Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Stegner, ich muss Ihnen sagen: Als Oppositionsführer müssen Sie noch eine Menge lernen. Das, was Sie bisher gebracht haben, zumindest zu diesem Thema, war nichts. Das war gar nichts! Das waren Phrasen, die wir von Ihnen gewohnt sind, die sich aber für einen Oppositionsführer eigentlich nicht gehören. Ich wiederhole: Das war gar nichts!
(Beifall CDU - Martin Habersaat [SPD]: Zahlen - Daten - Fakten! Sie und Ihre Genossen waren in den vergangenen fünf Jahren für die A-20-Planungen zuständig. Es Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 4. Sitzung - Mittwoch, 19. Juli 2017 113
waren Minister Meyer und dessen Staatssekretär Nägele. In den vergangenen fünf Jahren ist in Sachen A 20 nichts, wirklich überhaupt nichts geschehen.
Heute, fünf Wochen, nachdem wir die Regierung übernommen haben, stellen Sie sich hin und blasen sich mit Behauptungen auf, was wir angeblich nicht getan hätten. Davor waren fünf Jahre Stillstand!
Wir haben immer geglaubt, es liege an den Grünen, dass es nicht vorangeht. Nun wissen wir: Es lag an der Unfähigkeit eines sozialdemokratischen Wirtschaftsministers und dessen Staatssekretärs. Sie tragen dafür die Verantwortung. Sie waren zum Beispiel dafür verantwortlich, wie der Landesbetrieb in den letzten Jahren aufgestellt war. Sie haben nichts daran geändert. Sie haben keine Strukturen verändert. Dafür waren die beiden Herren verantwortlich, niemand sonst!
Es geht darum, dass an der Hörnau und im Breitenburger Moor Zwergschwäne gesichtet worden sind; das stimmt. Die Zwergschwäne sind nicht erst seit dem Regierungswechsel dort, das heißt, sie sind nicht Ihretwegen gekommen, sondern schon länger dort gewesen. Sie haben ja ihren eigenen Vogel.
- Herr Dr. Stegner, Ihnen sind bei meinen Reden schon bessere Zwischenrufe eingefallen. - Es gibt aber einen Unterschied: In der Zeit, in der wir die Regierungsverantwortung hatten, wurde weitergeplant. Es wurde nicht nur, wie bei Ihnen, kartiert. Das ist der große Unterschied! Ihr Minister und Ihr Staatssekretär haben angeordnet, der Landesbetrieb solle die Planungen einstellen und nur noch Kartierungen und Zählungen vornehmen. Das ist Tatsache! Genauso wurde es uns im Wirtschaftsausschuss berichtet. Das ist auch öffentlich. Minister Buchholz wird dazu sicherlich auch noch etwas sagen. - Das ist die derzeitige Situation.
Auf die Kleine Anfrage, die ich im Februar gestellt hatte, wurde mir als Antwort gegeben, es gebe auf allen Antwortabschnitten keine Probleme. Wenn es kein Problem ist, dass dort 360 Zwergschwäne sind, dann weiß ich nicht, was ein Problem ist, auf das in
Deshalb erhebe ich den Vorwurf, dass ich belogen worden bin. Spätestens im Februar 2017 wäre die Zeit gewesen, uns mitzuteilen, dass die Planungen eingestellt sind, weil man nicht weiß, wie man mit dem Problem umgehen soll. Das ist das Hauptproblem, meine Damen und Herren.
Herr Günther hat sich im Wahlkampf zu Recht auf die Zahlen, die von der Staatskanzlei veröffentlicht worden waren, berufen. Alle Daten zu den Planfeststellungsabschnitten 17 und 18 waren veröffentlicht. Wenn man sich nicht einmal darauf verlassen kann, worauf dann überhaupt noch, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen? - Das war die Basis für die Aussage: Wenn wir spätestens 2018 die Planfeststellung beendet haben, wenn wir uns mit den Umweltverbänden einigen und es keine weiteren Klagen gibt, dann schafft man innerhalb von fünf Jahren den Bau auf schleswig-holsteinischer Seite.
