Protokoll der Sitzung vom 30.08.2019

(Beifall CDU und FDP)

Wir müssen uns über eine zeitgemäße Tarifstruktur unterhalten und wieder zu einem Miteinander bei der Preisgestaltung kommen. Eigenmächtige Entscheidungen zulasten des Hamburger Umlands lehnen wir ab. Tarifentscheidungen dürfen nicht arrogant im Hamburger Rathaus gefällt werden. Deswegen fordern wir unsere Landesregierung auf, auch die Umlandkreise und Niedersachen für eine Ablehnung zu gewinnen.

Nun könnte man denken: Wir haben nur 3 % der Anteile, was stört sich ein Hamburger Senat daran, wenn in Schleswig-Holstein irgendetwas debattiert wird? Offensichtlich ist im Hamburger Rathaus aber die vollkommene Panik ausgebrochen, denn die für den November vorgesehene Abstimmung über die Preiserhöhung wurde heute Morgen um 9:20 Uhr per E-Mail an alle Gesellschafter des

(Lukas Kilian)

HVV vorgezogen, per Umlaufbeschluss mit der Aufforderung, bis Freitag, den 13. September, abzustimmen und bitte zuzustimmen. Wer so etwas macht, respektiert demokratische Strukturen nicht. Das ist an Ignoranz nicht zu überbieten.

(Beifall CDU, FDP und SSW - Zuruf Beate Raudies [SPD])

Die Hamburger wissen ganz genau, dass wir heute diesen Antrag hier diskutieren. Die Hamburger wissen auch ganz genau, dass in unserem Antrag steht: Wir wollen mit Niedersachsen reden, wir wollen mit den Hamburger Randkreisen reden. Die Hamburger wissen ganz genau, dass es in dem einen oder anderen Kreistag bis zum 13. September keine Verkehrsausschusssitzung mehr gibt, und die Hamburger ziehen per Umlaufbeschluss eine solche Preiserhöhung hinterrücks vor. Wenn die glauben, dass wir schleswig-holsteinischen Landeier auf solche hinterlistigen Tricks reinfallen, dann haben die sich aber geirrt.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

Den Alternativantrag der SPD-Fraktion halte ich in vielen Teilen für richtig. Den sollten wir im Wirtschaftsausschuss besprechen. Wir können uns jetzt aber nicht hinstellen und sagen: Wir schauen mal, was mit der Preiserhöhung passiert, und wir reden weiter über den Nordtarif. Wir sollten tatsächlich über den Nordtarif reden. Auch die Hamburger Kollegen sollten dies tun. Auch im Hamburger Rathaus sollte sich die Hamburger Regierung einmal wieder bereiterklären, über den Nordtarif zu reden. Deswegen: Lassen Sie uns Ihren Antrag im Wirtschaftsund Verkehrsausschuss besprechen. Wir sollten uns nicht in weitere Abhängigkeiten zum HVV begeben. Man sieht, was da passiert. Man sieht, wie eigenmächtig dort regiert wird. Das ist nicht in Ordnung. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel das Wort.

(Martin Habersaat [SPD]: Dann schnappt sich jeder eine Forke, und wir rennen nach Hamburg! - Weitere Zurufe)

- Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel. Ich bitte Sie, zur Ruhe zu kommen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Wieder einmal ein Feuerwerk der Rhetorik!

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Dennys Bornhöft [FDP]: Und jetzt kommen Sie! - Heiterkeit)

- Die Frage ist, ob derjenige, der am lautesten redet, recht hat oder derjenige, der sich besonnen mit einem Thema auseinandersetzt.

(Beifall SPD - Unruhe)

Die Rede von Herrn Kilian war ja nicht ungewöhnlich. Ich muss ehrlich sagen: Kehren Sie einmal vor der eigenen Tür! Das sind Zeilen, die aus einem Vierzeiler von Johann Wolfgang von Goethe stammen, der sich zum Verständnis von Bürgerpflicht geäußert hat. Bürgerpflicht heißt nach Goethes Verständnis, sich an die eigene Nase zu fassen, bevor ich mich bei anderen mit klugen Worten hervortue.

(Lukas Kilian [CDU]: Das ist unsere Nase! Das sind unsere Anteile!)

In einer ursprünglichen Initiative der Hamburger CDU gärt in der Hamburger Bürgerschaft der Streit, ob Tariferhöhungen des HVV angebracht sind. Solche Themen laufen in der Sommerpause immer gut - das wissen wir -, und die hiesige CDU hat die Liebe zum Nachbarland entdeckt und ist auf dieses Thema aufgesprungen.

Erstaunlich ist für mich - Herr Kilian hat darauf verwiesen -, dass Schleswig-Holstein mit dem Schleswig-Holstein-Tarif eine Tariferhöhung zum 1. August von durchschnittlich 1,97 % durchgesetzt hat. Keine einzige der regierenden Landtagsfraktionen hat sich zu dieser Tariferhöhung kritisch geäußert

(Beifall SPD)

und das, obwohl die Pünktlichkeitsraten der Züge in Schleswig-Holstein auf den meisten Strecken das Gegenteil von vorbildlich sind. Der Schleswig-Holstein-Tarif betrifft unser ganzes Bundesland bis auf einen Bereich, in dem der HVV-Tarif in die Hamburger Randkreise hineingreift. Es ist merkwürdig, wenn ich mich aufschwinge, ein anderes Bundesland beziehungsweise dessen Tarifverbund zu belehren, und im eigenen Bundesland eine deutlich höhere Tariferhöhung einfach durchwinke.

