Protokoll der Sitzung vom 21.09.2011

Recht gebe ich Ihrem Ansinnen, dass wir als Land jede Kürzung der arbeitsmarktpolitischen Mittel zunächst kritisch sehen und alles tun müssen, damit die Möglichkeiten, einen dynamischen Arbeitsmarkt zu gestalten, nicht beschnitten werden. Eine Arbeitsmarktpolitik, die auf Teilhabe und Integration aller setzt, braucht entsprechende Finanzmittel, um die erforderlichen Instrumentarien einsetzen zu können. Alle auf dem Arbeitsmarkt aktiven Institutionen und Organisationen müssen auch weiterhin die Möglichkeit haben, den Arbeitslosen in ihren unterschiedlichsten Problemsituationen zu helfen, sodass diese imstande sind, wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dazu bedarf es abgestimmter und intelligenter Förderinstrumente, die leider auch viel Geld kosten.

Mir ist bewusst, dass auch in diesem Bereich ein absoluter Sparzwang gilt und jeder Euro dreimal umgedreht werden muss, bevor er ausgegeben wird. Allerdings bittet die CDU-Landtagsfraktion die saarländische Landesregierung, gemeinsam mit anderen Bundesländern zu versuchen, Änderungen im vorliegenden Gesetzentwurf dahingehend vorzunehmen, dass weiterhin eine optimale Arbeitsmarktpolitik realisiert werden kann.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, gerade die sogenannten Problemgruppen am Arbeitsmarkt - das heißt diejenigen, die aus eigener Kraft den Sprung in Arbeit und Ausbildung nicht schaffen, in der Mehrzahl Arbeitslosengeld-II-Bezieher -, müssen durch aktive Arbeitsmarktpolitik eine neue Perspektive erhalten. Diese Perspektive wird vor allem durch berufliche Qualifizierung geschaffen. Gerade um diese berufliche Qualifizierung von Arbeitslosen und insbesondere Langzeitarbeitslosen haben sich die Bildungsträger in unserem Land große Verdienste erworben. Daher gilt auch ihnen unser besonderer Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Hoch qualifizierte Ausbilder, Lehrer und Sozialpädagogen haben zu den positiven Ergebnissen der saarländischen Arbeitsmarktpolitik mit beigetragen. Durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt dürfen diese Bildungsträger nicht in ihrer Existenz bedroht werden. Zwar werden auch sie den Gürtel enger schnallen müssen, aber es muss gewährleistet werden, dass nicht gerade die Einrichtungen, die sich bei der Qualifizierung von Arbeitslosen mit sehr gutem Fachpersonal in besonderer Weise engagiert haben, ihre Fachkräfte in Größenordnung entlassen müssen.

Die saarländische Landesregierung hat ein Konzept zur Sicherung des saarländischen Fachkräftebestandes erstellt. Es legt großen Wert darauf, dass Strategien entwickelt und umgesetzt werden, die mittel- und langfristig die wirtschaftliche und soziale

(Abg. Scharf (CDU) )

Entwicklung unseres Bundeslandes fördern. Dazu ist eine ausreichende finanzielle Ausstattung unerlässlich, und hier muss die Landesregierung auch nachhaltig auf den Bund einwirken, damit die finanziellen Mittel zur Realisierung dieser Strategien weiterhin zur Verfügung gestellt werden. Bei den ESFFördermitteln besteht ebenfalls großer Handlungsbedarf. Auch hier bitten wir die Landesregierung, bei den entsprechenden Stellen weiterhin nachdrücklich vorstellig zu werden, damit unser Bundesland auch in Zukunft ausreichend ESF-Fördermittel erhält. Und eines betone ich besonders stark: Eine weniger bürokratische Handhabung würde manches erleichtern und viele gute Projekte fördern beziehungsweise am Leben erhalten. Ich denke in diesem Zusammenhang insbesondere an eine Umschichtung der Mittel in den einzelnen Prioritätsachsen. Hier würde eine unbürokratischere Vorgehensweise sehr helfen. Allerdings liegt dies im Ermessensbereich der Europäischen Kommission. Ich weiß, dass die saarländische Landesregierung bereits entsprechende Abstimmungsgespräche führt. Wenn dieser Abstimmungsprozess über die Umschichtung der ESF-Mittel erfolgreich abgeschlossen werden könnte, würde dies allen Akteuren der saarländischen Arbeitsmarktpolitik sehr helfen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Menschen, die eine Arbeit suchen, zu helfen und sie in die Lage zu versetzen, wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist eine sehr wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe für uns alle hier in diesem Hohen Hause. Ich bitte daher jeden, an seiner Stelle mit dazu beizutragen, dass das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium in unserem Saarland weiterhin auf einem hohen Niveau eingesetzt werden kann und somit viele Menschen eine optimale Chance erhalten, in Arbeit zu kommen beziehungsweise ihren Arbeitsplatz auf Dauer zu sichern. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scharf. - Das Wort hat nun Wolfgang Schumacher von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die LINKE stimmt dem Antrag der SPD-Landtagsfraktion zu. Der Name des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt - führt bereits in die Irre. Das Gesetz zielt eben nicht auf notwendige und sinnvolle Reformen ab, sondern soll lediglich das unsoziale Sparpaket der Bundesregierung vom letzten Jahr umsetzen und den Haushalt auf Kosten der Arbeitslosen sanieren. Wir haben es mit einem rei

