Protokoll der Sitzung vom 19.06.2020

Menschen in Schleswig-Holstein. Vom Bund kommen dafür 3 Milliarden €; weitere 4 Milliarden € gibt es für die Stärkung der öffentlichen Gesundheitsdienste.

Ich erwarte, dass sich die Landesregierung jetzt nicht zurücklehnt. Im Gegenteil: Das Geld könnte zum Beispiel die Imland-Klinik in Eckernförde gut gebrauchen. Der wollen Sie nur noch die Hälfte der zunächst zugesagten Mittel geben. Überdenken Sie das doch bitte noch einmal in der Krise. Das hätte auch den Charme, Herr Ministerpräsident, nicht schon wieder sein Wort gebrochen zu haben.

(Beifall SPD)

Mit Energie geht es weiter, und zwar mit Wasserstoff und erneuerbaren Energien. In dem Bereich macht der Bund tatsächlich den Job der Landesregierung. Im Konjunkturprogramm werden weitere Bausteine für die Zukunft für Schleswig-Holstein gelegt. Das müsste eigentlich von Ihnen kommen. Während der Bund also Milliarden Euro in die Hand nimmt, kriegen Sie hier nicht einmal die Windkraftplanung hin.

Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft. Wir wollen, dass die Wertschöpfungsketten in Schleswig-Holstein bleiben. Dafür brauchen wir diese Investitionen. Der Bund macht also Tempo bei der Energiewende; Jamaika macht leider eine Vollbremsung.

Gerade in dieser Woche stellte Ihnen die IHK ein schlechtes Zeugnis bei der Entwicklung der Innovationskraft im Land im Blick auf die mangelnde Breitbandversorgung aus. Grund dafür sind fehlende Fachkräfte. Dafür brauchen wir eine Zukunftsinvestition. Der Auftrag lautet hier für die Landesregierung, jeden Ausbildungsplatz im Land zu sichern. Das sind dann die Fachkräfte von morgen.

Das Geld dafür kommt übrigens auch aus Berlin. Es gibt hier also keine Ausreden, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Auch die Kultur und die Kreativwirtschaft machen uns große Sorgen. Dazu einige Zahlen: In Deutschland machen sie jährlich einen Umsatz von rund 170 Milliarden € und dort gibt es mehr als eine halbe Million Beschäftigte. Das sind übrigens mehr als in der Automobilbranche. Vor allem aber gehört Kultur fest zur Identität unseres Landes. Trotzdem lassen Sie diesen wichtigen Bereich im Stich.

Ich habe in den letzten Wochen eine Tour durch Schleswig-Holstein gemacht und habe mit vielen Kulturschaffenden gesprochen. Großartige Projekte bei uns im Land gibt es, zum Beispiel das Theater

(Serpil Midyatli)

am Tremser Teich in Lübeck. Hier wird gerade für die ganz kleinen Kinder Großartiges auf die Beine gestellt. Die Zuschüsse haben dabei auch geholfen.

Leider können jetzt im Zuschauerraum statt der bisher 100 Kinder nur noch 12 Kinder Platz nehmen. Daher brauchen unsere Kulturschaffenden nicht nur einen Steg, sondern eine feste Brücke. Sie brauchen Unterstützung.

(Beifall SPD)

Auch die freischaffenden Künstlerinnen und Künstler verdienen mehr Unterstützung. Zweimal 500 € reichen tatsächlich nicht aus. Schleswig-Holstein behandelt seine Kulturschaffenden schäbig. Das sagen sie mir zumindest im Vergleich zu anderen Ländern wie Hamburg oder Baden-Württemberg. Hamburg gibt übrigens noch einen drauf.