(Beifall SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Aller- dings! Scheinheilig ist das!)

(Lukas Kilian)

Herr Abgeordneter Vogel, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Herr Kollege, Sie sprechen immer von einem Tarifverbund der Hamburger. Ist Ihnen bekannt, dass das unser Tarifverbund ist und eine Vielzahl der Einwohnerinnen und Einwohner SchleswigHolsteins tagtäglich mit dem HVV nach Hamburg pendeln?

- Lieber Kollege Kilian, wie Sie wohne auch ich im Hamburger Randbereich. Ich nutze die Möglichkeiten des HVV vielfach und bin als Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtags schon länger im Verkehrsbereich tätig.

(Zurufe)

- Er hat versucht, mich zu belehren, insofern kann ich kundtun, dass ich mich in dem Bereich durchaus schon einen Moment tummele. Natürlich weiß ich das. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass in Schleswig-Holstein eine durchschnittliche Tariferhöhung von 1,97 % realisiert wurde. Einzelne Bereiche trifft es stärker, andere Bereiche weniger stark.

Die Tariferhöhungen beim HVV, auf die Sie abzielen, kursierten Anfang August. Sie wissen - mir ist das seit Mitte dieser Woche bekannt -, dass andere Zahlen kursieren, wonach im innerstädtischen Bereich, in den Bereichen A und B, Tariferhöhungen und in den Außenbereichen keine Tariferhöhungen vollzogen werden sollen. Es gibt Bereiche, die es ein bisschen kräftiger trifft, und andere Bereiche, die es weniger kräftig trifft. Wenn ich von Pinneberg nach Hamburg fahren soll, war ursprünglich eine Tariferhöhung von 3,30 € auf 3,40 € angedacht; die ist mittlerweile zurückgenommen worden.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Dann haben wir ja Erfolg!)

- Kollege Arp, die Frage ist, ob Sie erfolgreich waren oder vielmehr die Proteste der Bürgerinnen und Bürger, die gesagt haben: Lieber Senat, schau bitte noch einmal, welche anderen Möglichkeiten es gibt und ob solche kräftigen Tariferhöhungen wirklich nottun. - Ich glaube, es ist der Initiative des Hamburger Bürgermeisters zu verdanken, der darauf Wert gelegt hat, dass die Tariferhöhungen nicht so massiv ausfallen.

(Beifall SPD und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage?

Sehr gern.

Herr Kollege Vogel, ich danke Ihnen für Ihren Hinweis auf die langjährige Mitgliedschaft in diesem Hause.

- Schön, dass Sie an Erkenntnis gewonnen haben.

- Mir scheint es trotzdem nötig zu sein, auch langjährige Mitglieder in diesem Hause auf aktuelle Vorlagen hinzuweisen. Die Preiserhöhungen, die ich genannt habe, sind die aktuellen Zahlen nach der angeblichen Reduzierung von Herrn Tschentscher.

Sie haben gesagt, wir hätten eine Preiserhöhung von 1,97 % im Nah.SH-Bereich; das habe ich auch in meiner Rede erwähnt. Sie gehen aber mit keinem Wort darauf ein, dass der HVV in den letzten Jahrzehnten durch einen Strukturzuschlag - nicht durch weitergereichte Kostensteigerungen, wie wir es in unserem Bundesland genauso machen -, der infrastrukturelle Verbesserungen in Hamburg gewährt hat, zum teuersten Nahverkehrsverbund in Deutschland geworden ist.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ablenkungsmanö- ver!)

Deswegen meine Frage an Sie: Was halten Sie davon, dass der teuerste Nahverkehrsverbund in Deutschland immer teurer werden soll und die schleswig-holsteinischen Pendler für Strukturverbesserungen in Hamburg belastet werden?

- Verfolgen Sie meine Rede, dann werden Sie hören, warum Tariferhöhungen manchmal Sinn machen und man sie nicht von vornherein verteufeln sollte.

(Zurufe)

- Frau Präsidentin, ich mache weiter. - Den Vorsitz im Aufsichtsrat der Nah.SH hat bei uns übrigens immer der amtierende Verkehrsstaatssekretär, und die Tariferhöhung ist einfach durchgewunken worden. Das heißt, die Regierung hat wohlwollend begleitet, dass eine Tariferhöhung in Schleswig-Holstein realisiert wurde.

Hamburg hat im kommenden Jahr Bürgerschaftswahl, und die dortige CDU versucht mit aller Macht, Themen zu finden, mit denen sie punkten kann. Sich gegen eine Fahrkartentariferhöhung zu profilieren, ist ein typisches Wahlkampfthema, bei dem es immer Applaus von der breiten Masse gibt; der Kollege Kilian hat das eben versucht.

Dass sich die CDU-Landesverbände gegenseitig unterstützen, kann ich nachvollziehen. Ich finde es umso erstaunlicher, dass die schleswig-holsteinischen Grünen Wahlkampfhilfe für die Hamburger CDU leisten und sich gegen die eigenen Grünen stellen. Aus den Gesprächen, die ich erst letzte Woche wieder mit Grünen geführt habe, weiß ich, dass die Hamburger Grünen über dieses Vorgehen absolut verärgert sind. Aber das müssen Sie selbst miteinander ausmachen.

(Zurufe)

Für unsere Grünen muss ich konstatieren: Solidarität endet vor der eigenen Haustür.