Protokoll der Sitzung vom 06.09.2018

(Beifall SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages eine Gruppe der AWO Schleswig-Holstein sowie Schülerinnen und Schüler der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule Glinde. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Das Wort für die Landesregierung hat nun der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Zeiten angespannter Wohnungsmärkte darf die Wohnungssuche nicht durch die Forderung unverhältnismäßig hoher Nebenkosten erschwert werden. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig, und das weiß auch diese Landesregierung.

Die Maklercourtage scheint auf den ersten Blick ein Ansatz zu sein. Aber bei näherer Prüfung können wir den Vorstoß leider nicht unterstützen. Insbesondere drei Gründe sprechen dagegen:

Erstens. Es gibt keine tatsächlichen Vorteile für die Wohnungssuchenden; schlimmstenfalls könnte eine solche Regelung sogar nachteilig sein.

Zweitens. Das System der sozialen Marktwirtschaft rechtfertigt nur ausnahmsweise solche massiven Eingriffe in die Preisbindung.

Drittens. Das eigentliche Problem, um das es hier geht - das haben wir auch in der Diskussion erlebt -, ist die Frage der Wohnungsknappheit. Dieses Problem können wir durch dieses Thema, egal wie wir es gestalten, mit Sicherheit nicht lösen.

Warum gibt es keine Vorteile für Wohnungssuchende? Bei der Vermietung gilt bereits heute das Bestellerprinzip. Wiederholt wurde hier im Raum gesagt, die Courtage müsse ohnehin vom Vermieter gezahlt werden, wenn er den Makler beauftragte. Ich kann sehr wohl nachempfinden, was Herr Dr. Stegner vorhin gesagt hat und was hier auch wiederholt gesagt worden ist: Es gibt schwarze Schafe, die dieses umgehen. Ich habe allerdings berechtigte Zweifel, dass wir solche schwarzen Schafe ausmerzen können. Denn egal welche Regelung wir finden, schwarze Schafe werden immer eine Möglichkeit finden, auch diese neuen Wege zu umgehen.

(Beifall FDP)

Der Regelungsbedarf besteht allenfalls beim Kauf und Verkauf von Immobilien. Hier gilt im Maklerrecht das Prinzip der Erfolgsprovision. Also nur beim Abschluss eines Kaufvertrages über die Immobilie kann der Makler ein Entgelt verlangen. Würden wir die Vergütung nun auf eine tätigkeitsbezogene Gebührenordnung, also auf Gebühren für Leistungen umstellen und zum Beispiel Gebührentatbestände für Objektbesichtigungen einführen, könnten Makler dann auch ohne ein erfolgreiches Geschäft möglicherweise für eine Vermittlung die Hand aufhalten. Ich glaube, das würde ein noch größeres Maß an Belastungen mit sich bringen. Das Ganze wäre dann wohl weder im Interesse der Verkäufer noch der Käufer,

(Beifall FDP)

zumal es auch nicht tendenziell das Interesse eines Maklers an einem schnellen Abschluss erhöhen würde. Er würde vielmehr versuchen, möglichst lange zu beraten.

Stattdessen sollten wir auch beim Verkauf das Bestellerprinzip einführen, ähnlich wie bei der Miete.

In Schleswig-Holstein beträgt die durchschnittliche Courtage 7,14 % des Kaufpreises. In der Regel das ist von den Kollegen in meinem Haus ermittelt worden - teilen sich Verkäuferinnen und Käufer diese jeweils ungefähr hälftig. Es wird auch heute

(Dr. Ralf Stegner)

insofern ein gewisses ausgeglichenes Verhältnis geben.

Deshalb sehe ich eine Gefahr, wenn wir durch zusätzliche Kosten den Kaufpreis insgesamt weiter erhöhen. Denn das hätte einen erhöhten Kaufpreis zur Konsequenz. Wenn dies einfließt, käme es zumindest für die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zu einem noch höheren Wert, der zulasten der anstehenden Käufer ginge. Das wäre sicherlich keine gute Lösung.

Wir wollen keine unverhältnismäßigen Eingriffe in das Vertragsrecht. Die Höhe der Maklerprovision sollte frei vereinbar bleiben; denn der Grundsatz der Vertragsfreiheit ist Teil unserer Marktwirtschaft und auch der persönlichen Freiheitsrechte, die wir in diesem Land haben.

Grenzen setzen die Gerichte bei überhöhten Preisen schon heute. Grundsätzliche Gebührentatbestände sind nur ausnahmsweise gerechtfertigt, etwa dann, um einen Wettbewerb bei grundlegenden oder sogar lebenswichtigen Leistungen auszuschließen, zum Beispiel im Bereich der medizinischen Versorgung. Das trifft aber bei Maklern nicht zu.

Die Gebührenordnung der Notare kann ohnehin nicht als Vergleich herangezogen werden; denn Notare üben, anders als Makler, ein öffentliches Amt aus. Das ist eine ganz andere Aufgabenbeschreibung. Darüber haben wir in den vorherigen Ausführungen schon etwas gehört.

Das Entscheidende aber ist der dritte Punkt. Das eigentliche Problem ist und bleibt die Wohnungsknappheit in Ballungsgebieten. Auch eine Gebührenordnung für Makler löst dieses Problem mit Sicherheit nicht. Damit würde in diesem Land nicht eine Wohnung oder ein Gebäude mehr entstehen.

(Beifall CDU und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Ich habe es gesagt: Das ist das Entscheidende. Das müssen wir auch angehen.

