Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

Dass Sie im Hinblick auf den Ausbau der Windenergie mit dem Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans Ihre Ziele erreichen, erscheint mir zu diesem Zeitpunkt einigermaßen fraglich. Betrachtet man sich in der Presseschau die Rückmeldungen aus den Kommunen, kommt man zur Einsicht, dass das ganz sicher ein schwieriges Unterfangen wird. Das ist nach meiner Ansicht ein zusätzlicher Beleg dafür, dass wir eine sehr viel intensivere Kommunikation brauchen. Denn letztendlich wird der von mir angesprochene Umbau der Energiegesellschaft nur möglich sein, wenn wir dafür auch hinreichend gesellschaftliche Akzeptanz schaffen.

(Beifall von der SPD.)

Die Art und Weise, wie der Prozess zur Erstellung des Masterplans organisiert wird, scheint sich allerdings eher als ein weiteres Problem zu erweisen, weniger als eine Lösung für das bestehende Problem. Wir hatten eine Phase, in der wir wöchentlich Gruppen vernehmen durften, die sich über die Presse zu Wort gemeldet und gebeten haben, doch bitte sehr frühzeitig in die Erstellung des Plans eingebunden zu werden. Mittlerweile finden ja immerhin entsprechende Gespräche statt. Nichtsdestotrotz fordern wir Sie auf, dass alle eingebunden werden, die einen Beitrag leisten können, von diesen gibt es im Saarland viele, und die einen Beitrag leisten wollen, damit dieses Konzept auf den Weg gebracht werden kann. Den Umbau unserer Energiegesellschaft schaffen wir nur, wenn wir ein Mindestmaß an Akzeptanz in der Bevölkerung organisieren können. Das sollte, so meine ich, auch der bei der Erstellung dieses Masterplans angewandte Maßstab sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dem Bereich der Umweltpolitik will ich exemplarisch zwei Themen herausgreifen, bei denen heute wichtige Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen

(Abg. Rehlinger (SPD) )

sind und bei denen Fehlentscheidungen auch nicht mehr korrigiert werden können. Ich komme damit auf den von mir eingangs genannten Obersatz zurück.

Das erste Thema, das ich in diesem Zusammenhang ansprechen möchte, ist das Thema „grüne Gentechnik“. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen ist klassischerweise als ein nicht mehr rückgängig zu machender Feldversuch anzusehen. Die sowohl für die Gesundheit als auch für die Umwelt resultierenden Risiken sind nicht kalkulierbar. Ich meine, allein das reicht schon als Begründung aus, weshalb dazu eine ablehnende Haltung zu formulieren ist. Das tun auch 75 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen uns diesbezüglich den Weg auf, und wir wollen alles dafür tun, um ihrem Wunsch Rechnung tragen zu können.

(Beifall von der SPD und bei der LINKEN.)

Die SPD will deshalb, dass das Saarland auch zukünftig frei vom Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen bleibt. Nur so können wir letztlich die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher gewährleisten. Zumindest bezüglich dieser Absicht erkenne ich auch keinen Dissens zur Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Ich sage allerdings ganz deutlich im Hinblick auf die Presseberichterstattung der letzten Woche: Mit dem Versuch eines Gesprächs mit dem Bauernverband wird es bei der Umsetzung dieses Zieles sicherlich nicht getan sein. Immerhin sind die GRÜNEN ja massiv in den Wahlkampf gezogen mit dem Ziel, das Saarland gentechnikfrei zu halten. Ein probates Mittel dafür ist die „gentechnikfreie Region“. Insoweit sie noch nicht gesetzlich festgeschrieben werden kann, sollte das zumindest auf freiwilliger Basis vereinbart werden. Ich habe die Erwartung, dass die grüne Umweltministerin alles unternimmt, um dieses Wahlversprechen, das auch ein Kernelement grüner Politik ist, einzuhalten. Ein erstes Gespräch ist aber nur der Anfang, nicht das Ende dieser Politik, die daher unbedingt weiterverfolgt werden muss.

(Beifall von der SPD und bei der LINKEN. - Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Eine kurze Zwischenfrage, Frau Rehlinger.)

Bitte, Herr Ulrich.

Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Ist Ihnen bekannt, dass es hier im Saarland irgendwo eine gentechnische Aktivität gibt in irgendeinem Bereich?

