Vielen Dank, Frau Huonker. Ich eröffne nun die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Roland Theis von der CDU-Landtagsfraktion.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Vorab ein Wort zu der Stellungnahme der ehemaligen Pressesprecherin von Herrn Lafontaine, Frau Huonker. Liebe Frau Kollegin, ich hätte mich heute sehr über den Beitrag gefreut, den Ihr ehemaliger Parteivorsitzender zu der Thematik Presse- und Rundfunkfreiheit gehabt hätte, denn Lafontaine und die LINKE beziehungsweise die alte SPD an der Saar sind in presserechtlichen und rundfunkrechtlichen Diskussionen eigentlich in der letzten Zeit und in den vergangenen Jahren häufiger damit aufgefallen, dass sie Journalisten als Schweinejournalisten bekämpft haben, dass Sie eine Lex Lafontaine geschaffen haben, die die saarländischen Presseanbieter haben kastrieren wollen, was das Gegendarstellungsrecht angeht, und die - das ist ganz interessant - auch dafür gesorgt haben, dass ein ehemaliger SPD-Bürgermeister heute Intendant des Saarländischen Rundfunks ist. Ich will etwas vorwegschicken. Ich finde, er macht eine sehr gute Arbeit. Das widerlegt auch das, was Sie vorhin gesagt haben. Ich glaube, wir haben mit Fritz Raff einen guten Intendanten. Das zeigt aber auch, dass Politiker - das gilt auch für Herrn Wilhelm - gute Intendanten sein können. Er macht seinen Job gut. Daran ist kein Skandal. So ist das auch bei der Wahl des Intendanten des Bayerischen Rundfunks gewesen. Er wurde mit den Stimmen der SPD im Rundfunkrat bei nur drei Gegenstimmen gewählt. Das ist kein Skandal. Das ist in Ordnung. Das ist wahrscheinlich auch gut für den Bayerischen Rundfunk, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich ein paar Worte zu dem Thema sagen, das sozusagen als Aufhänger für die heutige Diskussion hergehalten hat, die eigentlich damit nichts zu tun hat, nämlich zu der sogenannten Causa Brender. Das ist der Versuch der Skandalisierung. Es wird der Vorgang unterstellt, es habe Machtmissbrauch stattgefunden, hier habe zu viel Einfluss in den Händen einiger weniger gelegen und hier hat sich - das alles sind Zitate aus dem, was Sie gesagt haben - eine kleine Clique von Leuten das ZDF unter den Nagel gerissen. Dann muss man fragen, was wirklich passiert war. Tatsache ist, dass eine qualifizierte Mehrheit im Verwaltungsrat ihre Zustimmung und ihr Einvernehmen zur Wiederernennung des bisherigen Chefredakteurs verweigert hat. Die Frage ist, ob das skandalös ist. Es ist die Frage, ob das rechtlich oder politisch skandalös ist. Zunächst zur Frage, wie die Rechtslage ist.
Nach § 27 Abs. 2 des ZDF-Staatsvertrages beruft der Intendant des ZDF den Chefredakteur im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat. Dafür bedarf es einer Mehrheit von drei Fünfteln der Mitglieder des Verwaltungsrates. Was heißt das, und warum ist das so? Der ZDF-Staatsvertrag sieht vor, dass der Verwaltungsrat ein Wörtchen mitreden darf. Und warum? Damit der Verwaltungsrat seiner Kontrollfunktion gegenüber dem Intendanten nachkommen kann. Wer diese Kontrollfunktion nicht mehr will, weil er dem Beck-Vorschlag folgt, der will auch, dass die Kontrolle des Intendanten durch die Verwaltungsratsmitglieder geschwächt wird, der will, dass mehr Macht im Rundfunk in einer Hand liegt. Der ZDFStaatsvertrag sieht aber weiterhin vor, dass es nur eine qualifizierte Mehrheit möglich macht, das Einvernehmen herzustellen. Warum gibt es diese Vorschrift? Damit im Verwaltungsrat gerade bei wichtigen Entscheidungen wie zum Beispiel der Bestellung des Chefredakteurs ein Zwang zur Einigung besteht. Das heißt: Das Praktizieren dieser Regelung - nichts anderes hat in der sogenannten Causa Brender stattgefunden -, die Sie für einen Skandal halten, dient gerade der Kontrolle von Einfluss in der Hand des Einzelnen, des Intendanten durch ein Gremium, das hierzu staatsvertraglich berufen ist und sein Einvernehmen nur mit einer Dreifünftelmehrheit, also einem starken Zwang zur Einigung herstellen kann.
