Protokoll der Sitzung vom 30.10.2020

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Tobias Koch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss sagen, ich finde diese Debatte heute absolut spannend. Ich muss auch zugeben, dass ich in den letzten Wochen Dringenderes zu tun hatte, als in den alten Protokollen von vor sechs Jahren zu kramen. Ich werde das wohl auch nach dieser Debatte nicht tun. Auch die Zahlenakrobatik des Kollegen Dolgner fand ich sehr spannend. Man muss es ihm lassen, er macht das auf einem intellektuellen Niveau, sodass wahrscheinlich die meisten Kollegen aus der eigenen Fraktion ihm nicht mehr folgen können. Aber er ist nicht so plump wie der Kollege Habersaat, der einfach seinem Wahlkreis die Hälfte der Wahrheiten vorenthält und versucht, damit Stimmung vor Ort zu machen.

Ich persönlich halte es am Ende immer mit Helmut Kohl:

„Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

(Beifall CDU)

Sie können so viel Zahlenakrobatik betreiben, wie Sie wollen. Am Ende stehen hier 80 Millionen € mehr für die Städte, Kreise und Gemeinden in Schleswig-Holstein. Das ist neues Landesgeld, mit dem wir den Kommunen im Land unter die Arme greifen. Das hätten Sie damals ja auch einmal machen können.

(Beifall CDU und FDP)

(Annabell Krämer)

Es stimmt, wir machen die 10 Millionen € Verlust im Kreis Stormarn aus der letzten FAG-Reform nicht komplett wieder wett. Da steht aber auch keine Null, Herr Kollege Dolgner. Dort stehen 2,6 Millionen € plus für die Städte und Gemeinden und 2,5 Millionen € plus für den Kreis Stormarn selbst. Das macht zusammen 5,1 Millionen €. Das sind nicht die 10 Millionen €, es ist aber auch nicht null. Das ist mehr als die Hälfte des Verlustes, den der Kreis Stormarn durch die letzte FAG-Reform erlitten hat. Das ist die positive Botschaft des heutigen Tages.

(Wortmeldung Dr. Kai Dolgner [SPD])

Herr Abgeordneter --

Ich lasse keine Zwischenfrage zu. Sie haben genug versucht, uns zu verwirren, Herr Kollege Dolgner. Man muss auch einmal die Essentials benennen können.

Der zweite Kern ist, dass die letzte FAG-Reform nicht nur von den Oppositionsfraktionen, sondern auch von den Kommunen, von den Landkreisen selbst beklagt worden ist. Jetzt haben wir die Einigung mit den Kommunen, jetzt haben wir den Konsens mit allen kommunalen Landesverbänden.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Das ist der Unterschied zu Ihrer damaligen Reform. Keine Kommune wird gegen dieses FAG klagen. Ob die Opposition dies bei ihrer ganzen Kritik tun wird, werden wir sehen. Wir werden sehen, ob die SPD vor das Verfassungsgericht zieht, weil sie meint, dagegen klagen zu müssen.

(Beate Raudies [SPD]: Sie wissen doch, dass das nicht geht!)

- Schauen wir einmal, ob Sie das tun.

(Beate Raudies [SPD]: Wie soll das denn ge- hen? Machen Sie mit? - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Machen Sie mit? Sie wissen genau, dass man zwei Fraktionen braucht!)

Das Wort hat der Abgeordnete Tobias Koch.

Ich gehe einmal davon aus, wenn der SSW Fraktionsstatus hat, werden Sie das prüfen können.

Noch einmal: 80 Millionen € mehr, Einigkeit mit den Kommunen, keine Klagen. Das ist das, was wir heute zu beschließen haben. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Wir kommen zur Abstimmung nach der zweiten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 19/2156. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf Drucksache 19/2156 unverändert anzunehmen. Wer so beschließen will -

(Beate Raudies [SPD]: Und der Änderungs- antrag?)

- Der Änderungsantrag, Frau Abgeordnete, bezieht sich, wenn ich es richtig sehe, auf Drucksache 19/2119. Wir sind jetzt bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 19/2156. Okay? Gut.

Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf Drucksache 19/2156 unverändert anzunehmen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Sehe ich nicht. Dann ist der Gesetzentwurf Drucksache 19/2156 einstimmig so angenommen.

