Das Gleiche gilt für das Gewaltmonitoring. Da hat zum ersten Mal eine Erhebung stattgefunden. Sie haben erzählt, das Gewaltmonitoring zeige, dass es mehr Gewalt an Schulen gebe. Das kann gar nicht sein, weil wir das zum ersten Mal erhoben haben, Herr Brodehl.
Man kann feststellen, dass sich ein stärkeres Bewusstsein - das ist vielleicht eine Antwort darauf, dass es weniger Gewalt gibt - für dieses Problemfeld in der Schule entwickelt hat. „Gewaltfreie Konfliktkultur“ ist das Stichwort. Wir haben ein umfangreiches Instrumentarium zur Gewalt- und Mobbingprävention entwickelt. Dazu gehört die Statistik, die wir schon zitiert haben, dazu gehören klare Ansprechpartner in der Verwaltung, und dazu gehört ein umfangreiches, sehr großes Fortbildungsangebot am IQSH. Stichworte sind: Moderatoren für den Tatausgleich, Aufbau von Interventionsketten, Erarbeitung von präventiven Konzepten, kollegiale Fallberatung, Präsenz im Klassenraum, Training im Bereich Resilienz und Kommunikation, Supervision. Es gibt einen riesigen Instrumentenkasten, wo man sich intensiv mit diesem Thema auseinandersetzt.
Und jetzt wünschen Sie sich im Landtag eine Anhörung. Auch wenn ich noch keine lange parlamentarische Erfahrung habe, sage ich Ihnen: Anhörungen dienen im Wesentlichen dazu, Gesetzesvorhaben zu bewerten und sich eine Meinung darüber zu bilden, was der Schleswig-Holsteinische Landtag als Gesetz beschließt. Anhörungen dienen nicht dazu, dass Sie ein Thema in die Öffentlichkeit holen, wahrscheinlich nicht einmal fachlich fundiert, ich habe Beispiele genannt. Dafür ist der Landtag nicht da.
Wir dürfen uns nicht gefallen lassen, dass Sie hier eine populistische Debatte führen wollen, behaupten, die Gewalt an Schulen werde schlimmer, uns anhand von Einzelfällen erklären, wie dramatisch die Situation sei, und wir das dann mit Betroffenen im Landtag besprechen sollen. Für diesen Populismus lassen wir uns nicht missbrauchen.
Zum Schluss möchte ich noch eines sagen: Bei allem Einsatz für eine gewaltfreie Konfliktkultur an Schulen müssen Kinder und Jugendliche auch das Recht auf Kindheit und Jugend haben. Das bedeutet für mich, dass man auch einmal Grenzen überschreiten kann.
Dazu gehört, dass Kinder und Jugendliche dann Konsequenzen spüren müssen. Das ist Teil von Erziehung. Zur Kindheit gehört aber auch einmal die eine oder andere Grenzüberschreitung. - Danke, dass Sie mir zugehört haben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Körperliche, seelische und sexuelle Gewalt war und ist an Schulen ein Dauerthema, und es gibt manchmal besonders dramatische Vorfälle, die eine Schule plötzlich in den Fokus der Medien rücken.
Ende 2016 waren es die Vorfälle an einer beruflichen Schule in Neumünster, Ende des vergangenen Jahres war es das Fehlverhalten von Schülern an der Grundschule in Süsel, das die Lehrkräfte, die Schulleitung, die Schulaufsicht, die Eltern und die Gemeindeverwaltung vor erhebliche Herausforderungen gestellt hat.
Wir haben in der Vergangenheit immer wieder darüber diskutiert, wie mit Gewalt an Schulen umzugehen ist. Die Probleme beginnen schon damit, was man als Gewalt definiert, was dokumentiert werden muss und wie der geeignete pädagogische Umgang damit ist.
Als Lehrer weiß ich auf der einen Seite: Wenn man jede Anrempelei auf der Treppe nach dem Ende der letzten Schulstunde dokumentieren und pädagogisch aufbereiten wollte, kämen Lehrkräfte zu nichts anderem mehr. Auf der anderen Seite würde eine Schule versagen, würde sie nicht bemerken, wenn ein einzelner Schüler immer wieder Opfer von Gewalt und Misshandlungen wird, sodass jeder Schultag für ihn zur Qual wird.