(Abg. Maas (SPD) : Jeden Tag. Es gibt von morgens bis abends gentechnische Aktivitäten. - Hei terkeit und Sprechen. - Abg. Maas (SPD): Die Gentechnik bestimmt unser Leben.)

Herr Kollege Ulrich, meinen Ausführungen war zu entnehmen, dass ich gerade davon ausgehe, dass es keinen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen gibt, und dass die Bemühungen der SPDLandtagsfraktion insbesondere darauf gerichtet sind, genau diesen Zustand hier im Saarland aufrechtzuerhalten. Ich kann gar nicht verstehen, wie man diese Äußerungen falsch verstehen konnte.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Sie reden hier also über Herrn Potemkin. Sie reden über etwas, das es nicht gibt.)

Ich nehme also zur Kenntnis, dass Sie das Ziel, das Saarland gentechnikfrei zu halten, aufgegeben haben?

(Abg. Schmitt (CDU) : Nein! - Abg. Ulrich (B 90/ GRÜNE): Wer sagt das?)

Na, Sie sagen das doch! Nur so kann man doch Ihre Nachfrage verstehen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE). - Abg. Jochem (FDP): Dazu steht alles im Koalitionsvertrag.)

Sie wollen also den Zustand, dass es keine gentechnisch veränderten Organismen hier im Anbau gibt, nicht länger aufrechterhalten?

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE). - Abg. Willger-Lambert (B 90/GRÜ- NE): Schon wieder eine Luftblase!)

Ja, ja, ist gut. Das ist schön.

(Abg. Jochem (FDP) : Das steht doch alles im Koalitionsvertrag, Frau Kollegin!)

Ja, und im Koalitionsvertrag -

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Herr Kollege Jochem, ich bin Ihnen ja sehr dankbar für diesen Hinweis. Bringe ich das noch einmal in einen Bezug zu dem, was die Kollegin Willger-Lambert dazwischengerufen hat, muss ich davon ausgehen, dass in Ihrem Koalitionsvertrag Luftblasen stehen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Zuruf der Abgeordneten Willger-Lambert (B 90/GRÜ- NE).)

Kollegin und Kollegen von den GRÜNEN, ich verstehe ja, dass Ihnen das nicht gefällt. Zuerst können Sie bei der Atompolitik nicht darauf drängen, dass geklagt wird, dass der Bundesrat gefragt wird. Und

(Abg. Rehlinger (SPD) )

jetzt können Sie bei Ihrem zweiten Kernthema, der „grünen Gentechnik“, auch nicht punkten.

(Abg. Schmitt (CDU) : Wieso erzählen Sie so etwas Falsches? Darum geht es doch!)

Das tut natürlich einem Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weh. Das ist aber Ihr Problem, nicht das Problem der SPD-Landtagsfraktion.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Abg. Schmitt (CDU) : So ein Quatsch!)

Ich will in meinen Ausführungen fortfahren. Der Grundsatz „heute handeln, damit man morgen nicht vor unlösbaren Problemen steht“ gilt auch für die Waldwirtschaft. Das ist ein weiteres Beispiel, das ich herausgreifen möchte. Wir müssen feststellen, so zumindest die Auskünfte im Haushaltsausschuss bei der Beratung des Einzelplanes, dass das Umweltministerium offensichtlich nicht die Absicht hat, im kommenden Jahr Waldkalkungen in nennenswertem Umfang durchzuführen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will an dieser Stelle ganz klar sagen, dass ich diese Entscheidung für falsch halte. Eine derartige Vorgehensweise wird sich früher oder später rächen. Die Schäden werden sich allerdings erst in einigen Jahren zeigen. Möglicherweise können Sie so heute einen haushaltstechnischen Vorteil ziehen. Möglicherweise wurde damit auch der ideologischen Einstellung des einen oder anderen Rechnung getragen. Dem saarländischen Wald aber erweisen Sie damit einen Bärendienst, weil die hierdurch entstehenden Schäden irreversibel sind. Schon die Abschaffung des Monitorings unter Mörsdorf war falsch. Die SPD-Landtagsfraktion hat das damals kritisiert. Nun aber auch keine bedarfsgerechte Waldkalkung mehr durchzuführen, das macht das Ganze nur noch schlimmer.

