Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Zur Ausgangssituation. Die Fachkräftesicherung muss man immer in Verbindung mit den Arbeitslosen, dem Arbeitsmarkt und den Lohnbedingungen sehen. Die Arbeitskammer hat 2013 einen Bericht verfasst, unter anderem zur demografischen Entwicklung und zur Fachkräfteproblematik. Fazit zu den Fachkräften: Engpässe, aber kein allgemeiner Mangel, abgesehen von den Gesundheitsberufen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, worauf der Bericht der Arbeitskammer verweist, hat geschrieben: Die Anforderungen vieler Unternehmen sind oft unrealistisch hoch. Es fehle ein Anzeichen für einen aktuellen erheblichen Fachkräftemangel. Meine Damen und Herren, einerseits kann es an fehlenden Fachkräften am Markt liegen, andererseits aber auch daran, dass die Stellenangebote nicht attraktiv genug sind.

Die Bundesagentur für Arbeit hat 2012 eine Analyse zu Fachkraftengpässen am deutschen Arbeitsmarkt verfasst. Fazit: Es existieren einzelne Engpässe in technischen Berufsfeldern, Gesundheits- und Pflegeberufen. Von einem flächendeckenden Fachkräftemangel kann aber nicht die Rede sein. Nichtsdestotrotz haben die Partner des Zukunftsbündnisses

„Fachkräfte Saar“ hier eine gute Arbeit vorgelegt. Allerdings ist die Landesregierung vieles schuldig geblieben.

Ich möchte trotz meiner kurzen Redezeit noch auf einige Handlungsfelder eingehen, so zum Beispiel die elementare und schulische Bildung. Beim Kitaplatz-Ausbau wurde gewartet bis zum Schluss und dann musste alles hopplahopp gehen. Ich nenne die Streichung von 600 Lehrerstellen. Für die Inklusion stehen zu wenige Förderlehrer zur Verfügung. Meine Damen und Herren, so sieht Fachkräftesicherung der Zukunft nicht aus!

(Vereinzelt Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Beim Handlungsfeld Hochschullandschaft geht es direkt weiter. Der DGB hat hierzu sehr gute Konzepte zur beruflichen Ausbildung und zur Hochschullandschaft vorgelegt. Was macht die Landesregierung? Statt sich ergebnisoffen mit der Zukunft der Hochschulen zu beschäftigen, hat die Landesregierung ein Gefälligkeitsgutachten in Auftrag gegeben mit strengen Auflagen, die eine ergebnisoffene Diskussion von vorneherein verhindern. Hier wurde viel Porzellan zerschlagen.

(Vereinzelt Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, es wird den demografischen Wandel noch beschleunigen, wenn es an der Universität weniger Studenten gibt. Auch so sieht Fachkräftesicherung der Zukunft nicht aus.

Zum Handlungsfeld „Arbeitslose aktivieren und Unterbeschäftigte in den Blick nehmen“. Leiharbeit, Befristungen und Minijobs werden zur Regelbeschäftigung. Dieser Bereich der atypischen Beschäftigung befindet sich auf einem relativ hohen Niveau. Rund 20 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten gehen einer solchen Beschäftigung nach. Seit 2007 sind hier keine nennenswerten Verbesserungen mehr festzustellen.

Aus Zeitgründen gehe ich nur ganz knapp auf weitere Themen ein. Vereinbarkeit von Familie und Beruf - hierzu ist vor einem Jahr das Projekt Neue ArbeitsZeitPraxis ausgelaufen. Fazit: Es sind noch Defizite festzustellen. Hier ist noch viel zu tun. Zu älteren Arbeitnehmern über 55 hat Kollege Heinz Bierbaum bereits auf die Studie der IG Metall verwiesen. Seit 2007 gibt es den Beschäftigungspakt für Ältere. Wir begrüßen natürlich, dass es hier weitergeht.

Zum Thema „Zuwanderung von Fachkräften und Verhinderung von Abwanderung“ haben wir heute Nachmittag den Antrag zur Flüchtlingspolitik. Da passt die Diskussion besser hin als in diese Werbeveranstaltung.

