Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute Morgen konnten wir sehen, wie verärgert und frustriert die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind. Mit ihrer Demo haben sie mehr als recht, denn sie befürchten zutreffend, dass Jamaika den öffentlichen Dienst im Saarland kaputtspart. Mehr als ein Drittel des Sparpaketes von 80 Millionen Euro, nämlich 30 Millionen Euro, soll beim öffentlichen Dienst eingespart werden. Die Landesbeschäftigten werden in Knebelhaft genommen und zu Sparschweinen von Jamaika gemacht. Konkret geplant sind Nullrunden bei den Beamten und bei den Pensionären.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Meinen Sie jetzt Berlin oder das Saarland?)

Also, wenn Sie nicht der Hampelmann vom Ostermann wären, würde ich jetzt etwas anderes sagen.

(Schallendes Lachen und Beifall von der LIN- KEN. - Weiterer Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Konkret geplant ist die Nullrunde für Beamte und Pensionäre. Ein Jahr lang soll es keine Neueinstellungen geben. Es gibt weniger Beihilfe im Krankheitsfall. Es gibt weniger Beförderungen, eine niedrigere Eingangsbesoldung für alle Beamten. Insbesondere wird es die Lehrerinnen und Lehrer und die Polizeibeamten treffen. Beispielsweise soll es für den Lehrer an Förderschulen keine Absenkung geben. Das wird, davon gehe ich mal aus, diesen freuen. Diese Regelung bedeutet aber auch die Einführung eines Zweiklassensystems für die Lehrerinnen und Lehrer. Bei Junglehrern soll so verfahren werden, wie es im Wirtschaftssystem üblich ist, nämlich nach Angebot und Nachfrage.

Kollege Minister Kessler, von einem früheren GEWVorsitzenden, der bei jeder Demo für den öffentlichen Dienst mit mir die Schnauze aufgerissen hat,

(Abg. Schmitt (CDU) )

hätte ich etwas anderes erwartet als die Einführung eines Zweiklassensystems bei den Lehrerinnen und Lehrern!

(Beifall von der LINKEN.)

Insgesamt sind von den Sparplänen circa 30.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, Beamtinnen und Beamte und Angestellte, betroffen. Jamaika wälzt die größte Sparlast auf den öffentlichen Dienst ab. Das ist ja auch einfach! Beamte dürfen nicht streiken. Landesbeschäftigte können sich nicht ausreichend wehren.

Im öffentlichen Dienst ist aber doch in den zurückliegenden Jahren mehr als genug gespart, gekürzt, gestrichen worden. In ganz Deutschland gibt es heute weniger Beschäftigte im öffentlichen Dienst, als in Westdeutschland vor der Wiedervereinigung vorhanden waren. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Im Saarland ist der Anteil der Beschäftigten von Land, Bund und Kommunen seit Langem geringer als im Durchschnitt aller Bundesländer. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben ihren Beitrag schon längst geleistet. Das Urlaubsgeld wurde gestrichen, Sonderzuwendungen wurden gekürzt, die Beihilfe wurde auch schon in der Vergangenheit gekürzt. Nullrunden für die Beamtinnen und Beamten gab es 2005, 2006, 2007. Insgesamt hat das Land damit bei den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bislang mehr als 80 Millionen Euro eingespart. Meine Damen und Herren, mit solchen Sparorgien muss im Interesse des öffentlichen Dienstes jetzt Schluss sein!

(Beifall von der LINKEN.)

Tatsächlich fehlt dem Land bereits Personal in Schulen, bei der Polizei, in den Finanzämtern und bei der Steuerfahndung. Fehlendes Personal bei der Steuerfahndung ist ohnehin eine besondere Sache. Immerhin sind das die Leute, die wirklich Geld hereinholen. Aber auch bei diesen wird noch stärker gespart.

(Abg. Hinschberger (FDP) : Die sitzen doch im Untersuchungsausschuss!)

Kollege Hinschberger, was wollen Sie sagen?

(Abg. Hinschberger (FDP) : Die Kollegen von der Steuerfahndung sitzen doch immer im Untersuchungsausschuss! - Zuruf von der LINKEN: Ach, nicht so oft. Behindert sind die Arbeiten dadurch nicht. - Heiterkeit bei den Regierungsfraktionen.)