nen Spargesetz zu tun, das einem Kahlschlag in der aktiven Arbeitsmarktpolitik gleichkommt. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden ebenso gestrichen wie Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante. Dabei konnten gerade diese beiden Instrumente noch für öffentliche Beschäftigung zu halbwegs akzeptablen Bedingungen genutzt werden. Übrig bleiben die Ein-Euro-Jobs, die unserer Auffassung nach abgeschafft gehören. Der Gründungszuschuss nach § 94 SGB III wird von einer Pflicht- in eine Ermessensleistung umgewandelt, die Förderhöhe wird abgesenkt, die Fördervoraussetzungen werden verschärft. Dabei hat sich die Existenzgründungsförderung in den vergangenen Jahren bewährt.

Der Gesetzentwurf setzt zudem einen Trend zur Umwandlung von Pflicht- in Ermessensleistungen fort, der überhaupt nicht mehr hinnehmbar ist. Man schafft für die Betroffenen jede Verlässlichkeit ab und ersetzt sie durch Unsicherheit. Arbeitslose werden damit zu Bittstellern gemacht. Zugleich bürdet man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit und der Jobcenter den gesamten Spardruck auf. Allein durch die Umwandlung von Pflicht- in Ermessensleistungen sollen von 2011 bis 2014 insgesamt 16 Milliarden Euro eingespart werden, nämlich sechs Milliarden im Bereich Hartz 4 beziehungsweise SGB II und zehn Milliarden beim Arbeitslosengeld I und den Nichtleistungsempfängern. Insbesondere die Langzeitarbeitslosen sehen in die Röhre. Von ihnen gibt es allein im Saarland circa 11.000; das ist fast ein Drittel der Arbeitslosen. Sie werden unter den Kürzungen am meisten leiden, obwohl gerade sie auf Qualifizierung und Bildung angewiesen sind, um überhaupt wieder eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Was droht, ist eine Zweiteilung des Arbeitsmarktes. Arbeitsmarktpolitische Bemühungen werden nur noch für gut und schnell vermittelbare Arbeitslose unternommen. Die Hilfen für schwerer Vermittelbare werden dagegen abgebaut oder beschnitten.

Dem Land werden wegen der Sparpläne von Schwarz-Gelb im sozialen Bereich von 2012 bis 2015 etwa 367 Millionen Euro fehlen. Die SPD hat die Zahlen vorhin genannt; sie stehen auch im Antrag. Wie soll eigentlich mit diesem Sammelsurium von Einschränkungen, Streichungen und Kürzungen die Eingliederung in den Arbeitsmarkt verbessert werden? Das angebliche Ziel des Gesetzes, nämlich Flexibilität und Dezentralität, wird in sein Gegenteil verkehrt. Was soll denn in Zukunft ein Arbeitsvermittler vor Ort noch entscheiden können, wenn der Gesetzgeber alle Möglichkeiten streicht, die zur Vermittlung notwendig sind? Wir sagen: Arbeitsmarktinstrumente müssen der realen Situation auf dem Arbeitsmarkt gerecht werden. Sie können nicht von den schwarz-gelben Sparplänen abhängen. Die Kürzungen werden damit begründet, dass die Zahl der Arbeitslosen zurückgehe. Dies hat mit der Realität

(Abg. Scharf (CDU) )

der Langzeitarbeitslosen nichts zu tun. Der Trend geht an ihnen vorbei. So verringerte sich im Saarland im August 2011 die Arbeitslosigkeit insgesamt gegenüber dem Vorjahr um 8,3 Prozent. Bei den Langzeitarbeitslosen beträgt der Rückgang lediglich 2,1 Prozent. Besonders sie sind jedoch von den Kürzungen betroffen.