Ich fasse zusammen. Die Partner des Zukunftsbündnisses Fachkräfte Saar haben in den vergangenen Jahren gute Konzepte vorgelegt. Diese wurden jetzt

(Abg. Neyses (PIRATEN) )

mit Leben gefüllt. Die Arbeit der Landesregierung ist jedoch teilweise kontraproduktiv. Sie sagen selbst, jede Strategie ist nur so gut wie ihre Umsetzung. Genug Potenzial für Verbesserungen bietet sich Ihnen. Handeln Sie, anstatt nur zu reden, und bitte nicht nur sieben Tage. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Klaus Kessler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Fachkräftesicherung, über das wir heute im Rahmen einer Regierungserklärung reden, ist ganz wichtig, insbesondere für das Saarland. Insofern begrüßen wir es als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass Ministerin Rehlinger den Ankündigungen ihres Vorgängers Heiko Maas aus dem Jahr 2012 folgend in diesem Jahr den Masterplan Fachkräftesicherung vorlegt. Der Masterplan Zukunftsbündnis Fachkräfte Saar ist im Grunde die Weiterentwicklung eines Strategiepapiers der Vorgängerregierung aus dem Jahr 2012. Darauf hat schon der Kollege Strobel hingewiesen. Ich bin ihm gewissermaßen dankbar, dass er dazu gestern eine Pressemitteilung gemacht hat. Ich zitiere den letzten Satz: „Das Strategiepapier zur Fachkräftesicherung ist bestes Beispiel dafür, wie eine Koalition in Kontinuität arbeitet.“ Das kann ich nur begrüßen. Wenn die Große Koalition in Kontinuität der Jamaika-Koalition arbeitet, finden wir das richtig.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle wissen, dass das Saarland vom demografischen Wandel stärker betroffen ist als andere Bundesländer. Wir wissen, dass damit die Bekämpfung des Fachkräftemangels in unserem Bundesland eine noch größere Herausforderung darstellt als es vielleicht in anderen Bundesländern der Fall ist. Ursache hierfür ist der demografische Wandel, von dem wir stärker betroffen sind als andere Länder. Dieser wirkt sich beim Fachkräftemangel aus unserer Sicht doppelt negativ aus. Dies zum einen, weil wir aufgrund der Alterung unserer Gesellschaft einfach weniger Fachkräfte zur Verfügung haben werden und zum anderen, weil eine ältere Gesellschaft schlichtweg mehr Personal im Gesundheits- und Pflegebereich braucht. Das ist ein Bereich, in dem schon heute von aktuellem Fachkräftemangel die Rede ist; die Ministerin hat darauf hingewiesen.

Die Bekämpfung des Fachkräftemangels in unserem Land ist auch deshalb eine große Herausforderung, weil wir eine Wirtschaftsstruktur im Saarland haben,

die zum großen Teil auf hoch qualifizierten Fachkräften in der Industrie, im Ingenieurwesen und im Handwerk basiert. Wir müssen zudem die Frage beantworten, wie wir in so hoch technisierten und hoch spezialisierten Unternehmen - hier sind insbesondere auch die kleinen und mittleren Betriebe zu nennen - auch in Zukunft über ausreichend Personal verfügen, um die Innovation zu halten und weiterhin Wachstum und Beschäftigung in unserem Land zu sichern.

Jetzt bin ich aber schon an einem Punkt, an dem unsere Meinungen vielleicht ein wenig auseinandergehen. Wir glauben eben nicht, dass wir das alles schaffen können, wenn wir Einsparungen in der Bildung vornehmen. Wir glauben nicht, dass es der richtige Weg ist, Lehrerstellen zu streichen, und wir glauben auch nicht, dass wir den Fachkräftemangel bewerkstelligen können, wenn wir die saarländische Universität im Rahmen von Sparmaßnahmen zur Rumpfuniversität zusammensparen. Dies ist ein falscher Weg.

(Beifall von B 90/GRÜNE und bei der LINKEN.)