Der Verband Bildung und Erziehung hat vor rund zwei Jahren eine Studie vorgelegt, die speziell der Gewaltanwendung gegen Lehrkräfte gewidmet war. Diese Studie hat viel Zustimmung, aber auch Widerspruch hinsichtlich der Belastbarkeit der Daten gefunden. Meine Fraktion hatte deshalb im Bildungsausschuss einen Bericht des Ministeriums erbeten, den wir erst vor wenigen Wochen erhalten haben. Diese Verzögerung ergab sich daraus, dass Erfahrungen mit der neuen Datenbank zum Gewalt
monitoring an Schulen ausgewertet werden sollten. Diese Datenbank bezieht nur diejenigen Fälle ein, in denen gegen gewalttätige Schülerinnen und Schüler erhebliche Maßnahmen gemäß § 25 des Schulgesetzes ergriffen wurden oder in denen Hausverbote gegen gewalttätige Eltern oder sonstige schulfremde Personen ausgesprochen wurden.
Dieser Bericht hat den Bildungsausschuss erst wenige Tage vor der Weihnachtspause erreicht. Wir hatten also noch keine Zeit, uns damit ausführlich auseinanderzusetzen. Deshalb ist es reine Effekthascherei - da stimme ich meinem Kollegen von der Heide zu -, wenn die AfD-Fraktion im Plenum eine Expertenanhörung durch den Bildungsausschuss beantragt.
Wie wir alle wissen, können und müssen die Ausschüsse Anhörungen in eigener Regie durchführen, ohne dass sie dazu durch das Landtagsplenum ausdrücklich aufgefordert werden. Statt dieses alarmistischen Schaufensterantrags benötigen wir eine vernunftgesteuerte Auseinandersetzung mit dem Problem der körperlichen, seelischen und sexuellen Gewalt an Schulen. Dafür kann der Bericht des Bildungsministeriums eine, aber nicht die alleinige Grundlage sein. Wie bei jeder statistischen Erhebung muss es möglich sein, die Methodik zu hinterfragen. Was wir aber nicht machen werden, ist, unseren Lehrkräften und unseren Schulleitungen das pauschale Misstrauen auszusprechen und unsere Schulen in Bausch und Bogen zu Orten der Gewalt zu stilisieren, in denen es nur Täter und Opfer gibt. Nein, das tun wir definitiv nicht.
Der Antrag der AfD leistet keinen Beitrag dazu, Gewalt an Schulen einzudämmen. Wir werden ihn deshalb im Plenum ablehnen und uns zunächst mit dem Bericht des Bildungsministeriums auseinandersetzen, der mit dem Umdruck 19/3348 vorgelegt wurde. Daran anknüpfende Fragen wird der Ausschuss formulieren und mit den Betroffenen erörtern.
Darüber, in welcher Form das geschieht, werden wir im Ausschuss - nicht hier - eine Verständigung erzielen. Alternativ zur formalisierten Anhörung käme hier zum Beispiel ein Runder Tisch infrage, wie wir ihn in der vergangenen Legislaturperiode zur Inklusion durchgeführt haben. Ich bin überzeugt, dass ein solches Vorgehen den Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften eher gerecht wird als dieser Antrag, mit dem sich die AfD auf dem Rücken der Gewaltopfer profilieren will.
Der Antrag der Koalition geht in die richtige Richtung. Wir werden ihm deshalb zustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir eine Besuchergruppe des Abgeordneten Klaus Jensen aus Nordfriesland. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schulen brauchen Unterstützung bei der Gewaltprävention und Optionen für Interventionen. Das ist nichts Neues. Spätestens seit den 90er-Jahren gibt es Konzepte für eine gewaltfreie Konfliktkultur. Auch in meinem Heimatkreis Pinneberg wurde ein Präventionskonzept erstellt. Vorbeugende Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass Gewalt gar nicht erst entsteht. Verschiedene Kooperationspartner sorgen dafür, dass Betroffene angemessen begleitet werden. Hier hat inzwischen jede Schule einen Präventionskoordinator oder eine -koordinatorin als Ansprechpartner oder -partnerin für die Lehrkräfte.