Wir kommen jetzt zur zweiten Lesung eines Gesetzes zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs, Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 19/2119, und zu dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2536.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2536, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Keine. Damit ist der Änderungsantrag gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der fraktionslosen Abgeordneten Volker Schnurrbusch, Dr. Frank Brodehl und Claus Schaffer abgelehnt worden.

(Claus Schaffer [fraktionslos]: Und Nobis!)

Entschuldigung, dann wiederhole ich: Damit ist der Antrag gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und

(Tobias Koch)

der Abgeordneten Jörg Nobis, Claus Schaffer und Volker Schnurrbusch abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 19/2119, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? Dann ist der Gesetzentwurf Drucksache 19/2119 bei Enthaltung der SPD-Fraktion so angenommen.

(Beifall CDU und FDP)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 35 auf:

Öffentliches Zeigen von Reichskriegsflaggen unterbinden

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/2490 (neu)

Reichskriegsflaggen als Symbole verfassungsfeindlicher Demonstrationen unterbinden

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2535

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Tobias von Pein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wer seiner Überzeugung Ausdruck verleihen und sich zu einer Meinung bekennen will, der zeigt Flagge. Das besagt schon eine Redewendung. Man kann das auf verschiedenen Ebenen machen. Man kann die rote Fahne herausholen, man kann die Nationalflagge herausholen, man kann im Fußball heute auch bestimmte andere Farben herausholen. Für mich ist es heute die braun-weiße.

(Beifall Kay Richert [FDP] und Christopher Vogt [FDP])

- Danke schön, Herr Vogt, wir sind nicht allein.

Schwarz-Weiß-Rot - um das soll es heute gehen hat eine lange Geschichte. Wer die Farben trägt, sollte wissen, was er oder sie tut, und darf sich nicht beschweren, mit Nazis, Nationalisten und Ewiggestrigen gleichgesetzt zu werden.

Am 29. August 2020 versuchten Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Kundgebung von Coronal

eugnern, das Reichstagsgebäude - wie Sie selbst gesagt haben - zu stürmen. Das ging bekanntlich schief. Gut so. Bezeichnenderweise trugen diese Leute verschiedene schwarz-weiß-rote Flaggen. Können und dürfen wir das ignorieren? - Nein!

Die Verwendung nationalsozialistischer Symbole ist schon durch die Befreiungsgesetze der Alliierten verboten worden, übernommen in Artikel 139 Grundgesetz, also Teil unserer Rechtsordnung. Wenn man also die Demokratie und das Grundgesetz bekämpfen will, ohne gleich ein Strafverfahren zu riskieren, nutzt man heute andere Symbole. Da haben sich diese Leute recht erfinderisch gezeigt. Da kommen Hoheitszeichen vergangener Zeiten gerade recht. Völlig klar ist: Das vordemokratische absolutistische Kaiserreich ist nicht mit der Terrorherrschaft der Nazis gleichzusetzen. Aber es spricht Bände, dass sich diejenigen, die den Regierungen vorwerfen, sie würden ihnen alle Grundrechte rauben, der Symbole von Systemen bedienen, die garantiert sehr viel weniger Meinungsfreiheit und Grundrechtsschutz gewährt haben als unser Staat heute. Hier wird direkt ein Konflikt aus der Weimarer Republik wiederaufgenommen, die mit der schwarz-rot-goldenen Trikolore an die bürgerliche Revolution von 1848 anknüpfte. Die Gegner, soweit sie loyal zum gestürzten kaiserlichen Regime standen, zeigten weiterhin die schwarz-weiß-rote Flagge.

1926 zerbrach die Regierung Hans Luther, nachdem sie angeordnet hatte, an Auslandsvertretungen des Deutschen Reiches die schwarz-rot-goldene Staatsflagge neben einer schwarz-weiß-roten Handelsflagge mit schwarz-rot-goldenem Obereck zu hissen.

Reichskriegsflaggen und schwarz-weiß-rot: Nicht nur in der breiten Öffentlichkeit werden diese Flaggen gezeigt. Sie hängen auch bei uns auf Balkonen, in Schrebergärten, an Fahnenmästen in privaten Gärten. Auf dem Landeshaus, das Gebäude der alten kaiserlichen Marineschule, wehen schon lange keine Reichskriegsflaggen mehr. Unser Staat ist heute ein anderer, ein demokratischer, ein liberaler, ein sozialer. Und deshalb wehen hier heute Fahnen der Demokratie.