Der Vorschlag von Herrn Beck, sehr geehrter Herr Commerçon, dient nicht der Stärkung der politischen oder gesellschaftlichen Kräfte, sondern lediglich der Stärkung des Intendanten. Ich halte ihn jedenfalls für den falschen Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Diese Vorschrift ist auch unabhängig von der aktuellen Diskussion. Sie ist eine gute Vorschrift, weil sie dem verfassungsrechtlich gebotenen Ziel des Rundfunkrechts gerecht wird. Rundfunkrecht muss immer zum Ziel haben, die Konzentration von Macht und Einfluss über den Rundfunk als Medienfaktor in unserer Demokratie möglichst zu vermeiden. Der ZDFStaatsvertrag ist im Übrigen kein Einzelfall. Auch das Saarländische Mediengesetz, auch die Verfassung unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Saarland folgen dieser Logik. Nach § 34 Abs. 2 des saarländischen Mediengesetzes braucht es auch bei der Wahl des Intendanten eine qualifizierte Mehrheit, damit nicht sozusagen ein Lager ohne Einigung mit vielen, vielen anderen in der Lage ist, auch eine solche wichtige Personalie zu besetzen. Sie sehen, der Einigungszwang im Verwaltungsrat ist eine gute Vorschrift, die Kontrolle ermöglicht und Macht teilt. Das ist eine richtige Vorschrift im deutschen Rundfunkrecht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte allerdings noch zu etwas im SPD-Antrag Stellung nehmen, das die Sache nicht ganz einfach macht. Sie formulieren sehr blumig, wir sollten uns einem Normenkontrollverfahren anschließen, aber ein solches Verfahren gibt es noch gar nicht. Wir wissen noch gar nicht genau, zu was es Stellung zu beziehen gibt, und das wird es im Grunde genommen auch unmöglich machen, hier einem gegenstandslosen Antrag zuzustimmen oder ihn abzulehnen.
Aber ich will Ihnen ein paar Erwägungen zur Frage zuteil werden lassen, ob die Angelegenheit verfassungsrechtlich problematisch ist. Ausgangspunkt der Beurteilung ist - das ist ja schon angesprochen worden - die Rundfunkfreiheit und nicht, wie Sie fälschlicherweise schreiben, die Pressefreiheit. Es geht um die Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts definiert den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit nach der Funktion des Rundfunks also von Hörfunk und Fernsehen - in der Demokratie. Der Rundfunk ist, wie es das Bundesverfassungsgericht ausdrückt, Medium und Faktor des verfassungsrechtlich geschützten Prozesses freier Meinungsbildung.
Ausgehend von der Feststellung, dass Hörfunk und Fernsehen auf den Prozess der demokratischen Willensbildung einen hohen Einfluss haben, schreibt die Verfassung vor - so sieht es das Bundesverfassungsgericht -, dass beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch pluralistisch besetzte Gremien - so wie beim ZDF Fernseh- und Verwaltungsrat - und beim privaten Rundfunk durch Außenpluralismus, also durch eine Vielzahl von Anbietern Ausgewogenheit hergestellt werden muss. Rundfunkfreiheit ist damit in erster Linie eine dienende Freiheit im Interesse der Gesellschaft und eines freien Meinungsbil
dungsprozesses. Sie soll Schutz vor staatlichem Missbrauch garantieren. Ein Prinzip daraus - aber nur eines - ist das Gebot der Staatsferne. Ein anderes ist zum Beispiel das Gebot der Ferne von Interessengruppen. Kurz gesagt: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss so organisiert sein, dass er weder dem Staat noch einzelnen wirtschaftlichen oder sonstigen Interessengruppen in die Hände fallen kann, indem sie dort zu viel Einfluss gewinnen.
