Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zweitägige Haushaltsberatung ist - das gilt auch für andere Parlamente - gemeinhin die Sternstunde des Parlamentes, sie gilt schlechthin als wichtigste Debatte in einem Land. Ich bin sehr dankbar, dass der Saarländische Rundfunk an beiden Tagen live von dieser Landtagsdebatte berichtet.
Wenn ich mir aber vorstelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Saarländerinnen und Saarländer, Zuschauerinnen und Zuschauer heute Morgen diese Debatte über den Landeshaushalt verfolgen und von ihr Aufschluss erwarten darüber, wie die Zukunft dieses Landes gestaltet werden soll - eine Frage, auf die diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in Form des Haushaltsplanes eine Antwort gegeben haben -, und sich die Frage stellen, ob hier wirklich ein erkennbares, von Herzen kommen
des Ringen um die Zukunft des Landes stattgefunden hat, vor allen Dingen vonseiten der Opposition, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass sich der Saarländische Rundfunk diese Übertragung hätte sparen können, denn diese Erwartung ist enttäuscht worden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir stehen in einer Situation, die für das Land alles andere als einfach ist. Wir haben das vor einem Jahr deutlich gemacht, indem wir - ganz außergewöhnlich - gesagt haben: Bei den existenziellen Herausforderungen, die vor uns liegen, brauchen wir die große Kraftanstrengung aller gesellschaftlicher Gruppen, brauchen wir eine Große Koalition, die diese Aufgaben angeht. Das setzt aber auch voraus, dass man als Opposition einmal in der Lage ist, liebgewordene Rituale zu hinterfragen, sie hintanzustellen, damit um Zukunftsfragen gerungen werden kann.
Was wir heute Morgen hier erlebt haben, sind die Jahr für Jahr immer gleichen Diskussionen. Da kann man natürlich sagen: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Sehr geehrter Herr Kollege Ulrich, schauen Sie bitte in Ihre Reden von 2011, 2010, 2009, wie Sie sich damals geäußert haben
und wie Sie sich heute äußern. Da wird zuerst einmal gesagt, beim Sanierungspfad gibt es doch Alternativen. Das war die Hauptrede von Ihnen, Herr Lafontaine, im Jahr 2011. Sie haben damals deutlich gemacht: Das Land hat zwei Möglichkeiten zu sanieren, entweder man setzt auf das Thema Einnahmeverbesserungen oder aber man muss den Sanierungspfad beschreiten. - Nun kann man beim Thema Einnahmeverbesserungen ja streiten. Man kann sagen, wir brauchen Steuererhöhungen. Wir sagen, die Haupteinnahmeverbesserungen, die wir haben und auch weiter haben müssen, liegen in einem vernünftigen Wirtschaftswachstum, in Arbeitsplätzen, mit denen die Menschen ein gutes Auskommen finden, und den dadurch sich ergebenden Steuereinnahmen.
Das scheint ja in der Bundesrepublik Deutschland durchaus zu funktionieren. Wie anders wäre es zu erklären, dass der Bund nach seiner mittelfristigen Finanzplanung ab dem Jahr 2015 keine neuen Schulden mehr machen darf? Wie anders ist es zu erklären, dass wir jetzt schon Bundesländer haben, die nicht von Altschulden erdrückt werden, sondern die jetzt schon Überschüsse erzielen? Und wie anders ist es zu erklären, dass wir in einer Ergänzungsvorlage eine Verbesserung haben - nicht eine Verschlechterung, weil uns Einnahmen wegbrechen, sondern eine Verbesserung - um 20 Millionen Euro? - Also so ganz falsch kann das System nicht sein.
Und wenn es nur an der Steuerquote und an der Frage der Höhe der Steuersätze liegen würde, dann kann ich mit Blick auf Frankreich nur sagen, dass neben uns einige Kilometer hinter der Grenze zurzeit die Wirtschaft so brummen müsste, dass uns Hören und Sehen vergeht. Alleine daran sieht man, dass dies zu kurz springt und so nicht aufgeht.
Herr Lafontaine, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die zukünftige Bundesregierung, so sie sich denn bildet, mit den beiden Parteien den Entwurf eines Koalitionsvertrages ausgearbeitet hat, und in diesem Koalitionsvertrag sind zwei Dinge vor die Klammer gezogen: keine Steuererhöhungen und keine neuen Schulden. Damit ist klar, dass das, was Sie als eine Alternative zur Sanierung genannt haben, weg ist. Deshalb ist es interessant nachzuschauen, was Sie 2011 gesagt haben, was die andere Alternative sein könnte. Sie haben damals Zeitzeugen bemüht, den Kollegen Deubel aus Rheinland-Pfalz und die Kollegin Krajewski aus dem Saarland. Ich habe das noch einmal nachgelesen. Sie haben uns und auch mir persönlich 2011 in sehr martialischen Tönen um die Ohren geschlagen, dass wir an dieser Stelle sozusagen unverantwortlich handeln würden. Sie haben uns vorhergesagt und dabei das Zitat von Deubel bemüht, dass uns der Sanierungskurs um die Ohren fliegt - spätestens im Jahr 2014/2015. Sie haben gesagt, spätestens ab den Jahren 2014/2015 wird es überhaupt kein Halten mehr geben und die Schulden werden explodieren. Sie haben uns ungehörig und verantwortungslos genannt, weil wir die Sanierung angeblich mit dem Ziel laufen lassen, dass 2015 die ganzen Schulden auflaufen. Ich kann heute feststellen - und das nicht nur in diesem Hause, sondern auch mit Blick auf die Feststellungen des Stabilitätsrates -, das, was Sie damals prognostiziert haben, ist nicht eingetroffen. Diese Landesregierung und diese Große Koalition haben verantwortungsvoll gehandelt, das bestätigt sich auch in diesem Haushaltsentwurf für das Jahr 2014.
Sie haben uns damals erklärt, wie Sie das in Ihrer Regierungszeit gemacht haben. Sie haben gesagt, wenn man weiter Hilfen von außen will und die werden wir brauchen -
Ich hoffe sehr, dass der eine oder andere Kollege, der heute noch unter uns weilt, dann, wenn er in den Bundestag gewechselt ist, nicht vergisst, wo er herkommt, und der Meinung ist, der Bund müsse zu viel bezahlen für die Länder. Wir setzen darauf, dass das nicht passiert. Herr Lafontaine, Sie haben uns damals gesagt, es sei doch so, dass Herr Deubel angedeutet hätte, wir würden prozentual über den
Ausgaben liegen. Und Sie hätten in Ihrer Regierungszeit doch auch einen Weg gefahren, bei dem klar ist, dass man, wenn man einen Sanierungskurs einhalten und Hilfen von außen erhalten will, sich dann eher am unteren Drittel des Durchschnitts der Bundesländer bewegen muss. Genau dort, wo wir dies mit Blick auf unsere Sparvorschläge machen, setzt dann die Kritik der Opposition ein, wir würden das Land kaputtsparen. Das alles hat mit verantwortlicher Opposition so was von gar nichts zu tun. Das wird hier noch einmal deutlich.
Also: Man versucht, sich vor dem Sparen zu drücken, weil man mehr Einnahmen hat. Dieser Weg ist durch Koalitionsbeschlüsse ausgeschlossen. Dann wird gesagt: Es wird nicht gespart. Dazu haben wir eben festgestellt, dass dieser Vorwurf aus dem Jahr 2011 nicht zutrifft. Dann wird gesagt: Jede Sparmaßnahme ist an sich natürlich der Untergang des Abendlandes. Damit tun sich insbesondere die PIRATEN und die GRÜNEN hervor. Sehr geehrter Herr Kollege Hilberer, Sie haben gesagt, wir würden eine Politiksimulation machen. Ich muss sagen, selbst wenn das so wäre, dann wäre das doch mehr als das, was Sie geboten haben. Sie versuchen in diesem Haus ja noch nicht einmal, Politik zu simulieren!
Dann wird noch angesprochen, was hier in diesem Land alles kaputtgespart wird beziehungsweise was wir alles nicht in die Zukunft investieren. Da haben wir zum Beispiel das Thema Bildung und die Gruppengrößen im Kita-Bereich. Es ist ja immer sehr interessant, sich einen Vergleich anzuschauen. Ich erinnere noch einmal an Ihre Ausführungen von 2011 und ich erinnere Sie an die SPD-Regierungszeit unter Oskar Lafontaine, wie man sich in Standards nach unten bewegt. Wir werden jetzt die Gruppengrößen und den Betreuungsschlüssel so verändern, dass wir von einer Betreuungsrelation von 1 zu 5 auf eine theoretische Betreuungsrelation von 1 zu 5,5 kommen. Wenn man sich die Zahlen des Statistischen Bundesamtes anschaut, dann sind das in der Regel de facto Zahlen von 1 zu 3,5.
Aber bleiben wir einmal bei der theoretischen Betrachtungsweise! Schauen wir uns einmal an, wie das in anderen Ländern aussieht! Im grün-rot regierten Baden-Württemberg gibt es gar keine Festlegung, nicht nach unten, aber auch nicht nach oben. In Bayern gibt es einen ganz komplizierten Schlüssel, der am Ende des Tages, wenn man ihn durchrechnet, schlechter ist als das, was wir haben. In Berlin gibt es einen Betreuungsschlüssel von 1,5 bis 1,9. Das war früher rot-rot regiert. Ich glaube, unter der Großen Koalition ist der Betreuungsschlüssel dort nicht verändert worden - zumindest nicht nega
tiv. In Brandenburg, rot-rot regiert, gibt es keine Festlegung, auch hier weder nach unten noch nach oben. In Bremen, rot-grün regiert, haben wir einen Betreuungsschlüssel von 1 zu 8, in Hamburg bei einer absoluten SPD-Mehrheit von 1 zu 6 im Ganztagsbereich und 1 zu 8 im Teiltagsbereich, in Hessen von 1 zu 4 bis 1 zu 5, in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 1 zu 6, in Nordrhein-Westfalen 1 zu 5, in Rheinland-Pfalz 1 zu 4 bis 1 zu 5 - das sind die Länder, die vor uns liegen. In Sachsen 1 zu 6, in Sachsen-Anhalt 1 zu 6, in Schleswig-Holstein 1 zu 5 und in Thüringen - je nach Alter - von 1 zu 4 bis 1 zu 6. Das heißt, mit einem Betreuungsschlüssel von 1 zu 5,5 bewegen wir uns weiter im oberen Drittel dessen, was andere Bundesländer machen. Das ist vertretbar, wenn wir damit erreichen, dass wir unter vernünftigen Bedingungen genügend Plätze für die Kinder in diesem Land haben. Deswegen ist der Vorwurf, den Sie erhoben haben, ein Vorwurf, der ins Leere geht.
Dann wird das Thema Hochschule herbeigeredet. Man dachte ja nach dem, was LINKE und PIRATEN hier als Opposition gesagt haben, dass das ein starkes Stück wäre, aber, um es mit einem persönlichen Zitat von Ihnen zu unterlegen, sehr geehrter Herr Kollege Ulrich: Man kann den Irrsinn immer noch weiter steigern. Das haben Sie eben gesagt und das haben Sie eben in Ihrer Rede auch ausdrücklich getan. Man kann den Irrsinn immer noch steigern.
Sie haben ein Bild von der saarländischen Hochschullandschaft und vom Verhalten dieser Landesregierung mit Blick auf die Hochschulen gemalt -
(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Professor Linneweber hat dieses Bild auch gemalt und der ist Präsident dieser Hochschule. Das kommt nicht von mir.)
Herr Professor Linneweber hat, soweit ich weiß, in dieser Woche im Wissenschaftsausschuss einiges, was er in der Öffentlichkeit gesagt hat, revidieren müssen. Ich empfehle Ihnen, das noch einmal nachzulesen.
Aber es ist ja interessant, sich anzuschauen, was andere Bundesländer machen. Da lese ich im DPADossier Bildung und Forschung von dieser Woche eine Meldung von der grünen Wissenschaftsministerin aus Hannover, Gabriele Heinen-Kljajic, und eine Meldung des Kollegen Weil. Dort ist mit großer Verve ein Riesenerfolg für die Hochschulen des Landes Niedersachsen verkündet worden, weil das Budget der Hochschulen auf dem gegenwärtigen Niveau bis 2018 gesichert werde. Dazu kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch, bis 2018. Da sind die
saarländischen Hochschulen besser dran; wir sichern bis 2020. Dann kommt noch eine Meldung aus Sachsen-Anhalt. Dort hat sich die Landesregierung mit den Hochschulen darauf geeinigt, dass die Globalzuweisungen im Jahr 2014 sinken und anschließend von 2015 bis 2019 eingefroren werden. Und die Hochschulen haben dann mit Blick auf die Haushaltssituation des Landes einen großen Erfolg verkündet.
Wir machen in einer Situation, in der wir Jahr für Jahr um den Sanierungskurs ringen, den Hochschulen in diesem Land deutlich: Die Hochschulen in diesem Land, sie sind ein ganz wichtiger Zukunftsfaktor, sie werden das auch bleiben. Sie bekommen Planungssicherheit in einer Zeit, in der in diesem Land mit Blick auf die Haushaltssituation gar nichts als sicher gelten kann. Das ist ein Pfund, das ist eine riesige Kraftanstrengung. Ich bin dankbar, dass das in dieser Landesregierung und mit diesen Fraktionen möglich war. Darauf können die Hochschulen auch bauen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will einmal Folgendes sagen: Es geht hier nicht um das Thema Einsparung. Bei dem, was wir mit dem Wissenschaftsrat besprechen, bei dem, wozu wir uns die Expertise eingeholt haben, geht es darum, sich in einer Zeit, in der die Hochschulen dieses Landes, nicht nur des Saarlandes, sondern der Bundesrepublik Deutschland, in einem sich verschärfenden Wettbewerb stehen, in einem Ringen um die Frage, welche Studierenden man bekommt, in einem Ringen auch zur Frage, was die Hochschulen des Landes auch für die Regionen und für den Strukturwandel leisten können, so aufzustellen, dass wir zukunftssicher sind, dass wir die Felder bedienen, bei denen wir nicht mit anderen konkurrieren werden. Wir werden nie im Leben eine RWTH Aachen werden. Dieser Zug ist abgefahren. Wir werden unsere eigenen Schwerpunkte bilden müssen. Dabei ist es richtig - und das hat zunächst einmal gar nichts mit Sparen zu tun, das hat etwas mit Selbstvergewisserung zu tun -, zu schauen, ob unsere Schwerpunkte richtig gesetzt sind. Ich glaube, auch wenn ich einmal in den Koalitionsvertrag hineinschaue, der nun verhandelt worden ist, dass wir Schwerpunkte haben, die sehr klug gewählt sind. Denn alles das, was sich die Große Koalition auf der Bundesebene als Forschungsschwerpunkte vorgenommen hat, betrifft Bereiche, die sich hier bei uns im Saarland finden. Und sie finden sich nicht nur bei uns, sondern es sind Bereiche, die bei uns in Exzellenz vorhanden sind. Ob es die IT ist, ob es der Bereich Neue Materialien ist, ob es der Bereich Sicherheitsforschung ist - wir sind dabei überall mit führend. Deshalb haben wir gute Chancen, uns auch
wenn wir in der vergangenen Woche die Kick-offVeranstaltung hatten für das Exzellenzcluster, das wir hier haben, bei dem sich im wissenschaftlichen Beirat beispielsweise Vertreterinnen und Vertreter der Universität Yale befinden, wenn wir im Bereich IT nicht in der nationalen Liga, sondern in der Weltliga spielen und Rang 2 oder 3 einnehmen,
(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das gilt es zu halten! Sie bauen das aber ab! Genau das gilt es zu halten, Frau Ministerpräsidentin!)
so ist es dafür eben nicht unerheblich, ob man hier einen eigenen Flughafen hat oder aber nicht. Das ist Zukunftsgestaltung für dieses Land, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Aber es ist auch wichtig, dass das, was angedeutet ist, dass das, was gesagt wird, was auch behauptet wird von den Hochschulen, auch unterlegt wird. Ja, wir haben einen Europaschwerpunkt. Aber wir sind auch gehalten zu schauen, ob der Europaschwerpunkt scharf genug ausgebildet ist, ob wir ihn an der einen oder anderen Stelle verändern müssen, weil sich auch Europa verändert. Das ist die Aufgabe, das ist Zukunftsgestaltung! Und ehrlich gesagt, das, was ich mir von der Opposition erwarte, ist nicht, jedem populistischen Gemeckere hinterherzulaufen,
sondern sich an dieser Zukunftsdebatte für dieses Land ernsthaft und mit vollem Willen zu beteiligen. Das ist die Aufgabe der Opposition, meine sehr geehrten Damen und Herren!