Protokoll der Sitzung vom 17.02.2011

Aber bei uns GRÜNEN wird darüber diskutiert; Anregungen werden aufgenommen. Doch eine Ad-hocVerdammung je nach Kassenlage lehnen wir kategorisch ab. Pacta sunt servanda. Der aktuelle Finanzausgleich besitzt eine Gültigkeit bis 2019. Verbesserungsvorschläge können nicht früh genug diskutiert werden, aber sie müssen seriös und vor allen Dingen nicht gegeneinander, sondern miteinander diskutiert werden. Meine Fraktion begrüßt deshalb ausdrücklich, dass dieser Antrag von uns allen gemeinsam verabschiedet wird. Der aktuelle Länderfinanzausgleich ist besser als sein Ruf. Ich sage Ihnen: Das Saarland als Nehmerland im Länderfinanzausgleich ist bedeutend besser als sein Ruf. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schmitt. - Das Wort hat nun der Minister der Finanzen Peter Jacoby.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal will ich im Namen der Landesregierung ausdrücklich Dank sagen, dass alle Redner aller Fraktionen inklusive der haushaltspolitischen Sprecher einmütig zum Ausdruck gebracht haben, was saarländische Sache ist und was die Argumentationslinie über Parteigrenzen hinweg ist. Ich halte es für wesentlich, dass es in Grundsatzfragen der Landespolitik so, wie es auch in der Vergangenheit möglich war, zu konsensorientierten Beurteilungen und Verhaltensweisen kommt.

Ich will zum Schluss der Debatte auf Folgendes hinweisen. Der Länderfinanzausgleich, der Solidarpakt, die Schuldenbremse und die Konsolidierungshilfen sind allesamt von der Laufzeit her bis zum Jahr 2019 terminiert. Das ist kein Zufall. Vielmehr gibt es eine innere Beziehung dieser unterschiedlichen Elemente. Das eine hat Auswirkungen auf das andere; die Dinge sind miteinander verwoben. Ich will es an folgendem Beispiel deutlich machen.

Als die Konsolidierungshilfen in der Schlussphase der Erörterungen der Föderalismusreformkommission berechnet worden sind, führte das zum Ergebnis, dass das Land zehn Jahre lang pro Jahr 265 Millionen Euro erhält, wenn es seine Auflagen zur Schuldenbremse erfüllt. Damals ging es um Kriterien. Das ist länderspezifisch berechnet worden. Dabei sind die Ströme des Finanzausgleichs und die Mechanismen berücksichtigt worden. Alleine der Hinweis ist sozusagen schon eindeutig und ausschlaggebend für das Argument, jetzt kann nicht eine nicht unerhebliche Säule - nämlich der Finanzausgleich - einseitig infrage gestellt werden. Wer das tut, der läuft Gefahr, das Ganze ins Schlingern zu bringen. Das

(Abg. Schmitt (B 90/GRÜNE) )

ist vor zwei Jahren nicht die Geschäftsgrundlage gewesen. Vor zehn Jahren - bei der Verabschiedung des neuen Finanzausgleichs - war es schon gar nicht Geschäftsgrundlage.

Am Ende dieser Debatte noch zwei Zitate, die für sich selbst sprechen. Der Deutsche Bundesrat hat am 13. Juni 2001 anlässlich der Verabschiedung der Regelungen des neuen Finanzausgleichs bis 2019 einstimmig Folgendes beschlossen. „Die föderalen Grundprinzipien der Eigenständigkeit und der Solidarität sind und bleiben Grundlage des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. Die Neuregelung des Finanzausgleichs wird gegenüber dem geltenden Recht eine stärkere Anreizorientierung verwirklichen, die einen höheren Selbstbehalt in den Ländern als bisher gewährleistet. Das neue Ausgleichssystem führt zu einem angemessenen Ausgleich.“ Das war ein Beschluss mit 16 zu null. An der Faktenlage hat sich zum heutigen Tag überhaupt nichts geändert.

Die Beschlusslage in der Föderalismuskommission war folgende. Es ist nur ein Satz. Im Eckpunktepapier haben die beiden Vorsitzenden Struck und Oettinger im Jahr 2008 - also vor drei Jahren - Folgendes zum Ausdruck gebracht. Auch dort war Konsens, dass „bestehende Vereinbarungen zu zentralen finanzrelevanten Sachverhalten wie der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt für die neuen Länder nicht infrage gestellt werden“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist es richtig, wenn alle Ebenen in der Debatte auf die saarländische Position hingewiesen haben. Das geltende Finanzausgleichssystem mit den Regelungen zur Schuldenbremse ist sozusagen zur Geschäftsgrundlage für die finanzpolitische Ausrichtung der jeweiligen Länderhaushalte geworden. Wer das infrage stellt, der stellt alles infrage. Das muss man sehen und gegenüber den Ländern zum Ausdruck bringen, die jetzt in der Öffentlichkeit entsprechend agieren. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe.

