Ich möchte dazu beitragen, dass sie auch in dieser großen Sachlichkeit beendet werden kann. Ich will zwei Dinge ansprechen, die in dem Redebeitrag eben von Unsachlichkeit geprägt waren. Einerseits wurde uns vorgeworfen, wir würden eine Schulschließungsdebatte führen und sollten das bitte nicht tun. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Schulschließungsdebatte hat der saarländische Bildungsminister in diesem Sommer begonnen. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, aus der Saarbrücker Zeitung vom 11. August 2010. In der Überschrift steht: „Kessler sieht kleine Schulstandorte gefährdet.“ - Dann heißt es im Text: „Der saarländische Bildungsminister Klaus Kessler (GRÜNE) hält in den kommenden Jahren Schulschließungen wegen zurückgehender Schülerzahlen für möglich. Natürlich würden Überlegungen anzustellen sein, ob alle Schulstandorte zu halten sind.“ - Das ist eine Schulschließungsdebatte, die dieser Minister begonnen hat! Ich habe heute Morgen erklärt, einer Schulschließungsdebatte werden wir die Hand nicht reichen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
In den Äußerungen der Kollegin Rink war ein Haufen Polemik. Sie hat das Wort auch ständig verwandt. Ich sage Ihnen eins dazu: Diesen Antrag hatten wir in der Fraktion verabschiedet, lange bevor wir wussten, dass es überhaupt eine Regierungserklärung gibt. Wir haben heute darauf verzichtet, diesen Antrag in den Mittelpunkt zu stellen. Nur weil die Not bei der Landesregierung so groß ist, dass sie ihre Regierungspolitik insbesondere den eigenen Reihen gegenüber erklären muss, ziehen wir selbstverständlich nicht plötzlich unseren Antrag zurück, den wir in der Fraktion längst verabschiedet hatten. So weit gehen wir nun wirklich nicht. Wir haben darauf verzichtet, den Antrag hier breit zu diskutieren.
Aber wenn Sie schon damit anfangen, sage ich Ihnen ganz klar, wie die Lage draußen im Land aussieht. Ich zitiere aus einem Schreiben einer Erweiterten Realschule - ich möchte den Namen nicht nennen -, das uns zugegangen ist: „Die Streichung der Fördermittel trifft vor allem die Schulen, die sich in der Vergangenheit um außerschulische Partner bemüht hatten.“ - In einem anderen Schreiben heißt es von der gleichen Schule: „Für die ERS (...) stellt dies eine enorme Verschlechterung des pädagogischen Angebotes dar. Wir haben bewusst die Anmeldung für die Freiwillige Ganztagsschule von strengen Kriterien abhängig gemacht und Grenzen nach oben gesetzt, damit keine weitere Gruppe, die sechste, entsteht. Dabei gingen wir von der Einrichtung von fünf Projekten wie im Vorjahr aus. Der Freitagnachmittag wird an der ERS traditionsgemäß mit sinnvollen und nachhaltigen Projekten geplant, und die Eltern und Schüler haben sich darauf verlassen.
So sind zum Beispiel das Weiterbestehen unserer Zirkusgruppe oder des Projektes ‚Mädchen stark machen’ ohne außerschulische Mithilfe und Finanzierung durch das Land nicht möglich. Für das nächste Schuljahr war die Neueinrichtung der Projekte ‚Wir lernen ein Instrument’ im musischen Bereich und ‚Bogenschießen’ im sportlichen Bereich geplant. Damit haben wir auch geworben.“ - Vor den Anmeldungen ist genau damit geworben worden. Diese Mittel werden jetzt gestrichen. Deswegen sind diese Projekte landesweit an vielen Schulen gefährdet. Darauf weisen wir in unserem Antrag völlig zu Recht hin. Das ist eine Verschlechterung des Angebots und keine Verbesserung. Es geht um Qualität, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich möchte dann noch aus der Stellungnahme der GEW in diesem Land zum Entwurf des Förderprogramms Freiwillige Ganztagsschule 2010 im Saarland zitieren. Herr Minister Kessler müsste die GEW noch kennen. Darin heißt es zur ganztägigen Bildung - ich zitiere auch da wieder -: „Diese Ziele hängen zusammen und lassen sich nur verwirklichen, wenn alle Kinder gemeinsam den ganzen Tag zur Schule gehen. Deshalb favorisiert die GEW das Modell einer Ganztagsschule in verbindlicher Form.“
Ich höre von den Abgeordneten, fünfeinhalb Minuten. Hier steht jetzt viereinhalb. Na gut. Ich komme zum Ende, Herr Präsident.