Wir stehen mit unserer Kritik nicht allein da. Auf Landes- und Bundesebene, aus den großen Sozial- und Wohlfahrtsverbänden bis hin zum Bundesrat sind zahlreiche ablehnende Stellungnahmen zu diesem Gesetzentwurf laut geworden. Im Saarland hat sich der Kreistag St. Wendel in einer einstimmigen Resolution gegen die Kürzungen der Eingliederungsmittel ausgesprochen. Er verweist darauf, dass bereits durch die Streichungen der letzten beiden Jahre eine Grenze erreicht war. Mit dem jetzigen Gesetzentwurf werde, so der Kreistag St. Wendel, der Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung vollends ausgetrocknet. Meine Damen und Herren, wir sollten dem Beispiel des Kreistags von St. Wendel folgen und heute ein deutliches Zeichen gegen das geplante Gesetz setzen. Für uns LINKE ist klar: Die Kürzungen bei der Arbeitsmarktpolitik führen nicht zur besseren Vermittlung. Gute und nachhaltige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen müssen ausreichend finanziert werden. Nur so sind langfristige, wirkungsvolle Weiterbildungsprogramme und öffentlich geförderte Beschäftigung möglich, nur so lässt sich die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen. Wir brauchen eine Reform, die wirklich Beschäftigungsperspektiven verbessert und Fairness auf dem Arbeitsmarkt schafft. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung bewirkt das Gegenteil.

Ich möchte noch etwas zur öffentlich geförderten Beschäftigung sagen. Hier wird der Kahlschlag ja besonders zu spüren sein. Wir haben als LINKE hier im Landtag schon mehrmals einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor gefordert, und zwar immer unter den Bedingungen guter Arbeit. Die Jamaika-Koalition hat sich dem jedes Mal verweigert. Ich möchte diese Forderung heute erneuern. Wir brauchen im Saarland dringend Maßnahmen zur öffentlich geförderten Beschäftigung. Weder Ein-EuroJobs noch die Bürgerarbeit mit ihrem Zwangscharakter und ihrer schlechten Bezahlung sind hierfür geeignet. Öffentlich geförderte Beschäftigung ist aber sinnvoll, wenn sie unter den richtigen Bedingungen stattfindet. In der Pflege, bei den sozialen Diensten, bei der Betreuung von Kindern und Senioren, in der Nachbarschaftshilfe sowie in sozialen Brennpunkten liegen notwendige und sinnvolle Aufgaben brach. Sie könnten durch öffentlich geförderte Beschäftigung erledigt werden. Wichtig ist aber - das sage ich auch im Hinblick auf den SPD-Antrag -, dass die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig, freiwillig und längerfristig ist und sich am Tarif orientiert - oder eben an einem auskömmlichen Mindest

lohn. Richtig ist auch die Forderung nach einer Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen. Wir brauchen eine Qualifizierung, die diesen Namen verdient. Dazu gehört ein Anspruch auf eine vollqualifizierende Berufsausbildung ebenso wie die Möglichkeiten ständiger Weiterbildung und Rechtsansprüche auf Fördermaßnahmen.