Ich darf bei der Gelegenheit darauf hinweisen, dass Konflikte zwischen gebenden und nehmenden Ländern wahrlich nicht neu sind. Das zieht sich über all die Jahre hinweg, in denen wir mit diesen Fragen zu tun haben. Im Übrigen - die Anmerkung ist richtig ist es auch keine Frage von Regierung oder Opposition in den jeweiligen Ländern. Es ist allerdings eine Frage von Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und Planbarkeit. Auf diesen Punkt beziehen wir uns. Darum pochen wir auf die entsprechende Position.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den Fakten ist alles gesagt. Das Ausgleichsvolumen nimmt nicht zu; es entwickelt sich vielmehr zurück. Die Höhe der Zahlungen gegenüber einem nehmenden Land wie dem Saarland nimmt nicht zu, sondern ab. Die Zahlungen der Geberländer sind ebenfalls rückläufig.

Die Einzigen, die mehr zahlen, sind die Bayern. Die Bayern zahlen deshalb mehr, weil ihre Finanzkraft relativ betrachtet - gegenüber den anderen zunimmt. Daraus resultieren mehr Zahlungen gegenüber den anderen. Ich darf bei der Gelegenheit auf Folgendes hinweisen. Ob ein Land Empfänger oder Zahler, Geber oder Nehmer ist, ist nicht in erster Linie eine Frage dessen, was vor Ort an politischer Kunst oder an politischem Vermögen und Wollen da ist, sondern über weite Strecken die Frage struktureller Besonderheiten und Gegebenheiten. Das ist über weite Strecken die Frage von Unterschieden, die es im Finanzausgleich unter dem Grundgesetzgesichtspunkt Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse angemessen auszugleichen gilt. Diese Angemessenheit ist in dem ganzen Konstrukt vor zehn Jahren und vor drei Jahren festgestellt worden. Daran hat sich nichts geändert. Also bleiben wir bei unserer Position.

Ein letzter argumentativer Hinweis. Wenn in Richtung 2019 der Sack „Finanzausgleich für die Zukunft“ für die Zeit danach aufgemacht wird, dann haben wir als Saarland auch eigene Positionen, so, wie sie jetzt von Hessen, Baden-Württemberg und Bayern reklamiert werden. Ich habe nichts dagegen, aber der Zeitpunkt ist falsch. Der richtige Zeitpunkt ist 2015 oder 2016, wenn über eine Nachfolgeregelung zu diskutieren und zu entscheiden ist. Da haben wir eigene Ansätze. Ich will in dem Zusammenhang folgende Stichworte nennen. Die Grenzgängerproblematik findet bisher keine Berücksichtigung im Finanzausgleich. Die Unterschiede in der Demografie finden keine hinreichende Berücksichtigung im Finanzausgleich. Die Tatsache, dass sich die demografische Entwicklung im Saarland prozentual ganz anders darstellt als bundesweit, muss aber Berücksichtigung finden, denn es ist im Interesse des Bundesstaates, dass es nicht zu einseitigen Entwicklungen und Übervorteilungen kommt, weil sonst die Stabilität der bündischen Gemeinschaft infrage gestellt wäre.

Im Übrigen haben wir das Anliegen, dass die Gemeindefinanzkraft nicht nur zu 64, sondern zu 100 Prozent berücksichtigt wird. Wir haben das Anliegen, dass die Unterschiede in der Belastung mit Sozialausgaben berücksichtigt werden. Diese unterschiedlichen Belastungen sind nämlich das Ergebnis struktureller Vorbelastungen, für die niemand im Land etwas kann, die objektiver Natur sind. Unter diesem Gesichtspunkt denke ich, dass man es sich zu einfach macht, wenn man sozusagen nur die Position eines gebenden Landes zum Maßstab der Dinge und der Beurteilungen macht, anstatt das Ganze zu sehen. Deshalb sage ich: Wir dürfen und können uns unserer Sache sicher sein. Wir haben im Blick auf das Bundesverfassungsgericht nicht den geringsten Anlass zu befürchten, dass man dort aus der Kontinuität einer gewissen Beurteilung ausbricht. Diese Kontinuität hat zum Inhalt, dass es eine

(Minister Jacoby)

Frage des Einstehens füreinander und miteinander ist, die sich in unserem Bundesstaat auch in der Zukunft zu bewähren hat. Selbst im Berlin-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist davon die Rede gewesen.

Also zusammengefasst gesagt: Wir haben in der Tat gute Argumente, die es verdienen, selbstbewusst vorgetragen zu werden. Deshalb begrüße ich die Einheitlichkeit der Beurteilung in diesem Haus und die selbstbewusste Artikulation zu dem Thema durch die Sprecherinnen und Sprecher aller Fraktionen. Ich denke, dies ist das richtige Signal zur richtigen Zeit in die Öffentlichkeit und über die Landesgrenzen hinaus. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Danke, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme der Drucksache 14/399 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 14/399 einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, angenommen ist.

Damit sind wir am Ende der heutigen Sitzung angelangt. Ich schließe die Sitzung und wünsche noch eine schöne Restwoche.

(Minister Jacoby)