Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Ich rufe nun Frage 1 auf, gestellt vom Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN, Herrn Hubert Ulrich. Sie lautet:

Im KPMG-Gutachten aus dem Jahre 2006 wurde ein Anstieg des Grubenwassers um ca. 500 Meter als unkritisch betrachtet. Auf welcher Grundlage basiert diese Annahme?

Zur Beantwortung dieser Frage erteile ich der zuständigen Ministerin Anke Rehlinger das Wort.

Herr Präsident! Herr Kollege Ulrich! Im KPMG-Gutachten ist zunächst in allgemeiner Form festgehalten, dass die RAG AG ein Ansteigen des Grubenwasserniveaus nach Aufgabe des Bergbaus um durchschnittlich rund 400 Meter an der Ruhr und rund 500 Meter an der Saar als unkritisch und wirtschaftlich sinnvoll erachtet. Darüber hinaus wird konkret von einem teilweisen Anstieg des Grubenwasserniveaus an den Standorten Reden um 300 Meter und Ensdorf um 800 Meter ausgegangen. Bei diesen Annahmen würden zum einen die Pumpkosten der RAG AG bei geringerer Förderhöhe reduziert, zum anderen blieben die beschriebenen möglichen negativen Nebeneffekte wie zum Beispiel der beschleunigte Austritt von Methangas an der Tagesoberfläche, die Gefahr von Tagesbrüchen durch abgehende Schachtfüllsäulen, Bergschäden durch Hebungen an der Tagesoberfläche und Verunreinigungen von Trinkwasservorkommen überschaubar. Da insofern der Anstieg des Grubenwassers um 500

Meter als unkritisch betrachtet worden ist, als sich die Flutungen in diesem Bereich nicht auf das oberflächennahe Grundwasser oder die Oberflächengewässer beziehen wegen des großen vertikalen Abstandes, ist das Gutachten dem Erblastenvertrag zugrunde gelegt worden. Im Februar 2013 wurde unter diesen Bedingungen der Abschaltung der Pumpen am Standort Ensdorf zugestimmt. Die Sachverhalte beziehen sich also auf das Gutachten des Unternehmens.

Wird eine Zusatzfrage gestellt? - Bitte schön, Herr Kollege Ulrich.

Die Grundlage ist also die Expertise des Unternehmens. Frage: Gibt es eine wissenschaftliche Expertise, die die RAG AG zur Untermauerung dieser Feststellung mit Blick auf die Risiken wie Ausgasungen, Tagesbrüche, Erderschütterungen, Trinkwasserverunreinigungen eingeholt hat?

Das KPMG-Gutachten wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veranlasst und vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Auftrag gegeben. Die Revierländer erhielten dazu Mehrausfertigungen. Es war in Abstimmung mit den jeweiligen Landesregierungen vereinbart. Welche weiteren wissenschaftlichen Expertisen jeweils das Unternehmen selbst in Auftrag gegeben hat, kann ich von dieser Stelle aus nicht beantworten. Es ist unseren Fachleuten im Bergamt und Oberbergamt, aber auch im Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz zugänglich und wird von ihnen bewertet.

Zweite Zusatzfrage.

Hat die Landesregierung vor dem Hintergrund dieser Aussage zur Bewertung der Annahme, dass ein Anstieg des Grubenwassers um 500 Meter unkritisch sei, eigene wissenschaftliche Expertisen eingeholt?

Die Landesregierung hat in den Jahren 2006 und 2007 keine eigenständigen Gutachten in Auftrag gegeben, sie hat sich insofern auf ihre eigene Expertise verlassen, was natürlich nicht dazu führt, dass wir im Rahmen einer gegebenenfalls vorzunehmenden Antragstellung keine externen Gutachter zur Beantwortung aller anstehenden Fragen hinzuziehen werden.

(Präsident Ley)

Dritte Zusatzfrage.

Ist es richtig, dass der vom Saarland und der RAGStiftung im Jahre 2007 geschlossene Vertrag auf genau diesem im KPMG-Gutachten zugrunde gelegten Anstieg des Grubenwassers um 500 Meter basiert? - Es geht also um den Erblastenvertrag.