Es kommt zudem darauf an, Beratung, Vermittlung und Fördermaßnahmen auf das Prinzip der „guten Arbeit“ auszurichten. Im Vordergrund muss die Qualität der Arbeitsplätze stehen. Es darf keine Unterstützung schlecht bezahlter und unsicherer Arbeit geben. All diesen Prinzipien wird das schwarz-gelbe Vorhaben nicht gerecht. Die Landesregierung steht in der Verantwortung. Werden Sie im Interesse des Saarlandes aktiv. Starten Sie eine Bundesratsinitiative, damit der Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik gestoppt wird. Setzen Sie sich dafür ein, dass Qualifizierung, Weiterbildung und echtes Fördern nicht nur leere Worthülsen bleiben und endlich eine öffentliche Beschäftigungsförderung möglich wird, die die Rückkehr in die Arbeit unter menschlichen Bedingungen zum Ziel hat. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schumacher. - Das Wort hat nun Christoph Kühn von der FDP-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn etwas gut funktionieren soll, dann braucht man neben dem Handwerker vor Ort auch einen gut aufgeräumten Werkzeugkasten. Die Bundesregierung hat begonnen, die Werkzeuge der Arbeitsvermittlung neu zu sortieren, umzustrukturieren und Unbrauchbares auszusortieren.

Die Intention des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt ist die rasche und nachhaltige Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Der Fokus wird darauf gelegt, die zur Verfügung stehenden Mittel für die Integration in Erwerbstätigkeit, insbesondere in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, besser als bisher zu nutzen. Dies jedoch, ohne die Langzeitarbeitslosen aus dem Auge zu verlieren. Die Novelle soll den Vermittlern mehr Freiheiten für eine passgenaue Förderung geben. Der Budgetgedanke wird gestärkt und Mitnahmeeffekte sollen verhindert werden.

Kolleginnen und Kollegen, alles in allem begrüßen wir diese Vorhaben der Bundesregierung. Als verantwortungsbewusste Regierungsfraktion haben wir dennoch Verbesserungsmöglichkeiten im Gesetzentwurf gesehen. Ich möchte einige Beispiele nennen. Vor dem Hintergrund des demografischen

(Abg. Schumacher (DIE LINKE) )

Wandels und des steigenden Bedarfs an Pflegekräften muss aus unserer Sicht die befristete Förderung des dritten Umschulungsjahres in der Altenpflege wieder eingeführt werden. Der Zuschuss zur Existenzgründung für Langzeitarbeitslose soll unserer Meinung nach ebenso unverändert bleiben. Als erfolgreiches Instrument der Arbeitsförderung soll dieser Zuschuss nach unserer Einschätzung als Pflichtleistung und nicht als Ermessensleistung erhalten bleiben. Ebenso sehen wir die Pauschalförderung für die Zielgruppe der besonders förderungswürdigen Jugendlichen als zu gering an.

Die Landesregierung hat im Bundesrat und bei der Bundesregierung bereits Einfluss genommen, um verschiedene Punkte, die auch der Kollege Hermann Scharf angesprochen hat, in den Gesetzentwurf einzubringen. Wir bitten die Landesregierung, weiter das Gespräch zu suchen, damit diese Punkte noch umgesetzt werden können.

Es gibt einige Forderungen im Antrag der SPD, die wir garantiert mittragen können, es gibt aber auch einen Punkt, den unsere Fraktion nicht mittragen kann. Es ist der dauerhafte Ausbau der öffentlich geförderten Beschäftigung. Dies kann - das sage ich ausdrücklich - ein wichtiger Baustein sein, Langzeitarbeitslose wieder an den Arbeitsmarkt heranzuführen, aber die Evaluation hat gezeigt, dass zu häufig die Falschen in den Maßnahmen gelandet sind und durch unbefristete Förderung Menschen Chancen verbaut wurden, wieder in einen regulären Job zu wechseln. Für Arbeitsuchende mit unüberwindlichen Vermittlungshemmnissen beziehungsweise verfestigte Langzeitarbeitslose bleibt auch nach der neuen Gesetzeslage der Einsatz im öffentlich geförderten Arbeitsmarkt möglich. Trotzdem sollten wir unsere volle Anstrengung darauf richten, möglichst jeden in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Darauf zielt dieses Gesetz ab. Uns Liberalen ist es wichtig, dass das Gesetz der derzeitigen Situation am Arbeitsmarkt angepasst wird. Effektive Werkzeuge der Arbeitsmarktpolitik müssen den Fachkräftemangel, den demografischen Wandel und die Arbeitsmöglichkeiten für Ältere, aber auch für Frauen berücksichtigen.

