Protokoll der Sitzung vom 17.05.2019

Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vereinzelt ist es bereits ausgeführt worden: Der Klimawandel steht ganz oben auf der politischen Agenda. Das Engagement der Schülerinnen und Schüler ist erfolgreich. Ich werde wiederholen, was ich vor zwei Monaten gesagt habe: Davor habe ich großen Respekt. Man könnte es auch mit Mahatma Gandhi formulieren:

„Ganzer Einsatz ist ganzer Erfolg.“

Davon bleibt die Schulpflicht unberührt. Wer die Klimademo für einen guten Zweck hält, um der Schule fernzubleiben, entscheidet sich gegen das Recht. Genau das hat der Landtag auch in seiner 52. Sitzung am 15. Februar 2019 beschlossen. Ich verweise darauf mit Erlaubnis der Präsidentin:

„Festzuhalten ist, dass die Schulpflicht besteht. Aufgrund dessen müssen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei Demonstrationen während der Schulzeit auch mit Konsequenzen rechnen. Diese müssen aber verhältnismäßig sein.“

Der Handlungsrahmen steht damit fest. Einerseits gibt es den Landtagsbeschluss, andererseits die Regelung von § 25 Schulgesetz. Insofern verwehre ich mich gegen Aussagen, wir würden die Schulpflicht öffentlich relativieren, das Gegenteil ist der Fall. Einen Nachholbedarf gibt es hier in keiner Weise.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich will noch einmal vor Augen führen, um welche pädagogischen Maßnahmen es sich handelt: um gemeinsame Absprachen, die Förderung erwünschten Verhaltens, erzieherische Gespräche mit Schülerinnen und Schülern, die Ermahnung, die mündliche oder schriftliche Missbilligung, Ordnungsmaßnahmen, den schriftlichen Verweis oder den Ausschluss von Schulveranstaltungen. Dieses Instrumentarium sieht das Schulgesetz vor.

Auf das Instrumentarium des Schulgesetzes wurde in einem Schreiben vom Januar hingewiesen; außerdem wurde diese Frage in der Schulleiterdienstversammlung in diesem Frühjahr ausgiebig besprochen.

Dementsprechend werden an unseren Schulen die Fehlzeiten notiert und den Gründen im Einzelnen nachgegangen. Ich habe großes Vertrauen in unsere Schulleitungen und Lehrkräfte, dass sie mit dieser Thematik nach den Regelungen des Schulgesetzes verhältnismäßig umgehen. Ich verstehe Ihr Misstrauen gegen unsere Schülerinnen und Schüler, gegen unsere Lehrkräfte und gegen unsere Schulleitungen nicht. Dazu gibt es keinerlei Veranlassung.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Noch schlimmer finde ich, dass Sie unseren Schülerinnen und Schülern so wenig Reflexionsmöglichkeit zutrauen.

(Vereinzelter Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Natürlich wissen die Schülerinnen und Schüler, dass es ein Spannungsverhältnis zwischen Schulpflicht, Rechtsstaat und Demonstrationsfreiheit gibt, und sie wissen damit umzugehen.

Nachdem wir das alles schon intensiv miteinander erörtert haben, möchte ich heute die Gelegenheit nutzen und Ihnen die Situation an den Schulen darstellen. Das führt vielleicht zu einem gewissen Erkenntnisgewinn, wie die Situation in SchleswigHolstein tatsächlich ist.

Die Schulen machen ihre Arbeit in dieser pädagogisch anspruchsvollen Situation. Die Schulleiter berichten uns, dass die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Freitagsdemonstrationen seit den Osterferien deutlich abgenommen hat. An einigen Schulen gab es zu Beginn der Aktionstage einzelne Freitage mit erhöhten Fehlzeiten. Der Unterricht fand in allen Schulen statt. In der Mehrzahl der Fälle ging der Unterricht normal weiter, die Schulen erfassten die Fehlzeiten und gingen den Einzelfällen nach. Es gab Gespräche mit Eltern, die um mehr Entgegenkommen baten und denen die schulische Position erläutert wurde. Dabei wurden die Eltern insbesondere gebeten, die Schülerinnen und Schüler nicht zu entschuldigen.

Vor allem im Januar gab es an einigen Schulen auch eine kurzzeitige Teilnahme an einer Demonstration, jeweils verbunden mit einer Vor- und Nachbereitung zu den wesentlichen Inhalten der Schülerinnen- und Schülerproteste. Da ging es um Rechts

(Jette Waldinger-Thiering)

staatlichkeit und Schulpflicht, aber auch um Klimaschutz.

(Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Vorbildlich!)

- Vielen Dank. - In einer Stadt organisierte die Schülerinnen- und Schülervertretung sogar einen Sternmarsch aller Schulen am Freitagmittag mit einer hohen Beteiligung von Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften.

