Die Zusammenarbeit funktioniert auf freiwilliger Basis. Das sollte nach unserer Auffassung so bleiben, eine gesetzliche Verpflichtung dazu lehnen wir ab.
Frau Kollegin, Sie erwähnten die Stellungnahme des Handelsverbandes Nord. Sie haben festgestellt, dass der Handelsverband unseren Antrag ablehne. Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass der Handelsverband ausdrücklich unserem Antrag zur Grundfinanzierung der Tafeln - damit sie Ihre Aufgaben bewältigen können - zustimmt und sagt, eine Grundfinanzierung sei eine gute Idee? - Das, finde ich, sollten wir zur Präzision auf jeden Fall noch dazu sagen.
- Frau Eickhoff-Weber, ich gebe Ihnen recht. Das war aber nur ein Punkt von vieren in Ihrem Antrag. Alle anderen Bereiche wurden vom Handelsverband abgelehnt.
Ich möchte an dieser Stelle auf die 90. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister Anfang Juni in Lübeck hinweisen, die sich mit einem Antrag befasst hat, der das Ziel hat, das sogenannte Containern zu legalisieren. Die Konferenz ist zu dem Entschluss gekommen, dass Straf- und Zivilrecht keinen Ansatz bieten, das Problem der Lebensmittelverschwendung zu lösen.
Auch wir als CDU haben erhebliche Bedenken gegenüber einer derartigen Inbesitznahme von Lebensmitteln. Die Begründung liegt für uns auf der Hand: Wir sprechen hier von Lebensmitteln, die sich im Eigentum des Lebensmittelhändlers befinden und sich zudem auf seinem Grundstück befinden. Es hilft, wenn sich jeder selbst überprüft, wie man es selbst wohl fände, wenn zu jeder Tages- und Nachtzeit fremde Menschen das eigene private Grundstück beträten, dort Bio- oder Restmülltonnen durchsuchten und zudem anschließend regelmäßig Müllreste neben der Tonne liegen ließen. Das geht so nicht. Da die Rechtsprechung und insbesondere das Straf- und Strafverfahrensrecht für derartige Inbesitznahmen jedoch sehr komplex ist, bitten wir im Rahmen unseres Antrags um eine entsprechende Prüfung.
Den Antrag der SPD lehnen wir ab. Ein Abgabegesetz halten wir nicht für erforderlich. Wir setzen auf Freiwilligkeit. Die Einschätzung zum Containern habe ich vorgetragen. Eine Reform der Regelung zum Mindesthaltbarkeitsdatum gehört erstens nicht in die Zuständigkeit des Landes und ist zweitens in diesem Kontext nicht das Problem.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich sage einmal das Wort: Es bleibt ein Skandal, dass die Niedrigstpreise von Lebensmitteln mit eine Ursache sind, dass in dem Umfang weggeworfen wird. Das alles ist erst möglich durch Dumping und zum Teil durch prekäre Erzeugungsbedingungen entlang der Lebensmittelkette. Wir dürfen nicht das billig machen, das in Wirklichkeit wertvoll ist. Ich glaube, dass meine Vorrednerinnen dies bereits deutlich gemacht haben. Rund 11 Millionen t Lebensmittelabfälle gibt es in Deutschland im Jahr. Ziel ist es, dies bis 2030 zu halbieren. Dies wäre ein nicht unerheblicher Beitrag zum Klimaschutz.
Genau vor einem Jahr haben wir hier darüber schon einmal diskutiert. Wir haben inzwischen das Bundesprogramm bekommen. Die Nationale Strategie ist im Februar beschlossen worden. Dort ist nachzulesen, dass Halbieren bedeutet, 6 Millionen t CO2Equivalent würde eingespart werden. Das ist aber bei Weitem nicht alles. Wenn wir die gesamte Kette einschließlich der Rohstofferzeugung, wie beispielsweise Soja, das im Ausland erzeugt wird, betrachten und fossile Brennstoffe miteinbeziehen, sind wir bei 38 Millionen t. Das ist ein erheblicher Beitrag. Das Problem ist also alles andere als trivial.
