Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Angesichts der Diskussion, die jetzt stattgefunden hat, muss ich eines vorab sagen: Ich war als Abgeordneter im Europäischen Parlament auch nicht gegen diese Urheberrechtsreform insgesamt und auch nicht gegen Artikel 17, nur in dieser Form. Die Urheberrechtsrichtlinie ist ein richtiges Instrument zur Vereinheitlichung des Urheberrechts im europäischen Binnenmarkt. Es ist genauso, wie es eben hier angeklungen ist, dass wir europäische Regeln für diese Fragen brauchen, gerade im Internet. Artikel 17 sieht vor, dass Urheberinnen und Urheber vergütet werden müssen, im Zweifel mit Lizenzverträgen, die von großen Internetanbietern und Plattformanbietern auch dann abgeschlossen werden müssen, wenn ihre Nutzer geschützte Inhalte von Urheberinnen und Urhebern teilen.

Das sind richtige Vorgaben. Wie ich schon in der Rede bei der letzten Debatte gesagt habe, ist ein

Teil von Artikel 17 darauf ausgerichtet, dass automatisiert entschieden werden soll, welche hochgeladenen Inhalte auf den Plattformen landen. Das ist nicht vollständig durchdacht; das haben viele Abgeordnete im Europäischen Parlament so gesehen.

In allen Fraktionen im Europäischen Parlament hat es Abgeordnete gegeben - in einigen Fraktionen sogar sehr viele -, die gesagt haben: Deswegen lehnen wir die Reform in dieser Form ab. - Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es in allen Fraktionen Abgeordnete gegeben hat, die diese Reform unverändert mitgetragen haben. Da kann sich niemand einfach hinstellen und sagen, das sei ganz anders. Das muss man an der Stelle einmal ganz deutlich sagen. Gerade kurz vor der Europawahl sollte man nicht so tun, als sei dies anders.

Alle Fraktionen im Europäischen Parlament haben sowohl Befürworter als auch Gegner dieser Reform gehabt, manche eben deutlich mehr Befürworter das sind die Fraktion der Europäischen Volkspartei und die Fraktion der Sozialdemokratie gewesen. Übrigens hat auch die Hälfte der rechtsextremen Fraktion der AfD für diese Reform in unveränderter Form gestimmt.

(Unruhe - Dr. Frank Brodehl [AfD]: Ja, die Hälfte! Wie viel denn? Was ist denn die Hälf- te?)

- Das müssen Sie einfach einmal anerkennen.

(Zurufe)

Das sind Abstimmungsergebnisse.

(Claus Schaffer [AfD]: Den Teil mit den Rechtsextremen nehmen Sie bitte wieder zu- rück!)

- Sie sitzen in dieser Fraktion zusammen mit den Rechtsradikalen und Rechtsextremen aus Frankreich und Italien - der Lega und dem Front National, der jetzt anders heißt, aber es steckt das Gleiche drin.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW - Serpil Midyatli [SPD]: Alles richtig, Herr Minister!)

Mir ist daran gelegen, an der Stelle einmal deutlich zu machen und für die jungen Leute, die sich in dieser Auseinandersetzung positioniert haben, klarzustellen, dass die Dinge nicht so einfach sind, wie sie zum Teil dargestellt werden. Richtig ist: Bei diesen Wahlen kann man Einfluss nehmen - bei den europäischen Wahlen, aber auch über die nationalen Beteiligungsgremien und den Landtag, wo wir uns positioniert haben. Wäre die Bundesregierung dem

(Claus Schaffer)

Votum aus Schleswig-Holstein gefolgt, hätte es im Ministerrat keine Mehrheit für diese Richtlinie gegeben. Das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Das liegt übrigens nicht allein am politischen Gewicht Deutschlands, das sowieso viel schwerer wiegt als das Stimmgewicht im Ministerrat. Wenn Deutschland Ja oder Nein sagt, ist das in der Regel eine ziemliche Ansage. Allein von den Zahlen her wäre die Zustimmung im Ministerrat verweigert worden. Das gehört dazu: Der Ministerrat entscheidet mittlerweile mit Mehrheit.

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Das ist der Vertrag von Lissabon. Das ist ein Fortschritt gewesen. Da kann man nicht so tun, als sei das ein reines Vetogremium der Vergangenheit. Es ist ein Mitentscheidungsgremium der Mitgliedstaaten und eine der beiden Organe, die über solche Fragen entscheiden. Die Bundesregierung hat eine Entscheidung getroffen. Eine Protokollnotiz ändert an der Rechtslage nichts. Der Europäische Gerichtshof wird sich eine Protokollnotiz nicht anschauen. Auch das wurde hier deutlich gesagt. Die Entscheidung ist getroffen worden.

