Herr Fraktionsvorsitzender, ich hatte gehofft, man könnte wenigstens ein bisschen etwas auf Ihre Rede entgegnen - deswegen habe ich Ihnen auch den Vortritt gelassen -, aber außer ein paar schlappen Bemerkungen über angebliche Uneinigkeit in der Opposition ist Ihnen nichts eingefallen. Das ist schade, weil Sie doch eigentlich mitgestalten wollen und hier einmal ein paar Beiträge bringen könnten, die etwas mit Zukunft zu tun haben. Aber da herrschte bei Ihnen leider ziemliche Flaute.
Was ist mit dem Ministerpräsidenten? Man könnte ja meinen, in einer solchen Situation steht der Kapitän an Deck, übernimmt Verantwortung und gibt den Kurs vor. - Weit gefehlt! Den Ministerpräsidenten sieht man bei Sonnenschein über das Promenadendeck flanieren, zuverlässig in Sichtweite der Kameras, aber sobald die ersten Schleierwölkchen auftauchen, ist er unter Garantie abgetaucht.
Chefsache ist in dieser Landesregierung bestenfalls Schönwetter-PR. Die ist übrigens ein bisschen männerlastig, Herr Regierungssprecher - er ist nicht mehr da -; dafür haben die gestern von der Landespressekonferenz die Ente bekommen. Wir haben auch starke Frauen in Schleswig- Holstein; das ist Ihnen entgangen.
- Ich habe schon drei, das reicht. Das erwirbt man sich im Laufe der Zeit, Herr Kollege Vogt, Sie kommen auch noch dahin; Sie sind ja sehr talentiert, wie ich immer wieder feststelle.
- Herr Bundesratspräsident, Herr Ministerpräsident, ich will Ihnen eines zugutehalten. Die Menschen in Schleswig-Holstein können heilfroh über den Tag der Einheit und den Vorsitz im Bundesrat sein. Sonst könnte man glatt vergessen, dass SchleswigHolstein überhaupt einen Regierungschef hat, wenn man einmal fragt, wo die Initiativen sind.
Eines ist doch klar - das hat auch die Finanzministerin wieder gesagt -: Im Zweifelsfall sind immer die anderen schuld. Ich habe mit Erstaunen gelesen, dass der Ministerpräsident eine „Ruck-Rede“ zur Windkraft gehalten hat - so hat das der „sh:z“ bezogen auf die Husum Wind geschildert. Bedauerlicherweise ist es immer wieder so: In die Pötte kommen sollen gefälligst die anderen. - Dazu passt hervorragend ein Zitat des Ministerpräsidenten in den „Kieler Nachrichten“ vom Wochenende zum Klimapaket der Bundesregierung:
„Wir werden allerdings darauf achten müssen, dass die vorgesehenen neuen Regelungen zur Windenergie nicht auf eine Begrenzung des Ausbaus oder gar einen Rückbau hinauslaufen.“
Herr Ministerpräsident, das grenzt an Realsatire. Bei der Begrenzung des Ausbaus der Windenergie braucht die Landesregierung keine Hilfe, Sie schaffen es ganz allein, hier herrscht nämlich absolut tote Hose.
Dass Herr Habeck, der das mit ausgehandelt hat, allen Ernstes hingeht und nicht einmal weiß, dass Sie sich auf die Verringerung der Abstände - jedenfalls in kleinen Teilen - geeinigt haben, um Spurenelemente Ihrer Versprechungen einzuhalten, und das dann auch noch bestreitet, obwohl er das mit verhandelt hat, finde ich ehrlich gesagt einen schlechten Scherz - abgesehen davon, dass im Klimapaket der Bundesregierung Öffnungsklauseln enthalten sind, wo wir den Kommunen sogar Geld geben, wenn sie davon abweichen, damit die Windenergie vorankommt.
Herr Ministerpräsident, das auf den Bund zu schieben und selbst nichts zu machen, ist ein bisschen wenig, und das ist richtig bitter, wenn das in einem Bereich geschieht, in dem die Wertschöpfung so wichtig ist, in dem angeblichen Energiewendeland Nummer 1, Frau Ministerin Heinold, das wir unter SPD-Führung in der Tat gewesen sind, aber leider nicht mehr sind, seitdem hier die Jamaika-Koalition reagiert.
