So hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon in einem Urteil aus dem Jahr 2000 diesbezüglich festgehalten, dass die Religionsfreiheit durch ein Schächtverbot gerade nicht berührt sei.
Deshalb sage ich: Schluss mit dieser Tierquälerei. Schaffen wir diese Ausnahmeregelung ab und setzen wir uns ohne Wenn und Aber für einen kompromisslosen Tierschutz ein. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegen! Sehr geehrte Frau von Sayn-Wittgenstein, wenn es Probleme mit dem Schächten in Schleswig-Holstein gäbe, hätte ich ein gewisses Verständnis für Ihren Antrag. Aber - das will ich ganz klar und deutlich sagen - es gibt tatsächlich in Schleswig-Holstein noch nicht einmal mit Blick auf die Ausnahmegenehmigungen in der Praxis den Fall, dass hier geschächtet wird - und das immerhin schon seit fast 15 Jahren nicht mehr.
Also ist die Frage berechtigt, ob es wirklich um den Tierschutz geht oder ob es darum geht, dass Sie im derzeitigen Endspurt zum Bundestagswahlkampf noch ein wenig für Stimmung sorgen wollen.
Wenn es Ihnen dabei nicht um den Tierschutz geht, fragt man sich berechtigterweise, ob Sie mit Ihrem Antrag religiöse und ethische Vorurteile befeuern wollen. Dem erteilen wir eindeutig eine Absage.
Richtig dargestellt haben Sie, dass in § 4 des Bundestierschutzgesetzes verboten wird, das betäubungslose Schlachten durchzuführen, also den Blutentzug bei einem Warmblüter, ohne dass dieser vorher betäubt wurde.
Jeder, der behauptet, dass das in der Praxis irgendwo gängig sei und durchgeführt würde, den muss ich eines Besseren belehren. Denn es ist nach wie vor illegal zu schächten, also ein Tier zu schlachten, ohne es vorher zu betäuben.
Da das so ist, und da in Schleswig-Holstein seit 2004 keine Ausnahmegenehmigung mehr erteilt wurde, sehen wir sowohl in der Praxis als auch in der politischen Aussage absolut keine Notwendigkeit, Ihrem Antrag zuzustimmen beziehungsweise diesen Antrag in den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen, im Gegenteil - ich will es kurz machen -: Wir lehnen den Antrag aus den von mir erwähnten Gründen ab. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist beim ersten Lesen vielleicht geeignet, zunächst einmal Sympathien auszulösen. Nahezu jeder kann der Forderung, dass Tiere entweder gar nicht oder so leidensfrei wie irgendwie möglich getötet werden, zustimmen vor allen Dingen, weil sich dieser Landtag schon seit vielen Jahren ganz effektiv und konsequent für Tierschutz einsetzt.
Das ist aber nur die Reaktion beim ersten Lesen! Sollte also nichts dagegensprechen, diesem Antrag zuzustimmen? - Doch. Es gibt da eine Kleinigkeit, nämlich die Motivation, die dahintersteht. Das eigentliche Thema dieses Antrages ist nicht der Tierschutz, sondern eine subtiles Schüren von Vorurteilen,
Dieser Antrag steht in einer üblen Kontinuität zu einem Diskurs, der bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Demnach sei Tierschutz ein urdeutsches Anliegen, wohingegen Tierquälerei, seien es Vivisektionen oder Schächtungen, mit dem Judentum konnotiert wird.
Es war kein Zufall, dass eines der ersten Gesetze der NSDAP-Regierung das über das Gesetz über das Schlachten von Tieren war.
(Jörg Nobis [AfD]: Sie wollen sich mit dem Thema nicht auseinandersetzen! - Doris Für- stin von Sayn-Wittgenstein [AfD]: Genau!)
Am 21. April 1933 wurde das betäubungslose Schlachten verboten. Dass dieses Gesetz eine der ersten rechtsförmigen antisemitischen Maßnahmen des Naziregimes war, muss man wohl nicht näher begründen.
Im November 1933 folgte dann das erste deutsche Reichstierschutzgesetz, das unter anderem medizinische Tierversuche erheblich einschränkte. Die weitere Entwicklung ist bekannt und zeigte, dass
Der Unterschied zwischen 1933 und 2017 liegt darin, dass der Antrag, den Sie stellen, nicht in erster Linie Juden ins Fadenkreuz nimmt.
Einerseits biedert sich Ihre Parteichefin beim Zentralrat der Juden an, der diese Avancen peinlich berührt zurückgewiesen hat, andererseits dulden Sie bekennende Antisemiten wie den baden-württembergischen Abgeordneten Gedeon weiterhin in Ihren Reihen. Das ist ein Skandal.
(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zuruf SPD: Pfui! - Zu- ruf Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [AfD])
Das Ziel des Antrags ist ein anderes: Sie versuchen, mit diesem Antrag einen Keil zwischen Muslime und Nichtmuslime in Deutschland zu treiben.
Die Zitierung ausschließlich islamischer Rechtsgelehrter im Antrag ist dabei schon entlarvend. Es zeigt, worum es Ihnen wirklich geht: Es geht um reinste rechtspopulistische Argumentationsweise.
(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Dennys Bornhöft [FDP] - Jörg Nobis [AfD]: Sie kriegen die Quittung am Sonntag!)
Sie sind dabei ganz konsequent. Sie setzen Islam und Islamismus sowie religiöse Überzeugung und Terrorismus grundsätzlich gleich. Der AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland erklärte am 6. Juni 2017 - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten -:
„Wir sind gegenüber dem Islam schlichtweg zu tolerant.... Dazu müssen wir auch unsere Nachsicht gegenüber dem Islam aufgeben und erkennen, dass diese steinzeitliche Religion eine Gefahr für unsere freiheitliche Gesellschaft darstellt.“
Ich frage Sie: Sehen Sie das genauso? Und noch ein Zitat, diesmal von der Berliner AfD-Landeschefin Beatrix von Storch:
„Unsere europäische Leitkultur steht auf den Grundlagen unseres gemeinsamen Wertekanons - den drei Hügeln Golgatha, Akropolis und Kapitol. Das ist das Fundament unserer abendländischen Kultur. Mit dieser ist der Islam erkennbar unvereinbar.“
Lassen sie mich dazu eine kleine Randbemerkung machen: Es wäre um die Kultur des christlichen Abendlandes schlecht bestellt, wenn nicht die „steinzeitlichen“ Muslime einen großen Teil dieses antiken Erbes für uns erhalten hätten.
Das Anliegen, das in diesem Antrag zum Ausdruck kommt, ist durch das Tierschutzgesetz und durch die bestehenden Ausnahmeregelungen sowie durch höchstrichterliche Urteile im Wesentlichen umgesetzt. Einen Handlungsbedarf gibt es also nicht gerade nicht in Schleswig-Holstein, das hat Herr Rickers sehr deutlich herausgestellt.
Wir sehen keinen Regelungsbedarf und werden auch nicht in Ihre demagogische Falle hineintappen. Wir sagen ganz klar Nein zu dieser Form von Hetze.