Protokoll der Sitzung vom 30.11.2011

Ich will aber vier Beispiele nennen, die mich nicht zu der Auffassung kommen lassen, dass sich seit dem 10. August wirklich etwas zum wesentlich Besseren gewendet hätte. Ich erinnere zum Ersten an den Ausflug der Ministerpräsidentin in die Bundespolitik und ihre Aussagen zur Schuldenbremse. Einen Tag vor der Abstimmung im Bundestag über den EuroRettungsschirm regen Sie eine Überprüfung der Schuldenbremse in bestimmten Fällen an. Die Reaktion war verheerend. Die CDU in Berlin drohte sogar mit dem Aus für Finanzhilfen - war danach in der Saarbrücker Zeitung zu lesen. Am schlimmsten sind Ihre eigenen Leute über Sie hergefallen. Sicher war der Zeitpunkt für eine solche Aussage mehr als ungeschickt gewählt. Sicher haben Sie sich selbst geschadet und auch die Position des Landes für alle in Zukunft anstehenden Finanzverhandlungen ohne Not geschwächt, was an sich schon schlimm genug wäre. Aber sicher ist vor allem, dass jemand, der die Einführung der Schuldenbremse offensiv mitbetrieben hat, nun, nachdem sie eingeführt ist, nach außen den Eindruck erweckt, man könne sie gar nicht einhalten. Jemand, der so handelt, jemand, der so redet, muss von einem solchen Maß an Planlosigkeit getrieben sein, dass einem wirklich angst und bange werden kann, wenn wir hier über Finanzen und zukünftige Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern reden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das war nichts, aber das wissen Sie selbst am besten.

Zum Zweiten die Bundeswehrreform. Wir wussten, dass das nicht ganz spurlos an uns vorübergehen würde. Wir wussten, dass niemand davon ausgehen konnte, dass bei einer so tiefgreifenden und auch notwendigen Reform der Bundeswehr das Saarland völlig ungeschoren davonkommt. Im Saarland wird nun die Graf-Werder-Kaserne in Saarlouis faktisch geschlossen und die Hälfte der rund 2.700 Dienstposten gestrichen. In keinem anderen Bundesland werden auch nur annähernd so viele Stellen abgebaut wie im Saarland. Und das, obwohl das Bundesverfassungsgericht einmal entschieden hat, dass das Saarland bei Entscheidungen über den Standort von Bundeseinrichtungen wegen seiner Strukturschwäche besser und nicht schlechter zu behandeln sei als andere Länder.

Dass Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierung, vor allem aus der CDU, anfänglich versucht haben, diesen Kahlschlag auch noch

als Erfolg zu verkaufen - nach dem Motto: „Es hätte ja noch schlimmer kommen können“ -, ist grotesk. Man darf nun gespannt sein, was zum Beispiel an Konversionsmitteln für die Stadt Saarlouis zur Verfügung gestellt wird oder ob es auch hier bloß wieder bei Ankündigungen bleibt. Aber, meine Damen und Herren, eines ist klar: Über erheblichen Einfluss in Berlin scheinen Sie nicht zu verfügen. Sonst hätten Sie zumindest verhindern können, dass wir in diesem Punkt trotz Verfassungsgerichtsurteil schlechter als alle anderen Bundesländer behandelt worden sind. Wenn Sie noch nicht einmal das schaffen, dann frage ich mich ernsthaft, was uns da in Zukunft noch bevorsteht. Die Fähigkeit einer Regierung, Interessen des Landes auf Bundesebene zu vertreten und durchzusetzen, ist für ein Haushaltsnotlageland existenziell. Eine Regierung, die dem nicht gerecht wird, ist schlichtweg ein Existenzrisiko.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Der Vierte Pavillon - ich will auf Einzelheiten gar nicht eingehen - sollte ein Symbol für die reichhaltige Kunstsammlung dieses Landes werden. Geworden ist daraus ein Symbol für Korruption, Vetternwirtschaft, Machtmissbrauch, Vorteilsnahme, Intransparenz und Unfähigkeit. Zwei Dinge halte ich grundsätzlich für besonders verheerend. Erstens. Wenn die Verantwortlichen einer Regierung durchs Land reisen und den Menschen von ungeheueren Sparzwängen erzählen und gleichzeitig die Kosten für einen mehr oder weniger einfachen Museumsbau des Landes von 9 Millionen auf mittlerweile über 30 Millionen Euro explodieren, dann sagen sich doch die Leute, irgendeiner von denen spinnt. Entweder diejenigen, die vom Sparen reden oder die, die das Geld rausschmeißen. Das Problem ist nur, es sind dieselben. Sie wollen den Leuten erzählen, dass Sie die Schuldenbremse schaffen. Aber Sie sind schon damit überfordert, ein Museum im Kostenrahmen zu bauen. Das ist das, was die Bürgerinnen und Bürger von Ihnen wahrnehmen, und das ist nichts anderes als ein Witz, den Sie der Öffentlichkeit hier bieten. Das ist bedauerlich.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Der zweite Punkt, der besonders verheerend ist, ist die Art und Weise, wie Sie mit dem Thema lange umgegangen sind. Das ist bezeichnend für Ihr Staatsverständnis. Gegen den Rechnungshof hätten Sie am liebsten ein Verfahren wegen Majestätsbeleidigung eingeleitet, Kritiker wurden als Querulanten abgetan, und irgendwann haben Sie sich einfach entschieden zu verschleiern, zu tricksen und zu täuschen. Wer so Politik macht und dabei glaubt, sich alles erlauben zu können, sich vor niemanden mehr rechtfertigen zu müssen, der verwechselt zeitlich begrenzte Macht mit grenzenloser Selbstherrlichkeit, und damit muss endlich Schluss sein in diesem Land.

