Das ist sozialdemokratische Politik im Saarland im Jahre 2010. Die hört sich für mich mittlerweile ziemlich unehrlich an. - Vielen Dank.
Wir kommen dann zu den Abstimmungen zu dem Gesetz zur Beendigung der Erhebung allgemeiner Studiengebühren an saarländischen Hochschulen, Drucksache 14/32. Die SPD-Landtagsfraktion hat mit der Drucksache 14/101 einen Abänderungsantrag zu diesem Gesetz eingebracht.
Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag Drucksache 14/101. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 14/101 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen. Abgelehnt haben die Koalitionsfraktionen.
Wir kommen dann zur Abstimmung über das Gesetz. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 14/32 in Zweiter und letzter Lesung ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich kann feststellen, dass der Gesetzentwurf Drucksache 14/32 in Zweiter und letzter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitions
Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses „Art und Umstände der Planung und des Zustandekommens der Infrastrukturmaßnahmen auf dem Gelände der ehemaligen Grube Reden“ (Drucksache 14/83)
Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der SPD-Landtagsfraktion, der Die LINKE-Landtagsfraktion, der FDPLandtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Bestimmung der Mitglieder des von der SPD-Landtagsfraktion beantragten Untersuchungsausschusses „Art und Umstände der Planung und des Zustandekommens der Infrastrukturmaßnahmen auf dem Gelände der ehemaligen Grube Reden“ und deren Stellvertreter (Drucksache 14/93)
Zur Begründung des Einsetzungsantrages der SPDLandtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Magnus Jung das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Start dieser Jamaika-Koalition ist schon atemberaubend und sorgt für viele Diskussionen im Land, ob es um die großen Löcher im Landeshaushalt geht, die Rekordverschuldung, ob es um das Chaos in der Bildungspolitik geht, was Sie in nächster Zeit planen, ob es um das Thema Nichtraucherschutzgesetz geht und so weiter, aber ein Thema bestimmt die öffentliche Diskussion in ganz besonderem Maße, das ist „Gondwana-Gate“, die Hinterlassenschaft der alten Landesregierung für diese neue Jamaika-Koalition.
Der Ausgangspunkt dieser aktuellen Debatte ist der Sonderbericht des Rechnungshofes vom 13. Januar 2010. Worum geht es dabei? Am Anfang stand das löbliche Ziel der alten Landesregierung, am Standort der ehemaligen Grube Reden Revitalisierungsmaßnahmen durchzuführen, in die Infrastruktur zu investieren, Voraussetzungen zu schaffen, um dort neue Arbeitsplätze anzusiedeln, Investoren ins Saarland anzuschleppen, um dort noch einmal eine positive Entwicklung für das Saarland hervorzubringen. Gondwana, dieser Park sollte die touristische Leitinvestition sein, das sollte die Megainvestition sein, mit der dieser Standort entwickelt wird, der weitere
Die Idee war faszinierend. Allein es gab ein Problem. Es fehlte das Geld, diese Investition tatsächlich zu finanzieren. So kamen der Investor IKS und die Landesregierung auf die glorreiche Idee, dass man das doch auf Umwegen mehr oder weniger komplett aus dem saarländischen Landeshaushalt finanzieren könnte.
Eine wirklich saarländische Lösung, aber es ist eben nur eine scheinbare Lösung für ein solches Investitionsvorhaben, wenn man letztlich eine Investition von 20 Millionen Euro über überhöhte Mietzahlungen für ein anderes Gebäude am gleichen Standort finanzieren will. Das ist der Kern der vertraglichen Konstruktion, wie sie der Rechnungshof auch darlegt.
Um es noch einmal deutlich zu machen: Um die Finanzierung eines Gondwana-Parks sicherzustellen, schlug die Landesregierung oder die IKS oder wer auch immer - das wird sich ja noch genau zeigen dem Investor vor, dass man ihm ein anderes Gebäude mit 13.000 Quadratmetern Fläche für einen Euro zur Verfügung stellen würde, übertragen würde und dass man sich verpflichten würde, dieses Gebäude für 25 Jahre zu mieten, wenn der Investor es instand gesetzt hat. Und man verpflichtete sich, so viel Miete zu zahlen, nämlich rund 28 Millionen Euro, dass es mehr als das Doppelte dessen ist, was das Land nach eigenen Berechnungen hätte aufbringen müssen, wenn es dieses Gebäude selbst instand gesetzt und 25 Jahre lang unterhalten hätte. Das ist schon ein atemberaubendes Geschäft. Im Grunde wäre jeder Saarländer oder jede Saarländerin, ob sie jetzt Geld im Geldbeutel hat oder nicht, in der Lage gewesen, ein solches Invest zu sichern.
denn der Rechnungshof hat festgestellt, am Ende hat der Investor noch 10.000 Euro oder 20.000 Euro mehr bekommen, als er überhaupt selbst zur Verfügung gestellt hat.
Weil gerade eben aus den Regierungsfraktionen die Frage kam, warum sich denn kein anderer dafür beworben hat, frage ich: Herr Jung, stimmen Sie mir zu, dass es keinerlei Ausschreibung oder keine anderen Bemühungen gegeben hat, einen anderen Investor zu finden?
(Abg. Heinrich (CDU) : Das hat niemand gewusst. - Abg. Jost (SPD): Es hat niemand gewusst, sagt er. Es hat niemand gewusst! - Lachen bei den Oppositionsfraktionen.)
Die Antwort des Abgeordneten Heinrich ist atemberaubend. Aber, Kollege Jost, es wird natürlich eine Frage sein, die wir in den nächsten Wochen und Monaten zu klären haben, warum dieses Geschäft mit diesem Investor so gemacht worden ist, warum der Weg der europaweiten Ausschreibung nicht gegangen worden ist und wie dieses Geschäft unter Gesichtspunkten des Wettbewerbsrechts tatsächlich zu beurteilen ist.
Aber Tatsache ist, schon damals gab es erhebliche Bedenken gegen dieses Geschäft aus dem saarländischen Finanzministerium, es gab erhebliche Bedenken gegen diese Konstruktion nicht nur von der SPD, nein, auch von der FDP und von den Grünen im Saarland, die sich mit großen Worten gegen dieses Geschäft und die Konstruktion gewehrt und die im Wesentlichen auf die Punkte hingewiesen haben, die jetzt auch der Rechnungshof festgestellt hat, nämlich dass hier im zweistelligen Millionenbereich Geld verschwendet wird, dass hier weitere erhebliche Risiken für den Landeshaushalt eingegangen worden sind und dass auch für die IKS erhebliche finanzielle Risiken drohen, je nachdem wie die Entwicklung am Standort Reden in den nächsten Jahren weitergeht.
Und damit nicht genug der Probleme. Denn in der letzten Landtagssitzung erfuhren wir von Minister Rauber, dass der Investor die Absicht hege, sich unverzüglich aus dem Staub zu machen und den Gondwana-Park zu schließen. Gott sei Dank konnte das kurzfristig abgewendet werden. Aber nach wie vor -
denn es gibt eine Chance, diesen Standort unter diesen Dingen weiterzuentwickeln. Wenn der Investor jetzt den Standort verlassen würde und es käme zu einer Rückabwicklung der Verträge, dann würden genau die Risiken schlagend werden, die in den Verträgen von Ihnen eingegangen worden sind.
Deshalb müssen wir jetzt in dieser Situation - das ist die Argumentation, die der Kollege Hartmann auch vertritt - alle natürlich versuchen, das Beste aus dem zu machen, was Sie angerichtet haben. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir alles gut finden müssen, was Sie damals angerichtet haben.
Ich stelle fest, dass zu den aktuellen Problemen gehört, dass es nach wie vor keine anderen Investoren gibt, die am Standort nachziehen. Die Leitinvestition ist zu einer Leidinvestition - mit „d“ - geworden. Zugesagte öffentliche Investitionen sind ausgeblieben wie die Brücke. Das muss, weil es vertraglich zugesagt worden ist, ebenfalls noch erfolgen. Und es gibt nach wie vor kein wirtschaftlich sinnvolles Nutzungskonzept für das Verwaltungsgebäude. Das ist verheerend. Es gibt riesengroße Ausstellungshallen und eine IKS, die sich darum kümmern soll. Die hat aber in diesem Jahr gar kein Budget, um diese Hallen zu bewirtschaften. Das ist planlos, wie hier vorgegangen worden ist und das sind die aktuellen Probleme, die über die reinen Vertragsprobleme hinausgehen.
Wir haben uns die Situation vor Ort mit dem Unterausschuss zur Prüfung der Haushaltsrechnung in öffentlicher Sitzung angeschaut und festgestellt, dass die Darstellung des Rechnungshofes in seinem Sonderbericht zutreffend ist. Was wir vor Ort an Eindrücken gewinnen konnten, war erschreckend, war verheerend. Wer über dieses Gelände geht, sieht in erster Linie große Brachflächen und eine Reihe von Gebäuden, die zwar wiederhergestellt worden sind, für die aber kein Mieter oder Investor gefunden werden konnte. Er geht durch ein Verwaltungsgebäude, das ebenfalls schön instandgesetzt worden ist. Es gibt die tollsten Hallen, zum Beispiel diese 1.200 Quadratmeter große Kauenhalle. Alleine dafür zahlen wir 10.000 Euro Kaltmiete im Monat. Was man damit anfangen soll, weiß niemand, es gibt kein richtiges Konzept. Wir haben dort en detail gehört, dass diese Halle für Veranstaltungen kaum zu nutzen ist. Aber wir haben nicht nur eine Halle am Standort, sondern wir haben drei solche Hallen.
Man geht durch große, breite Flure, für jeden Quadratmeter zahlen wir 8 Euro. Man geht über riesengroße Treppenaufgänge, dafür zahlen wir 8 Euro. Wir finden Lagerräume, die sicher nicht sonderlich hochwertig sind, dafür zahlen wir 8 Euro im Monat kalt für den Quadratmeter. Ich könnte die Aufzählung fortsetzen. Es ist so, wie der Rechnungshof es beschrieben hat: Nur rund ein Drittel der Flächen ist tatsächlich für Büroräume zu nutzen. Und selbst dafür wären 4 Euro oder 4,50 Euro marktangemessen und nicht 8 Euro, die die Landesregierung freiwillig
gegen die Warnungen ihres eigenen Finanzministeriums verabredet hat. Das können Sie gegenüber dem saarländischen Steuerzahler in keiner Weise rechtfertigen.
Ich stelle daher Folgendes fest. Der Strukturwandel am Standort Reden stockt, er steht vor dem Scheitern. Die Zukunft des Gondwana-Parks ist ungewiss. Das sagte uns auch der Wirtschaftsminister zuletzt. Denn ob der Investor längerfristig bleibt oder nicht, steht ja wohl in den Sternen. Kurzfristig ist das Aus abgewendet, aber noch lange nicht auf mittlere oder längere Sicht. Deshalb steht auch dahinter ein großes Fragezeichen.
Wir können weiter feststellen: Geldverschwendung durch überhöhte Mietzahlungen im Umfang von 15 bis 20 Millionen Euro, weitere Risiken im Millionenbereich und - das müssen Sie sich auch ans Revers heften - ein schwerer Imageschaden für den Standort Saarland. Wer so mit Investitionen umgeht, wer so mit Investoren umgeht -
(Abg. Schmitt (CDU) : Einen „windigen Investor“ hat ihn die SPD genannt. - Weitere Zurufe von der CDU.)
Dann lesen Sie doch mal nach, was der Investor an die Staatskanzlei geschrieben hat, dass Sie nämlich den Verpflichtungen nicht nachgekommen sind. Das steht doch in diesem Brief, den der Minister an dieser Stelle selbst vorgelesen hat. Das ist ein schwerer Schaden für das Saarland.
Wir müssen auch feststellen, dass die Hintergründe für dieses höchst seltsame Geschäft, für Gondwana, nach wie vor im Unklaren liegen. Denn den Abgeordneten wurde der Zugang zu den relevanten Unterlagen nicht in einer Weise zugestanden, die geeignet wäre, die Sache tatsächlich aufzuklären. Wenn wir uns das nur vor Ort in einem Büro anschauen können, ohne etwas mitzuschreiben oder ohne eine Kopie zu machen, dann kann ich in einem Ausschuss mit den entsprechenden Akteuren solch komplexe Verträge nicht erörtern. Ich muss diese Verträge vor mir liegen haben und muss damit auch arbeiten können. Das haben Sie dem Unterausschuss zur Prüfung der Haushaltsrechnung nicht zugestanden, obwohl es dort einstimmig beschlossen worden war. Das war eine große Enttäuschung, die uns die Landesregierung hier bereitet hat.