Das habe ich genau so unterstützt und auch zu jeder Zeit so gesagt. Deshalb hat Daniel Günther zu Recht seine Aussage getroffen. Grundlage waren, wie gesagt, die Informationen aus den von Ihnen geführten Häusern, aus der von Ihnen geführten Staatskanzlei. Sie hatten falsche Daten eingestellt. Es ist überhaupt nicht vorstellbar, dass nur auf Anweisung eines Ministers die Planabschnitte 5 und 6 bekanntgegeben werden, obwohl sie keine rechtliche Grundlage haben. Diese Abschnitte waren nicht in der Planung. Das hat auch der Landesbetrieb öffentlich gesagt. Es war eine politische Anweisung, die Abschnitte 17 und 18 entsprechend auszuweisen. Das geht nicht! Das machen vielleicht Diktaturen. Es kann sein, dass man so etwas in China oder der Türkei macht. In Schleswig-Holstein, einem Rechtsstaat, geht so etwas nicht. Herr Dr. Stegner, dafür waren Ihre Genossen verantwortlich, kein anderer.
Nicht nur wir sind belogen worden. Besonders dramatisch ist, dass das gesamte Hohe Haus, dass die Öffentlichkeit belogen worden ist.
Die Öffentlichkeit ist belogen worden mit Ihren faden Planfeststellungsbeschlüssen, mit der Zeitleiste,
Darauf haben sich auch Unternehmer berufen. Sie haben sich gesagt: Na ja, wenn die 2017 oder 2018 mit der Planfeststellung fertig sind, dann dauert es hochgerechnet noch zwei, drei Jahre; dann wird die Autobahn fertig sein.
Auf dieser Grundlage haben Gemeinden, zum Beispiel Rethwisch und Neuenbrook, Gewerbegebiete ausgewiesen. In Glückstadt ist überlegt worden, ob es sich lohnt, noch eine neue Fähre anzuschaffen; wenn die Autobahn so schnell kommt, dann lohnt es sich nicht.
Wenn das von der SPD geführte Wirtschaftsministerium mit offenen Zahlen gearbeitet hätte, dann hätte es viele Menschen in den betroffenen Regionen nicht so viel Geld gekostet. Dort ist auch das Vertrauen in die Politik verloren gegangen. Dafür sind die beiden Herren allein verantwortlich.
Ich bin froh, dass wir mit Minister Bernd Buchholz jemanden haben, der das Thema anpackt, das Problem angeht und sich, wenn es sein muss, externen Sachverstand holt. Es ist seine Entscheidung. Er stellt das Haus, auch den Landesbetrieb, wahrscheinlich neu auf. Das ist seine, nicht unsere Entscheidung; wir können den Weg nur positiv begleiten.
Er sagt zu Recht, dass er jetzt abwägen muss, was zu tun ist, um die A 20 so schnell wie möglich weiterzubauen. Er wird uns Vorschläge machen. Vielleicht ist es ein Vogelschutzgebiet, vielleicht ist es eine neue Trasse. Letzteres würde natürlich am längsten dauern. Man kann auch an eine Umsiedlung der Zwergschwäne denken. Alles ist offen. Alles ist im Rennen. Alles muss von uns, der die Regierung tragenden Koalition, gemeinsam mitgetragen werden. Bernd Buchholz hat unsere volle Unterstützung. Alles, was dazu dient, die A 20 so schnell wie möglich weiterzubauen, muss getan werden.
An dieser Stelle gebe ich ein Versprechen ab, weil ich Bernd Buchholz kenne: Wir werden mit Sicherheit bei vielen Abschnitten innerhalb dieser Legislaturperiode den Baubeginn erleben. Darum mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Auch insoweit vertraue ich auf dieses Kabinett und die Zusammenarbeit aller, die dort Verantwortung tragen.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich insbesondere bei der SPD, sowohl bei Herrn Vogel, der uns neulich im Ausschuss die Gelegenheit gab, die
Missstände aufzuzeigen, als auch bei Ihnen, Herr Dr. Stegner, dafür, dass Sie für die heutige Sitzung den Antrag gestellt haben. Dadurch ist das Thema noch einmal prominent geworden. Sonst hätten die Journalisten wahrscheinlich nicht so über den Zustand der A 20 oder des Nichtzustandes, der Nichtplanung, der Arbeitsverweigerung der ehemaligen Landesregierung berichtet, wie sie es jetzt getan haben. Ihnen also ein herzliches Dankeschön.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir gemeinsam auf der Tribüne des Landtages Herrn Holger Gerth von Landesnaturschutzverband. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Herr Gerth!