Es ist den Akteuren der Zivilgesellschaft zu verdanken, dass dieses Problem in den letzten Jahren in die Öffentlichkeit gerückt ist. Dazu gehören die Tafeln, die Foodsharing-Initiativen, die Landfrauen, die Verbraucherzentralen. Dazu gehören auch diejenigen, die beim sogenannten Containern Lebensmittel mitgenommen und die Vernichtung von Lebensmitteln vermieden haben.
Solche Initiativen erhöhen den Druck auf die Politik, endlich Maßnahmen zu ergreifen. Umfragen der Gesellschaft für Konsumforschung haben deutlich gemacht, dass sich in den Köpfen etwas geändert hat. Das Einkaufsverhalten beginnt sich zu ändern.
Eine Strafbewährung dieser Form der Lebensmittelrettung scheint mir überzogen und sollte dringend überprüft werden, wie es unser Antrag vorsieht. Die derzeitige rechtliche Situation - und ich weiß, man kann juristisch immer alles erklären - ist alles andere als glücklich. Es müssen in diesem Zielkonflikt Wege aus der rechtlichen Unsicherheit und Kriminalisierung gefunden werden.
Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass wir hier einen Konflikt mit der Lebensmittelsicherheit haben. Dies ist in diesem Kontext mit zu klären. Besser wäre es, wenn zum Verzehr geeignete Lebensmittel gar nicht erst im Container landeten. Besser wäre es, wenn wir ein Abgabesystem hätten, wie es in Ansätzen existiert, und die Lebensmittel sortiert an Dritte - das heißt an Bedürftige, an Initiativen und Tafeln - abgegeben werden könnten. Nur bei so einem geordneten System können wir ausschließen, dass hygienisch bedenkliche Lebensmittel an Endverbraucher gelangen.
Meiner Meinung nach lohnt es sich, einen intensiven Blick nach Frankreich zu werfen. Dort ist der Handel, ähnlich wie in Tschechien, per Gesetz verpflichtet, dass einwandfreie Lebensmittel abgegeben werden müssen. Der Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz von vor vier Wochen sagt ganz klar, dass der Bund gebeten wird, die Einführung einer solchen gesetzlichen Reglung in Deutschland zu prüfen.
Bei allem grundsätzlich Positiven der Freiwilligkeit führt sie doch immer wieder dazu, dass diejenigen, die vorangehen, letztlich am Markt - und es handelt sich im Lebensmitteleinzelhandel um einen hart umkämpften Markt - im Wettbewerb hintanstehen. Dies ist kontraproduktiv. Wenn acht der 16 Bundesländer gesagt haben: nicht lange prüfen, sondern umsetzen, glaube ich, dass wir es so bewerten und dem folgen sollten.
Beim SPD-Antrag wundert mich ein bisschen der Ton. Regelungen zur Mindesthaltbarkeit und zum Strafrecht kann das Land nicht machen. Ich hatte mir eigentlich heute vorgenommen, nicht auf die Beteiligung an der Großen Koalition zu verweisen. Aber die Justiz- und Verbraucherschutzministerin kommt doch aus Ihren Reihen. Ich würde Sie bitten, dort etwas mehr Druck in die eigenen Reihen zu geben. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 11 Millionen t Lebensmittel landen bei uns jedes Jahr in der Abfalltonne. In unserer Gesellschaft stehen Nahrungsmittel im Überfluss zur Verfügung. Aus Überfluss wird leicht Verschwendung. Die Lebensmittelverschwendung ist in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung für uns, denn sie schadet auch unserer Umwelt. Mit jedem Lebensmittel, das weggeworfen wird, wurden Boden, Arbeitskraft und Energie aufgewendet und ist somit CO2-Ausstoß verbunden. Was können wir auf diesem Feld, unter anderem in Schleswig-Holstein, tun, damit weniger in der Tonne landet? - Erster Ansatzpunkt sollte tatsächlich jeder für sich selbst sein, denn ungefähr die Hälfte aller Lebensmittelabfälle entsteht in unseren privaten Haushalten, also bei einem selbst. Jeder von uns wirft im Schnitt jedes Jahr 55 kg Lebensmittel weg. Ich selbst ärgere mich jedes Mal wie die Pest, wenn mir zu Hause Brot, Zucchini oder anderes im Kühlschrank wegschimmelt und ich somit auch etwas verschwendet habe, auch wenn ich immer sehr penibel damit bin, es aber trotzdem passiert ist.
