Protokoll der Sitzung vom 22.09.2023

(Ministerin Aminata Touré)

Von den 158 sind 127 bereits vor der Verabschiedung durchgeführt und 31 davon sind neu beschlossen worden und betreffen alle Bereiche der Landesverwaltung. Der Aktionsplan beschäftigt sich neben der individuellen auch mit der strukturellen und institutionellen Ebene von Rassismus.

Deshalb nehmen wir unsere Landesverwaltungsstrukturen eigenverantwortlich in den Blick. Bis zum Jahr 2026 sollen die eben benannten 31 Maß nahmen gegen Rassismus umgesetzt werden. Die Zwischenbilanz ist gut. Nach zwei Jahren haben wir bereits rund ein Viertel aller neu beschlossenen Maßnahmen verwirklicht und nahezu die Hälfte angestoßen. Zum Beispiel haben wir die Ansprechstelle Antirassismus und Wertebeauftragte bei der Landespolizei eingerichtet. Auch der schleswig-holsteinische Mittelstandsbeirat hat sich mit seiner gemeinsamen Erklärung zum Landesaktionsplan gegen Rassismus eindeutig gegen rassistische Diskriminierung gestellt.

Der vorgelegte Bericht zeigt, dass die zuständigen Ressorts und Landesbeauftragten die Ziele des Landesaktionsplans entschieden aufgegriffen haben. Mehrheitlich haben sie sich sogar über ihre Verpflichtung hinaus eingesetzt. Der Landesaktionsplan ist daher nicht nur ein Lippenbekenntnis. Im Gegenteil: Gemeinsam setzt sich die Landesregierung für ein diskriminierungsfreies Zusammenwirken und gegen Rassismus ein.

Das ist nicht zuletzt auf die Koordination des Prozesses zurückzuführen. Der Landespräventionsrat und das Landesdemokratiezentrum haben den Erstellungsprozess bereits begleitet und stehen nun auch bei der Umsetzung zur Seite.

Die dort eingerichtete Landeskoordinierungsstelle Antirassismus organisiert die Öffentlichkeitsarbeit und führt Veranstaltungen wie zum Beispiel den Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus durch. Dazu ist sie Ansprechpartnerin für den ressortübergreifenden Austausch.

Ebenso wichtig ist aber die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. Auch hier ist die Koordinierungsstelle aktiv und organisiert die Vernetzung und Unterstützung. So wurden bereits zwei Förderaufrufe veröffentlicht. Denn Rassismus können wir nur gemeinsam begegnen. Die Umsetzung des Landesaktionsplans schreitet also voran.

Wir wollen aber nicht nachlassen, wir wollen uns weiterentwickeln. Lassen Sie uns selbstkritisch

sein. Deshalb sind auch die Ressorts mit ihren nachgeordneten Bereichen weiterhin aufgefordert, das Angebot zu Informationsveranstaltungen und die Sensibilisierungsworkshops zu nutzen und die Maßnahmen weiter voranzutreiben. Wir möchten, dass sich nicht nur die interessierte Öffentlichkeit mit den Inhalten und Maßnahmen des Landesaktionsplans auseinandersetzt. Die Maßnahmen sollen auch den Beschäftigten des Landes bekannt sein und von ihnen mit Leben gefüllt werden.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, mit dem Aktionsplan haben wir einen großen Schritt in der Antirassismusarbeit gemacht. Lassen Sie uns beharrlich weiterarbeiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Serpil Midyatli [SPD])

Ich eröffne jetzt die Aussprache. Für die CDUFraktion hat zunächst die Abgeordnete Seyran Papo das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herrn! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst bedanke ich mich bei unserer Landesregierung für ihren ausführlichen Bericht. Außerdem betone ich, wie wichtig die verschiedenen Maßnahmen im Landesaktionsplan gegen Rassismus sind. Unsere Landesregierung hat intensiv an der Gestaltung und Umsetzung des Landesaktionsplans gegen Rassismus gearbeitet. Mit dem Plan „Gemeinsam verschieden – Für Vielfalt, Toleranz und Respekt in Schleswig-Holstein“ hat sie einen mutigen Schritt unternommen, der unser klares Bekenntnis zur Förderung von Vielfalt und zur Bekämpfung von Rassismus in all seinen Formen zeigt.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Rassismus ist eine Bedrohung für unsere Gesellschaft. Deshalb müssen wir dagegen ankämpfen. Um Erfolg zu haben, müssen wir einen umfassenden Ansatz verfolgen. Der Landesaktionsplan umfasst insgesamt 158 Maßnahmen, die darauf abzielen, Rassismus auf allen Ebenen zu begegnen. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um unsere Werte zu schützen und zu fördern, insbesondere die Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit aller

Menschen. Daher freut es mich auch, dass der Plan nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf kommunaler Ebene umgesetzt wird, was die breite Unterstützung und den gemeinsamen Einsatz für diese Ziele zeigt.