Staatsferne heißt aber nicht Staatsfreiheit oder absolutes Trennungsgebot. Der Staat darf zwar weder selbst Rundfunk veranstalten, noch bestimmenden Einfluss auf das Programm der von ihm abhängigen Veranstalter gewinnen. So sieht es das Bundesverfassungsgericht. Und unzulässig ist ihm zufolge auch ein von staatlichen Veranstaltern beherrschter oder kontrollierter Rundfunk. Artikel 5 des Grundgesetzes schließt also aus, dass der Staat unmittelbar oder mittelbar eine Anstalt oder Gesellschaft beherrscht, die Rundfunk veranstaltet. Dies bedeutet mit Blick auf die aktuell zur Diskussion stehenden Bestimmungen für die Kontrollorgane - Fernseh- und Verwaltungsrat eben -, dass sie nach ihrer Zusammensetzung und Funktion auch auf das Programm und die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keinen bestimmenden Einfluss haben dürfen, weil Rundfunkfreiheit in ihrem Kern Programmfreiheit ist.
Das Gebot der Staatsferne des Rundfunks bedeutet jedoch nicht, dass jede Beteiligung von Vertretern des Staates in den Rundfunkgremien ausgeschlossen wäre. Mit dem Verbot beherrschenden staatlichen Einflusses wird kein absolutes Trennungsgebot zwischen Staat und Rundfunk aufgestellt. Artikel 5 des Grundgesetzes hindert daher gerade nicht, dass auch Vertretern des Staates in den Organen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein angemessener Anteil eingeräumt wird, dass sie in den Kontrollgremien der Rundfunkanstalten in einer gewissen Anzahl mitwirken. Eine dergestalt begrenzte Mitwirkung von Vertretern des Staates wurde in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets als verfassungsrechtlich unbedenklich gewertet. Das Gericht hat diese Grundsätze in seiner Rechtsprechung aufgestellt, hat sich jedoch gerade nicht veranlasst gesehen, Herr Commerçon, verbindliche Höchstgrenzen für die Beteiligung von Vertretern des Staates in den Gremien der Rundfunkanstalten aufzuzeigen. Daher stellt sich die Frage - und das ist die verfassungsrechtliche Frage, Herr Commerçon; darüber können wir gerne diskutieren -
Ja gut, es ist ja auch schwer, auf anderthalb Seiten nur Schlechtes zu schreiben. Es kann ja auch sein, dass das eine oder andere stimmt, was Sie sagen. Aber die Kernfrage, zu der Sie nicht kommen, lautet:
Wie verhält es sich dabei mit den Gremien des ZDF und wie groß ist der Anteil der Vertreter, die im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gänzlich dem Staat als staatliche Vertreter zuzurechnen sind?