In unserem Antrag fordern wir Sie daher auf, Lücken im Bundesprogramm zu schließen, zusätzliche Hilfen für Solo-Selbständige und Künstlerinnen und Künstler auf den Weg zu bringen. Dabei sollten Sie auch die Kommunen nicht vergessen. Wenn Sie nicht handeln, geht eine gesamte Branche kaputt, noch schlimmer: Mit einem Kahlschlag im Kulturbereich ist leider zu rechnen. Damit stirbt dann auch ein Stück Schleswig-Holstein.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ein ganz wichtiger Bereich sind auch die Schausteller. Über die haben wir im Nachtragshaushalt auch schon gesprochen. Der Bund gibt denen nun auch noch etwas dazu. Leider sind die Schausteller sehr unzufrieden mit den Ausführungen des Wirtschaftsministers Altmaier. Von daher fordern wir Sie hier auf, nicht lange darauf zu warten, ob das Geld vom Bund jetzt kommt oder nicht, sondern den Schaustellern sofort zu helfen und dann hinterher mit dem Bund zu vereinbaren, wer denn letztlich was zahlt.

(Beifall SPD)

Die Schausteller brauchen dringend unsere Unterstützung; denn sie können im Moment nicht arbeiten.

Mein Fazit ist: Diese Beispiele zeigen, es steht und fällt damit, wie die Landesregierung mit dem Konjunkturprogramm umgehen will. Es ist Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Geld bei den Kulturschaffenden, bei den Verkehrsbetrieben, bei der Wirtschaft und bei den Auszubildenden, im Grunde genommen bei allen Menschen in Schleswig-Holstein ankommt.

Was hat Herr Minister Garg neulich in einer Rede gesagt?

„Das Schöne am Regieren ist, dass man handeln kann.“

(Beifall FDP)

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich fordere diese Landesregierung auf, zu handeln, damit das Konjunkturpaket auch in Schleswig-Holstein ankommt. Wir werden es dringend brauchen. Im Moment haben wir nur die Weichen gestellt. Wie Sie es nachher umsetzen, daran werden wir Sie messen. - Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt.

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was als Gesundheitskrise begann, ist mittlerweile auch zu einer Weltwirtschaftskrise geworden, deren Ausmaß wir seit mindestens einigen Jahrzehnten nicht kannten. Deshalb muss der Staat gegensteuern, um den Schaden zu begrenzen und eine schnelle Erholung zu ermöglichen. Dabei geht es natürlich um die Nachfrage im Inland. Als stark exportorientierte Nation müssen wir aber auch ein großes Interesse daran haben, dass es international schnell wieder bergauf geht. Klar ist: Ohne neue Schulden werden wir nicht gegensteuern können. Aus der Krise kann man sich nicht wirklich heraussparen.

Aber wir sprechen hier auch nicht über Spielgeld, wie man manchmal denken könnte, wenn man sich die Nachrichten anschaut. Deshalb müssen unsere Maßnahmen zielgerichtet sein.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Die Schulden müssen dabei helfen, wieder neues Wachstum zu stimulieren, damit wir wieder zur finanzpolitischen Solidität zurückkehren können. Das ist zumindest der Wunsch meiner Fraktion.

Die Wirtschaftskrise muss bewältigt werden; aber sie darf nicht genutzt werden, um die finanzpolitische Solidität dauerhaft zu verlassen. Wohin das sonst führen würde, sehen wir in anderen Ländern, auch in Europa. Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir jetzt diese Möglichkeiten haben, um auch in Europa helfen zu können, was dann hoffentlich auch uns in Deutschland wieder hilft.

Wir haben in den letzten Jahren aber auch erlebt, wie wichtig eine gute wirtschaftliche Entwicklung

(Serpil Midyatli)

ist. Das ist ja auch nicht unumstritten. Die Staatseinnahmen steigen dann nicht über Steuererhöhungen, die dabei auch kontraproduktiv sein können. Wir brauchen Geld für die Finanzierung unseres wirklich guten Gesundheitssystems, das besser ist, als die Sozialdemokraten meinen. Wir brauchen mehr Geld für die Renten, für mehr Chancen in der Bildung; wir brauchen es an vielen Stellen. Wirtschaftliches Wachstum sorgt für mehr Gerechtigkeit im Land.