Meine Damen und Herren der SPD, wir als FDPFraktion lehnen Ihren Antrag ab, da wir nicht alle Forderungen in Gänze unterstützen können. Wir lehnen ihn aber auch ab, da wir keinen Kollaps der aktiven Arbeitsmarktpolitik in der neuen Gesetzgebung erkennen können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kühn. - Das Wort hat nun Claudia Willger von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die aktive Arbeitsmarktpolitik ist eine sehr große Herausforderung für uns alle. Vor diesem Hintergrund, insbesondere vor dem Hintergrund der Sparmaßnahmen und der gesetzlichen Veränderungen, die bereits im Jahre 2010 ihren Anfang genommen haben, haben wir uns in diesem Jahr bereits zweimal im Ausschuss für Arbeit intensiv mit dem Thema beschäftigt. Es wurde in einer Ausschusssitzung im Januar darüber berichtet, wie sich die Situation darstellt, welche Befürchtungen es gibt und welche Möglichkeiten der Intervention wir sehen. Im August ist uns über die konkreten Auswirkungen und die Befürchtungen berichtet worden. Es ist ebenfalls berichtet worden über die Stellungnahme, die diese Landesregierung, aber auch die anderen Landesregierungen im Bundesrat abgegeben haben. Es ist eine Stellungnahme vom 08. Juli 2011. Es würde meine Redezeit sprengen, sie ganz vorzutragen, denn es sind insgesamt 41 Seiten. In dieser Stellungnahme hat die saarländische Landesregierung mitgeteilt, was uns im Ausschuss - wie erwähnt - berichtet wurde, welche Veränderungsmöglichkeiten man haben möchte.

Hier liegt auch das Problem, das ich mit Ihrem Antrag habe, jetzt eine Bundesratsinitiative zu starten. Es gibt bereits diese Stellungnahme. Es gibt auch eine Antwort der Bundesregierung darauf, nämlich dass die Bundesregierung diese Stellungnahme nicht zum Anlass nimmt, bestimmte Änderungen vorzunehmen. Wir sind in der Situation, dass die erste Bundesratssitzung bereits stattgefunden hat. Es handelt sich auch nicht um ein zustimmungspflichtiges Gesetz. Die zweite Bundesratssitzung wird im Anschluss an die Beratungen im Bundestag stattfinden. Jetzt eine Bundesratsinitiative zu starten, ist kein Instrument, das ich in irgendeiner Weise als tauglich ansehe. Trotzdem ist es wichtig, immer wieder deutlich zu machen, welche Veränderungsmöglichkeiten und -bedarfe man sieht. Wir sind aber auf einem guten Weg.

Ich wollte damit deutlich machen, dass dies der Grund ist, warum wir Ihrem Antrag nicht folgen können. Eine Bundesratsinitiative zu starten, wenn eine entsprechende Vorlage bereits abgelehnt worden ist, sehe ich nicht als besonders erfolgreich an.

Im Übrigen gibt es auch für uns einen weiteren Punkt. Wir sehen die Frage der Ein-Euro-Jobs durchaus kritisch. Wir sehen auch, dass dieses Instrumentarium mit den Ein-Euro-Jobs in den letzten Jahren massenhaft und teilweise auch über jedes

(Abg. Kühn (FDP) )

Maß hinaus ausgedehnt und genutzt worden ist und dass wir bei diesen Beschäftigungsfeldern eine nur geringe Arbeitsmarktnähe hatten. Die Hoffnungen, dass man die Betroffenen hierdurch dauerhaft in den Arbeitsmarkt integrieren kann, haben sich als falsch erwiesen. Es sind jedenfalls nur schwache Eingliederungseffekte festgestellt worden. Wir denken, dass an diesem Instrumentarium Handlungsbedarf besteht. Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass man die Möglichkeiten des Ein-Euro-Jobs als wichtiges Instrument insbesondere dort verstärkt hätte, wo es um Langzeitarbeitslose und um Menschen mit ganz besonderen Vermittlungshemmnissen geht. Entsprechend sieht ja auch die Position der GRÜNEN bundesweit aus. Von daher gibt es aus unserer Sicht an diesem Punkt kein Festhalten an der bisherigen Praxis, aber das, was hier in diesem Gesetzentwurf des Bundes drinsteht, sehen wir auch nicht als passendes Instrument.