Frau Huonker, ich bin für den Zuruf sehr, sehr dankbar, weil ich es gerne an den Vertretern im Fernsehrat des ZDF aufhängen will. Die Frage, ob jemand staatlicher Vertreter ist, ist - jedenfalls was die verfassungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur angeht - zu bejahen bei den von der Bundesregierung und den jeweiligen Landesregierungen in den Fernsehrat des ZDF entsandten Vertretern. Verfassungsrechtlich umstritten ist jedoch bereits, ob auch die Vertreter der Gemeinden und Gebietskörperschaften, die Sie übrigens vorhin vergessen haben, aufgrund ihres Rechts auf Selbstverwaltung ein Stück Staat sind. Die Frage wäre also: Sind auch die Vertreter des Städtetages, des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages der staatlichen Seite zuzurechnen? Dazu gibt es keine definitive Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Zweifel daran hatte allerdings bereits der thüringische Verfassungsgerichtshof, angemeldet in seiner Rechtsprechung zur Mehrländeranstalt MDR. Das heißt: Auch diese Vertreter können wir nicht zweifelsfrei als staatliche Vertreter im Sinne des Gebotes der Staatsferne ansehen. Dies dürfte im Grundsatz auch für diejenigen gelten, die als Vertreter der politischen Parteien vom jeweiligen Parteivorstand in den ZDF-Fernsehrat entsandt werden. Verfassungsrechtlich gesehen ist hier eines klar: dass Parteien nicht identisch sind mit dem Staat, jedenfalls nicht in der Bundesrepublik Deutschland. Verfassungsrechtlich klar ist jedoch auch, dass sie eine gewisse Nähe zum Staat aufweisen.
Deshalb ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts der Grundsatz der Rundfunkfreiheit vom Gesetzgeber grundsätzlich auch bei der Beteiligung politischer Parteien an der Veranstaltung und Überwachung von Rundfunk zu beachten. Allerdings sieht das Gericht auch - und wenn ich hier in die Runde schaue, merke ich doch, dass das richtig ist -, dass eine Gleichstellung von Parteivertretern mit staatlich entsandten Vertretern explizit nur für die Vertreter der Mehrheitsparteien gilt. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, werden sich meinetwegen als Vertreter im Rundfunkrat mit Sicherheit nicht als der verlängerte Arm des Ministerpräsidenten bezeichnen lassen wollen im Gegenteil! Hier gibt es eine politische Brechung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb ist verfassungsrechtlich gesehen lediglich sicher, dass wir über die 16 Ländervertreter, die drei Vertreter des Bundes und die 12 Vertreter der Parteien sprechen müssen, denn die übrigen Vertreter werden zwar von den Minister
präsidenten ausgesucht, aber benannt werden sie von den gesellschaftlichen Gruppen, und auf diesen Prozess haben die Ministerpräsidenten gerade keinen Einfluss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Grenzen für zulässige Beteiligungen staatlicher Vertreter in den Rundfunkgremien können nicht ausschließlich numerisch bestimmt werden. Ich habe bereits ausgeführt, dass zum Beispiel nicht alle Vertreter der politischen Parteien sozusagen auf die staatliche Bank genommen werden können. Konkret gesprochen heißt das, niemand kann ernsthaft behaupten, dass Dietmar Bartsch, der für DIE LINKE im Fernsehrat sitzt, und Cem Özdemir, der für die GRÜNEN im Fernsehrat sitzt, dort nur der verlängerte Arm der CDU-Kanzlerin sind. Nichts anderes haben Sie vorhin behauptet. Das geht an der Verfassungsrealität dieses Landes und an der Realität des ZDF einfach vorbei, sehr geehrte Frau Huonker.
Ich will es zu Ende führen, damit wir das Thema zumindest aus verfassungsrechtlicher Sicht besprochen haben. Gleiches gilt bei der Frage der Ländervertreter. Auch dort findet statt, was der Bayerische Verfassungsgerichtshof die föderalistische Brechung nennt. Das Zweite Deutsche Fernsehen ist eine Mehrländeranstalt. Deshalb sitzen auf der Bank der Länder Regierungsvertreter von A-Ländern und solche von B-Ländern. Es ist gerade nicht so, dass diese Ländervertreter in der Kontrolle eine geschlossene Gruppe bilden, die gemeinsam das ZDF kontrolliert.