(Beifall FDP)

Wir müssen unsere Art des Wirtschaftens modernisieren. Ich wäre froh, wenn sich die Erkenntnis stärker durchsetzen würde, dass wir als Industrienation eine ökologische Verantwortung in der Welt haben, aber auch eine ökonomische. Die Weltwirtschaft ist kein Kuchen, den man aufteilen kann. Die Wirtschaftskrise wird für uns in Deutschland unschön werden, für viele auch dramatisch. Für viele Menschen in den Entwicklungsländern wird sie im wahrsten Sinne des Wortes existenziell bedrohlich werden.

Zu den konkreten Maßnahmen von Bund und Land möchte ich sagen, Frau Midyatli: Ich wusste gar nicht, dass die SPD die Architektin des ganzen Pakets ist. Das hat mich ein bisschen überrascht. Das Paket ist aber trotz dieser vermeintlichen Tatsache besser geworden, als ich es erwartet hatte. Viele Punkte sind naheliegend oder zumindest nachvollziehbar. Wir unterstützen Unternehmen, Kommunen, den ÖPNV, den Kulturbereich und geben auch Geld für die Forschung. Alles das finden wir weitestgehend richtig.

Besonders begrüßenswert ist in der Tat die Initiative zur Wasserstofftechnologie, die für Deutschland, aber insbesondere für Schleswig-Holstein große Chancen für neues Wachstum bringen kann.

(Beifall FDP)

Aber auch da muss ich mit Blick auf die Bundesregierung sagen: Das muss jetzt auch konsequent angepackt werden. Die Reform des EEG ist gerade mit Blick auf die Wasserstofftechnologie wirklich überfällig. Das muss nun endlich umgesetzt werden, und zwar schnell.

(Beifall FDP)

Mehr Wumms, wie es im SPD-Deutsch heißt, hätten wir uns auch beim Bundespaket für die Bildung und die Digitalisierung gewünscht. Das ist schließlich entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

Wir hätten uns auch mehr strukturelle Reformen gewünscht, zum Beispiel bei der Unternehmen- und Einkommensteuer. - Die kalte Progression ist leistungsfeindlich und eine Belastung für die Mittelschicht.

Ein Problem sind auch die weiter steigenden Energiekosten, gerade für Schleswig-Holstein. Und die EEG-Umlage soll aus dem Bundeshaushalt bezuschusst werden. Warum man nicht einfach die Stromsteuer senkt oder abschafft, verstehe, wer will! Das muss ich ganz ehrlich sagen.

(Beifall FDP)

Man nimmt weiterhin Geld aus der Stromsteuer ein und bezuschusst dann die EEG-Umlage. Das ist nun wirklich „linke Tasche, rechte Tasche“ und völliger Blödsinn.

Meine Damen und Herren, ganz im Sinne unseres Koalitionsvertrages ist die Reform des Planungsund des Vergaberechts; das begrüße ich sehr. Mittel für Investitionen können nur dann wirken, wenn sie irgendwann abfließen und nicht unnötige Kostensteigerungen hervorrufen. Das erleben wir leider auch in Schleswig-Holstein: Die Kosten steigen Jahr für Jahr überproportional.

Bei der Planungsbeschleunigung wünschen wir als FDP-Fraktion uns Unterstützung, aber auch konkrete Vorschläge Schleswig-Holsteins im Bundesrat. Es ist wirklich an der Zeit, dass die Planung einfacher und schneller wird.

(Beifall FDP und Lasse Petersdotter [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich finde es gut, dass für die SPD Steuersenkungen kein Tabu mehr sind; das war ja bis vor Kurzem völlig anders.

Frau Midyatli, ich wundere mich aber sehr, wenn Sie als Chefin der Landes-SPD hier im Landtag behaupten, dass Großunternehmen in Schleswig-Holstein jetzt lange geplanten Stellenabbau vollzögen.

(Serpil Midyatli [SPD]: International aufge- stellte!)