Protokoll der Sitzung vom 25.09.2019

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Wenn wir in die Finanzplanung schauen, Frau Ministerin, wird deutlich, warum wir weiterhin dafür

plädieren, eine Mindestinvestitionsquote von 10 % in der Landesverfassung festzuschreiben. Wir wollen trotzdem die Schuldenbremse beibehalten. Ich sage es ausdrücklich - es wird ja viel über die schwarze Null und neuerdings auch über die grüne Null gesprochen -: Ich will, dass auch die gelbe Null Beachtung findet. Es gibt in diesem Hohen Haus auch andere Vorschläge für Verfassungsänderungen. Vielleicht kann man am Ende ein Paket machen, vielleicht wäre es sinnvoll, die Schuldenbremse durch ein Mindestinvestitionsgebot zu ergänzen.

Dieser Haushalt ist ja fast schon eine Halbzeitbilanz dieser immer noch recht ungewöhnlichen Koalition. Wir haben uns im Jahr 2017 auf klare Schwerpunkte verständigt, um unsere verschiedenen Programme möglichst sinnvoll zusammenzubringen und unser Land fit für die Zukunft zu machen, und nicht zuletzt, um eine stabile politische Mehrheit in Schleswig-Holstein aufzubauen. Das ist heutzutage auch schon fast ein Wert an sich. Das erkennt man, wenn man zum Beispiel nach London oder Rom schaut. Auch wenn man nach Berlin schaut, Herr Dr. Stegner, sieht man, dass nicht klar ist, wie lange diese Bundesregierung durchhält, was auch mit Ihrer Partei zu tun hat.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Logischerweise, denn sie ist ja auch Bestandteil der Koaliti- on!)

- Das haben Sie richtig erkannt, Frau Herdejürgen, aber vielleicht muss man irgendwann auch einmal einen Diskussionsprozess zu Ende bringen wollen. Wollen Sie der Bundesregierung weiter angehören oder nicht? - Auch das wäre für unser Land eine Nachricht. Vielleicht einigen Sie sich ja irgendwann einmal.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Bei aller Bescheidenheit, die uns zu eigen ist, kann ich feststellen, dass uns die Umsetzung der Ziele, die wir uns vorgenommen haben, bisher sehr gut gelungen ist. Natürlich hat uns eine halbwegs freundliche Haushaltslage dabei nicht geschadet, das sage ich ganz offen. In der letzten Zeit ist es international aber zunehmend ungemütlicher geworden. Wir wissen, Wirtschaftspolitik ist mindestens 50 % Psychologie. Deswegen sollten wir jetzt keine Rezession herbeireden. Wir müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass sich die Wirtschaftsdaten in fast allen Bereichen deutlich verschlechtert haben. Das macht natürlich einen Landeshaushalt nicht einfacher.

(Christopher Vogt)

Wir sind mit unseren Großbaustellen noch lange nicht fertig. Mit hohen Investitionen in unsere Infrastruktur wollen wir das Leben der Menschen erleichtern, mehr Chancen für alle ermöglichen, natürlich auch eine strukturelle Wachstumsbremse lösen, unter der unser Land seit Jahrzehnten leidet. Es wird, so hoffe ich zumindest, niemand mehr bestreiten, wie wichtig eine bessere wirtschaftliche Entwicklung ist. Mehr Wirtschaftswachstum bedeutet zugleich auch immer mehr Steuereinnahmen, und das kommt allen Menschen direkt oder indirekt zugute. Das sollten wir auch zur Kenntnis nehmen und befördern.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Das marode Landesstraßennetz haben wir sehr konsequent mit jährlich über 90 Millionen € und sehr strategisch mit einem klaren Fahrplan für viele Jahre angepackt. Herr Dr. Stegner, Sie haben versucht, sich herauszureden. Das war sehr einfach, als Sie gesagt haben, ja, deutlich mehr Investitionen wären schön, aber die Baukosten steigen ja. - Ja, natürlich sind die gestiegen, aber was wäre denn Ihr Ansatz? - Sie haben deutlich weniger investiert. Natürlich steigen die Baukosten, und wir könnten für die Landesstraßen 90 Millionen € mehr ausgeben. Die Finanzministerin guckt begeistert.

(Zuruf Beate Raudies [SPD]: Das wäre ein Beitrag zum Klimaschutz!)

Natürlich steigen die Baukosten. Wenn wir deutlich mehr investieren, fangen wir das größtenteils auf. Wir sind natürlich daran mit schuld. Wenn das Land investiert, steigen die Baukosten zusätzlich.

Ich ärgere mich, ehrlich gesagt, nicht über die vielen Baustellen und Umleitungen, die Bernd Buchholz uns tagtäglich beschert, sondern ich freue mich, dass es von Woche zu Woche weniger Schlaglochpisten gibt, die einen zwingen, mit 30 km/h oder 40 km/h über Landesstraßen zu gurken. Das ist doch eine gute Nachricht.