Sie schaffen es ganz allein, Ihre Hausaufgaben sträflich zu vernachlässigen. Sie sind es, der die Verantwortung dafür trägt, dass es keine gültigen Regionalpläne gibt, weil Sie die alten Pläne im Frühjahr 2017 als Wahlkampfmaterial verheizt haben. Das ist Fakt.
Das ist übrigens auch eine verheerende Nachricht für die Jobs, die auf der Kippe stehen. Ich höre die Sprüche des Wirtschaftsministers zu den dollen neuen Jobs. Was ist eigentlich mit denen in der Windkraftbranche?
Es ist übrigens auch eine verheerende Nachricht für den Klimaschutz. Denn ich stimme Ministerin Heinold ausdrücklich zu: Beim Klimaschutz geht es um nicht weniger als um die Erhaltung unseres Planeten, dass unsere Kinder und Enkel in Wohlstand und Frieden leben können wie wir auch. Insofern müssen wir alle etwas dafür tun, alles, was wir können. Da ist es eine verheerende Nachricht, wenn die Energiewende in diesem Land nicht vorankommt.
Wenn man in Ihren Haushaltsentwurf guckt, dann findet man gar nichts, was bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit sichtbare Akzente setzt. Sie tragen vor, was Sie fortgesetzt haben. Das finde ich prima. Ich lobe Sie immer, wenn Sie fortsetzen, was wir gemeinsam gut gemacht haben. Aber wo sind eigentlich die starken, neuen Akzente bei diesem Thema? Die kann ich nicht finden. Die haben Sie nicht vorgetragen.
Herr Ministerpräsident, ich will bei dieser Gelegenheit ein anderes Thema ansprechen, das eine immense Bedeutung hat und das nicht einmal Geld kostet. Es geht um die Ermittlungsvorgänge, die in der vergangenen Woche nach Enthüllung der Presse recht hohe Wellen geschlagen haben. Wir müssen ein gemeinsames Interesse daran haben, dass die Statik unseres Rechtsstaats über jeden Zweifel erhaben ist. Darum wünsche ich mir, dass Sie Ihrem Innenminister bei der Aufklärung ungeheuerlicher Vorgänge zumindest dieselbe Unterstützung zukommen lassen, die er von der Opposition im Lande bekommt.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Sie mögen sich über Zeitungsüberschriften ärgern - das gilt für Sie und Ihre Justizministerin -, aber nicht die Veröffentlichung dieser Vorgänge ist das Problem, sondern, dass es so etwas gibt. Wir müssen daran arbeiten, dass so etwas in Schleswig-Holstein nicht vorkommt, dass sich die Menschen auf den Rechtsstaat verlassen können.
Ich halte das für ein gravierendes Problem, das Sie nicht schönreden sollten, weil es um die Statik unserer rechtsstaatlichen Ordnung im Lande geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei dieser Koalition sind auch im dritten Jahr keine klaren Linien zu erkennen. Bei den großen Themen geht es keinen Schritt voran.
Das werden wir in dieser Tagung gleich zweimal zu sehen kriegen. Ihre einzige Antwort auf die Wohnungsnot im Land bleibt der Hinweis auf den Erlösung verheißenden Bauboom. Davon haben Mieterinnen und Mieter hier und jetzt gar nichts. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, preschen Sie vor und werfen den Mieterschutz über Bord. Die Volksinitiative wird von Ihnen nicht nur nicht unterstützt, sondern Sie bekämpfen sie; auch das werden wir in dieser Tagung noch debattieren. Das ist Ihr Beitrag
zum Thema Verbesserung für bezahlbares Wohnen in Schleswig-Holstein. Das ist richtige Flaute, das ist richtig schlecht, und das zeigt, dass Sie ein soziales Problem in Ihrer Regierung haben. Wenn es um soziale Fragen geht, fehlt der Kompass in dieser Landesregierung.