Fortbildungen für Lehrende sind Bestandteil des Präventionskonzepts, ebenso Angebote für Schülerinnen und Schüler, um die Lebens- und Sozialkompetenz zu stärken. Betroffene werden durch Reden und Trainings in geschützten Gruppen aufgefangen. Auch Sozialpädagoginnen und -pädagogen und Schulassistenzen helfen, ein gutes, angstfreies Schulklima zu schaffen, und das wollen wir alle erreichen. In meinem Heimatort Halstenbek finden zum Beispiel regelmäßig Projektwochen zur Prävention an unseren Schulen statt, unterstützt von unserer Ortsjugendpflegerin. Auch der Schulträger engagiert sich also.
Den Bedarf an Gewaltprävention wird es in menschlichen Gesellschaften, also auch an Schulen, immer geben. Für den Umgang mit Gewalt helfen auch Meldewege, Beratungs- und Informationsmöglichkeiten. Diese gibt es schon. Es ist wichtig, dass die Schulen mit Präventionsmaßnahmen und Fortbildungen vom Land unterstützt werden. Genau das tut das Ministerium. Was meinen Sie, wie das
Ministerium zu seinen Entscheidungen kommt? Natürlich holen die den Rat von Expertinnen und Experten ein, bevor sie Entscheidungen für neue Konzepte oder Maßnahmen entwickeln. Das ist richtig so.
Mit dem Wandel unserer Gesellschaft müssen unsere Methoden natürlich angepasst werden. Konzepte müssen wissenschaftlich überprüft und begleitet werden. Eine Expertenanhörung gäbe nur Einzelbefunde und -meinungen wieder. Deshalb ist sie überflüssig. Es ist auch zu bedenken, dass jede Schule anders und der Umgang mit Gewalt an Schulen unterschiedlich ist. Datenerhebungen sind ein gutes Instrument, um Entwicklungen zu erkennen. Es ist richtig, dass das Ministerium nur Fälle mit schulrechtlichen Maßnahmen zählt. Was denn sonst? Subjektive AfD- Behauptungen wohl kaum!
Die AFD schreibt in Ihrem Antrag, dass „Mobbing und Gewalt sich in einem nicht mehr tolerierbaren Maße Bahn brechen konnten“. Sie macht den Aufschlag und sagt: Alles ist schlecht, und der Staat versagt. - Dann kommt die weichgespülte Rede von Herrn Brodehl, der sagt: An den meisten Schulen sind Gewalt und Mobbing kein Problem.
Das heißt, Sie erzeugen ein Bild von Staatsversagen in Ihrem Antrag - das bleibt hängen -, versuchen dann aber eine staatstragende Rede zu halten, um zu rechtfertigen, dass die AfD eine staatstragende Partei ist. Das ist Ihre Strategie.
Sie versuchen, einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben, indem Sie Doppelbotschaften senden. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Die Behauptung der AfD ist durch keine Fakten belegt. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben dazu Beispiele genannt. Die AfD lebt davon,
Schreckgespenster zu inszenieren und Ängste zu schüren, auch mit gefühlten Wahrheiten, die keiner Überprüfung standhalten. Dazu verfolgt sie die Strategie, ihre Behauptungen nur oft genug zu wiederholen, sodass etwas davon in Erinnerung bleibt, egal ob Realität oder Hirngespinst. Mit ihrer zum Teil hetzerischen Sprache vergiftet die AfD das Klima in unserer Gesellschaft und trägt zu dem von ihr beklagten schlechten Klima an den Schulen selbst bei.
Wir als demokratische Parteien treten dem entschieden entgegen. Weder Schulen noch Politik verschließen die Augen davor, dass Gewalt und Mobbing an einzelnen Schulen eine Herausforderung darstellen. Dazu gibt es Unterstützung; wir haben Maßnahmen in unserem Antrag dargestellt, und sie werden stetig weiterentwickelt.