Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Wald, er ist für viele Menschen ein Wohlfühlraum, ein Sehnsuchtsort und Rückzugsraum. Das ist nicht neu, aber die Coronapandemie hat uns dies erneut vor Augen geführt. Gerade die Abstandsregeln und die Infektionsgefahr haben bei vielen Menschen dazu geführt, dass es eine neue Lust auf Natur und auf den Wald gibt.
Als Land zwischen den Meeren ist Schleswig-Holstein unter den Flächenländern das waldärmste Bundesland. Der Waldanteil beträgt hier lediglich 11 %. Eine Erhöhung des Waldanteils auf 12 % ist unser gemeinsames Ziel. Das mag zunächst wenig klingen, bedeutet allerdings eine Aufforstung von 15.000 ha. Diese zu erreichen, bedarf großer Anstrengungen. Wir wollen dieses Ziel dennoch erreichen, und dafür stehen wir mit unseren Maßnahmen ein.
Angesichts der globalen Herausforderungen zur Bekämpfung des Klimawandels ist es ein wichtiger Schritt, den Waldanteil in Schleswig-Holstein zu erhöhen, indem wir Anreize zur Neuwaldbildung schaffen. Lassen Sie uns dazu einen Blick zurückwerfen: Bis zum Jahr 2013 konnte im Rahmen der GAK-Förderung privaten und kommunalen Flächeneigentümern eine Erstaufforstungsprämie gewährt werden, mit der die Neuwaldbildung attraktiver gestaltet werden konnte. Im Rahmen der GRK ist dies seitdem nicht mehr möglich. Eine Nutzungsausfallprämie könnte daher nur als reine Landesförderung erfolgen.
Leider hat der Bund die zwischenzeitlich eingeführte Förderung durch den Sonderrahmenplan in der GRK nicht auf diese Möglichkeit erweitert. Deshalb erarbeiten wir nur eine Förderrichtlinie und sehen diese zur Notifizierung bei der EU-Kommission vor, mit der wir künftig als Land aus eigenen Mitteln eine solche Prämie zahlen können.
Wir wollen private Eigentümer von Ackerflächen dabei unterstützen, ihre bislang landwirtschaftlich genutzten Flächen aufzuforsten.
Klar ist aber auch: Bei einer Förderdauer von 15 Jahren und einer vorläufig geschätzten Förderhöhe von etwa 500 € bis 700 € pro Jahr könnten wir für jede Million Euro, die wir dafür in die Hand nehmen, etwa 100 ha Neuwaldbildung erreichen.
Um das Ziel von 12 % Waldanteil zu erreichen, benötigen wir aber die bereits genannten rund 15.000 ha neuen Wald. Deshalb werden wir dieses Ziel nur mit mehreren Maßnahmen erreichen. Dazu gehört eben auch die öffentliche Neuwaldbildung, die wir mit in den Blick nehmen.
Der zentrale Partner der Landesregierung bei der Neuwaldbildung in diesem Fall sind die SchleswigHolsteinischen Landesforsten. Wir haben uns deshalb beim Bund dafür eingesetzt, dass die Mittel aus dem nun auf den Weg gebrachten Konjunkturprogramm auch für die Neuwaldbildung durch öffentliche Träger zur Verfügung gestellt werden.
Damit komme ich zum Errichtungsgesetz für die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass die im Landesforstanstaltsgesetz geregelten Verfahren für die heutigen Ansprüche an Transparenz nicht hinreichend sind. Die gegenwärtige Struktur ermöglicht es der Anstalt nämlich, Entscheidungen ohne Information oder Beteiligung des Landes zu treffen, die gleichwohl unmittelbar für das Land haushaltsrelevant sind.
Mit der vorliegenden Gesetzesänderung wird die Struktur der Anstalt so verändert, dass sie den rechtlichen Anforderungen, insbesondere dem Haushaltsrecht, entspricht, indem das Land einen angemessenen Einfluss auf die haushaltsrechtlichen Entscheidungen erhält.
