Ich danke zunächst dem Herrn Minister für seinen Bericht und sein Statement. Dass der Dialog mit der Politik nicht mehr so richtig funktioniert, erleben wir gerade heute wieder, wenn die Landwirte wieder einmal demonstrieren. Dafür gibt es gute Gründe. Spätestens, wenn am 26. November 2019 Tausende von Treckern vor dem Brandenburger Tor stehen, wird jedem in Deutschland klar sein, dass hier irgendetwas schiefläuft. Es ist nicht nur die Agrarpolitik der Vergangenheit und nicht nur die Agrarpolitik der Bundesregierung, die Sie, Herr Minister, gerade als Sündenbock für die Proteste gemacht haben, sondern es ist auch die Agrarpolitik
Die Landwirte verstehen Ihre Politik nicht in vollem Umfang. Vielleicht gibt es da ja noch Klärungsbedarf. Die Landwirte wurden nicht gehört, als das neue Agrarpaket auf Bundesebene geschnürt wurde. Es wurde im Alleingang von Frau Klöckner und Frau Schulze
über die Köpfe der Landwirte hinweg beschlossen. Die Bauern fühlen sich ignoriert und mit immer neuen Auflagen konfrontiert. Die Bauern wollen nicht mehr die Prügelknaben der Nation sein. Sie werden für alle möglichen negativen Phänomene verantwortlich gemacht: die Nitratbelastung des Grundwassers, das angebliche Insektensterben,
die angeblich grausame sogenannte Massentierhaltung und natürlich den unvermeidlichen Klimawandel. Die Landwirte sollen immer mehr Umweltund Naturschutzauflagen einhalten und am besten noch das Weltklima davon abhalten, sich zu ändern - ohne Rücksicht auf die schon jetzt schwierige Ertragssituation in ihren Betrieben.
Das alles kostet Geld und schmälert die Einnahmen. Es kostet Zeit, weil die Berichtspflichten schon längst überhandgenommen haben, obwohl die Arbeit auf dem Lande sowieso schon rund um die Uhr läuft und nicht nach 40 oder 60 Stunden in der Woche erledigt ist.
Bezahlen sollen die Bauern das alles aus eigener Tasche. Viele können schon heute kaum vom Ertrag ihrer Arbeit leben. Zahlreiche Naturschutzverbände unterstellen den Bauern, gegen die Natur zu arbeiten, die Umwelt zu verschmutzen und Tierquälerei in Kauf zu nehmen. Das ist ein Unding. Es beruht oft auf Vorteilen statt Sachkenntnis. Wenn es nach dem Willen dieser Verbände ginge, wäre Schleswig-Holstein in ein paar Jahren eine Wildnis mit ein paar eingesprengten Naturschutzinseln. Platz für traditionelle Landwirtschaft gäbe es nicht mehr,
sondern es dürften nur noch ein paar kleine Biohöfe überbleiben, die ein paar besserverdienende Grüne mit Obst und Gemüse in grünen Kisten beliefern könnten, aber nicht annähernd die Versorgung der gesamten Bevölkerung sicherstellen könnten.
Wenn die Bauern selbst einmal ein Anliegen an die Politik haben, werden sie schlichtweg ignoriert, auch hier im Lande. Wir haben es beim Wolf und bei der Gans gesehen: Warum soll ein einzelner Wolf geschützt bleiben, obwohl er Dutzende von Schafen reißt?
(Beifall AfD - Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Dr. Frank Brodehl [AfD]: Genau heute!)
- Jetzt ist er nicht mehr geschützt. Nach langem, zähem Ringen mit Ihnen, Frau Fritzen, und mit Ihren Kollegen von den Naturschutzverbänden hat der Minister sich doch gedrängt gefühlt, den Abschuss zu genehmigen. Es hat lange genug gedauert. Inzwischen sind noch mehr Schafe gerissen worden, gerade erst in Ostholstein.
Warum sollen Gänse den Weidetieren das Gras wegfressen? Warum sollen sie trotzdem geschützt bleiben? Warum soll es dort kein Bestandsmanagement wie in Holland oder Dänemark geben? Dort werden die Gänse entnommen. Es gibt dort Obergrenzen, bei uns eben nicht.
Analog dazu beschweren sich die Fischer zu Recht über den Kormoran und seinen Appetit. Die Teichwirte - sie waren vor Kurzem hier im Haus - beschweren sich über den Otter, der natürlich auch geschützt ist und die Teichwirtschaft fast unmöglich macht.
Überall stellt grüne und rot-grüne Agrarpolitik wenn ich an Frau Schulze denke - den Menschen ins Abseits und überzieht den Arten- und Naturschutz maßlos. Der sogenannte Klimaschutz ist ohnehin ein politisches Konstrukt, darüber reden wir gleich noch. Aber das neue Insektenschutzgesetz ist ganz frisch, es wird zu einer starken Reduzierung von Düngemittelanträgen führen.
Was das für die Qualität des Weizens bedeutet, haben wir gerade in Dänemark erlebt. Frau Fritzen, da müssen Sie sich einmal schlaumachen. Da ist man gerade zu den alten Regelungen zurückgekehrt,
Beim Insektenschutz geht es nicht um die Frage des Ob, da stehen die Landwirte auf der Seite der Naturschutzverbände. Es ist überhaupt keine Frage, dass Insekten schutzbedürftig sind, weil sie im Kreislauf wichtig sind. Es ist aber die Frage, wie man sie schützt und ob man den Bauern mit Verboten des Düngens das Leben noch schwerer macht. Solche Fragen müssen im Dialog gelöst werden.