Nun ist es so - das konnte man in der Stellungnahme des Einzelhandels lesen -, dass im Einzelhandel selbst, in seiner Prozesskette, der prozentuale Anteil der Lebensmittelabfälle rund 4 bis 5 % beträgt. An sich ist es auch logisch, dass das nicht allzu viel ist, denn die Einzelhändler sorgen schon aus eigenem Geschäftsinteresse normalerweise dafür, ihre Verluste möglichst klein zu halten.
Selbst wenn man beim Containern mit einer Ladung sogenannten Lebensmittelabfalls von einem Discounter regelmäßig seinen privaten Küchentisch vollbekommt, ist es gemessen an dem Tagesumsatz eines Discounters, der die gesamte Nachbarschaft versorgt, nur ein kleiner Teil. Der Einzelhandel selbst gibt an, dass durchschnittlich 1,1 % der vom Handel bezogenen Lebensmittel nicht bis zum Verbraucher gelangen. Das entspricht aber immerhin noch einer Summe von 1,2 Milliarden € am Umsatz. Der Handel hat selbst ein Interesse daran, diese Summe für sich zu reduzieren.
Ich will damit die Lebensmittelverschwendung nicht kleinreden, sondern in einen Gesamtkontext einordnen. Daher ist es natürlich von allgemeinem Interesse, auch diesen besagten Teil, die 1,2 Milliar
Ich selbst glorifiziere das Containern nicht, stehe dem aber auch absolut nicht konträr oder kritisch gegenüber.
Nach derzeitiger Rechtslage ist es aber teilweise Hausfriedensbruch. Die Haftungsfrage bezüglich gesundheitlicher Vorgaben engt den Einzelhandel ein.
Derjenige, der sich aus Müllcontainern ernährt, wo prinzipiell alles nicht sortenrein hineingekippt wird und ungekühlt liegt, wird wissen, dass er sich damit einem potenziellen Risiko aussetzt, sich eine Magenverstimmung oder Schlimmeres einzufangen. Bei einem verständigen Menschen gehe ich aber davon aus, dass er dieses Risiko für sich selbst einkalkuliert.
Auf die Idee zu kommen, dass sich jemand gegebenenfalls wegen einer Gesundheitsgefährdung gegen den Supermarkt wendet, wäre abstrus, bleibt aber derzeit ein Stück weit Risiko für den Einzelhandel.
Ich bin wirklich sehr offen, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass der Einzelhandel einen separierten Bereich wie zum Beispiel Regale und Kühlschränke aufstellt, in denen betreffende Lebensmittel zur Abholung bereitgestellt, die Lebensmittel also nicht unsortiert in ungekühlte Müllcontainer gekippt werden. Die Möglichkeit muss dann aber auch mit einer Freistellung von etwaigen Haftungsfragen einhergehen; das gehört zur Wahrheit in der Debatte auch dazu. Wer sich dadurch einen Magen-Darm-Infekt holt, hat halt Pech und muss da durch. Das ist zumindest unsere Haltung dazu.
Wie eben schon erwähnt gehe ich davon aus, dass diejenigen, die containern, das für sich selbst abwägen und das trotzdem im Zweifelsfall so machen.
Das Modell, wie ich es eben beschrieben habe, wird sogar in Teilen schon freiwillig umgesetzt. Solche Lebensmittel, wenn sie nicht an die Tafeln gehen das ist auch ein ganz wichtiger Aspekt -, werden in
Kiel von vielen Supermärkten bereits in eigenen Bereichen zur Abholung zur Verfügung gestellt. Da ist also nicht einmal ein Hausfriedensbruch nötig; das klappt in Teilen schon.
Wir sollten aber unbedingt betonen, dass die Supermärkte die Lebensmittel, die sie nicht mehr verkaufen können, zu fast 90 % jetzt schon an gemeinnützige Organisationen abgeben. Die Zusammenarbeit mit den Tafeln ist vertrauensvoll und freiwillig; es ist ganz wichtig, dass diese Arbeit nicht konterkariert wird - egal, welche Rechtsbestimmungen wir hier am Ende vorsehen.