(Beifall FDP und CDU)

Ich will auch einmal etwas Versöhnliches einstreuen. Schleswig-Holstein hat nicht erst mit dieser Landesregierung sehr konsequent bei der digitalen Infrastruktur auf Glasfaser gesetzt. Das haben wir in Schleswig-Holstein schon seit vielen Jahren getan. Davon profitieren die Menschen jetzt in vielen Regionen schon, auch dank regionaler Anbieter das gehört zur Wahrheit auch dazu -, die das Potenzial früh erkannt und auch angepackt haben. Da sind wir bundesweit endlich einmal irgendwo ganz weit vorn.

Aber da die Bundesregierung hier immer noch im Tiefschlaf ist, investieren wir als Land weiterhin massiv in den Breitbandausbau, um alle Orte schnellstmöglich anzuschließen. Das ist kein Luxus, sondern das muss selbstverständlich sein. Dennoch sage ich ganz deutlich: Es ist überfällig, dass die Bundesregierung endlich einmal vernünftige Förderprogramme auf den Weg bringt und die Digitalisierung nicht weiter verschläft und auch das Mobilfunknetz endlich einmal zumindest auf internationalen Durchschnitt bringen würde. Dadurch würde auch schon viel geholfen.

(Beifall FDP und SSW)

Vorher müssen wir uns selber helfen. Wir brauchen - ich sage es ganz deutlich - Glasfaser in jeder Wohnung und zumindest erst einmal 4 G, auch LTE genannt, an jeder Milchkanne.

Wir wollen aber auch bei der Bildung weiter vorankommen. Wir wollen die Unterrichtsversorgung an allen Schulen weiter verbessern und den Unterricht qualitativ verbessern. Deshalb schaffen wir weitere Lehrerstellen, die wir bestmöglich besetzen müssen, was leichter gesagt als getan ist. Das wurde schon angesprochen. Aber das nützt ja auch nichts. Es leiden immer noch zu viele Schulen unter Unterrichtsausfall. Deswegen steuern wir hier gegen. Natürlich ist es nicht so einfach, die Lehrer zu finden. Aber Herr Dr. Stegner, es bringt ja auch nichts, keine Stellen auszuweisen und nicht zu versuchen, dass man viele Lehrer findet.

Der Digitalpakt ist jetzt auf dem Weg; das freut uns sehr. Wir halten es dennoch für notwendig, beim Digitalpakt schon jetzt mit dem Bund noch einen Schritt weiterzugehen, um auch Fortbildung und Wartung dauerhaft zu gewährleisten und noch mehr Mittel für Investitionen auf den Weg zu bringen. Wir haben jetzt die Zahlen für die Kreise gesehen. Das ist schon einmal ein großer Schritt nach vorn. Aber wir sehen, es wird dauerhaft nicht reichen. Deswegen müssen wir jetzt schon über einen Digitalpakt II mit dem Bund sprechen, durch den auch Wartung und Fortbildung vernünftig gewährleistet werden. Das wird eben nicht vom Bund finanziert, und da müssen wir nachsteuern.

Ich glaube, wir müssen uns auch sehr viel mehr um die Inklusion kümmern mit mehr Sonderpädagogik und auch mit dem Erhalt der Förderzentren. Die PerspektivSchulen wurden schon angesprochen. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Beitrag, um weniger Schulabbrecher zu generieren. Es sind immer noch 7 % in Schleswig-Holstein, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen. Das ist ein Drama.

(Christopher Vogt)

Was soll aus diesen jungen Menschen auf dem Arbeitsmarkt werden, der immer höhere Anforderungen stellt? Da müssen wir unbedingt etwas tun, und da packen wir an.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei allem, was wir hier fordern und beschließen, gilt es, Vernunft und Augenmaß walten zu lassen. Das gilt insbesondere bei dem Thema, das derzeit viele Menschen umtreibt und auf die Straßen bringt, dem Klimaschutz. Wir fordern eine marktwirtschaftliche, sektorenübergreifende CO2-Bepreisung. Das umzusetzen, ist auf Bundesebene leider noch nicht gelungen.

(Lachen Sandra Redmann [SPD])

- Das ist tatsächlich nicht gelungen. Sie würde dafür sorgen, dass die CO2-Einsparung dort stattfinden würde, wo die geringsten Kosten ausgelöst werden. Das wäre ein wirklich intelligenter Innovationstreiber, Frau Kollegin. Mit immer neuen Verboten, Steuern und Verzichtpredigten werden wir mit Sicherheit nicht zum weltweiten Vorbild werden, was beim Klimaschutz notwendig ist; denn wenn uns niemand folgt, ist das alles für die Katz.

(Beifall FDP)

Wir werden nur mit Verteuerungen und Verboten auch nicht den benötigten Konsens erzielen, sondern die gesellschaftliche Spaltung im Zweifel weiter vertiefen. Das gilt es, glaube ich, zu verhindern. Das muss unser aller Ziel sein.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich finde das Klimapaket der Bundesregierung sehr kleinteilig und wenig innovativ. Aber ich empfehle allen ernst zu nehmenden Kräften im Land, sich das genau anzuschauen und damit verantwortlich umzugehen. Einige Vorschläge gehen ja durchaus in die richtige Richtung. Ich glaube, Blockaden wird sich am Ende niemand leisten können. Das ist doch auch völlig klar. Insofern empfehle ich allen eine gewisse Zurückhaltung.