Die AfD hat sich immer für eine Landwirtschaft eingesetzt, in der der Mensch als Teil der Natur gesehen wird und nicht als ihr Gegner. Bauern und Jäger sind doch von ihrem Arbeitsethos her die besten Heimat-, Natur und Tierschützer.
Sie haben das größte Interesse daran, im Einklang mit der Natur zu leben, sie zu hegen und zu pflegen. Wir aber erleben eine Agrar- und Umweltpolitik, die mit immer neuen Auflagen und Verboten daherkommt - aus Brüssel, aus Berlin und auch aus Kiel.
Erst gestern habe ich mich mit Milchbauern unterhalten, die vor dem Landtag gegen die aktuelle Agrarpolitik protestiert haben. Das hätten auch Sie vielleicht einmal tun können. Sie arbeiten heute bereits am Limit, was die Arbeitsbelastung, die Bürokratie und die Milchpreise betrifft. Sie kritisieren zu Recht, dass durch die Russlandsanktionen ein wichtiger Markt für Schleswig-Holstein weggefallen ist, den sie wahrscheinlich nicht mehr werden erschließen können. Sie kritisieren zu Recht, dass durch internationale Handelsabkommen Lebensmittel quer über den Globus geschippert werden und hier die Preise drücken. Sie kritisieren zu Recht, dass die Politik abgehoben agiert und im Zweifel immer gegen die Landwirte entscheidet und nicht für sie.
Das muss aufhören, denn Ideologie macht den Menschen nicht satt. Unsere Bauern im Land produzieren hochwertige, gesunde Lebensmittel, die einen fairen Preis verdienen. Wir wollen, dass die Landwirte vom Ertrag ihrer schweren Arbeit wieder gut leben können. Lassen Sie uns den Bauern gemeinsam zu ihrem Recht verhelfen und überbordende Verbote einstampfen. Denn ohne Landwirtschaft keine gute Ernährung, keine solide Zukunft.
Herr Minister, was Sie mit „neuer Zukunft“ meinen, darüber wird es in diesem Haus wohl noch viele Debatten geben, auch im Ausschuss. Da wird es sicherlich auch viele Anlässe für neue Proteste geben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich darf darum bitten, das Gemurmel ein bisschen einzustellen und Gespräche außerhalb des Plenarsaals zu führen. Herzlichen Dank. - Für den SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es waren schon beeindruckende Bilder, als am 22. Oktober 2019 bundesweit von der Bewegung „Land schafft Verbindung“ gegen das Agrarpaket der Bundesregierung demonstriert wurde. Rund 30.000 Landwirte machten sich mit ihren landwirtschaftlichen Maschinen auf den Weg, um für mehr Verständnis zu demonstrieren und vor allem, um sich Gehör zu verschaffen. So auch heute, wo Landwirte, auch aus Schleswig-Holstein, auf dem Weg sind, um in Hamburg anlässlich der Umweltministerkonferenz zu protestieren.
Viele Landwirte fühlen sich von der Politik und der Gesellschaft nicht mehr mitgenommen oder akzeptiert. Sie sehen sich gegängelt und bevormundet. Daher auch vonseiten der Landwirtschaft die Aufforderung zu einem Dialog, nach dem Motto: Redet nicht über uns, sondern mit uns! Dieser Ansatz ist nachvollziehbar und teilweise berechtigt. Was ist also schiefgelaufen?
Wenn wir uns die landwirtschaftlichen Debatten der letzten Jahre vor Augen führen, dann waren sie geprägt vom Klimawandel, vom Tierwohl, vom Gewässerschutz, vom Dünger- und Pestizideinsatz oder vom Insektensterben. Aus Sicht des SSW wurde in diesen Debatten immer wieder deutlich, dass die Landwirtschaft hier eine enorme Verantwortung hat. Das gilt nicht nur für Schleswig-Holstein, sondern bundesweit. Daher auch der gesellschaftliche und politische Druck auf die Landwirtschaft.
Mir ist durchaus bewusst, dass viele Landwirte heute einem enormen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt sind, und dazu kommt der politische und gesellschaftliche Druck nach Veränderung. Das setzt heute vielen Landwirten dermaßen zu, dass sie für sich selbst, ihre Familie und den Betrieb keine Zukunft mehr sehen. Das ist hart, und das ist bitter.
Wie gesagt, auch die Landwirtschaft trägt Verantwortung für Natur und Umwelt. Der Dünger- und Pestizideinsatz haben nachweislich negative Auswirkungen auf unsere Gewässer, auf Pflanzen und Tiere. Wir wissen seit Jahren, dass wir in Schleswig-Holstein Gebiete haben, in denen die Nitratwerte im Grundwasser einfach zu hoch sind. Dann ist es zu billig zu sagen, dass unser Trinkwasser nicht gefährdet ist, denn es ist doch nur eine Frage der Zeit, wann die Grundwasserschichten betroffen sind.
Gleiches gilt für die jahrelange Diskussion um Glyphosat. Ist es gesundheitsschädlich, also krebserregend, oder nicht? Hier streiten sich die Gelehrten. Ich sage: Solange nicht eindeutig nachgewiesen ist, dass es nicht gesundheitsschädlich ist, gehört es vom Markt genommen.