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit fünf Jahren im Landtag verfolge ich die Debatten manchmal habe ich daran auch teilgenommen - zur A 20. Sie erfolgen immer nach dem gleichen Ritual:
Opposition - damals dort drüben sitzend - wirft Regierung vor, es gehe nicht voran. Regierung klagt Opposition an, sie habe in ihrer Regierungszeit auch zu wenig getan. Heute klagt Regierung Opposition an, dass sie in der vorherigen Zeit zu wenig getan habe. Ab und zu taucht noch ein seltenes Tier auf, und die Autobahnplaner können auf die schwierige Umwelt oder ihre Vertreter im Parlament, in den Verbänden oder auch in der Regierung zeigen. Täglich grüßt das Murmeltier, respektive der Feldhamster, die Fledermaus, der Seeadler und der Zwergschwan.
Eine neue Regierung, alte Probleme, polemisch und falsch auf die Länder gebracht: Der Naturschutz verhindert den Autobahnausbau. - Das ist nicht so.
Meine Damen und Herren, es lohnt ein genauerer Blick. Und ja, ich werde mich an dieser Vergangenheitsbewältigung jetzt nicht orientieren, sondern ich finde, wir müssen nach vorn blicken. Wenn es eine Mehrheit in der Bevölkerung und auch in diesem Parlament gibt, die sagt, wir müssten die A 20 schnell bauen, und wir im Koalitionsvertrag gesagt
haben, wir beteiligen uns daran unter bestimmten Voraussetzungen, und zwar unter den Voraussetzungen, die wir bei Ihnen hatten und auch denen, die wir jetzt neu haben, dann müssen wir doch jetzt darüber nachdenken, wie die Problematik Naturschutz und Autobahnausbau zusammengeführt werden kann, und nicht mehr darüber, wer hat wann, wie, mit wem und wie schnell geplant?
Dass an der geplanten A 20 Tiere leben, kann niemanden wundern, auch nicht, dass viele dieser Tiere geschützt sind, sind doch fast 40 % der Arten vom Aussterben bedroht. Dass bei der Planung großer Infrastrukturvorhaben Natur und Artenschutz zwingend berücksichtigt werden müssen, ist nicht nur eine politische Vorgabe, sondern auch eine rechtliche und ist europäisches Recht. Es ist auch gut so, dass es Recht ist, weil es nämlich aus unserer Sicht auch richtig so ist.
Wir können ja nicht in den Koalitionsvertrag die Bewahrung der Schöpfung hineinschreiben, und wenn es dann wirklich konkret wird, ducken wir uns weg und finden andere Maßnahmen doch wichtiger.
Aber selbst, wenn jemand anderer Meinung ist und das Naturschutzrecht überzogen ist - es zu ignorieren bringt die Planung auch nicht schneller voran. Vielmehr müssen wir es so machen, dass das gemeinschaftlich mit dem Naturschutzrecht geht.
Das Naturschutzrecht einzubeziehen und welche Lösungsmöglichkeiten wir haben, dazu liefert uns das Umweltministerium seit Jahren Beispiele:
Erstens Beispiel Seeadler. Das Umweltministerium hat dem damaligen Wirtschaftsminister gemeldet, und zwar samt Lösungsvorschlag, wie trotzdem gebaut werden kann, aber eben mit der Natur.
Zweitens. Genauso war es bei den Zwergschwänen, die überhaupt kein Geheimnis waren. Da hatte das Umweltministerium Lösungswege aufgezeigt, wie man damit umgehen kann, und hat das Thema aktiv in der für den Seeadler eingerichteten Arbeitsgruppe - ausweislich der Protokolle - immer wieder angesprochen. Aber eine Entscheidung, welchen Weg die Planer beim Wirtschaftsministerium und beim LBV gehen wollen, wurde dem Umweltministerium jedenfalls nicht mitgeteilt.