Was wir an Ihrem Antrag vermissen, was aber zum Glück in der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Bundesrat Berücksichtigung gefunden hat, sind die Einsparungen beim Gründungszuschuss. Das ist etwas, was wir mit größtem Bedauern feststellen. Dort gibt es den größten Anteil an Einsparungen. Wir sehen den Gründungszuschuss aber als wichtiges und auch sehr erfolgreiches Instrument an. Von daher kann ich hier nur noch einmal darauf verweisen, dass dieses Gesetz voraussichtlich im Herbst 2011 verabschiedet werden soll, dass die Stellungnahmen dazu eingegangen sind und dass wir dieses Ziel eines verlässlichen und sozialen Arbeitsmarktes bundesweit auch mit anderen Mitteln weiter verfolgen sollten. Wir sollten auch längerfristige Integrationsstrategien entsprechend umsetzen. Wenn das Gesetz so verabschiedet wird, wie es im Moment aussieht, ist es unsere Aufgabe, hier im Saarland die Instrumentarien so flexibel und so effizient wie möglich umzusetzen. Dieser Aufgabe werden wir uns auch stellen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Willger. - Das Wort hat nun die Ministerin für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport, Monika Bachmann.

(Zuruf des Abgeordneten Lafontaine (DIE LIN- KE).)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Lafontaine, ich habe Sie nicht verstanden, aber ich bin dankbar, dass Sie wenigstens zur Arbeitsmarktpolitik in den Raum gekommen sind.

(Zuruf des Abgeordneten Pauluhn (SPD).)

Dann behandeln Sie das auch so. Wenn es die Jungfernrede von mir ist, Herr Pauluhn, dann hätte ich auch gerne die Ehre, entsprechend behandelt zu werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alle Vorredner haben die Landesregierung gebeten, Gespräche auf Bundesebene zu führen und die jeweiligen Vertreter aufzufordern, das Problem im zuständigen Bundestagsausschuss zu thematisieren. Das haben wir doch längst gemacht. Ich weiß auch, dass alle hier vertretenen Fraktionen Gespräche mit den Bundestagsabgeordneten in den verschiedensten Ausschüssen aufgenommen haben. Der Deutsche Landkreistag steht in Verbindung mit dem Vorsitzenden des Saarländischen Landkreistages. Das gilt auch für den Städte- und Gemeindetag. Das alles ist längst geschehen und es wäre auch schlimm, wenn es nicht so wäre. Am 08.07. ist das Gesetz im Bundesrat eingebracht worden und übermorgen findet die Beratung im Bundestag in Zweiter und Dritter Lesung statt. Am 14. Oktober wird es im Bundesrat verabschiedet.

Ob dieses Gesetz zur Verbesserung - ich betone das Wort Verbesserung absichtlich - der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt wirklich eine Verbesserung bringt, das bezweifeln wir alle, Herr Roth. Das hat sich in den Redebeiträgen vorhin auch so dargestellt. Aber dieses Gesetz ist - Frau Willgert hat es gesagt - nicht zustimmungspflichtig. Das ist unser aller Problem, sonst könnten wir wesentlich mehr tun, als nur auf Bundesebene Gespräche zu führen. Wir könnten sonst vonseiten der Landesregierung - und das gilt nicht nur für die saarländische Landesregierung - Einfluss nehmen. In allen Bundesländern haben wir den gleichen Diskussionsstand wie bei uns.

Mit diesem Gesetz sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass durch einen effektiven und effizienten Einsatz der Arbeitsmarktinstrumente und der zur Verfügung stehenden Mittel die Integration in Erwerbstätigkeit, insbesondere in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, weiter beschleunigt wird. So in etwa haben Sie es, Herr Abgeordneter Kühn, auch versucht darzustellen. Ich sage an dieser Stelle aber auch, dass es schwierig sein wird hier im Saarland und darüber hinaus, alle in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Das werden wir voraussichtlich nicht schaffen. Insofern ist es gut, dass wir heute mit der notwendigen Seriosität und mit der notwendigen Ruhe diese Instrumentenreform diskutieren.

Bundesweit befanden sich im August 1,09 Millionen Teilnehmer in einer geförderten arbeitsmarktpolitischen Maßnahme. Das waren 22 Prozent weniger als im gleichen Monat des Vorjahres. Diese reduzierten Eingliederungsbudgets in den Rechtskreisen SGB II und SGB III haben natürlich die gleichen