Durch eine Einrichtung einer Gewährträgerversammlung wird der Einfluss des Landes entsprechend den Vorgaben der Landeshaushaltsordnung sichergestellt; denn anders als die Mitglieder des Verwaltungsrates, die ein persönliches Mandat haben und zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, handeln die Mitglieder der Gewährträgerversammlung im Auftrag des Eigentümers und sind insofern weisungsgebunden. Sie haben dann gegenüber dem Eigentümer, also dem Land, zu berichten, sodass die Landesregierung gegebenenfalls auch dem Parlament gegenüber Rechenschaft ablegen kann.
schen der fachlichen Expertise des Verwaltungsrats und der politischen Entscheidungskompetenz mit Haushaltsrelevanz der Gewährträgerversammlung statt. Die Expertise des Verwaltungsrates wird aber auch zukünftig über den Beschluss von Empfehlungen für die Gewährträgerversammlung entscheidend sein.
Lassen Sie uns deshalb gemeinsam dazu beitragen, dass der Wald in Schleswig-Holstein wächst und dass alle, die daran mitwirken, angemessen unterstützt werden; denn sie alle sind Klimaschützer und Waldschützer und tragen dazu bei, dass der Wohlfühlort Wald fortbesteht. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank. - Verzeihen Sie bitte. Ich hatte für den Bericht des Umwelt- und Agrarausschusses, Drucksache 19/2187, dem Herrn Berichterstatter noch nicht das Wort gegeben. Das möchte ich jetzt bitte nachholen. - Herr Berichterstatter, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch in Zeiten der Coronakrise bleibt die Frage des Klimaschutzes aktuell und wichtig. Deshalb war es am Freitag der letzten Woche ein sehr schöner Termin, als hier in Kiel um 14 Uhr eine mittelständische Tankstellenkette aus Schleswig-Holstein den Startschuss zur Aufforstung von 23 ha im Kreis Dithmarschen gegeben hat, übrigens dem waldärmsten Kreis Deutschlands mit nur 3 % Waldanteil. Für jeden verkauften Kubikmeter Kraftstoff wird dort zukünftig 1 m2 Wald angepflanzt. Das ist eine richtig tolle Aktion dieses Mittelständlers.
zusammen mit meinem Kollegen Hauke Göttsch ein anderes Beispiel im Kreis Rendsburg-Eckernförde ansehen. Dort hat eine Privatperson eine circa 5 ha große Tannenbaumplantage gekauft, deren Tannenbäume in den nächsten Jahren abverkauft werden soll, um im Gegenzug diese Flächen wieder aufzuforsten.
Das sind zwei Beispiele, die deutlich machen, wie populär das Thema Neuwaldbildung gegenwärtig ist, zwei Beispiele, die zeigen, wie konkret und greifbar Klimaschutz bei uns in Schleswig-Holstein aussehen kann.
Beide Beispiele verbindet, dass zunächst aber viel Geld in die Hand genommen werden muss, um die jeweiligen Flächen zu erwerben. In beiden Fällen werden anschließend die anfallenden Erstaufforstungskosten mit Geldern der Gemeinschaftsaufgabe öffentlich gefördert - das geht nach wie vor -, und zwar sogar bis zu 100 % netto.
Anschließend ist auf den neu aufgeforsteten Flächen in den nächsten Jahrzehnten aber zunächst noch kein einziger Cent zu verdienen. Und anders als vor der Aufforstung werden für diese Flächen auch keine EU-Agrarprämien mehr gezahlt. Stattdessen fallen Kosten für Unterhalt und Pflege der Wiederaufforstungsflächen an.
An den beiden Beispielen wird deshalb sehr deutlich, dass die Neuwaldbildung bislang nur unter ganz bestimmten Bedingungen gelingt, nämlich wenn zum Beispiel eine Tankstellenkette aus Marketinggründen bereit ist, dafür eigenes Geld in die Hand zu nehmen oder wenn eine Privatperson aus idealistischen Gründen bereit ist, den Erlös aus dem Tannenwaldverkauf in die Neuwaldbildung zu stecken, sodass das gerade einmal plus/minus null aufgeht.
Genau an dieser Stelle, meine Damen und Herren, setzt der Antrag von CDU, Grünen und FDP an. Wir wollen erreichen, dass nach erfolgter Neuwaldbildung in den nächsten 10 bis 20 Jahren eine Nutzungsausfallprämie gezahlt wird, die den Wegfall der Einnahmen aus der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung kompensiert.