Wenn Sie wirklich umsetzen, was Sie angekündigt haben, nämlich bis zu 600 Lehrerstellen im Schulsystem zu streichen, und wenn Sie, wie Sie angekündigt haben, die Mittel für die Universität im Globalhaushalt so herunterfahren, dass junge Leute das Land massenweise verlassen werden, dann halten wir das für eine falsche Weichenstellung und für einen Fehler, auch im Hinblick auf die Fachkräftesicherung.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Ich zitiere an dieser Stelle Professor Emrich in seinem Gutachten, der ja reklamiert hat, dass die volkswirtschaftlichen Effekte, insbesondere bei den Einsparungen an der Universität, vollkommen unberücksichtigt bleiben: Wenn wir die jungen Leuten nicht halten, dann laufen wir Gefahr, dass das Saarland in 20 Jahren ein Altersheim mit angeschlossenem Freizeitpark sein wird. - Das wollen wir doch alle gemeinsam nicht.

(Beifall von B 90/GRÜNE und bei den PIRATEN.)

Die grenzüberschreitenden Aktivitäten sind sicherlich sehr wichtig für die Fachkräftesicherung, sie sind auch sehr wichtig im Zusammenhang mit der Frankreich-Strategie. Auch das begrüßen wir. Wir haben den grenzüberschreitenden Projekten zugestimmt. Wir haben der Frankreich-Strategie im Hinblick auf die Einrichtung von Mehrsprachigkeit zugestimmt. Das Sprachenkonzept der Vorgängerregierung ist sicherlich ein richtiger Weg und wird auch weiter umgesetzt. Aber wenn Sie das alles wollen, dann brauchen wir auch Lehrerstellen, um den Französischunterricht in unseren Schulen auszubauen. Auch hier reklamieren wir: Der Abbau von Lehrer

(Abg. Neyses (PIRATEN) )

stellen ist ein völlig falscher Weg. Lassen Sie die demografische Rendite vollständig im Schulsystem!

(Beifall von B 90/GRÜNE und der Abgeordneten Spaniol (DIE LINKE).)

Ein letzter Punkt: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch daran zu knüpfen, was es kostet, wenn Kinder in Krippen oder die Freiwillige Ganztagsschule gehen. Hier haben Sie Gebühren eingeführt beziehungsweise erhöht. Auch das ist ein falscher Weg. Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Hier würden wir uns stärkere Akzente wünschen, indem wir sagen: Wir brauchen zur Fachkräftesicherung ein klares Bekenntnis zum Bildungsstandort Saarland, denn das Fundament für den Fachkräftenachwuchs müssen wir im Bildungssystem legen. Ein solches Bekenntnis muss Kürzungen im Bildungsbereich kategorisch ausschließen. Das hat mir in dieser Regierungserklärung gefehlt. Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE und bei der LINKEN.)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hans-Peter Kurtz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Michael Neyses von den PIRATEN hat uns ja schon öfters im Parlament mit seinen Reden überrascht, aber ich denke, was wir heute gehört haben, ist bisher der Höhepunkt. Hier wird in einer Regierungserklärung dargestellt, wie wir uns den Zukunftsherausforderungen dieses Landes stellen, wie wir das Problem der Fachkräftesicherung angehen und welche Aktivitäten in der Wirtschaft - nicht nur von den Wirtschaftsverbänden, Herr Neyses, sondern von allen Kräften in der Wirtschaft - unternommen werden. Das wird dann von Ihnen einfach so lapidar als eine Werbeveranstaltung für die saarländische Wirtschaft bezeichnet. Das ist nicht in Ordnung. Frau Anke Rehlinger ist Wirtschaftsministerin des Saarlandes, sie hat die Aufgabe, diese Herausforderungen anzunehmen. Sie muss sich dieser Frage stellen. Sie ist Ministerin für die Wirtschaft und nicht für die Klickerspieler von Kaltnaggisch, meine Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Was hier im Saarland seit 2011 läuft, hebt sich ab von den anderen Debatten, die man sonst bezüglich Ausbildung kennt. Ansonsten höre ich immer: Geht es der Wirtschaft gut, gibt es einen Fachkräftemangel. Geht es ihr schlecht, wird als Erstes an den Auszubildenden gespart. Wir haben gesagt, dass wir einen anderen Schritt im Saarland gehen müssen, denn es ist bekannt, dass Meister nicht vom Himmel fallen. Sie brauchen eine Ausbildung, und die, die

