Protokoll der Sitzung vom 06.09.2018

(Lukas Kilian [CDU]: Gewerkschaftssimula- tor!)

weil ich sehe, wie E-Sport angenommen wird, insbesondere bei den Jugendlichen.

(Beifall FDP)

Damals habe ich meinen Trainerschein in Basketball gemacht. Worin sollten die Kinder und Jugendlichen geschult werden? Das waren Teamgeist, Koordination, kognitive Fähigkeiten, Reaktionsvermögen und - was für mich auch wichtig ist - die Fähigkeit zur Antizipation.

Ich schlage nun die Brücke zur Neuzeit. Legt man diese Punkte über die Anforderungen beim E-Sport, sind sie - richtig verstanden - deckungsgleich. All diese Aspekte werden auch bei E-Sport entwickelt. Deswegen, meine Damen und Herren: Wir wollen E-Sport gestalten.

(Beifall FDP)

E-Sport wird Bewegung vielleicht nicht ersetzen das ist ein starkes Gegenargument, das vor allem aus den Sportverbänden kommt -, doch heißt dies noch lange nicht, dass E-Sport kein Sport ist. Schließlich bewegt man sich beispielsweise auch beim Schachspielen nicht. Ist E-Sport also Sport? Die Frage, ob E-Sport als Sport anerkannt wird, wird bundesweit - das haben wir gehört - differenziert gesehen. Es gibt Gründe dafür, aber es gibt auch Gründe dagegen. Ich stehe bei dieser Entscheidung voll und ganz hinter dem Grundsatz der Autonomie des Sportes. Aber wir wollen einen Prozess auf den Weg bringen, an dessen Ende als Ergebnis steht: Schleswig-Holstein soll das Vorzeigeland für E-Sport werden.

(Beifall FDP, Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Tobias Koch [CDU])

Verschließen wir uns also nicht dieser Diskussion. Wie beim Schach oder Motorradrennen scheint es dem E-Sport an einem wichtigen Kriterium zu fehlen, nämlich an der körperlichen Aktivität. Aber ist das wirklich so? Es gibt Schriften, die besagen, dass E-Sportler genauso beansprucht werden wie ein Formel-1-Wagen-Fahrer. Es gibt Spiele, bei denen man sich in einer virtuellen Realität bewegt, bei denen nicht nur der Puls stark ansteigt, sondern auch die Kondition herausgefordert wird, sodass man dadurch schnell ins Schwitzen kommt. Herr Dr. Dolgner, ich stimme mit Ihnen darin überein: Das ist teilweise nicht mehr für Menschen in meinem Alter geeignet.

Wir stehen hinter der Ablehnung von gewaltverherrlichenden Spielen, sind aber offen für die digitalen Spielformen. Der DFB-Vizepräsident für die Amateure, Dr. Koch, brachte eine weitere Erfahrung ins Spiel. Ich zitiere:

„Viele Jugendliche spielen vor oder nach dem Training auf dem Rasen an der Konsole …, andere entdecken über diesen Weg ihre Leidenschaft für den Sport und wollen es selbst aktiv ausprobieren.“

Ich füge hinzu: und zwar nicht nur virtuell, sondern auch auf dem Rasen. Deswegen wollen wir E-Sport gestalten. Wenn wir es im Sinne des Antrags tun über die Einbeziehung in Schulen mit einer freiwilligen Selbstkontrolle, über die Gründung einer Akademie und nicht zuletzt auch über eine Änderung der Abgabenordnung auf Bundesebene, um so die Vereinsbildung zu unterstützen -, so machen wir es nach meiner Überzeugung richtig. Dann werden wir E-Sport-Land Nummer eins. Machen wir uns auf den Weg, oder - wie wir Basketballer sagen -: Go for it! - Danke schön.