Eine der wichtigsten Maßnahmen war es, den Begriff Rasse aus unseren Gesetzen zu ersetzen. Das hilft, um rassistische Denkmuster zu bekämpfen und ein Zeichen für unsere Entschlossenheit in dieser Angelegenheit zu setzen.

(Vereinzelter Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus wurden 120.000 Euro für Projekte zur Bekämpfung von Rassismus zur Verfügung gestellt. Das ist ein Beweis für unsere Motivation, die Vielfalt und die verschiedenen Perspektiven in unserer Gesellschaft anzuerkennen und zu stärken.

Die Werte von Vielfalt, Toleranz und Respekt sind in unserer Gesellschaft nicht verhandelbar. Aus diesem Grund bin ich allen Beteiligten dankbar, die helfen, die Werte zu verteidigen und zu fördern.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und ich bin stolz auf die bisherigen Fortschritte, aber bin mir bewusst – wie wir alle –, dass es noch viel zu tun gibt. Unsere Landesregierung hat gezeigt, dass sie versteht, wie wichtig dieser Aktionsplan ist und dass sie sich dafür einsetzt, die Lebensqualität und die Chancengleichheit für alle Menschen in Schleswig-Holstein zu verbessern.

Gemeinsam können wir einen positiven Wandel in unserer Gesellschaft bewirken und sicherstellen, dass Vielfalt und Respekt die Grundpfeiler unserer gemeinsamen Zukunft sind.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Zusammen können wir Schleswig-Holstein zu einem noch besseren Ort machen. – Vielen Dank.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt die Abgeordnete Eka von Kalben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich danke der Landesregierung und der Innenministerin für Ihren Bericht und für dieses

gemeinsame Projekt. Ich glaube, dass die politischen Irrungen und Wirrungen, die wir derzeit in Deutschland und Europa erleben, besonders deutlich machen, dass wir alles tun müssen, um unsere Demokratie, unsere Freiheit und unsere Grundwerte zu verteidigen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Meine Vorrednerin hat es gesagt: Der Kampf gegen Rassismus ist ein Teil davon. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung ihre Arbeit gegen den Rassismus fortsetzt. Aus dem Bericht wird deutlich, mit wie viel Engagement und Herzblut gerade auch die Mitarbeiter_innen des Landesdemokratiezentrums das Thema voranbringen. Auch wenn schon sehr viel passiert ist, wünsche ich mir – wie sollte es anders sein? – an einigen Stellen noch mehr.

Wir haben mit dem Aktionsplan vereinbart, dass die Aufgabe Bekämpfung von Rassismus Querschnittsaufgabe ist. Deshalb ist es aus meiner Sicht wichtig, dass alle Häuser mindestens eine Ansprechperson benennen, die die Schnittstelle zu dem federführenden Innenministerium und dem Landesdemokratiezentrum übernimmt. Rassismus ist kein Thema einiger Betroffener draußen im Land, das einige Engagierte in der Zivilbevölkerung alleine bekämpfen können. Rassismus betrifft uns alle und ist sehr konkret.

Ich freue mich über die Betonung von Diversität und Toleranz und Vielfalt in dem Bericht und über die unglaublich vielen Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus, gerade im Bildungsbereich. Es ist unbestritten, dass es einen engen Bezug zum Kampf gegen den Rassismus gibt. Aber es ist eben nicht das Gleiche. Wir haben noch echte Leerstellen, gerade im Bereich Arbeit und Rassismus oder Gesundheit und Rassismus. Da ist aus meiner Sicht noch zu wenig passiert. Auch weist der Bericht darauf hin, dass das Angebot für Sensibilisierungsworkshops – Sie haben es genannt, Frau Ministerin – noch nicht genügend genutzt wurde, es aber weiterhin als sehr zielführend erachtet wird. Das ist dringend nötig.

Was ist so ein Sensibilisierungsworkshop? Es gibt für uns alle viel zu lernen, um erlernten Rassismus wieder zu entlernen. Ja, das ist mühsam und stellt unangenehme Fragen.

