Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

Wo ist denn das Schulstarterpaket, das echte?

(Abg. Schmitt (CDU) : Das gibt es doch!)

Es gibt nur 100 Euro. Das sagte ich doch. Das ist zu wenig. Hier müssen Sie doch nachbessern! Herr Kollege, es ist doch prima, wenn Sie sich so anstrengen. Setzen Sie noch eins drauf! Dann sind wir nämlich beim nächsten Punkt, Kinderarmutsprojekte, die Sie auch hier erwähnt haben. Die sind wichtig, sie sind leider unverzichtbar geworden, aber das ist nur ein Herumdoktern an Symptomen, das ist keine echte Ursachenbekämpfung. Deshalb muss Armut ganzheitlich bekämpft werden.

Kolleginnen und Kollegen, ein teures Fußballstadium und verlorene Millionen für Dinosaurier sind jedenfalls ein Schlag ins Gesicht für diejenigen, die täglich um ein Leben in Würde kämpfen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache auch zu dem von der DIE LINKE-Landtagsfraktion beantragten Thema Sozialstudie Saar. - Das Wort hat die Abgeordnete Gisela Rink von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Spaniol, ich hatte eben den Eindruck, die Ergebnis

se der Sozialstudie entsprachen nicht dem, was Sie sich vorgestellt haben und was Sie gerne gehört hätten.

(Abg. Spaniol (LINKE) : Das ist doch Blödsinn! So ein Schwachsinn! Hören Sie auf!)

Ihr Bild wurde dadurch zerstört, dass diese Sozialstudie belegt, dass es eine Aufwärtsbewegung im Land gibt. Die gilt es, ganz klar zu erkennen und zu sehen.

(Abg. Schumacher (LINKE) : Wo?)

Fragen Sie nicht, wo! Ich werde es Ihnen gleich erläutern. Das Saarland ist nicht das Armenhaus der Nation. Ich will dies in aller Deutlichkeit hier ausdrücken.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es geht heute nicht darum, Dinge schönzureden oder kleinzureden. Das möchte ich ganz sicher nicht, denn auch ich bin in Projekten engagiert, in denen wir versuchen, Kindern vor Ort zu helfen. Ich komme aus der Stadt Völklingen, wo es viele Projekte in der Art gibt. Ich kenne sie aus eigener Anschauung. Aber es macht keinen Sinn, die Dinge jetzt so darzulegen, als wäre das ganze Saarland von Armut überzogen und Veränderungen nicht zu erkennen, wo diese Dinge sich verändert haben.

Die Studie belegt ausdrücklich, dass sich unser Land gut entwickelt hat, vor allen Dingen im Vergleich zu anderen Ländern. Das ist Ihnen doch sonst immer so wichtig. Sie machen doch immer den Bundesländervergleich und sagen gerne, wie es dort aussieht und wie es hier ist. Wenn Sie diesen Vergleich jetzt hier ansetzen und die Ergebnisse der Sozialstudie zugrunde legen, können Sie ganz klar erkennen, dass es eine Aufwärtstendenz gibt, die es - das sage ich auch in aller Deutlichkeit - zu den Zeiten, als Oskar Lafontaine die Verantwortung im Land hatte, so nicht gegeben hat.

(Oh-Rufe aus der LINKE-Fraktion. - Zuruf der Ab- geordneten Spaniol (LINKE). - Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ganz ruhig! Bleiben Sie ganz gelassen! Ich werde es Ihnen gleich an Fakten erläutern. Aber vielleicht noch eine Ergänzung. Nicht nur die vom Ministerium im Juli 2008 in Auftrag gegebene Studie belegt die positive Entwicklung. Nein, auch die gerade veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung. Sie erlauben, dass ich aus dieser Studie der Bertelsmann Stiftung zitiere. Hier steht ganz klar der Satz: Überdurchschnittlich hoch ist die soziale Absicherung neben Bayern und Baden-Württemberg in den südlichen Bundesländern Rheinland-Pfalz mit einem Anteil von rund 7 Prozent Transferempfängern sowie Hessen und dem Saarland mit jeweils 9 Prozent. Danach folgen im Mittelfeld Niedersachsen, Schles

(Abg. Spaniol (LINKE) )

wig-Holstein, Nordrhein-Westfalen. Ganz am Ende, verehrte Kollegin, finden Sie die Bundeshauptstadt Berlin, die ja rot-rot regiert wird.