Der Erblastenvertrag enthält dazu keine konkreten Aussagen. Der Erblastenvertrag bezieht sich allerdings auf das KPMG-Gutachten. Das Gutachten ist dort ausdrücklich erwähnt, auch die entsprechenden Feststellungen.

Vierte Zusatzfrage.

Ein Grubenwasseranstieg auf welches Niveau wurde denn zur Grundlage des Erblastenvertrages aus dem Jahre 2007 gemacht?

Ein Anstieg um durchschnittlich 500 Meter.

Nächste Frage.

Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass die RAG AG nun von diesem im Jahr 2006 als unkritisch und wirtschaftlich sinnvoll erachteten Grubenwasserniveau abweicht?

Es ist zunächst einmal die freie Entscheidung des Unternehmens, wie es das Konzept ausgestaltet, das es uns vorlegt. Umgekehrt ist es natürlich auch die Pflicht unserer Behörden, jetzt zu prüfen, inwiefern das Konzept und gegebenenfalls der einzureichende Antrag tatsächlich tragfähig beziehungsweise genehmigungsfähig sind.

Die letzte Zusatzfrage.

Dann interessiert mich am Schluss, welches die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse sind, mit denen die RAG AG dieses Abweichen dem Ausschuss gegenüber begründet hat.

Das Konzept für das Saarland, aber auch für die Ruhr liegt gerade einmal knapp zwei Wochen bei uns vor. Es wird von den Fachbehörden geprüft werden. Natürlich wird auch ein Blick darauf geworfen, welche wissenschaftlichen Begründungen dazu formuliert worden sind. Wir werden gegebenenfalls noch mal eine eigene Expertise dazu einholen und werden dann auf dieser Grundlage Entscheidungen dazu treffen. Zunächst einmal liegt uns das Konzept nun vor. Es ist mit dem Unternehmen vereinbart worden, dass die Landesregierung ihrerseits die Möglichkeit erhält, dieses Konzept zu bewerten, dass sie auch Gelegenheit hat, dazu Stellung zu beziehen. Erst auf der Grundlage dieser Stellungnahme soll der Antrag eingereicht werden.

Das war die erste Frage. Die zweite Frage, gestellt von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, lautet:

Im von der RAG AG im Jahr 2014 vorgelegten Grubenwasserkonzept ist ein kompletter Anstieg des Grubenwassers vorgesehen. Wie beurteilt die Landesregierung das von der RAG AG vorgelegte Grubenwasserhaltungskonzept?

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Aus Sicht der Landesregierung kann zum Grubenwasserhaltungskonzept der RAG zurzeit noch keine belastbare und abschließende Stellungnahme abgegeben werden. Ich habe eben darauf hingewiesen, dass die schriftliche Ausarbeitung erst seit knapp zwei Wochen unseren Fachbehörden vorliegt. Festzuhalten ist allerdings, dass der Erblastenvertrag zwischen der RAG-Stiftung und den Revierländern vom 14. August 2007 und das dazugehörige KPMGGutachten von dem Grundmodell einer dauerhaften und optimierten Grubenwasserhaltung der RAG AG in Nordrhein-Westfalen und im Saarland ausgehen. Hierdurch sollen mögliche negative Auswirkungen durch eine Einstellung der Pumpmaßnahmen vermieden beziehungsweise minimiert werden.

Herr Kollege Ulrich, eine Zusatzfrage?

Ja. - Wie begründet die Landesregierung dies, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Konzept in seinen Grundzügen schon seit März 2013, das heißt schon seit über einem Jahr bei der Landesregierung vorliegt?

Das Konzept ist bei uns vor knapp 14 Tagen eingereicht worden und exakt auf dieser Grundlage wird nun auch unsere Vorprüfung beginnen. Ansonsten gab es natürlich regelmäßige Kontakte mit dem Unternehmen. Auch der Ausschuss wurde regelmäßig in jedem Jahr informiert. Ein endgültiges Konzept liegt allerdings jetzt erst vor. Wir werden uns nun damit befassen.