In finanzieller Hinsicht habe ich den Eindruck, dass der Bund mit dem Klimapaket Einnahmen generieren will, um seine zusätzlichen Ausgaben zu finanzieren.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Sehr guter Ein- wand!)

- Mensch, die AfD ist auch aufgewacht! Der erste Beitrag von Ihnen heute. Herzlichen Glückwunsch!

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Zustimmung!)

Ich bin gespannt auf die Ideen, die Sie da haben. Darauf bin ich wirklich gespannt, Herr Nobis. Das wird sicherlich interessant.

Aber es ist leider wie immer: Die Länder sollen kräftig draufzahlen, und das wird am Ende im Bundesrat schwierig werden.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: So ist es!)

Ich finde es allerdings auch schwierig - das sage ich an dieser Stelle auch ganz deutlich -, wenn man als Erstes sagt, die Pendlerpauschale als eines der wichtigsten Entlastungsinstrumente will man nicht. Monika Heinold hat die Pendlerpauschale immerhin verstanden. Das hat sie einigen anderen Menschen voraus. Aber ich sage ganz deutlich, wir müssen im Bundesrat sehr auf die Balance, auch auf die soziale Balance, achten; auch darauf sollten wir schauen. Wenn man die Pendlerpauschale verstanden hat, dann sollte man vielleicht auch gucken, dass es Entlastungsinstrumente gibt und dass eine vernünftige Steuerung da ist, damit sich Leistung auch beim Klimaschutz lohnt und nicht diejenigen bestraft werden, die sich als Pendler gar nicht anders verhalten können.

(Beifall FDP, CDU und SSW - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ja, Frau Kollegin. - Ich sage in Richtung der Grünen - ich glaube, das sehen viele Grüne auch -, wir müssen sehr schauen, dass die Pendler, die ihr Verhalten nicht ändern können, die sich eben kein neues Elektroauto kaufen können, nicht einseitig belastet werden und mit Euros, die am Monatsende knapp sind, für den Klimaschutz bluten müssen, obwohl es dem Klimaschutz nicht dient. Darauf müssen wir sehr aufpassen; das sage ich sehr deutlich.

(Beifall FDP, CDU und SSW)

Jetzt gibt es wohl höhere Kaufprämien für Elektroautos. Es hat doch nicht an Kaufprämien gemangelt, dass die Leute sich keine Elektroautos zugelegt haben. Es liegt vor allen Dingen an der Ladeinfrastruktur und an der - sagen wir einmal - Praxistauglichkeit. Da muss der Bund doch die Kommunen unterstützen. Wie soll es denn funktionieren, dass die Leute, die in einer Altbauwohnung wohnen, vor ihrer Haustür eine Ladestation haben? Das ist doch sozusagen das Nadelöhr. Ich glaube, wir sollten nicht nur auf Elektroautos setzen. Das ist ein Baustein. Es muss dort mehr Infrastruktur geben und weniger Kaufprämien, die eh nur den Falschen helfen.

(Christopher Vogt)

(Beifall FDP und SSW)

Ich finde auch die Ankündigung der Bundesregierung großartig, deutlich mehr Geld in die Bahn zu investieren. Damit die Menschen tatsächlich umsteigen, wäre es aber schon sehr hilfreich, wenn der Bund die Bahn erst einmal in die Lage versetzen würde, die Nahverkehrsangebote, die das Land Jahr für Jahr teuer bezahlt, tatsächlich liefern zu können. Nicht nur auf der Marschbahn fallen regelmäßig Züge aus, weil der Bahn noch immer das Personal fehlt. Auch in anderen Regionen, in anderen Nahverkehrsnetzen ist das der Fall. Ich bin kein Freund davon, dass großspurig irgendwelche Milliardenprojekte angekündigt werden, wenn man schon die Basics nicht hinbekommt. Das wäre schon mal ein Punkt, um zu erreichen, dass mehr Menschen umsteigen.

(Beifall FDP, SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gehört zur Ehrlichkeit natürlich auch dazu: Massive Investitionen in die Bahn sind wichtig. Wir sehen es bei der Marschbahn. Da haben wir dank Bernd Buchholz schon die Zusagen vom Andi Scheuer bekommen. Aber wir sehen, auch wenn sonst in das Infrastrukturnetz der Bahn investiert wird, geht es nicht sofort los, sondern es wird erst einmal jahrelange Ausschreibungen und Baustellen geben. Das gehört zur Ehrlichkeit auch dazu. Deswegen muss man erst einmal das Kerngeschäft vernünftig hinbekommen. Damit wäre schon viel geholfen.

Wir brauchen deshalb nicht nur für den Straßenbau, sondern auch für die Bahnstrecken und die Stromtrassen ein effizienteres Planungsrecht. Ich sage ganz ausdrücklich, dass dies nicht zulasten von Anwohnern oder Umwelt gehen darf und auch nicht gehen sollte.