Ich muss wirklich sagen, wir sind nicht an der Spitze, das ist ganz klar, aber wir sind in vielen Dingen über dem Durchschnitt und wir haben eine Aufwärtsbewegung. Wir wissen, dass es noch viel zu tun gibt. Aber tun Sie bitte nicht so, als wären wir am Ende der Linie angekommen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Schumacher (LINKE) : Wenn man nicht betroffen ist, kann man ruhig und gelassen sein!)

Wir haben in vielen Bereichen aufgeholt. Wir sehen natürlich weiteren Handlungsbedarf. Schauen Sie in den Koalitionsvertrag! Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag bilden eine gute Basis, die vor uns liegenden Aufgaben zu bewältigen. Die Kollegin Willger-Lambert hatte eben in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, welchen Aktionsplan wir zur Armutsbekämpfung angehen wollen. Sie hat es klar dargelegt.

(Abg. Kugler (LINKE) : Wollen!)

Natürlich wollen! Wir stehen am Anfang der Legislaturperiode, liebe Kolleginnen und Kollegen! Deshalb gilt es, ganz klar zu sagen, was wir anpacken. Ich kann Ihnen heute nicht sagen, was schon alles erledigt ist. Ich kann Ihnen nur sagen, welche Voraussetzungen wir in den vergangenen Jahren schon dazu geschaffen haben. Es ist vor allen Dingen ganz wichtig, dass wir dem Aspekt Kinderarmut in unserem Land ein besonderes Gewicht geben durch eine weitere Studie. Wir werden uns dieser Problematik vertieft widmen, denn Armut ist eine Schande für unsere reiche Gesellschaft. Dies gilt insbesondere für die Armut von Kindern.

(Abg. Huonker (LINKE) : Wer hat sie geschaffen?)

Wer hat sie geschaffen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Landesregierung in diesem Land gewiss nicht!

(Unruhe. - Sprechen.)

Jeder, der sich mit dem Problem Armut beschäftigt, muss feststellen, dass Armut sehr viele Faktoren hat und es sehr viele Faktoren gibt, weshalb Menschen in Armut geraten. Ich denke, wir sollten hier wirklich an Fakten orientiert diskutieren; wir wollen gemeinsam etwas bewegen. Das hat eben auch Kollegin Hoffmann-Bethscheider gesagt. Ich denke, das sollte Ziel dieser Debatte sein.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Schumacher (LINKE) : Das muss man auch wollen! - Abg. Huonker (LINKE): Sie hätten mit dem Tariftreuegesetz anfangen können!)

Noch einmal zurück zur Studie. Die Ergebnisse der Studie geben ja grundlegende Tendenzen wieder.

Die Analyse der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ergibt, dass der Strukturwandel in unserem Land - dies war eine gewaltige Herausforderung - offenbar gut bewältigt wurde. Schauen wir uns doch die Zahlen an! Sie wollen ja Fakten haben. In den Jahren 2000 bis 2003 verlief die wirtschaftliche Entwicklung im Gleichschritt mit der bundesweiten Entwicklung, ist dann aber stärker gestiegen. Auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Vergleichen wir von 1996 bis 2008 das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, so ist festzustellen: Bundesweit ist es um 32,5 Prozent gestiegen, im Saarland aber um 43,6 Prozent.