Diese Polemik können Sie sich getrost schenken. Mit jeder neuen Kürzung wird es noch unattraktiver für junge Menschen, im Saarland zu bleiben, um Lehrer, Polizist oder Finanzbeamter zu werden. Das ist so. Jamaika treibt diese Menschen aus dem Land, das Saarland blutet langsam aus. Auch damit muss Schluss sein.

Schon jetzt fehlt es hinten und vorne. An den Gymnasien und Erweiterten Realschulen fehlen Lehrer. Um den großen Mangel zu vertuschen, werden Studierende als Aushilfslehrer beschäftigt. Deshalb, Herr Schmitt, kommen Sie auf diese Zahlen, mit den Aushilfslehrern.

(Abg. Schmitt (CDU) : Das ist doch Quatsch!)

Bei der Polizei gehen deutlich mehr Mitarbeiter in den Ruhestand, als neue nachrücken. Der Landesvorsitzende der GdP, Hugo Müller, spricht deshalb davon, der Personalabbau habe faktisch bereits begonnen.

(Zuruf des Abgeordneten Meiser (CDU).)

Das habe ich jetzt aber nicht gehört, Herr Kollege Meiser. Ich bringe Ihnen aber heute Mittag mal einen Knochen mit.

(Heiterkeit bei der Opposition. - Ministerpräsident Müller: Kommt drauf an, wer ihn bezahlt hat.)

(Ministerpräsident Müller: So weit käme es noch! - Heiterkeit.)

Herr Ministerpräsident, können Sie sich noch an den Satz erinnern? Herr Präsident, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Die CDU Saar wird sich (..) auch in Zukunft für die Belange des öffentlichen Dienstes im Saarland stark machen.“ Da lachen ja die Hühner! Es heißt weiter - das ist übrigens Ihr Wahlprogramm -, dass die Arbeit der Polizeibeamten angemessen entlohnt werden müsse. Was aber kommt am Ende raus? Es wird gestrichen. Das sind also Wahlversprechen, die heute wohl nichts mehr gelten.

Herr Kollege Ulrich, im Wahlprogramm der GRÜNEN heißt es; ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident: „Die Polizei muss auch personell verstärkt werden.“ Von „abgebaut werden“ ist da keine Rede. So steht das wenigstens in Ihrem Wahlprogramm, auf der Seite 40. Ich kann Ihnen das genau sagen.

Die FDP hat vor der Wahl versprochen, die Senkung der Eingangsgelder für neue Realschullehrer rückgängig zu machen. Das ist auch passiert, aber jetzt sind Sie dicke dabei, die Eingangsbesoldung wieder zu senken. Bei der Polizei haben Sie deutlich mehr Einstellungen zugesagt. Dies ist ebenfalls in Ihrem Programm nachzulesen.

Gebrochene Wahlversprechen. Man könnte auch sagen, die Leute vor der Wahl vergackeiert, damit man gewählt wird. Wenn es so weit ist, das haben wir heute gesehen, kommt nichts dabei heraus.

(Beifall von der LINKEN. - Zurufe von der CDU und Unruhe.)

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

Wenn die Jamaika-Regierung ernsthaft sparen will, dann muss es heißen: Weg mit dem zusätzlichen Ministerium, weg mit dem zusätzlichen Staatssekretärsposten - hören Sie gut zu -, keine Doppelbesetzung in der Nachhaltigkeitsstelle der Staatskanzlei. Man konnte sich nicht einig werden, nimmt man schwarz oder grün. Dann hat man eben zwei Stellen daraus gemacht, so einfach ist das.

(Beifall von der LINKEN. - Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Die FDP sollte auch eine Nachhaltigkeitsstelle bekommen. - Sprechen und Unruhe.)

Schluss mit der Verschwendung bei Kulturstiftung und Gondwana.

(Zuruf des Ministerpräsidenten von der Regie- rungsbank.)

Herr Ministerpräsident, wenn Sie mich schon ansprechen, dann hören Sie ein bisschen zu. Hören Sie auch auf den Rechnungshof des Saarlandes, der im Sommer kritisiert hat, dass das Land auf Steuern verzichtet, weil es unter anderem nicht genug Steuerfahnder gibt. Bei der Erbschaftssteuer die ebenfalls nicht genug kontrolliert wird - würde dem Land sehr viel Geld verloren gehen. Die Erbschaftssteuer, das wissen Sie, ist eine Landessteuer. Wenn Sie wollten, könnten Sie da rangehen, aber das tun Sie nicht. Sie gehen lieber an die kleinen Beamtinnen und Beamten und an die Angestellten des öffentlichen Dienstes. Das ist zu verurteilen.