(Abg. Maas (SPD) )

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Meine Damen und Herren! Alles in allem werden Staatsanwaltschaft und die Gerichte die strafrechtlichen und kriminellen Zusammenhänge rund um den Vierten Pavillon zu klären haben. Der eingerichtete parlamentarische Untersuchungsausschuss aber klärt die politischen Verantwortlichkeiten. Dabei werden Sie nicht noch einmal davonkommen, ohne personelle Konsequenzen zu ziehen. Nicht nur die Oppositionsfraktionen, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, dass diejenigen, die die politisch-persönliche Verantwortung haben für all das, was dort geschehen ist, zur Rechenschaft gezogen werden. Es geht schon lange nicht mehr darum, ob Köpfe rollen, sondern nur noch darum, welche Köpfe rollen. Das ist es, was der Untersuchungsausschuss zu klären hat: die Frage der politischen Verantwortlichkeiten.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, das vierte Beispiel aus dem Zeitraum von knapp vier Monaten seit dem 10. August ergibt sich mit dem Thema, zu dem wir eben eine gemeinsame Resolution verabschiedet haben. Ich meine die Entscheidung des PraktikerAufsichtsrates, im Saarland auf einen Schlag mehr als 500 Arbeitsplätze abzubauen. Meine Damen und Herren, das ist eine ungeheure Zahl, die nicht nur die Gemeinde Kirkel oder den Saarpfalz-Kreis, sondern das ganze Land erheblich treffen wird. Es geht um die Wirtschaftskraft, um die Kaufkraft, kurz: um alles, was an diesen Arbeitsplätzen hängt. Besonders schlimm bei dieser Entwicklung ist, dass die Praktiker-Zentrale in Kirkel einige der wenigen Firmenzentralen ist, die wir in diesem Land haben. Sie wird nun aus diesem Land verschwinden.

Meine Damen und Herren, wir sind uns einig, dass für uns die bei Praktiker getroffenen Entscheidungen nicht nachvollziehbar sind und dass wir gerne hätten, dass sie korrigiert werden. Ob es dazu kommen wird? Ich möchte dahinter einmal ein bis zwei Fragezeichen setzen.

Nicht vertrauenerweckend war, dass man hören und nachlesen konnte, der Wirtschaftsminister habe, das Wirtschaftsministerium habe von alldem aus der Zeitung erfahren. Es ist nicht vertrauenerweckend, dass man hört, es seien Gesprächsangebote gemacht worden - was ja wohl nicht mehr als zu erwarten ist -, diese Gesprächsangebote seien jedoch nicht wahrgenommen worden. Man muss sich vor diesem Hintergrund schon die Frage stellen, welchen Stellenwert die Vertreter der Landesregierung bei denjenigen haben, die über solche Fragen entscheiden. Wäre eine solche Entscheidung in Nordrhein-Westfalen oder in anderen Ländern getroffen worden, hätte die Regierung davon nicht aus der Zeitung erfahren. Diese Vorgänge geben uns insoweit auch