Weiter heißt es: „Wir bedauern, dass das im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorhaben des Ausbaus von Ganztagsschulen in verbindlicher Form zurzeit nicht angegangen wird - zumindest nehmen wir davon nichts wahr (...). Die GEW hat das Förderprogramm Freiwillige Ganztagsschule in der Vergangenheit als ‚Etikettenschwindel’ kritisiert (...).“ So weit das Zitat.
Wenn dieser Etikettenschwindel jetzt noch benutzt wird, um die Standards zu senken, ist das großer Etikettenschwindel, um die Wortwahl des Kollegen Kessler, früher GEW-Vorsitzender, zu verwenden.
Mit Polemik hat das von unserer Seite jedenfalls nichts zu tun. Das ist eine sachliche Auseinandersetzung. Sie gehört auch hierher. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bildungsdebatte heute ist in wesentlichen Teilen sehr sachlich geführt worden. Dafür möchte ich mich insbesondere mit Blick auf die Redebeiträge seitens der Opposition ausdrücklich bedanken.
Die Bildungsdebatte hat aber auch gezeigt, dass wir, was ich auch in der Regierungserklärung eingangs gesagt habe, offensichtlich in unseren Zielen, das Bildungswesen des Saarlandes in Richtung von mehr Qualität und Gerechtigkeit - ich füge hinzu, aus Sicht der Landesregierung auch mit Blick auf Gewährung von mehr Wahlfreiheit der Eltern - zu verbessern, vom Grundsatz her gar nicht so sehr weit auseinander liegen. Das ist gut so für dieses Land. Das ist gut als Ausgangsposition für die weiter zu führenden Gespräche. Ich habe auch mit großer Genugtuung gehört, dass vieles von dem, was ich sagte, auf Zustimmung gestoßen ist, wenngleich - das darf mit Blick auf die Opposition auch gesagt werden - die eine oder andere Erwartung an der Stelle gepaart ist mit Skepsis. Das ist so in der parlamentarischen Debatte. Das akzeptiere ich.
Ich möchte aber als letzter Redner zum Bildungsblock die Debatte dazu nutzen, noch die eine oder andere Irritation, die durch Redebeiträge entstanden ist, klarzustellen. Es ist gesagt worden, dass wir im Zusammenhang mit der Schulbuchausleihe - Herr Commerçon hat es am Anfang gesagt - Lehrerstellen im Grundschulbereich gestrichen hätten. Das kann ich so nicht unwidersprochen stehen lassen. Sie haben gesagt, dass wir Lehrerstellen - genau waren es 10 Stellen - im Haushalt zurückgestellt haben, die wir nicht gebraucht haben, um im Bereich der Schulbuchausleihe die Kosten für die Leihentgelte an den Grundschulen abzusenken, damit die Eltern hier in sozialer Hinsicht keine so hohe Belastung haben. Diese Lehrerstellen haben wir im Haushalt 2011 wieder eingestellt. Das ist aus unserer Sicht eine richtige Entscheidung gewesen, weil es auch unter sozialen Gesichtspunkten insbesondere zur Entlastung der Eltern und der Familien an den Grundschulen führt.
Zum Zweiten ist von Herrn Commerçon etwas mit Blick auf die notwendige Verkleinerung von Klassen gesagt worden. Da sind wir uns ja einig. Wir sind uns auch einig, dass wir die Garantie kleinerer Klassen fortsetzen sollen in dem Sinne, dass auch 29 im Prinzip noch viele Kinder sind. Wir brauchen notwendige Mittel, um hier noch ein Stück weit voranzu
kommen. Das habe ich vor. Es ist gesagt worden, dass es nach wie vor am Gymnasium noch Klassen mit über 30 Kindern gibt. Das ist richtig. Wir haben an bestimmten Standorten an den saarländischen Gymnasien Klassen mit über 30 Kindern. Ich möchte erklären, wie das zustande kommt. Die Ursache hierfür liegt darin, dass wir bei den Neuanmeldungen der Fünftklässler den Eltern dort ohne Losverfahren einen gymnasialen Platz zubilligen wollten, wo sie dies wünschten.
Ich komme gleich dazu, Herr Commerçon, mehr Geduld. Vor die Frage gestellt, ob sie jetzt ihr Kind an einem anderen Gymnasium anmelden sollen, weil dort noch mehr Platz ist, weil dort eventuell ein fünftes Schuljahr unterhalb von 30 Kindern gebildet werden kann, haben sich die Eltern ganz bewusst für einen bestimmten Standort entschieden. Gemeinsam mit den Schulträgern haben wir selbstverständlich geprüft, ob nicht eine zusätzliche Klasse eingerichtet werden kann. Dort, wo es möglich war, haben wir es getan. Dort, wo es räumlich nicht möglich war, haben wir es nicht getan. Die Eltern haben das an dieser Stelle in Kauf genommen, weil sie diesen Standort gewählt haben. Das zur Klarstellung.
