der großen Sozialdemokraten der Bundesrepublik Deutschland - neuerdings wiederentdeckt von der SPD im Wahlkampf für Martin Schulz -, der am Beginn seiner Regierung erklärt hatte:
Gemeinsam mit der Union und den Grünen ist es uns gelungen, eine Zukunftsperspektive in einem Koalitionsvertrag festzuschreiben. Es ist allen Beteiligten nach hartem, sachorientiertem und fairem Ringen geglückt, vernünftige Vereinbarungen für die Zukunft unseres Landes zu schmieden.
Ich glaube, sagen zu können: Wir alle haben in diesem Prozess dazugelernt, ich allemal. Und ich kann sagen, dass in den Gesprächen die Vertrauensbasis zwischen den handelnden Akteuren nicht nur gewachsen ist, sondern mittlerweile so stabil ist, dass wir auch Stürme der Zukunft gemeinsam überstehen werden.
Uns liegt jetzt ein Vertrag vor, in dem sich jeder der drei Verhandlungspartner gut wiederfinden kann. Wir haben festgestellt, liebe Eka von Kalben, dass wir in zentralen Fragen der inneren Sicherheit und der Flüchtlingspolitik überhaupt nicht voneinander entfernt, sondern näher beieinander waren, als unsere Vorurteile es jeweils möglich erscheinen ließen.
In Schleswig-Holstein leben zwar die glücklichsten Menschen; das heißt aber nicht automatisch, dass wir selbstzufrieden sein dürfen und unser Land keinen politischen Veränderungsbedarf hat. Vielmehr ist bei den Menschen das Gefühl entstanden, dass sich in einigen Bereichen Mehltau auf unser Land gelegt hat.
Lieber Herr Dr. Stegner, Sie müssen sich schon entscheiden. Sie können nicht einerseits erklären, es gebe keinen Politikwechsel, sondern die Politik der Küstenkoalition werde fortgesetzt, wenn Sie andererseits erklären, es werde jetzt alles schlechter für die Menschen in diesem Land. Entweder das eine oder das andere ist der Fall.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wahlergebnis hat es deutlich aufgezeigt: Es reicht nicht, sich selbst zu loben, wohlzufühlen und Politik hauptsächlich als Moderationsaufgabe zu verstehen. Man muss in politischer Verantwortung gelegentlich auch Entscheidungen treffen, die wehtun können. Dass dies in weiten Teilen unterblieben ist, haben die Wählerinnen und Wähler erkannt und sich entsprechend verhalten.
Die öffentlichen Investitionen sind in den vergangenen Jahren auf historische Tiefststände gefallen. Vor dem Jahr 2012 hielt der frühere Finanzminister und heutige Oppositionsführer Dr. Stegner in Sachen Investitionsquote die rote Laterne noch fest in der Hand. Mithin muss man an seinen Haushalt 2005 erinnern, der uns eine Rekordverschuldung von 1,7 Milliarden € hinterlassen hatte. In der 18. Wahlperiode konnten wir hier einen wahrhaften Unterbietungswettbewerb feststellen, mit Quoten von zum Teil unter 7 %.
Es ist wirklich bemerkenswert, dass SchleswigHolsteins Investitionen immer dann in den Keller rauschen, wenn Herr Dr. Stegner seine Finger im Spiel hat. Dies ist umso bemerkenswerter, als der
sozialdemokratische Spitzenkandidat Schulz, Martin Schulz, im aktuellen Bundestagswahlkampf das sehr richtige Motto herausgegeben hat: „Vorfahrt für Investitionen“. Es ist davon auszugehen, dass auch der sechste stellvertretende Bundesvorsitzende etwas zur strategischen Ausrichtung seiner Partei im Wahlkampf beizutragen hatte. In Kiel hat Dr. Stegner also dafür gesorgt, dass unsere Infrastruktur weiter verfällt, während er in Berlin gleichzeitig dafür geworben hat, dass mehr investiert wird. Diese Janusköpfigkeit zeichnet den Kollegen Dr. Stegner wirklich aus: Andere zum Handeln auffordern, aber das Handeln unterlassen, wenn man selbst handeln kann.
Spätestens seit dem Landesstraßenzustandsbericht aus dem Jahre 2014 wissen wir, dass wir es tunlichst unterlassen sollten, uns Kredite bei unserer Infrastruktur zu holen. Denn jeder Euro, den wir uns zwischen 1990 und 2014 bei den Landesstraßen geliehen haben, kostete den Steuerzahler schließlich - Stand: 2014 - 3,21 €. Dieser Betrag hat sich seitdem mit Sicherheit vergrößert.
Die Landesstraßen sind nicht nur das größte Anlagevermögen dieses Landes, sie sind auch Lebensader für unsere wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Entwicklung. Wenn wir gezwungen sind, wegen Schlaglöchern Tempo 30 zu fahren, wenn wir es also nicht mehr problemlos schaffen, mit dem Auto von A nach B zu kommen, dann schaffen es klimaneutrale E-Mobile, der Paketbote, Feuerwehr- und Polizeiautos oder Krankenwagen auch nicht.
Wer den politischen Mitbewerber, der sich für den Erhalt der Straßeninfrastruktur einsetzt, ständig als „Betonfetischist“ denunziert, verkennt diese fatale Entwicklung vollkommen. Der Einsatz für eine funktionierende Infrastruktur ist mitnichten eine politische Ideologie. Auch für eine vernünftige Gesundheitsinfrastruktur, für die Aufrechterhaltung unserer Sicherheit, für die Abfederung des demografischen Wandels und für die Sicherung unseres Wohlstandsniveaus brauchen wir funktionstüchtige Verkehrswege. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunftssicherung unseres Landes.
Deshalb bin ich sehr froh, dass wir uns darauf verständigen konnten, jedes Jahr mindestens 90 Millionen € in den Erhalt und die Sanierung der Landes