Wenn wir diesen Baustein an öffentlicher Förderung hinzufügen, dann wird Aufforstung gerade für Grundeigentümer interessant, die bereits über die Flächen verfügen und nicht erst viel Geld in die Hand nehmen müssen, um diese Flächen zu erwerben. Sie können dann auf ihren vorhandenen Flächen zunächst mit der Erstaufforstungsprämie aus
GRK-Mitteln neuen Wald anpflanzen und bekommen anschließend die Nutzungsausfallprämie für die folgenden Jahre. Das ist dann zwar immer noch kein Geschäftsmodell, mit dem sich richtig viel Geld verdienen lässt, aber es ist dann immerhin auch kein Zuschussgeschäft mehr.
Genau das führt nämlich heute dazu, dass die Erstaufforstungsmittel so gut wie gar nicht in Anspruch genommen werden oder eben nur in solchen Fällen, wie ich sie eingangs geschildert habe. Für uns als Land ist es auf jeden Fall der günstigste Weg, um das genannte Ziel von 12 % Waldfläche in Schleswig-Holstein zu erreichen.
Für die Neuwaldbildung durch unsere Landesforsten haben wir die Haushaltsmittel in diesem Jahr kräftig aufgestockt: Ausgehend von einem im letzten Jahr nur noch vorhandenen Erinnerungsposten von 50.000 € jährlich haben wir zunächst mit dem Haushalt 2020 weitere 250.000 € zur Verfügung gestellt und dann mit dem ersten Nachtragshaushalt weitere 2 Millionen €. Aber auch mit diesen insgesamt 2,3 Millionen € lassen sich gerade einmal etwa 50 ha aufforsten, weil der größere Teil dieses Geldes für die Landesforsten auch erst einmal für Grundstückskäufe eingesetzt werden muss.
Um auf diesem Weg die 15.000 ha zu erreichen, die der Minister genannt hat, die für das 12-%-Ziel erforderlich sind, bräuchte es noch ganz anderer Dimensionen an Haushaltsmitteln. Mit einer Nutzungsausfallprämie, die die Neuwaldbildung auf vorhandenen privaten Flächen fördert, lässt sich hingegen ein vier- bis fünfmal stärkerer Effekt erzielen, weil diese Gelder vollständig der Erstaufforstung zugutekommen und eben nicht erst für Grundstückskäufe eingesetzt werden müssen.
Idealerweise würde zu diesen beiden Förderbausteinen - Erstaufforstungsprämie und Nutzungsausfallprämie - noch ein dritter Förderbaustein hinzukommen, nämlich eine Förderung durch den Verkauf von Waldzertifikaten oder durch private Spenden. Deshalb hat der Landtag auf Antrag der Koalition bereits im Januar die Landesregierung gebeten, hierfür geeignete Instrumente und Konzepte zu entwickeln. Auch wenn der Minister dazu nichts gesagt hat, bin ich sicher, dass das auf einem guten Weg ist.
Wenn am Ende alle drei Bausteine ineinandergreifen, haben wir ein perfektes Umfeld geschaffen, das einen ganz starken Anreiz für den Klimaschutz durch die Neuwaldbildung liefert. Das ist genau das Ziel, das wir erreichen wollen, meine Damen und Herren.
Gestatten Sie mir abschließend noch zwei Sätze zum Gesetzentwurf zu den Landesforsten. Wir führen damit neben dem Verwaltungsrat eine Gewährträgerversammlung ein; das hat der Minister eben gesagt. Während der Verwaltungsrat mehr die Rolle eines Aufsichtsgremiums hat, dient die Gewährträgerversammlung wie eine Hauptversammlung dazu, die Steuerung durch die Eigentümer vorzunehmen, also im Zweifelsfall durch uns als Landtag.
Ja, das tue ich. - Im Sinne einer Corporate-Governance-Strategie bedarf es beider Gremien. Ich bitte Sie deshalb, sowohl dem Antrag als auch dem Gesetzentwurf zuzustimmen. - Herzlichen Dank.