Föderalistische Brechung heißt, Macht wird auch dadurch kontrolliert, dass die Vielzahl der unterschiedlichen Landesregierungen im Fernsehrat des ZDF die Dominanz einer einzelnen Gruppe vermeidet. Die Realität zeigt, dass es verfassungsformalistisch zwar noch schlüssig sein mag, aber aus der Tatsache, dass Kurt Beck und Roland Koch, um nur zwei zu nennen, auf der Länderbank gemeinsame Sache machen, lässt sich mit Sicherheit keine Gefahr für die Rundfunkfreiheit ableiten. Das ist das Prinzip von „Checks and Balances“. Das Prinzip von Machtteilung und Bekämpfung von Konzentration durch föderale Brechung funktioniert. Genau dies hat die Diskussion um die Ernennung des Chefredakteurs des ZDF gezeigt.
Ich gebe zu und auch die Reaktion vieler in der verfassungsrechtlichen Literatur hat gezeigt, dass dies nicht unumstritten ist. Es gibt aber viele prominente Vertreter, die die Einschätzung teilen, die ich Ihnen gerade genannt habe. Denken Sie nur an den Leiter des Leipziger Instituts für Rundfunkrecht, Herrn Professor Degenhart. Er sagt, die Zusammensetzung der Gremien des ZDF, wie sie bereits seit Jahrzehn
ten praktiziert wird, entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Dem schließe ich mich voll an. Wir, die Mitglieder der CDU-Fraktion, haben keinen Zweifel daran, dass das ZDF verfassungsgemäß ist. Daher lehnen wir Ihre Anträge ab. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Theis. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der FDP-Landtagsfraktion Horst Hinschberger.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein grundlegendes Prinzip des Rundfunkrechts ist die verfassungsmäßig gebotene Staatsfreiheit beziehungsweise Staatsferne des Rundfunks. Dieser hat wiederum die Aufgabe, ein freies, individuelles und öffentliches Meinungsbild zu ermöglichen. Das ist die Voraussetzung für den mündigen Bürger in einer Demokratie. Dies ist allerdings nur möglich, wenn Rundfunk und Fernsehen ihrerseits frei, umfassend und wahrheitsgemäß informieren. Die Medienpolitik ist ein originäres Landesthema. Die Länder haben die Entscheidungsbefugnis für Medien, selbst wenn sie bundesweit von Bedeutung sind. Deshalb sind wir als Landtagsabgeordnete hier in einer besonderen Pflicht und tragen eine besondere Verantwortung.
Ich möchte mich nun zu dem Begriff der Staatsferne äußern. Sie bedeutet nicht, dass Politiker in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht mitwirken dürfen. Politiker sind durch demokratische Wahlen legitimiert. Sie gehören zum Spiegelbild der Gesellschaft. Sie sind nicht nur erwünscht, sondern auch unerlässlich zum Erhalt unabhängiger Medien, repräsentieren sie doch die Meinungsvielfalt in der Bevölkerung.
Die Rundfunkgebühren zahlenden Bürger haben ein Anrecht auf ein gutes und unabhängiges Programm. Dies zu sichern, ist Aufgabe der Aufsichts- und Verwaltungsgremien. Daher sind inhaltliche Einflussnahmen des Staates auf das Programm in keinem Fall wünschenswert und zu verhindern. Die FDP-Landtagsfraktion lehnt eine Überprüfung von Tatbeständen durch Gerichte nicht generell ab. Die Frage ist nur, ob wir in dieser Angelegenheit das Bundesverfassungsgericht bemühen müssen oder dürfen. Hier schließe ich mich der Auffassung von Herrn Commerçon an, der bei der Podiumsdiskussion Anfang März eine Prüfung und Änderung des ZDF-Staatsvertrages gemäß ihrem Auftrag an die Länder verwiesen hat.
Deshalb ist es für mich verwunderlich, dass der Antrag heute so formuliert von Ihnen vorgelegt wurde.