Meine Damen und Herren, was Jamaika vorgelegt hat, ist unsozial, ungerecht und wirtschaftlicher Unsinn. Darum lehnen wir den vorgelegten Haushalt ab. - Danke.

(Beifall von der LINKEN.)

Das Wort hat Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich kurz zu Wort gemeldet wegen des Redebeitrags des Kollegen Commerçon, der jetzt leider nicht im Raum ist. Er hat erneut versucht, das Plus an Bildungsausgaben in Frage zu stellen, das wir in diesem Haushalt eingestellt haben. Es ist schon hanebüchen, wenn man versucht, die klaren und nackten Zahlen in Frage zu stellen, die jeder nachlesen kann und die im Internet verfügbar sind. Realität ist nun einmal, sehr geehrter Herr Commerçon: Insgesamt werden im Landeshaushalt im Bildungsbereich im Vergleich zum letzten Jahr 32 Planstellen mehr ausgewiesen, und das bei zurückgehenden Schülerzahlen. Sich dann zu der Behauptung zu versteigen, im Bildungsbereich würden Stellen eingespart werden, ist mehr als hanebüchen.

Nehmen wir die Gymnasien als Beispiel, bei denen in der Tat ein paar Stellen weggenommen wurden. Beim Gymnasium hatten wir mit G 8 und G 9 einen doppelten Jahrgang, deshalb sind jetzt Stellen weggenommen worden. Selbst bei einem Minus an Stellen wegen deutlich zurückgehender Schülerzahlen entsteht dadurch insgesamt ein Plus. Noch mehr Unsinn als Sie kann man der Öffentlichkeit wirklich nicht mehr verkaufen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Kollege Schmitt hat eben die Zahlen genannt, aber ich will sie erneut zitieren: Insgesamt geben wir 12,7 Millionen Euro mehr im Bildungsbereich aus. Wie man dann zu dem Schluss kommen kann, dass wir im Bildungsbereich sparen, das erschließt sich wirklich nur noch dem Kollegen Commerçon selbst.

Es gab noch ein paar alte Vorwürfe. Es ging um das fünfte Grundschuljahr. Die SPD ist gegen das fünfte Grundschuljahr, weil es so teuer ist. Aber die SPD ist für das sechste Grundschuljahr. Das wäre noch teurer! Wo, meine sehr verehrten Damen und Herren der Opposition, ist noch ein Hauch von Logik in Ihrer eigenen Argumentation? In Ihrem Parteiprogramm steht, genau wie bei uns, dass Sie für ein längeres gemeinsames Lernen eintreten. Sie treten aber diese Forderung bei jeder Gelegenheit mit Füßen, um hier Fundamentalopposition zu spielen. Nur darum geht es! Die Formulierungen des Herrn Commerçon in der Debatte um die Gemeinschaftsschule haben mich etwas erschreckt. Wir bemühen uns als Landesregierung, wegen der Landesverfassung mit Ihnen auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Wir kommen Ihnen weit entgegen, auch die Christdemokraten und die Freidemokraten, aber Sie versuchen, immer neue Hürden aufzubauen, um ein Problem in Ihre ureigenste Forderung reinzubringen, damit es eben nicht zu einer Gemeinschaftsschule kommt. So hat es sich für mich eben angehört.

Ich appelliere an Sie: Bleiben Sie zumindest an dieser Stelle Ihren eigenen Wahlaussagen, Ihrem eigenen Programm treu und verhandeln Sie weiterhin offen und so, dass es zu einer Lösung des Problems kommt!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir mussten eben schmunzeln, als Herr Commerçon die Schulformen in der Verfassung als große Errungenschaft der Sozialdemokraten bezeichnet hat. Was ist denn die Folge dieser Errungenschaft, die es nur im Saarland gibt, in keinem anderen Bundesland? Die Bildungslandschaft im Saarland ist völlig unbeweglich geworden, egal wer regiert, ob wir oder Sie. Das ist die große Errungenschaft! Das war ein riesengroßer Rückschritt für die saarländische Bildungslandschaft. Diesen Rück

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

schritt hat die SPD in diesem Land massiv mit zu verantworten. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Lachen bei den Oppositionsfraktionen und Zurufe.)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.