heute ihre Ausbildung beginnen, stehen uns erst in fünf Jahren als Fachkräfte zur Verfügung. Deshalb geht es um mehr, als nur immer zu lamentieren. Ich kann es fast nicht mehr hören: Die Folgen des demografischen Wandels auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt unter besonderer Berücksichtigung der demografischen Verhältnisse im Saarland. Das reißt doch niemand mehr vom Hocker! Ich fand es deshalb im Jahre 2011 eine pfiffige Idee, eine Strategie mit der Zielsetzung zu entwickeln, den saarländischen Fachkräftebedarf zu stemmen.

Am Anfang war es sehr schwierig, die einzelnen in der Wirtschaft Agierenden zusammenzubekommen. Ich erinnere mich noch daran - ich sage es einmal bildlich -, dass wir in dem schönen historischen Saal im Sozialministerium an einem eckigen Tisch gesessen haben, ähnlich wie bei Tarifverhandlungen, die einen auf der einen Seite, die anderen auf der anderen Seite. Wir haben das in einem Papier einfach zu einem runden Tisch der Fachkräftesicherung erklärt und danach erst ging die Arbeit richtig los.

Wir waren aber gemeinsam der Meinung, dass wir dem Fachkräftemangel nur etwas entgegensetzen können, wenn wir gemeinsam aktiv sind und gemeinsam mit unseren Ideen - ich muss zusammenfassen, weil meine Redezeit gleich zu Ende ist - etwas für das Saarland tun.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Wir waren uns einig, dass wir etwas für qualifizierte Bildung und Ausbildung und vor allen Dingen - Herr Ulrich, das ist uns wichtig - für die Lebensperspektive junger Menschen hier im Saarland tun müssen. Darauf kommt es beim politischen Handeln an.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Zum Schluss noch ein Zitat im Hinblick auf das lebenslange Lernen, das sei mir erlaubt. Wir alle müssen lebenslang lernen und uns an die Veränderungsprozesse anpassen. Das ist gar nicht so neu. Bertolt Brecht hat das einmal in seinen Geschichten des Herrn Keuner auf den Punkt gebracht: „Ein Mann, der Herrn K. lange nicht mehr gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: ‚Sie haben sich gar nicht verändert!‘ ‚Oh!‘, sagte Herr K. und erbleichte.“ - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, ich hätte Ihnen gerne noch mehr gesagt, aber die Redezeit ist leider zu Ende.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor, von daher schließe ich die Aussprache zur Regierungserklärung.

Wir kommen dann zu der

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

Fragestunde zum Thema: Grubenwasserhaltungskonzept der RAG AG (Antragsteller: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion hat form- und fristgerecht zwei Fragen gestellt. Ich erlaube mir, vorab noch einmal - weil wir das ja selten haben - auf einige Regularien hinzuweisen, wie sie die Geschäftsordnung des Landtags vorschreibt: Die Dauer der Fragestunde darf 60 Minuten nicht überschreiten, die Mitglieder der Landesregierung sollen die Anfragen kurz und präzise beantworten. Die Antworten der Regierung sind ohne Beratung zur Kenntnis zu nehmen. Anträge sind unzulässig. Die Regierung kann die Beantwortung von Anfragen ablehnen. Der Fragesteller ist berechtigt, zu jeder schriftlichen Frage - zwei sind eingegangen - bis zu sechs Zusatzfragen mündlich zu stellen. Stellt er weniger als sechs Zusatzfragen, so können die restlichen Fragen von anderen Abgeordneten gestellt werden. Schließlich weise ich darauf hin, dass Zusatzfragen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Anfrage stehen müssen, keine Feststellungen oder Wertungen enthalten und nicht in mehrere Fragen unterteilt sein dürfen.

Ich rufe nun Frage 1 auf, gestellt vom Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN, Herrn Hubert Ulrich. Sie lautet: