denn gerade mit der der praktischen Seite von Plebisziten hatte ich in meinem politischen Leben schon einiges zu tun. Leider ist es hier im Saarland so, dass vor dem Hintergrund der aus dem Jahre 1979 stammenden Gesetzeslage Plebiszite auf der Landesebene nur sehr eingeschränkt möglich sind. Deshalb diskutieren wir heute erneut dieses Thema. Kollegin Rehlinger hat bereits darauf hingewiesen, dass wir in der zurückliegenden Wahlperiode dieses Thema schon fünf Mal diskutiert haben. Ich sage dazu: Wir haben das hier zu Recht so oft diskutiert!
Auf der kommunalen Ebene sieht aber seit Mitte der Neunzigerjahre die Welt der Bürgerbeteiligung im Saarland etwas anders aus; mit dieser Änderung hatten wir GRÜNEN ja auch etwas zu tun. Seit Mitte der Neunzigerjahre haben wir die Möglichkeit, auf der kommunalen Ebene Plebiszite durchzuführen.
Nun komme ich aus der Stadt Saarlouis. In Saarlouis ist die Möglichkeit der Durchführung von Plebisziten während der vergangenen 15 Jahre sehr häufig in Anspruch genommen worden, auch sehr positiv in Anspruch genommen worden. Ich möchte Ihnen dafür einmal einige Beispiele nennen und ich möchte dabei auch auf das Verhalten der Sozialdemokraten im konkreten Fall eingehen. Frau Rehlinger, Sie haben hier eben ausgeführt, die Sozialdemokratie sei die Partei, die die Idee des Plebiszits geradezu verkörpere. So hat sich das für mich angehört. Wenn das aber vor Ort konkret wird, sieht es gerade bei Ihnen, bei der SPD, oft ganz anders aus. Ich erwähne dazu ein Beispiel aus Saarlouis: Mitte der Neunzigerjahre -
Bei uns sieht das sehr konkret aus! - Mitte der Neunzigerjahre gab es einen großen Bürgerantrag, ein Bürgerbegehren, bei dem es um die Rettung eines ganzen Stadtwaldes ging. Das war der SPD vollkommen egal, das haben die einfach weggewischt! Wir GRÜNEN konnten das letztlich aber doch durchsetzen - sogar gemeinsam mit Ihnen, weil Sie in der rot-grünen Koalition nicht mehr anders konnten.
Ich erwähne ein weiteres, ein sogar recht aktuelles Beispiel aus der Stadt Saarlouis. Es geht um den Erhalt eines Stadtbades. Um dieses Bad ist in der vergangenen Wahlperiode in Saarlouis richtig gekämpft worden. Heute haben wir in der Stadt Saarlouis eine Jamaika-Koalition. Die Saarlouiser Bevölkerung hat sich sehr deutlich für den Bau eines neuen Bades ausgesprochen. Die Sozialdemokraten in dieser Stadt lehnen aber nach wie vor - gegen das Bürgervotum! - dieses Projekt ab.
Ich kann noch ein drittes Beispiel für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung in diesem Lande nennen, an dem die GRÜNEN - nicht die SPD! - maßgeblich beteiligt waren: das Kohlegroßkraftwerk in Ensdorf. Auch dort haben wir, die GRÜNEN, es mittels Plebiszit geschafft,
da wir es massiv gefordert und unterstützt haben, gemeinsam mit der Bevölkerung ein Großprojekt zu verhindern.
Sie brauchen uns GRÜNEN an dieser Stelle also wirklich keine Nachhilfe zum Thema Plebiszit zu geben!
Das ist auch der Grund, weshalb es uns GRÜNEN so wichtig war, bei den Koalitionsgesprächen - das galt für Ihre Seite wie auch für die Seite von FDP und CDU - eine klare Vereinbarung im Koalitionsvertrag anzustreben, wonach in dieser Wahlperiode Volksbegehren, Volksentscheide in diesem Land auf eine neue, auf eine modernere, eine praktikablere Basis gestellt werden sollen. Und das werden wir auch tun, daran werden Sie uns auch nicht hindern.
Wir müssen darüber reden, denn es gibt nun einmal bei den hier im Hause vertretenen Parteien unterschiedliche Auffassungen. Wir brauchen aber alle Parteien, um in diesem Hause eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen.
Man muss schon einmal darüber reden, wie mit der Aufhebung des Finanzvorbehaltes umzugehen ist. Dass man den Finanzvorbehalt -
(Abg. Pauluhn (SPD) : Sie brauchen wir dafür nicht! Wir kriegen die Zweidrittelmehrheit auch ohne Sie hin! - Anhaltendes Sprechen.)
Dass wir den Finanzvorbehalt in der Gesetzgebung ändern müssen, darüber sind wir uns einig. Über das Wie müssen wir aber noch diskutieren; das ist guter demokratischer Brauch. Wir müssen auch über die Quoren diskutieren. Wir müssen über viele Details diskutieren. Das müssen wir aber alle gemeinsam besprechen, und vor diesem Hintergrund ist der heute von Ihnen eingebrachte Antrag nicht gerade sehr hilfreich.
(Erneut Lachen bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Commerçon (SPD) : Diesem Antrag haben Sie letztes Mal zugestimmt!)
ohne dass im Vorfeld das Gespräch auch nur gesucht worden wäre - weder mit den Christdemokraten noch mit den Freidemokraten noch mit uns.
(Abg. Hoffmann-Bethscheider (SPD) : Wir haben fünf Jahre lang mit Ihnen geredet. Abg. Commerçon (SPD): Sie haben diesem Gesetz damals zugestimmt! - Weitere Zurufe.)
Sie versuchen sich hier einfach an einer billigen Effekthascherei! Darum geht es Ihnen im Moment nicht um mehr und nicht um weniger.
Dabei beachten Sie noch nicht einmal die Logik Ihrer eigenen Argumentation. Ich will Ihnen dafür ein Beispiel nennen:
Sie rufen hier „Umfaller“. Zum Ende der zurückliegenden Wahlperiode haben wir GRÜNE hier eine Verfassungsänderung beantragt, um die Schulformen aus der Verfassung zu nehmen. Das will die SPD, so sagt sie, eigentlich auch. Wie aber hat die SPD damals votiert? - Bemerkenswerterweise hat die SPD diesen Antrag der GRÜNEN abgelehnt! Hier in diesem Hause! Abgelehnt! Abgelehnt wurde mit der Begründung, man hätte im Vorfeld nicht mit der SPD darüber gesprochen.
Nun war Ihre Argumentation damals nicht so falsch. Das haben wir Ihnen zugestanden, insoweit hatten Sie Recht. Will man in diesem Hause eine Verfassungsänderung erreichen, muss man sie auch entsprechend demokratisch vorbereiten. Man muss die anderen eben mitnehmen!
Frau Rehlinger, ich musste eben schon etwas schmunzeln, als Sie erneut einen Versuch gestartet haben, uns GRÜNEN vorzuwerfen, wir hätten vor der Wahl Dinge versprochen, die wir nun, nach der Wahl, nicht umsetzen würden.
Diesen Vorwurf - das ist schön für uns GRÜNE müssen wir uns bis zum heutigen Tage an keiner Stelle gefallen lassen. Wir haben jetzt die Chance, alles, wofür wir vor der Wahl gekämpft haben, in reale Politik umzusetzen.
Sie hingegen sind nicht immer so konsequent. Ich darf Sie an Ihr Abstimmungsverhalten erinnern, als es um die Abschaffung der Studiengebühren ging. Wir haben vor der Wahl versprochen, dafür zu kämpfen, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Wir haben sie abgeschafft!
Wer hat gegen die Abschaffung gestimmt? Die SPD hat gegen die Abschaffung gestimmt! So ist es nun einmal.