(Beifall von der SPD.)

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass das kommende Jahr, das Jahr 2011, das „Jahr des Waldes“ ist. Ich kann Sie nur aufrufen: Lassen Sie nicht zu, dass das Jahr 2011 ein schlechtes Jahr des Waldes wird!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dem Bereich Verkehr möchte ich angesichts der fortgeschrittenen Zeit nur ein Thema herausgreifen. Dieses Thema hat zu lokalen Diskussionen geführt, aber auch über den Kreis Merzig-Wadern hinaus Beachtung gefunden. Ich möchte das Thema Nordsaarlandstraße aufgreifen. Dieses Projekt wurde über Jahre, zumindest vor Ort, von einem breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens getragen. Nun soll es, gewissermaßen en passant, mit einem Schreiben aus dem Umweltministerium, unterzeichnet von einem Referatsleiter, beerdigt werden. Angeblich, so war dem Schreiben zu entnehmen,

war noch nicht einmal mehr das Geld dafür vorhanden, um die Vorplanungskosten darstellen zu können. Ich erwähne einmal die Summe: Das waren 120.000 Euro. Auf keinen Fall darstellbar aus Sicht des Ministeriums waren die Mittel zur Abdeckung der Kosten für das Filetstück, die Nordumfahrung Merzig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Nordsaarlandstraße ist ein für den gesamten Landkreis Merzig-Wadern entscheidendes infrastrukturpolitisches Projekt. Unter dem Blickwinkel der Anbindung an die A 8 ist es auch existenziell für die Weiterentwicklung des Hochwaldraumes. Ist man der Auffassung, dass das Saarland nicht in Dillingen aufhört, muss man auch im Landkreis Merzig-Wadern für Rahmenbedingungen sorgen, die dort ein erfolgreiches Wirtschaften möglich machen. Zu diesen Rahmenbedingungen zählt auch eine vernünftige Verkehrsanbindung, und dafür ist auch die Realisierung, und zwar die vollständige Realisierung, der Nordsaarlandstraße notwendig.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD. - Abg. Schmitt (CDU) : Tosender Beifall bei der SPD.)

Herr Kollege Schmitt, ich würde vorschlagen, dass Sie Ihrer Kollegin Kuhn-Theis nicht mit solchen Zwischenrufen in der Politik vor Ort in den Rücken fallen.

(Abg. Schmitt (CDU) : Ich habe gesagt: „Tosender Beifall bei der SPD“. Ich glaube, damit bin ich der Frau Kuhn-Theis in keinster Weise in den Rücken gefallen. - Lachen bei der CDU.)

Die Hinweise auf den ÖPNV muss ich als völligen Quatsch zurückweisen. Wenn man das als infrastrukturpolitisches und wirtschaftspolitisches Projekt versteht, kann man nun mal keinem einzigen Betrieb - weder einem gewerbetreibenden noch einem industrietreibenden - vorschlagen, er möge seine Waren in einen Bus laden.

(Abg. Commerçon (SPD) : Die GRÜNEN bieten Rikschas an.)

Ich habe kein Verständnis dafür, dass dieses Projekt jetzt gecancelt werden soll. Ich kann die CDU auch nicht verstehen, die sich das alles mehr oder weniger bieten lässt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann fast den Eindruck gewinnen, es handele sich an dieser Stelle um eine Alleinregierung der GRÜNEN unter Tolerierung der CDU.

(Anhaltende Zurufe des Abgeordneten Heinrich (CDU.)

Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen, dieses Spiel auf Zeit, das sich nun andeutet, ist ein gefährliches Spiel. Das wissen Sie auch. Je weiter dieses Projekt in die Ferne rückt, desto schwieriger wird die Finanzierung werden. Ich fürchte, dass zumindest

(Abg. Rehlinger (SPD) )

einige in diesem Haus genau das Kalkül haben, dass das Projekt sich über die Zeitschiene erledigen möge. Meine sehr verehrten Damen und Herren, so zumindest kann man keine Politik für den ländlichen Raum machen.

Obwohl der Umwelthaushalt in vielen Punkten unsere Zustimmung findet, kann er doch nicht unsere Zustimmung bekommen.