einen deutlichen Hinweis auf den Stellenwert, den Sie mittlerweile in der saarländischen Wirtschaft und auch in der Wirtschaft außerhalb des Saarlandes haben.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Zurufe des Abgeordneten Theis (CDU).)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es hat sich also seit dem 10. August keine wesentliche Veränderung ergeben. Die ersten beiden Jahre Ihrer Regierung waren schon verlorene Jahre, und seit dem 10. August ist nichts besser, manches sogar noch schlechter geworden. Nach wie vor ist nicht erkennbar, dass man ein Konzept hat. Wir hätten aber zumindest erwartet, dass man, als die neue Ministerpräsidentin ins Amt gekommen ist, ein Konzept vorgelegt hätte, wie man mit den strukturellen Problemen dieses Landes umzugehen gedenkt. Wir hätten erwartet, dass man ein Projekt hat, für das man gesellschaftliche Zustimmung zu organisieren versucht. Mittlerweile erleben wir aber, dass diesbezüglich nicht nur nichts vorhanden ist, sondern diese Landesregierung auch handwerklich erheblich überfordert zu sein scheint. Auch dafür will ich nur einmal zwei Beispiele nennen.

Es ist schon bemerkenswert, dass man, wie wir mitbekommen haben, es noch nicht einmal schafft, eine Ergänzungsvorlage zu diesem Haushalt, mit der lediglich die Steuermehreinnahmen in den Haushalt eingebracht und in gewissem Umfang verteilt werden sollen, in einer normalen Kabinettssitzung zu beschließen. Nein, es musste dafür eine Sonder-Kabinettssitzung einberufen werden, die samstags stattgefunden hat, um in der Folgewoche überhaupt einen Haushalt zu haben, den man im Ausschuss beraten und verabschieden kann.

(Zurufe: Das stimmt doch gar nicht!)

Ich möchte ein weiteres und vielleicht noch klareres Beispiel erwähnen, das über die Arbeitsfähigkeit dieser Regierung wirklich sehr viel aussagt. Ich meine ein Thema, das Ihre Haushaltsklausur wohl erheblich beschäftigt hat: die Nordsaarlandstraße. Wir lesen in der Zeitung, für die Nordsaarlandstraße sei eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 200.000 Euro eingebracht worden. Wir lesen, es handele sich hierbei um ein Projekt, das bezeichnet wird als „Planung und Überprüfung“ dieser Straße. Dies wird nun von den die Regierung stellenden Parteien recht unterschiedlich interpretiert. Die CDU ist schon auf dem Weg, die Spaten für den Spatenstich zu kaufen, weil sie sagt: Das ist der endgültige Einstieg in den Bau dieser Straße. Die GRÜNEN verweisen aber darauf, es gehe ja nicht um die Planung, sondern um die Überprüfung des Vorhabens. Die GRÜNEN wollen also mit den 200.000 Euro, wahrscheinlich mittels Gutachten, nach Argumenten suchen, die gegen den Bau dieser Straße sprechen.

(Abg. Maas (SPD) )

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist sinnbildlich für die Politik, die Sie in den letzten Monaten und generell in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren gemacht haben. Sie müssten sich halt einmal für irgendetwas entscheiden! Das geht so nicht! Eine solche Straße ist nun wirklich kein Projekt, das den Landeshaushalt sprengen würde. Man kann sich bei einer einfachen Straße nicht so der Öffentlichkeit präsentieren. Die einen sagen, wir planen und bauen, und die anderen sagen, wir überprüfen das, damit wir es nicht bauen müssen. Ich muss Ihnen wirklich einmal die Frage stellen: Ist Ihnen das, was Sie hier veranstalten, nicht selbst peinlich?

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich möchte, da das Thema der Nordsaarlandstraße für Sie wohl ein wichtiges ist, nun doch auch zur Sache etwas sagen. Die Bedenken, die von den GRÜNEN vorgetragen wurden, sind grundsätzlich durchaus ernst zu nehmen. Angesichts der Haushaltslage und der demografischen Entwicklung müssen wir uns tatsächlich Gedanken darüber machen, was wir noch machen können, was wir noch bauen können. Im vorliegenden Fall jedoch greifen diese Bedenken nun wirklich nicht, da der Kreis MerzigWadern, im Umfeld von Luxemburg gelegen, zu den Wachstumsregionen gehören wird. In diesem Kreis wird die demografische Entwicklung nicht so durchschlagen, wie es in anderen Kreisen der Fall sein wird. In diesem Kreis werden wohl auch die Verkehrsströme eher zunehmen, nicht aber weniger werden. Deshalb wäre es in diesem Fall wirklich berechtigt gewesen, sich das Geld für die Planung dieser Straße vorzubehalten. Diese Straße ist für den Landkreis wirklich notwendig. Das Hü und Hott, das Sie hier veranstalten, ist unangebracht.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Zurufe des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Herr Kollege Schmitt, klären Sie das doch erst einmal in Ihren eigenen Reihen. Wir sind dann auch gerne bereit, Ihnen im Weiteren zu helfen.

(Lachen bei den Oppositionsfraktionen. - Weite- rer Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Wissen Sie, ich kann ja verstehen, dass Ihnen bei diesem Thema der Kragen platzt. Sie haben doch auch schon mitbekommen, dass die GRÜNEN in der bisherigen Zeit ihrer Regierungsbeteiligung die wesentlichen Projekte, die sie Ihnen aufgezwungen haben, alle umgesetzt haben. Und jetzt schalten die GRÜNEN, weil sie wissen, dass nichts mehr kommt, um auf „Opposition in der Regierung“. Ich kann Ihnen angesichts dessen nur viel Spaß wünschen!

An Ihrer Stelle, Herr Schmitt, würde ich mir mal Folgendes in Erinnerung rufen: Sie haben sich jetzt zweieinhalb Jahre lang von den GRÜNEN am Nasenring durch die Arena führen lassen. Nun wurde in

einer Umfrage festgestellt, dass man zwar alles Mögliche gemacht hat, trotzdem aber 75 Prozent der GRÜNEN-Wähler mit der Arbeit dieser Landesregierung unzufrieden sind. Herr Schmitt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich kann dazu nur sagen: Machen Sie so weiter - und gute Besserung!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schaut man sich den Haushalt für das Jahr 2012 an, insbesondere aber die mittelfristige Finanzplanung, stellt man schnell fest, in welchem Dilemma wir tatsächlich stecken und worin das wirkliche haushaltspolitische Problem des Saarlandes im kommenden Jahr und vor allem auch in den Folgejahren bestehen wird.

Ich möchte dazu eine Vorbemerkung machen. Wir leben ja im „Zeitalter der Schuldenbremse“. Die Schuldenbremse steht mittlerweile auch im Grundgesetz, und es gibt Verwaltungsvereinbarungen, die vom Land erfüllt werden müssen, damit die jährlichen Ergänzungshilfen in Höhe von 260 Millionen Euro gezahlt werden.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass die SPD-Fraktion in der Sache stets ein Problem mit der Schuldenbremse hatte. Aber die SPD-Fraktion erkennt auch an, dass die Schuldenbremse nunmehr im Grundgesetz verankert ist. Ich kann das nun nicht mehr ändern und ich bin mir angesichts dessen, was derzeit auf europäischer Ebene bezüglich Griechenland, Italien und welchen Ländern auch immer diskutiert wird, ziemlich sicher, dass es niemanden geben wird, der auch nur den Versuch starten wird, das Rad beim Thema Schuldenbremse zurückzudrehen.

Wir müssen also davon ausgehen, dass unabhängig von der jeweiligen Regierungsbildung die Schuldenbremse gelten wird. Sie würde auch für uns gelten. Für uns würde auch das gelten, was in Verwaltungsvereinbarungen mit dem Bund geregelt worden ist zur Frage, wie der Konsolidierungspfad aussehen muss, damit man diese 260 Millionen Euro bekommen kann. Diese 260 Millionen Euro werden nun sicherlich nicht die Haushaltsnotlage des Saarlandes beenden, aber ohne sie ginge es uns jedenfalls auch nicht besser. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, will ich vorausschicken, dass auch bei unseren finanz- und haushaltspolitischen Diskussionen die geltende Schuldenbremse die Grundlage bildet, auf der wir uns bewegen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ab 2014, aber insbesondere ab 2015 und 2016, auch andere Bundesländer ganz extreme Probleme bekommen werden, die Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten. Man muss sich ja nur mal umschauen; der Finanzminister weiß das sicherlich noch besser. Wir müssen bis dahin eigene Konsolidierungsbeiträge liefern, da stim

(Abg. Maas (SPD) )

me ich Herrn Professor Deubel ausdrücklich zu. Nur wenn wir bis dahin im Rahmen dessen, was möglich ist, auch die eigenen Konsolidierungsanstrengungen realisiert haben, werden wir danach eine Chance haben, auf Bundesebene für einen Altschuldenfonds oder für neue Hilfen zu kämpfen. Das ist die Voraussetzung, die dieses Land erbringen muss und die auch von der SPD akzeptiert und anerkannt wird.