Das sind Faktoren, die Sie in der Sozialstudie finden, und ich bitte Sie, dies auch zur Kenntnis zu nehmen. Ebenso kann ich das verfügbare Einkommen anführen, auch wenn wir da noch nicht das westdeutsche Niveau erreicht haben. Aber auch dort gab es eine Steigerung. Auch im Bereich der Arbeitslosigkeit -

(Abg. Schumacher (LINKE) : Haben wir eine Steigerung.)

Nein, wir haben keine Steigerung, Herr Kollege. Sie müssen die Zahlen auch lesen. Sie können nicht eine Studie nehmen und sagen, das passe Ihnen alles nicht, sondern Sie müssen sich wirklich die Mühe machen, auch in die Studie hineinzuschauen und die Zahlen zu lesen. Ich zitiere aus der Studie. 1997 hatten wir eine Arbeitslosenquote von 13,6 Prozent, 2007 von 10 Prozent und 2008 sogar von nur 8,7 Prozent. Dies Zahlen stehen in der Studie und daran müssen wir uns orientieren.

(Zurufe von der LINKEN.)

Natürlich sehen wir auch die Problematik der Arbeitslosigkeit, natürlich ist die Arbeitslosigkeit ein Problem, dem wir uns stellen und das wir auch angehen wollen. Aber der Blick in die Studie belegt klar, dass wir auf diesem Gebiet nicht untätig waren. Wir werden auch in Zukunft nicht untätig sein, wie dies bereits ausgeführt wurde. Unsere Ministerin wird dies nachher noch mal in aller Ausführlichkeit erläutern.

Betrachten wir ein weiteres Ergebnis dieser Studie. Die Lebensbedingungen im Saarland sind in mehrerlei Hinsicht besser als bundesweit. Auch das sind Dinge, die die Menschen im Alltag bewegen und die eine besondere Rolle spielen im Bereich der Armutsbekämpfung.

Nehmen wir die Kinderbetreuung. Frau Kollegin Hoffmann-Bethscheider, Sie haben es eben angesprochen. Wenn eine alleinerziehende Mutter arbeiten möchte, dann ist ein ganz wichtiger Faktor, wie sie ihre Kinder betreuen lassen kann. Hier ist das Saarland auf einem guten Weg. Natürlich muss die Frau zuerst einmal Arbeit finden. Aber wenn sie Ar

(Abg. Rink (CDU) )

beit hat, muss sie auch zusehen, wie sie das in der Familie gestalten kann. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein großes Thema. Dieses Thema können Sie nur bewältigen, wenn Sie den Weg gehen, den wir im Saarland gegangen sind. Erstens haben wir in ausreichendem Maße Kindergartenplätze, und schauen Sie sich des Weiteren doch bitte die Bilanz im Bereich der Krippenplätze an. 1999 hatten wir 621 Krippenplätze, derzeit sind es 2.984, die Zahl wurde vervierfacht. Dazu müssen Sie noch sehen, dass im Jahr 2009 mit der Einrichtung von weiteren 981 Krippenplätzen begonnen wurde. Das sind ganz wichtige Fakten im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wir sind hier auf dem richtigen Weg. Ich füge hinzu, dass wir auch noch sehr viele Tagespflegeplätze haben. Mit diesen zusammen erreichen wir eine Versorgungsquote von über 18 Prozent. Das ist eine Quote, die sich auch bundesweit sehr gut sehen lassen kann.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Kinderbetreuung ist ein Thema, das ich nicht nur im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Familie und Beruf sehe, sondern auch unter dem Bildungsaspekt. Wir haben vorhin über Bildung gesprochen und werden es auch beim nächsten Tagesordnungspunkt tun. Voraussetzung, dass jemand einer Erwerbstätigkeit überhaupt nachgehen kann, ist, dass er einen ordentlichen Bildungsabschluss hat, dass er die Voraussetzungen mitbringt, überhaupt in eine Berufsausbildung einzusteigen. Auch hier zeigt die Studie für uns sehr positive Ergebnisse. Das Niveau der Bildungsbeteiligung ist in den letzten zehn Jahren im Saarland gestiegen. Wir haben angesetzt mit einer Verstärkung im frühkindlichen Bereich. Denn eines ist uns doch allen klar. Je früher Nachteile für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern ausgeräumt werden, desto besser ist es.