(Beifall FDP und Klaus Jensen [CDU])

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Während E-Sport im asiatischen Raum verbreitet als Sportart anerkannt ist, kämpfen E-Sportler in Deutschland noch immer für mehr Anerkennung. Weltweit werden bei ESport-Turnieren Preisgelder in Millionenhöhe ausgeschüttet. Das Hauptaugenmerk liegt dabei bei der Electronic Sports League - ESL -, die führende E

(Jörg Hansen)

Sport-Plattform mit über 7 Millionen Mitgliedern. Im Livestream verfolgen mehrere Millionen Zuschauer ihre Spieler, teilweise werden Turniere in Stadien durchgeführt, begleitet von mehreren zehntausend Interessierten. In Asien - wir hörten das bereits - sollen ab 2020 E-Sport-Titel in das Programm der Asienspiele aufgenommen werden.

Hochschulweit existiert in Deutschland die University eSports Germany. Verschiedene Universitäten sind dort vertreten und spielen gegeneinander. Selbst manche Fußballbundesligisten wie Stuttgart, Wolfsburg und Schalke unterhalten eigene E-SportAbteilungen. In Deutschland existiert also ein wachsendes Netz von E-Sport-Vereinen. Der ESport markiert längst eine eigene und etablierte Jugendkultur. Der eSport-Bund Deutschland - ESBD - hat die Anerkennung des E-Sports als Sportart als oberstes Ziel angekündigt.

Dabei geht es in der Tat um die zentrale Frage: Ist E-Sport ein Sport? Nach Meinung des Deutschen Olympischen Sportbundes - DOSB - nicht. Begründung hierfür ist, dass eine die Sportart bestimmende motorische Aktivität fehle. Blickt man nur auf die physische Komponente, also die sichtbaren Bewegungen, mag man dem vielleicht zustimmen. Schließt man aber auch die kognitiven und mentalen Anforderungen wie schnelle Reaktionen, Konzentrationsfähigkeit, Hand-Auge-Koordination, Handlungsschnelligkeit, Wettkampf, Antizipation und Taktik ein, so werden sehr schnell Parallelen zum herkömmlichen Sport sichtbar.

Körperliche und geistige Fitness sind im erfolgreichen E-Sport unabdingbar. Von meiner Seite daher ein klares Ja: E-Sport ist Sport. Wenn diese Frage mit Ja zu beantworten ist, kommen wir natürlich auch zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit und damit zur Förderung von E-Sport. Wo klassische Sportvereine steuerliche Vorteile genießen, sind ESport-Vereine hiervon bisher ausgenommen. Maßgeblich ist hier die Abgabenordnung - das klang bereits an -, eine Bundesregelung also. Auf Bundesebene muss demnach durch Änderung der Abgabenordnung entschieden werden, ob E-Sport-Vereine gemeinnützig sind. Die Chancen auf Bundesebene stehen wohl nicht schlecht, denn im Koalitionsvertrag ist der E-Sport bereits verankert.

Zum 1. Januar 2018 erlangte der Leipzig eSports e.V. als erster bisheriger E-Sport-Verein in Deutschland die Gemeinnützigkeit. Dies erfolgt jedoch nur durch die umfangreiche Jugendarbeit aus Zwecken der Förderung der Jugendhilfe. Für eine Anerkennung und Förderung durch den DOSB reicht das jedoch nicht aus.

E-Sport muss auch in Schleswig-Holstein stärker gefördert werden, als das bisher der Fall ist. Dabei müssen vor allem intensive Gespräche auch mit dem Landessportbund geführt werden. Ziel muss es sein, den E-Sport beim DOSB zu etablieren. Wichtig ist dabei, den eSport-Bund Deutschland - ESBD - mit ins Boot zu holen. Dieser kann den gesamten Prozess begleiten und sich mit seiner Erfahrung einbringen.

In wirtschaftlicher Hinsicht wird eine Förderung des E-Sports Impulse setzen können. Sowohl im Veranstaltungsbereich als auch in der IT-Branche sollten wir den Trend nicht verschlafen und ihm den Boden bereiten. Der Computerspieler von heute kann der Programmierer von morgen sein.

Vergessen wir jedoch nicht, dass Computerspiele auch süchtig machen können. Erst im Juni 2018 wurde die Online-Spielsucht als eigenständige Krankheit anerkannt. Etwa 1,2 % der Neuntklässler sind von einem pathologischen Spielverhalten betroffen. Dies besagt der Drogen- und Suchtbericht 2016 der Bundesregierung. Bei Erwachsenen beträgt der Anteil immer noch 0,8 %. Prävention und Aufklärung über die Gefahren sowie medizinische Begleitung der Erkrankten sind daher dringend erforderlich. Ein offener und verstärkt öffentlicher Umgang mit der Schattenseite des E-Sport wäre also eine weitere positive Folge einer Förderung des E-Sport auch in Schleswig-Holstein.

Das trifft ebenso auf die Diskussion zum Thema Gewaltdarstellung in den Computerspielen zu, die so in der Öffentlichkeit mit den E-Sport-Aktiven und nicht über sie hinweg geführt werden muss. Als früherer LAN-Gamer, E-Sportler und Veranstalter von LAN-Events freue ich mich über diesen Antrag. Als AfD-Fraktion - wir haben auch die Gamescom mit einem eigenen Stand begleitet - stimmen wir diesem Antrag sehr gern zu. Es wird höchste Zeit, diese Kultur verstärkt in das Licht der Öffentlichkeit zu holen, denn da gehört sie hin. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sport ist mehr als nur Bewegung, Sport ist Teamgeist, Spiel, aber eben auch Leistungsansporn.

(Claus Schaffer)

Ähnlich wie Schach oder Motorsport hat der ESport mit vielen Vorurteilen zu kämpfen: Das sei ja kein richtiger Sport, weil man sich nicht bewegen würde - was natürlich völliger Unsinn ist, weil jeder weiß, wie oft und wie stark man sich bewegt, wenn man Schach spielt, trotzdem ist das ein anerkannter Sport.

E-Sport ist Sport, weil es eben mit mehr zu tun hat, mit Körperkoordination, aber auch damit, wie man beispielsweise taktisch vorgeht. Die Nicht-Akzeptanz mag in Deutschland auch daran liegen, dass es eine relativ geringe Technologieakzeptanz gibt. Man sieht immer nur die Risiken und nie die Chancen. Ich glaube, wir müssen mehr die Chancen sehen. Natürlich gibt es auch negative Effekte bei Computerspielen, die man auch nicht ausblenden darf, das ist völlig klar, aber die Chancen sind um ein Vielfaches größer. Deswegen ist es wichtig, dass wir E-Sport als offiziellen Sport anerkennen.

(Beifall SSW, Lukas Kilian [CDU], Dr. Hei- ner Dunckel [SPD] und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir vom SSW sehen das jedenfalls so, denn ESport ist Jugendkultur pur. Das kann man auch nicht ausblenden. Das ist etwas, was die Leute gern tun, und dann sollte sich Politik auch damit beschäftigen.

Deshalb stellen wir zusammen mit den regierungstragenden Fraktionen den Antrag, das Engagement Schleswig-Holsteins in Sachen E-Sport zu forcieren. Zudem haben die Regierungsparteien auf Bundesebene in ihren Koalitionspapieren auch schon festgehalten, E-Sport künftig vollständig anzuerkennen. Insofern gilt es natürlich auch von unserer Seite aus, auf die aktuelle Entwicklung vorbereitet zu sein, die da passieren wird. Die Gaming-Convention und der E-Sport-Summit in Husum, der heute begonnen hat, zeigen, dass die Entwicklung längst in Gang ist. Wir springen ein Stück weit auf einen Zug auf, der jetzt schon fährt.

Wir vom SSW wollen den E-Sport und den traditionellen Sport besser miteinander verbinden. Das Ziel muss es sein, den E-Sport im Vereinsleben in unserem Land fest zu integrieren. Hier gilt es, das Potenzial, das der E-Sport bieten kann, auch zu nutzen. Denn grundsätzlich ist es so, dass im E-Sport alles global vor sich geht. Regional- oder Kreisligen, wie man sie in anderen Sportarten kennt, sind dort eben nicht vorhanden. Man hat von Anfang an die ganze Welt als Konkurrenz. Dies ist auch eine der Besonderheiten im E-Sport. Gerade weil dort eben alles so global ist, fehlt in den meisten Fällen

die Vernetzung vor Ort. Es wäre doch wünschenswert, wenn der E-Sport vermehrt lokal und gemeinschaftlich betrieben werden würde, damit ein Austausch vor Ort und offline stattfinden und damit der E-Sport - genau wie andere Sportarten auch - zum sozialen Leben in der jeweiligen Kommune und Gemeinschaft beitragen kann.

Der E-Sport ist aber auch ein riesiger Markt, der bisher nur in Nordamerika und vor allem in Asien vollständig erschlossen wird. In Europa haben sich schon Länder wie Dänemark und Polen auf den Weg gemacht. Deshalb ist es jetzt wichtig, dass wir hier bei uns versuchen mitzuhalten. Wir müssen Turniere durchführen, E-Sport in organisierte Bahnen lenken und zum Beispiel das Glücksspiel in diesem Bereich neu regeln, weil das inzwischen auch schon stattfindet.

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: So ist das!)

Es gibt also nicht nur Chancen, sondern auch gesetzgeberische Aufgaben in diesem Bereich, denen wir auch nachkommen müssen.

(Beifall SSW, Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Oliver Kumbartzky [FDP])

Ich glaube, auch da können wir als Land Schleswig-Holstein eine Vorreiterrolle einnehmen.

Durch die mögliche Etablierung einer E-Sport-Akademie könnten wir mit Sicherheit Fortschritte erzielen, denn rund um eine solche Akademie würde nachfolgend Wachstum für den E-Sport-Bereich in Schleswig-Holstein entstehen. Marketing, technische Entwicklung, das E-Sport-Spielen an sich sowie die Verknüpfung zur Wissenschaft könnten an dieser Stelle eine echte Entwicklung für die gesamte Branche hervorbringen. Daran sollten wir arbeiten. Diesbezüglich muss sich eine Landesregierung natürlich auch einbringen, um so etwas ganz Neues auf die Beine stellen zu können.

Letzten Endes muss dafür dann auch Geld in die Hand genommen werden. Wir dürfen nicht nur über die Akademie reden, wir müssen sie dann auch fördern. Ich denke, wenn es irgendwann soweit ist das ist hoffentlich nicht mehr so lang hin -, wird man sicherlich auch Lösungen finden.

Alles in allem kann man festhalten: Die Infrastruktur rund um den E-Sport steckt derzeit landauf, landab in den Kinderschuhen. Ich hoffe daher, dass der vorliegende Antrag hier im Landtag eine breite Unterstützung erfährt, wenn wir ihn aus dem Ausschuss zurückbekommen, damit der E-Sport poli

(Lars Harms)

tisch wie auch gesellschaftlich endlich anerkannt wird und wir seine Chancen für die Jugendlichen, aber auch für die etwas älteren Spieler, dann wirklich nutzen können. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Beifall Lukas Kilian [CDU])

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor etwa 140 Jahren entbrannte in Deutschland eine heftige Diskussion: Junge Menschen hätten sich in ihrer Freizeit mit der englischen Krankheit infiziert und würden nun der Fußlümmelei frönen.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen: Das war der Beginn des Fußballspiels hier in Deutschland, eine Sportart, die mitnichten - wie damals kritisiert wurde - Verachtung, Geringschätzung oder Abscheu gegenüber dem Ball ausdrückte.

(Heiterkeit)