Bitte schön, Ihre zweite Zusatzfrage.

Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass dieses Grubenwasserkonzept ausschließlich auf Bewertungen aus dem Unternehmen RAG AG und Erfahrungen aus dem Warndt beruht?

Das Unternehmen steht in der Pflicht, ein solches Konzept vorzulegen. Insofern kann auch die Landesregierung jetzt nicht vorschreiben, auf welcher Grundlage eine solche Konzepterstellung durch das Unternehmen erfolgt. Entscheidend wird allerdings sein, wie die Landesregierung bei der Prüfung dieses Konzepts und vor allem bei der Prüfung der Antragstellung mit den Ausführungen umgeht. Dazu werden wir auf die Expertise in unseren Bergbaubehörden, aber auch im Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz und - wo es notwendig ist - auf die Expertise externer Gutachter zurückgreifen.

Dritte Zusatzfrage.

Ist die Situation im Saarland aus Sicht der Landesregierung mit der Situation im französischen Warndt vergleichbar, sodass es aus Sicht der Landesregierung zulässig ist, die Erfahrungen aus dem Warndt auf das Saarland zu übertragen, wie die RAG es ja tut?

Es gibt an unterschiedlichen Stellen bereits Erfahrungen im Umgang mit der Situation, wie es nach der Beendigung des Bergbaus weitergeht. Solche Erfahrungen werden derzeit auch in Frankreich gesammelt. Wir werden natürlich einen Abgleich vornehmen, inwiefern, inwieweit und wie umfangreich die dort gewonnenen Erkenntnisse auf saarländische Verhältnisse übertragen werden können. Man kann zumindest zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgehen, dass dort die Grubenwasseroptimierung nicht zu den teilweise vorgetragenen Befürchtungen geführt hat.

Vierte Zusatzfrage.

Gibt es hierzu wissenschaftliche Erkenntnisse?

Ich weiß nicht, ob es einen wissenschaftlichen Begleitprozess zu den Vorgängen in Frankreich gibt. Aber wir werden uns selbstverständlich auch dort mit den zuständigen Behörden in Verbindung setzen, um dort gewonnene Erkenntnisse für uns gegebenenfalls nutzbar zu machen.

Fünfte Frage.

Bleibt die Landesregierung bei ihrer in der Ausschusssitzung am 26. Februar 2014 getätigten Aussage, dass sie die von der RAG AG angekündigten Gutachten zur Unterfütterung dieses Grubenwasserkonzeptes zunächst abwarten möchte und nur im Einzelfall eine eigene wissenschaftliche Expertise beauftragen möchte?

Zunächst einmal muss überhaupt ein Antrag vorgelegt werden, um auch darüber entscheiden zu können, inwiefern unsere eigene Expertise ausreicht und inwiefern man gegebenenfalls, in welchem Umfang auch immer, auf Gutachter zurückgreift. Ein solcher Antrag liegt bis dato überhaupt nicht vor. Insofern kann man keine Aussage dazu treffen, welche Gutachter in welchem Umfang zum Einsatz kommen müssen.

Letzte Zusatzfrage.

Das bedeutet doch, dass die Landesregierung die von der RAG AG im Genehmigungsprozess vorgelegten Gutachten als unabhängig einstuft?

Wir nehmen diese Gutachten zur Kenntnis und werden sie einer eigenen Prüfung unterziehen.

Damit sind wir am Ende der beiden Fragen mit den Zusatzfragen.

Wir kommen dann zu der von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragten Aktuellen Aussprache zum Thema:

„Neue Pläne zum IV. Pavillon“

Ich erinnere noch einmal an einige geschäftsordnungsmäßige Voraussetzungen. Die Redezeit beträgt fünf Minuten, wobei das Verlesen von Erklärungen und Reden unzulässig ist und Anträge zur Sache im Rahmen dieser Aussprache nicht gestellt werden können. Die Dauer der Aussprache beträgt grundsätzlich 60 Minuten. Dabei bleibt die Redezeit der Mitglieder der Landesregierung unberücksichtigt.

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Hubert Ulrich.