Ich kann Ihnen sagen: Das Wichtigste bei der Wohnungspolitik ist die soziale Wohnraumförderung. Die Förderzahlen haben aufgrund unserer Anstrengungen, aber auch aufgrund der Anstrengungen der Vorgängerregierung, deutlich zugenommen. Wir haben unsere Zuschüsse sehr positiv eingesetzt. Dadurch sind erhebliche Bestände neu geschaffen worden. Dass wir das Problem damit nicht über Nacht lösen, ist wohl allen klar. Aber die Entscheidung, dieses Programm fortzusetzen, ist der richtige Weg.

Wir befürworten außerdem weiterhin das Entstehen von Wohnraum in zentralen und begehrten Lagen. Deshalb fördern wir nun auch den Dachgeschossausbau. Das ist ein toter Raum, der bislang nicht genutzt werden konnte und der heute sogar mit Fördermitteln ausgebaut werden kann, um auf diese Weise dem erhöhten Wohnraumbedarf Rechnung zu tragen.

An der Erleichterung der bauordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen wird ebenfalls gearbeitet. Wir waren gestern auf der Bauministerkonferenz zusammen, um Hindernisse regulatorisch abzubauen und so weiterhin Kosten für die künftigen Bauherren einzusparen.

Wir werden uns außerdem dafür einsetzen, dass der Tatbestand der Mietpreisüberhöhung im Wirtschaftsstrafgesetz wieder praxistauglich wird und Mieterinnen und Mieter nicht vor einer unerfüllbaren Beweislast stehen, sondern dass dieser Tatbestand wieder aufgelebt werden kann. Auch darüber waren sich die Bauminister einig.

Schließlich halten wir eine Dynamisierung des Wohngeldes für sinnvoll, um die Position der Mieterinnen und Mieter zu stärken. Das Wohngeld sollte künftig automatisch auch an steigende Mieten beziehungsweise an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst werden. Damit ist eine Reichweite und eine bessere Förderung der Menschen, die Hilfe brauchen, gegeben.

Meine Damen und Herren, Wohnraum muss bezahlbar sein. Das ist nicht nur Ihr politisches Votum, das ist auch unsere Handlungsmaxime als Innenministerium. Daran sollten wir auch weiterhin gemeinsam arbeiten.

Der vorliegende Vorschlag, sich in dieser Form nur mit dem Thema Maklergebühren auseinanderzusetzen, ist wohl nicht allein der richtige Weg. Lassen Sie uns unsere Kräfte lieber dort bündeln, wo es wirklich zur Entlastung der Wohnungsuchenden beiträgt. Mein Haus ist für alle Vorschläge in dieser Richtung offen und würde Sie unterstützen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP und Aminata Touré [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Da Ausschussüberweisung nicht beantragt worden ist, stimmen wir in der Sache ab. Wer dem Antrag in der Drucksache 19/881 zustimmen will, den bitte

(Minister Hans-Joachim Grote)

ich um das Handzeichen. - Das sind die Mitglieder der Fraktion der SPD und die Abgeordneten des SSW. - Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Damit ist der Antrag in der Drucksache 19/881 abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen verbessern

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/882

Ich sehe, das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob dieser Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig so beschlossen.

Ich erteile deshalb das Wort für die Landesregierung dem Herrn Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Frau Abgeordnete Midyatli, ich möchte jetzt gern über die kinderärztliche Versorgung sprechen.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Aufgabenspektrum und Arbeitsumfang in den Kinder- und Jugendarztpraxen haben sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt und auch deutlich erweitert. Die zentralen Ursachen dafür sind die Zunahme der empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche, zugleich die Ausweitung des Untersuchungsumfangs als solchem bei den einzelnen Untersuchungen sowie das Hinzukommen neuer Impfungen sowie die damit verbundenen und zum Teil sehr umfangreichen und zeitintensiven Impfberatungen.

Des Weiteren nenne ich die Ambulantisierung früher stationär behandelter Erkrankungen, die zunehmende Bedeutung von Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten als Gegenstand von pädiatrischer Diagnose und Beratung sowie der verstärkte Fokus auf psychische und psychosomatische Erkrankungen und sozialbedingte Beeinträchtigungen. All das sind medizinisch fachliche Gründe für die

höhere Auslastung und die höhere Arbeitsbelastung in Kinderarztpraxen. Hinzu kommt in jüngerer Zeit - das ist an sich eine sehr schöne Nachricht -, dass wir in Schleswig-Holstein auch wieder mehr Kinder haben.

Genau deswegen weist das Landesamt für soziale Dienste deutlich mehr Einladungen zu den Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen auf. Hier gab es einen Zuwachs von 160.890 im Jahr 2012 auf rund 177.000 im Jahr 2017. Entsprechend nahm auch die Zahl der Untersuchungen in den Kinderund Jugendarztpraxen zu.

Was die Auswirkungen dieser Entwicklung angeht, ist festzuhalten - das weiß der Antragsteller natürlich auch -, dass wir rein rechnerisch nach wie vor in keinem einzigen Planungsbereich des Landes einen Versorgungsmangel feststellen können. Im Gegenteil, nach den Vorgaben der Bedarfsplanungsrichtlinie ist Schleswig-Holstein derzeit mit Kinderärzten rechnerisch überversorgt, woraus sich eine Zulassungssperre für sämtliche Planungsbereiche ergibt. Dennoch - das möchte ich an dieser Stelle sehr deutlich sagen -: Das eine ist das Rechnerische, das andere sind die Eltern, die auf einen Arzttermin für ihr Kind warten.

(Heiterkeit FDP)