Nehmen Sie die Gruppe der Kinder mit Migrationshintergrund und Sie werden sehen, wie wichtig für diese Kinder die frühe Bildung ist, wie wichtig es ist, dass sie einen Kindergartenplatz haben, dass sie Sprachförderung erhalten, dass sie übergeleitet werden in die Schule, dass sie vorbereitet werden. Wir werden auch über das Schulvorbereitungsjahr noch diskutieren. Dies sind alles Punkte, die bei der Bekämpfung der Armut ganz wichtige Akzente setzen.

Wir haben das Projekt „Keiner fällt durch’s Netz“. Die Kollegin hat vorhin schon angedeutet, dass das für uns ein wichtiger Bereich ist im Aktionsplan Armutsbekämpfung. Wir wollen Familien frühzeitig unterstützen. Wir wollen sie begleiten auf dem Weg mit ihren Kindern, denn bei den Kindern müssen wir anfangen. Und wenn wir Kinderarmut bekämpfen wollen - ich gehe davon aus, dass das unser gemeinsamer Wille ist -, dann müssen wir uns mit diesen Projekten auf den Weg machen.

Eine Zahl muss ich Ihnen heute auch noch mal nennen, weil Sie von schlechten Bildungsabschlüssen unserer Kinder sprechen. Schauen Sie sich doch mal bitte an, wie viele Schüler früher ohne Abschluss die Schule verlassen haben und welche Chancen sie im Berufsleben hatten. Ich glaube, das brauche ich Ihnen nicht weiter vor Augen zu führen. 1997 betrug die Quote der Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen haben, 11 Prozent, 2007 waren es 7 Prozent. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt doch, dass wir die richtigen Ansatzpunkte gewählt haben, wobei ich einräume, dass auch diese 7 Prozent noch weiterer Anstrengungen bedürfen. Wir werden auch im Bereich der ausländischen Schüler weitere Akzente setzen, denn es gilt, hier gemeinsam Kräfte zu bündeln und Armut zu bekämpfen. Armut gibt es in unserem Land, aber sie stellt sich nicht so dar, dass unsere Bemühungen von Hoffnungslosigkeit geprägt wären.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Armutsbekämpfung ist auch nicht nur ein Thema der Politik, sondern wir müssen Armutsbekämpfung im gesamtgesellschaftlichen Kontext sehen und in einem gesamtgesellschaftlichen Konzept auch bewältigen. Gerade die politische und zivilgesellschaftliche Partizipation im Saarland wurde ja in dieser Studie auch sehr gelobt. Das zivilgesellschaftliche Engagement ist ein Pfund, mit dem wir im Saarland wuchern können und auch sollen. Nicht vergessen sollten wir, den Menschen, die sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagieren, ein herzliches Dankeschön zu sagen, denn das sind Dinge, die wir wirklich brauchen. Diese Unterstützung benötigen wir. Es ist schön, dass es so viele Menschen im Saarland gibt das wurde ausdrücklich in der Studie gelobt -, die sich auf diesem Gebiet engagieren und mithelfen, die Armut zu bekämpfen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir brauchen eine Bündelung und Vernetzung der Maßnahmen und Projekte unter Einbeziehung aller Partner, auch der Kommunen und der Kreise, die alle in diesem Bereich Verantwortung tragen. Wir müssen Voraussetzungen schaffen, damit die Maßnahmen umgesetzt werden. Wir haben heute einige Maßnahmen angesprochen. Sie stehen in unserem Antrag und wir haben sie vor allem auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Ich kann Sie nur bitten: Arbeiten Sie mit, lassen Sie uns gemeinsam Armut im Saarland bekämpfen, insbesondere die Kinderarmut. Ich glaube, wir werden diesen Weg dann auch gemeinsam erfolgreich gehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)