Wir hier im Haus sind alle Demokratinnen und Demokraten. Wir stehen für Weltoffenheit und Toleranz. Wir treten gemeinsam gegen rechts ein. Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht auch mit unse

(Seyran Papo)

ren eigenen Rassismen auseinandersetzen müssen. Lassen Sie mich dafür ein Beispiel nennen, das ich im aktuellen Bericht gelesen habe. Da wird von einer Maßnahme gesprochen, die sich an Menschen mit offensichtlichem Migrationshintergrund richtet. Meine Damen und Herren, es gibt keinen offensichtlichen Migrationshintergrund, und die Idee dazu ist – sorry to say – rassistisch geprägt. Ich könnte mir vorstellen, dass manchen hier im Haus diese Unterscheidung nervt und man meint, dass das unnötige politische Correctness sei. Ich weiß, dass manche Menschen voller Stolz betonen, dass sie es sich nicht nehmen lassen, von Indianern statt von First Nations zu sprechen. Aber darauf erwidere ich: Es kommt nicht auf die Absicht desjenigen an, der was sagt, sondern darauf, wie es bei den Betroffenen wirkt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind und nicht blond und weiß sind, wollen nicht ständig nach ihrer Herkunft gefragt werden oder ein Lob für ihr gutes Deutsch bekommen. Sie können es nicht akzeptieren, dass sie nur wegen ihres Aussehens regelmäßig nach ihren Ausweispapieren gefragt werden. Die gestern veröffentlichte Mitte-Studie zum Rechtsextremismus zeigt mir einmal mehr sehr deutlich: Wir dürfen nicht unachtsam werden, müssen kritisch auch die eigenen Perspektiven, Handlungen und unsere Sprache hinterfragen und politisch den beeindruckenden Maßnahmenkatalog der Landesregierung unterstützen.

Viele Maßnahmen in diesem Land sind bereits umgesetzt, noch mehr begonnen. Der Landesaktionsplan gegen Rassismus ist beispielhaft in Deutschland und sicher auch in Europa. Ich bin sehr froh, dass ich in einem Bundesland leben darf, das sich so engagiert für Vielfalt, Toleranz und Respekt einsetzt. Sorgen wir dafür, dass es so bleibt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SSW)

Ich beantrage die Überweisung dieses Berichtes in den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend in den Sozialausschuss, in den Finanzausschuss und in den Europaausschuss. Alle anderen Ausschüsse sind gerne aufgerufen, sich in Selbstbefassung damit zu beschäftigen. – Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt die Abgeordnete Serpil Midyatli das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich selbstverständlich zunächst einmal für meine Fraktion ganz herzlich für den Bericht bedanken, aber – first things first – insbesondere bei denjenigen, die am meisten damit zu tun haben. Ich weiß, wie schwierig so eine Koordinierungsstelle sein kann, vor allem, wenn man auf Mitarbeit angewiesen ist. Von daher überbringen Sie bitte den herzlichen Dank der Kolleginnen und Kollegen an die Koordinierungsstelle und dementsprechend natürlich auch dem Landesdemokratiezentrum. Ihnen haben wir es tatsächlich zu verdanken, dass es bei dem Landesaktionsplan nicht nur bei leeren Worten geblieben ist, sondern das Ganze jetzt tatsächlich tatkräftig – das konnten wir dem Bericht entnehmen und konnten es hören – vorangetrieben wird. Vielen herzlichen Dank dafür.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung ist etwas, was uns Politikerinnen und Politiker, Demokratinnen und Demokraten tatsächlich jeden Tag beschäftigen sollte. Oftmals kommen wir eher in Situationen, in denen wir uns klar gegen den Rassismus stellen müssen, weil wieder etwas passiert ist. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu: Noch nie haben in Deutschland so viele Geflüchtetenunterkünfte gebrannt oder sind angegriffen worden wie in diesem Jahr. Das alles sind Zeichen. Eka von Kalben hat ja auch schon darauf hingewiesen. Nach der Mitte-Studie sind Diskriminierung und Rassismus anscheinend tatsächlich schon tief in der Gesellschaft verankert. Das sind alles Dinge, die wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und auch als Politiker_innen leben müssen. Der Kampf gegen rechts wird niemals aufhören. Immer dort, wo Menschen unsere wehrhafte Demokratie infrage stellen, ist es selbstverständlich, dass wir Demokratinnen und Demokraten zur Seite stehen und den Kampf ansagen.

Kolleginnen und Kollegen, das eine ist sozusagen, Reden zu halten oder jemandem die Stirn zu bieten, um gegen Rassismus vorzugehen. Das andere ist der strukturelle Rassismus und die strukturelle Diskriminierung. Ich will gar keine böse Absicht unterstellen. Das sind ja Dinge, wie Eka von Kalben gesagt hat, die man mal so erlernt hat und

(Eka von Kalben)

wo man das vielleicht nicht besser wusste. Aber die Gesellschaft entwickelt sich weiter. Die Aufgabe einer Landesregierung ist es gerade, sich dem anzunehmen: den strukturellen Rassismus oder die strukturelle Diskriminierung, die es auch innerhalb der Verwaltungen gibt und geben kann – davon ist niemand frei –, anzugehen und ihn zu bekämpfen. Das zeigen ja auch die verschiedenen Einzelmaßnahmen, die Sie gemacht haben.