Auch Ihr Kita-Gesetz, das großartigste Kindertagesstättengesetz aller Zeiten, legt gerade eine knallharte Bruchlandung hin. Herr Kollege Koch, wenn Sie die Zwischenfrage der Kollegin Pauls zugelassen hätten, hätte sie Ihnen vorlesen können, was Ihre eigenen Parteifreunde zu dem sagen, was Sie da abliefern. Sie haben sich so schön mit der SPD befasst; schauen Sie einmal in Ihren eigenen Laden! Die sagen, dass die Versprechungen, die Sie machen, großspurige Ankündigungen sind. Alles wird besser, allen wird es besser gehen, blühende Landschaften in jedem Bereich. Wenn man genauer hinguckt - natürlich investieren Sie mehr, das ist ja wahr -, stellt man fest, dass es manchen Eltern in keiner Weise besser gehen wird, sondern dass es manchen schlechter gehen wird, dass manche sogar mehr zahlen müssen. Das kommt am Ende dabei heraus.
Wenn man Ihnen das unter die Nase hält, dann verweisen Sie auf SPD-Kommunalpolitiker. Sie zeigen auch hier wieder mit dem Finger auf andere, statt das zu lösen, was Sie lösen könnten.
Mit uns wäre das anders. Schleswig-Holstein ist das einzige norddeutsche Bundesland, in dem es nicht in Richtung Beitragsfreiheit geht. Beitragsfreiheit ist die größte Hilfe, die Familien kriegen können; da brauchen wir nicht über andere Dinge zu reden, über Steuerreform oder sonst etwas.
Nur weil die SPD in Schleswig-Holstein nicht mitregiert, geht es nicht in Richtung Beitragsfreiheit. Das unterscheidet Schleswig-Holstein von Niedersachsen, von Hamburg, von Mecklenburg-Vorpommern, von Bremen, von Rheinland-Pfalz, von vielen anderen Ländern. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in anderen Bereichen sieht es schlecht aus. Wenn man den Blick über den Tellerrand wagt, kann man nur Bö
ses für das Land ahnen. Nehmen Sie das Beispiel Personal. Dazu haben auch Sie einiges gesagt. Es sieht nicht gut aus bei denen, die dafür sorgen, dass das Land am Laufen gehalten wird. Ich will nicht auf alle Missstände eingehen, sondern drei Beispiele vortragen, die ich Ihnen nicht ersparen kann.
Die Steuergewerkschaft läutet die Alarmglocken, weil schon jetzt bei den Finanzbeamtinnen und -beamten 400 Stellen nicht besetzt sind. Es muss dem Land deutlich besser gehen, als wir bislang dachten, wenn man sich so etwas erlauben kann, denn die sorgen dafür, dass die Einnahmen reinkommen. Eine schwache Steuerverwaltung können sich nur reiche Leute leisten. Insofern verstehe ich nicht, wie man sagen kann, man sei bestens aufgestellt, wenn in diesem Bereich eine so schlechte Situation herrscht.
Nicht besser sieht es beim Landesamt für Ausländerangelegenheiten aus. Sie haben sich zu dem Thema so großartig geäußert, Herr Kollege Koch. Sie kündigen groß den Ausbau zum Kompetenzzentrum an, obwohl eine von Ihnen selbst für 120.000 € in Auftrag gegebene Untersuchung feststellt, dass nicht nur viel zu wenig Planstellen vorhanden sind, sondern von denen, die da sind, noch nicht einmal zwei Drittel besetzt sind. Schlimmer noch, Ihr Stellenplan 2020 sieht eine Stellenreduzierung vor. Das ist Chaos, nichts anderes.
Dann kommen wir zum Abschiebeknast, der uns noch teuer zu stehen kommen wird, wie wir wissen. Sie haben versucht, das nicht öffentlich zu beraten. Wir werden das öffentlich zu erörtern haben, wenn es so weit ist.
Dann werden wir auch da feststellen, dass allein das Schimpfen auf den Bund, was Integrationsfragen angeht, nicht ausreicht. Ich will es in aller Deutlichkeit sagen: Auch ich kritisiere den Kollegen Scholz durchaus, wenn am Ende herauskommt, dass die Kommunen nicht das kriegen, was sie brauchen. Das sage ich in aller Öffentlichkeit, weil ich dafür bin, dass die Kommunen und die Länder ihre Integrationsarbeit fortsetzen können. Dann muss man aber auch seine eigenen Hausaufgaben machen und darf nicht, wie ich es gerade geschildert habe, im eigenen Bereich versagen und immer mit dem Finger auf andere zeigen.