Diesem Antrag werden wir nicht zustimmen. Es scheint, als ob es wieder einmal mehr ein Schaufensterantrag ist, der eine wirkliche Lösung des Problems und des Anliegens gar nicht beabsichtigt. Er ist gespickt mit Anspielungen, Vermutungen und Anschuldigungen. Dabei lassen Sie das wesentliche Ziel, die Staatsferne, außer Acht. So heißt es in Ihrem Antrag: „Der Landtag kritisiert das offensichtlich durch parteipolitische Interessen motivierte Vorgehen.“ Wir haben aber festgestellt - und ich bin Roland Theis sehr dankbar, dass er dies deutlich gemacht hat -, dass am Vorgehen nichts zu kritisieren ist. Denn niemand hat sich falsch verhalten, keiner hat gegen das im ZDF-Staatsvertrag festgelegte Prozedere verstoßen. Sie sind nur nicht mit dem Ergebnis der Verhandlungen einverstanden. Das ist der Punkt, der uns hier trennt.
Auch der Begriff der Absetzung, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren und der heute Morgen schon einmal eine Rolle gespielt hat, ist in diesem Fall falsch. Es gab keine Absetzung. Der Vertrag endete wie viele andere befristete Verträge jeden Tag in unserem Land. Wenn ein Gremium beschließt, einen Vertrag nicht zu verlängern, auch wenn es dazu einen Vorschlag hat, dann ist das gerade der Beweis, dass es unabhängig ist und sich in dieser Frage selbst entscheidet. Es ist ein Beleg der Unabhängigkeit des Gremiums. So sollten wir es verstehen und akzeptieren.
Sich der von Kurt Beck angekündigten Normenkontrollklage anzuschließen, ohne dass man genau weiß, was sie beinhaltet oder was durch dieses Normenkontrollverfahren bezweckt werden soll, ist auch kein seriöses Verhalten. Nicht zu wissen, was das Ziel ist, und trotzdem einen Weg gemeinsam gehen zu wollen, halte ich für falsch und unseriös.
Bisher hat Herr Beck nur gesagt, dass er sich als ZDF-Verwaltungsratschef selbst beklagen möchte. Ein weiterer Punkt in Ihrem Antrag, der mich besonders irritiert hat, ist Ihre Formulierung „ungute Dominanz“, die bei mir im Übrigen ein ungutes Gefühl verursacht. Das hört sich an, als werde im stillen Kämmerlein, im Dunkeln irgendetwas zusammengestrickt, das eine ungute Wirkung entfalten soll. Im Zusammenhang mit Kurt Beck verstärkt sich bei mir das ungute Gefühl; denn ich ahne, was tatsächlich hinter den Bestrebungen steckt. Wenn Kurt Beck eine befreundete Person aus der Mainzer Staatskanzlei als Verwaltungsdirektor beim ZDF einsetzen möchte, macht es nachdenklich, dass er auf der einen Seite eine fehlende Staatsferne moniert, um auf der anderen Seite eine rote Staatsnähe aufzubauen.
Die FDP-Landtagsfraktion dagegen setzt sich für unabhängige Medien ein. Auch unbeeinflusste Arbeitsbedingungen für Journalisten sind uns wichtig, damit sie ein gutes und unabhängiges Programm machen können. Wir stehen für Staatsferne. Ihr Antrag leistet dazu keinen Beitrag. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Willger-Lambert von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat mit ihrem Antrag unterstellt, dass es eine parlamentarische Mehrheit für das Vorhaben von Kurt Beck geben könnte. Das ist nicht der Fall. Es ist vielmehr so, dass auch wir GRÜNEN bundesweit sagen, dass das Vorhaben von Kurt Beck zum einen sehr ungenau ist und zum anderen gerade die Position und das Vorhaben der grünen Bundestagsfraktion schwächen soll. Die grüne Bundestagsfraktion als solche hat genau zu diesem Problempunkt einen Normenkontrollantrag vorbereitet. Es fehlen ihr noch zwölf Stimmen, insbesondere Stimmen aus der SPD-Fraktion.