Der nächste Punkt. Es ist in der Öffentlichkeit auch etwas quer diskutiert worden, inwiefern bei dem Vorhaben, einen Aktionsplan zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention einzurichten, das Bildungsministerium im Beirat des Arbeits- und Sozialministeriums nicht vertreten sei. Da gibt es eine klare Absprache in der Landesregierung. Erstens. Die Landesregierung setzt die UN-Behindertenrechtskonvention über alle Ministerien gesehen in der Breite als Landesregierung gemeinsam um. Die Koordination dieser Umsetzung erfolgt nach Absprache über einen Aktionsplan, der durch das Arbeits- und Sozialministerium gesteuert wird. Die Zulieferung für die einzelnen Bereiche, insbesondere den Bildungsbereich - dort haben wir die Federführung -, erfolgt natürlich durch das Bildungsministerium. Deshalb gibt es eine interministerielle Arbeitsgruppe, die das Vorgehen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ministeriumsübergreifend koordiniert. Das ist der ganze Sachverhalt.
Der nächste Punkt. Wir haben, dies bezogen auf das Thema Schulschließungen, im Koalitionsvertrag noch nicht einmal das Wort „Schulschließung“ erwähnt. Selbst ich habe - es ist ja gesagt worden, das sei ein Sommerloch - hierzu nicht gesagt, dass es Schulschließungen in diesem Land geben wird. Ich habe an dieser Stelle immer mit Blick auf die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag gesagt, was notwendig ist in diesem Land. Das habe ich in der Regierungserklärung noch einmal erhärtet. Notwendig ist in diesem Land ein integrierter Schulentwicklungs
Das ist Position der Landesregierung. Das ist meine Position. Das noch einmal zur Richtigstellung in diesem Hause. Mit Blick auf das, was wir in der Schulreform unter der Einrichtung der Gemeinschaftsschule im Rahmen eines Zwei-Säulen-Modells zu verstehen haben, möchte ich an der Stelle noch einmal ausdrücklich sagen, auch an die Opposition appellieren: Beurteilen Sie unsere Vorhaben zur Schulreform, insbesondere die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen auch unter dem Gesichtspunkt der Standorterhaltung! Auch hier kann die Opposition einen Beitrag zur Schulentwicklung in diesem Lande leisten. Darum bitte ich Sie ausdrücklich.
Es ist am Ende der Debatte noch einmal auf den Antrag der SPD Bezug genommen worden, der im Wesentlichen eine Kritik am FGTS-Modell enthält, der Streichung von Projektgeldern, und der im Zentrum fordert, dass Eltern ein Rechtsanspruch auf einen „qualitativen Ganztagsplatz“ eingeräumt werden sollte. Gemeint ist wohl die Einrichtung eines Rechtsanspruchs auf eine gebundene Ganztagsschule. Dazu möchte ich Folgendes sagen. Ich finde es nicht in Ordnung, wenn Sie das, was die Vorgängerlandesregierung gemacht hat, was ich auch als GEW-Vorsitzender beim Einstieg in die FGTS immer kritisiert habe, jetzt, nachdem die Landesregierung hier viel Geld in die Hand genommen hat, um die Qualität zu verbessern, immer noch als Billigmodell bezeichnen. Dies ist falsch.
Der Einstieg in die FGTS ist mit viel weniger Mitteln erfolgt, als heute dafür verwendet werden. Allein die Steigerung der Anzahl der Plätze, die Steigerung der Qualität verbietet es an dieser Stelle, von einem Billigmodell zu reden. Schon wenn ich das Schuljahr 2009/2010 mit dem jetzigen Schuljahr 2010/2011 vergleiche, haben wir eine Steigerung von Gesamtkosten, natürlich durch die Zunahme der Plätze, in folgendem Umfang. 2009/2010 beläuft sich das Gesamtvolumen - also was es sich das Land kosten lässt, um hier Bildung und Betreuung anzubieten auf 12.673.805 Euro. In diesem Schuljahr steigern wir das auf rund 22 Millionen Euro. Wer hier jetzt noch von Billigmodell redet, der hat an dieser Stelle entweder die falschen Zahlen oder keine Ahnung es tut mir leid.
Jetzt noch zu der Kritik bezüglich der Verwendung der Projektgelder. Zum Sachverhalt habe ich in der Regierungserklärung Grundsätzliches gesagt. Ziel ist die Umwidmung dieser Gelder zur Bereitstellung und Finanzierung zusätzlicher Plätze infolge einer
gestiegenen Nachfrage. Wir haben hier in der Tat eine besondere Prioritätensetzung vorgenommen für mehr Betreuungsplätze auf Kosten - wenn Sie so wollen - der Förderung einzelner Projekte, das ist richtig. Aber wenn man nur ein bestimmtes finanzielles Volumen zur Verfügung hat, ist es wichtig, dass die Landesregierung auch im Sinne von besserer Betreuung und der Ausweitung des Betreuungsangebotes die richtigen Akzente setzt.
Diese Projekte waren im Übrigen an der FGTS nur eine Addition, das war ein Zusatz. Die substanzielle Qualität der FGTS-Betreuung, der Ganztagsbetreuung wird durch das Umwidmen der Projektgelder nicht gefährdet. Ich sagte bereits, dass der Abruf dieser Projektgelder sehr zögerlich war. Wir hatten ursprünglich über eine Million dafür eingestellt. Es sind im Grunde nur 450.000 Euro abgerufen worden. Also kann man hier auch nicht sagen, dass es an die Substanz der nachmittäglichen Betreuung geht.
Um noch eines klarzustellen, was in der Öffentlichkeit auch in die Kritik geraten ist: Die Sportaktivitäten, die an den Schulen stattfinden, beispielsweise die Kooperationen Schule und Verein, bestehen weiter, die sind davon überhaupt nicht tangiert. Wenn hier Projektgelder umgewidmet werden, dann betrifft das nicht die Sportaktivitäten an den Schulen. Wir haben alleine im Jahr 2010 120 Kooperationsprojekte Schule und Verein laufen. Diese Projekte laufen weiter.
Was Schnitzler zu fragen hat, kann er mich in der Mittagspause fragen. Wir essen dann zusammen, Kollege Schnitzler.
Der im SPD-Antrag geforderte Rechtsanspruch ist ein Stück weit Populismus. Es ist auch ein frommer Wunsch, dass ein solcher Rechtsanspruch in irgendeiner Form in diesem Land zu finanzieren sei. Wenn man einen Rechtsanspruch auf einen Platz an einer gebundenen Ganztagsschule hochrechnen würde ich habe das von meiner Fachabteilung einmal ermitteln lassen -, dann kämen wir alleine im Primarund Sekundarbereich I auf die stolze Summe von 180 Millionen Euro. Wenn man den Rechtsanspruch durchrechnet, muss man ja davon ausgehen, dass eine maximale Anzahl der Eltern dies in Anspruch nimmt. Unter Einbeziehung des Sekundarbereiches
II kämen wir auf eine Summe von 200 Millionen Euro, wenn alle diesen Anspruch geltend machen würden. Das ist der Kostenfaktor, den das Land aufbringen müsste, wenn man einen Rechtsanspruch wie die Opposition das will - hier umsetzen würde. Das ist jenseits jeglicher Realität.
Dann haben wir uns noch die Qualitätsstandards als Mindeststandards im Vergleich zum Nachbarland Rheinland-Pfalz angeschaut, die wir - wie man uns vorwirft - angeblich nicht einhalten. Da komme ich zu dem Ergebnis: In Rheinland-Pfalz sind die Standards schlechter als im Saarland.
Die Finanzierung in Rheinland-Pfalz erfolgt im Wesentlichen über zugewiesene Projektgelder. Diese Projektgelder errechnen sich im Zusammenhang mit einem festgestellten Budget. Dieses Budget wird ausgezahlt anstelle von Lehrerstunden. Wenn man das umrechnet, ist dieses Budget weitaus - jetzt verwende ich mal das Wort - billiger, als wenn man mit echten Lehrerstunden in der Nachmittagsbetreuung arbeitet, wie wir das im Saarland tun.
Wenn man noch genauer hinschaut, muss man ferner feststellen, dass die Ganztagsschulen in Rheinland-Pfalz auch im Bereich der Aufsicht - die Schülerinnen und Schüler müssen ja auch beaufsichtigt werden - einen anderen Weg gehen als wir im Saarland. In Rheinland-Pfalz werden Jugendliche aus dem Freiwilligen Sozialen Jahr eingesetzt. In Rheinland-Pfalz werden Erzieherinnen im Anerkennungsjahr eingesetzt. Ich möchte mal die Opposition hier erleben, wenn wir uns erlauben würden, so etwas zu tun. Das tun wir nicht.