Meine Damen und Herren, ich will Sie auf die Nettokreditaufnahme in der mittelfristigen Finanzplanung hinweisen. Da ist für das Jahr 2012 eine Nettokreditaufnahme von 630 Millionen Euro vorgesehen - ich runde die Zahlen ab. 2013 sind es 590 Millionen Euro, 2014 soll die Nettokreditaufnahme noch 550 Millionen betragen, aber 2015 soll sie nur noch 400 Millionen Euro betragen. Diese Zahlen stehen so in der mittelfristigen Finanzplanung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt, dass wir uns bis zum Jahr 2014 in Schritten von 30 bis 40 Millionen bewegen, aber vom Jahr 2014 auf das Jahr 2015 auf einen Schlag strukturell 150 Millionen Euro einsparen müssen! Nur um einmal zu verdeutlichen, über welche Größenordnung wir reden: 150 Millionen Euro - das ist die gesamte Wirtschaftsförderung des Landes aus zwei Jahren! 150 Millionen Euro entsprechen etwa 3.000 Lehrerstellen und 3.750 Polizeistellen in der Besoldungsgruppe A 9! Das sind die Dimensionen, über die wir reden. Mir soll mal einer erklären, wie man von einem auf das andere Jahr eine solche Konsolidierungslast tragen soll!

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, komme ich aus der Opposition zu der vielleicht etwas überraschenden Einschätzung, dass wir bis zum Jahr 2015 höhere Konsolidierungspotenziale ausnutzen müssen, als das bisher vorgesehen ist. Ich habe da auch ein gewisses politisches Eigeninteresse. Wir in der Opposition streben an, nach der nächsten Landtagswahl in diesem Land zu regieren. Aber wir hätten gerne, dass dann noch etwas zu regieren da ist! Wenn in einem Jahr bruchartig solche Konsolidierungssummen fällig sind, wird das Land vor der politischen Handlungsunfähigkeit stehen. Das kann nur verhindert werden durch einen Sanierungsplan, bei dem die Lasten nicht zufälligerweise ein Jahr nach der Landtagswahl beginnen, sondern jetzt. Jemand, der die Schuldenbremse so vehement einfordert wie Sie, müsste auch entsprechende Beiträge dazu leisten.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich frage mich ehrlich: Wenn Sie das täten, was sollte ich Ihnen eigentlich sachlich entgegenhalten? Ich wäre ja nicht mehr ernst zu nehmen, wenn ich -

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das ist auch so schon der Fall. - Weitere Zurufe. - Sprechen.)

Herr Ulrich, wissen Sie, was Sie so meinen, ist mir wirklich egal. Mir ist es wichtiger, dass Ihre Wähle

rinnen und Wähler offenbar einen besseren Eindruck von mir haben.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Deshalb, meine Damen und Herren, kann ich zu keinem anderen Ergebnis kommen, als dass die Sanierungen, wenn wir nicht solche politisch nicht zu leistenden Anstrengungen vor uns herschieben wollen, tiefgreifender sein müssen, als das zurzeit der Fall ist.

Wenn es um Sparen geht, geht es natürlich auch darum, wie man das politisch durchsetzen kann. Ich komme noch einmal auf das zurück, was wir schon vielfach gesagt haben: Wir brauchen für Sanierungen - und zwar für solche, die schmerzhaft sein werden - ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz. Die Leute wissen, dass vieles nicht mehr geht und vieles nicht mehr finanzierbar ist. Sie werden aber nur dann zu gewinnen sein, so etwas langfristig mitzutragen, wenn sie den Eindruck haben, dass es dabei einigermaßen gerecht zugeht. Aber, meine Damen und Herren, Sie haben in den letzten Jahren wirklich nicht den Eindruck erweckt, dass es hier gerecht zugeht. Mehr Minister, mehr Staatssekretäre, Versorgungsorgien, all das haben die Menschen in den letzten Jahren wahrgenommen als das, was die politische Führung für sich selbst beansprucht, dass allerdings für sie, sei es arbeitsmarktpolitisch, sozialpolitisch oder wo auch immer, anscheinend ganz andere Maßstäbe angelegt werden. Deshalb kann ich nur noch einmal sagen: Wer politisch in der Verantwortung ist, der braucht für einen Sanierungskurs ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Zustimmung. Diese wird nicht zu erreichen sein, wenn man als Regierung oder als politische Führung nicht bei sich selbst mit dem Sparen anfängt. Deshalb sage ich Ihnen noch einmal: Reduzieren Sie die Anzahl der Minister, reduzieren Sie die Anzahl der Staatssekretäre. Treten Sie vor die Öffentlichkeit und sagen Sie: Das ist unser Beitrag; nicht nur ihr, liebe Leute, sondern auch wir haben die Zeichen der Zeit erkannt! Solange das nicht geschieht, wird es keine Akzeptanz geben.