Nichtsdestotrotz ist es absolut richtig, bei der Bundesregierung weiterhin dafür einzutreten, dass in den Mitgliedstaaten inklusive unseres eigenen darauf gesetzt wird - denn die Umsetzung findet nicht nur in Deutschland statt, sondern auch in den anderen 27 Mitgliedstaaten; noch sind es jedenfalls so viele -, die Umsetzung dieser Richtlinie so vorzunehmen, dass auf rein automatisierte Verfahren verzichtet wird, ein Mensch solche automatisierten Verfahren im Zweifel überprüfen kann und es einer möglichen rechtsstaatlichen Überprüfung unterzogen wird, wenn Inhalte gesperrt und Uploads verhindert werden.

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Das ist richtig so. So gestalten wir das in Zukunft. Ich wünsche mir, dass man als Spitzenkandidatin und Spitzenkandidat im Europawahlkampf diese komplexen Sachverhalte deutlich macht. Dafür bleiben noch ein paar Tage übrig. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP, SSW und Bernd Heinemann [SPD])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1403 und den Antrag Drucksache 19/1477 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Dann ist das so beschlossen. - Wir kommen dann zur Abstimmung in der Sache.

(Wortmeldung Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Frau Parlamentarische Geschäftsführerin, Dr. Bohn, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wir haben darüber gesprochen, dass wir das auch gern dem Innen- und Rechtsausschuss überweisen wollen.

Federführend in den Innen- und Rechtsausschuss?

Ja, das würden wir gern.

Dann stelle ich fest, dass beschlossen wurde, den Antrag des SSW und den der Koalition federführend dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Gibt es noch eine Bemerkung?

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse über den Alternativantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/1474, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Gibt es Enthaltungen? Das sehe ich nicht. Dann ist der Antrag gegen die Stimmen der AfD-Fraktion und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Steigerung der Attraktivität des Lehramts an Grundschulen Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 19/1424

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile das Wort der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.

(Minister Jan Philipp Albrecht)

In der Grundschule - da sind wir uns einig - wird das Fundament für eine erfolgreiche schulische Bildung gelegt. Dafür brauchen wir von Anfang an die besten Lehrerinnen und Lehrer. Um sie in einem immer härter umkämpften Arbeitsmarkt zu gewinnen, müssen wir ihnen attraktive Arbeitsbedingungen und eine attraktive Besoldung bieten, die sowohl mit den anderen Lehrämtern als auch mit anderen Berufen konkurrenzfähig ist, nicht zuletzt auch mit anderen Bundesländern.

Deshalb haben wir uns in der Jamaika-Koalition vor gut einem Jahr darauf verständigt, Grundschullehrkräfte in Schleswig-Holstein zukünftig besser zu bezahlen, und zugleich das dafür notwendige Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht.

Nach umfassender Anhörung und Beteiligung der Gewerkschaften und Verbände liegt Ihnen der Gesetzentwurf nun in erster Lesung vor. Der Name fast im Stil der neuen Gesetze, aber dann hätte es „Attraktive-Grundschule-Gesetz“ heißen müssen lautet: „Gesetzentwurf zur Steigerung der Attraktivität des Lehramts an Grundschulen“.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist der Startschuss für A 13 für Grundschullehrkräfte in Schleswig-Holstein.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Es leitet die stufenweise Anhebung der Besoldung von Grundschullehrkräften ein und markiert einen bildungspolitischen Meilenstein, indem wir die Arbeit der Grundschullehrkräfte explizit würdigen. Eine angemessene Besoldung gehört nun einmal dazu.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Natürlich ist Geld nicht alles, aber es ist eben auch wichtig, und das erkennen wir an. Konkret heben wir die Besoldung von A 12 auf A 13 bis zum Jahr 2025 schrittweise an.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Damit sind wir das erste westdeutsche Flächenland - übrigens auch das erste Land im Norden -, das A 13 für Grundschullehrkräfte einführt. Das tun wir, obwohl wir Konsolidierungsland sind. Unsere Nachbarländer tun das nicht, jedenfalls haben sie dazu bisher keine Ankündigungen gemacht. Wir setzen hier einen bewussten Schwerpunkt. Herr Harms ist jetzt nicht da, der heute Morgen in dem

Zusammenhang von Schande sprach; das finde ich eine schwierige Einlassung.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Für mich ist das ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber Grundschullehrkräften. Es ist auch ein Beitrag dafür, dass das Grundschullehramt in Schleswig-Holstein insgesamt attraktiver gestaltet wird und für Nachwuchslehrkräfte reizvoller ist. Es geht also um die Lehrkräftegewinnung und die Verbesserung der Unterrichtsversorgung.

Wir beginnen ab 1. August 2020 damit, die Grundschullehrkräfte nach und nach in die Besoldungsgruppe A 13 überzuleiten. Sie sollen zunächst eine ruhegehaltsfähige Zulage zum Grundgehalt in der Besoldungsgruppe A 12 erhalten. Diese wird dann jährlich jeweils zum August um weitere 80 € angehoben - bis zum 1. August 2025, dann sind alle Grundschullehrkräfte bei A 13 angelangt.