Inzwischen hat sich die Lage nach der Wahrnehmung der Schulleiterinnen und Schulleiter an den Freitagvormittagen weitgehend normalisiert. Das Thema ist aber positiv besetzt. Fridays for Future werden als Chance wahrgenommen, um das Thema Klimawandel mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam zu bewegen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

In Eutin zum Beispiel werden deshalb weitere Demonstrationen organisiert, allerdings erst ab 13:30 Uhr, um keinen Unterricht ausfallen zu lassen. Überhaupt stehen vielerorts Schülervertretungen und Schulleitungen in engem Dialog, und manche Schulgemeinschaft geht der Frage nach: Was können wir in unserer Schule, vor unserer Haustür konkret tun?

Inzwischen setzen sich nicht nur die 171 Zukunftsschulen im Land besonders für Nachhaltigkeit ein, sondern an vielen Stellen wird ausgelotet, wie am eigenen Standort Veränderungen und Verbesserungen ermöglicht werden können.

Die Demonstrationen waren dabei ein wertvoller Impuls für die innerschulische Befassung mit dem Thema, Anstoß für die Initiierung neuer Arbeitsgemeinschaften, Projekte und für die unterrichtliche Auseinandersetzung. Die Liste der Ideen ist lang und reicht von „A“ wie „AG Umwelt“ bis „Z“ wie „Zukunftsprojekt 2050“.

Unter anderem wurde mir von folgenden Maßnahmen berichtet: Projekte zur Mülltrennung und Müllvermeidung, Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften zu Umwelt, Ökologie und veganem Kochen, Erhöhung der Zahl der Fahrradständer, Initiativen zum Umstieg von Plastik auf Metalltrinkflaschen, Fair-Trade-Schule, Klimafrühstück und, und, und. Ich könnte noch zwei Stunden länger erzählen. Leider habe ich nicht die Zeit dafür.

(Zuruf: Schade! - Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, insgesamt kann man feststellen, dass es zu einer erheblichen Bewegung

innerhalb der Schulen in einem sinnvollen pädagogischen Rahmen gekommen ist. Insofern haben die Fridays-for-Future-Demonstrationen tatsächlich einen positiven Effekt gehabt.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich möchte noch von einer Schule berichten, die mich besonders beeindruckt hat. Die Schulkonferenz dort hat am 8. Mai Nachhaltigkeit als neuen Schwerpunkt des Schulprogramms beschlossen. In der Mittelstufe wurde ein neuer Wahlpflichtunterricht „Nachhaltigkeit“ eingerichtet. Es gibt neue AG-Angebote rund um das Thema Nachhaltigkeit. Die schon bestehenden Langzeitprojekte „energetische Sanierung“ und „regenerative Energien“ auf dem Schulgelände erhielten wichtige neue Impulse und erleben einen Motivationsschub. Die Anschaffung einer E-Zapfsäule wird geplant.

Fazit des Schulleiters: bei allen Beteiligten große Freude über diese Erfolge und eine hohe Motivation, gemeinsam etwas zu gestalten und im direkten Umfeld einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz und zur Etablierung nachhaltiger Strukturen und Haltungen leisten zu können.

Meine Damen und Herren, eine Debatte über gesetzlich geregelte Sanktionsmöglichkeiten, die von den Schulen mit Rücksicht auf den jeweiligen Einzelfall angewendet werden, brauchen wir nicht.

(Vereinzelter Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Noch eines lässt sich von dem Vorgehen der Schulen lernen: Protest ist gut, um Aufmerksamkeit zu erreichen, aber wer wirklich etwas verändern will, muss etwas Konkretes tun. Die Schulen haben damit in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz längst angefangen. Um es abschließend noch einmal mit Mahatma Gandhi zu sagen:

„Wir müssen der Wandel sein, den wir in der Welt zu sehen wünschen.“

- Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Die Frau Ministerin hat die vorgesehene Redezeit um knapp 3 Minuten erweitert. Ich sehe nicht, dass eine Fraktion von der zusätzlichen Redezeit Gebrauch machen möchte. Ich schließe die Beratung.

(Ministerin Karin Prien)

Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Damit ist der Antrag gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen aller anderen Abgeordneten abgelehnt.

Bevor wir fortfahren, begrüßen Sie mit mir gemeinsam auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags unseren ehemaligen Kollegen Jürgen Feddersen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 47 auf:

Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK)

Maßnahmen- und Mittelanmeldung zum Rahmenplan für das Jahr 2019 Bericht der Landesregierung Drucksache 19/1417

Eine Aussprache hierzu ist nicht vorgesehen. Geben Sie Ihre Reden zu diesem Punkt bitte zu Protokoll.

Ich schlage vor, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 19/1417, dem Umwelt- und Agrarausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 48 auf:

Verfassungsschutzbericht 2018 Bericht der Landesregierung Drucksache 19/1429