Wir schlagen vor, einen langfristig tragfähigen Entwicklungsplan zeitnah zu erarbeiten. Sie haben bisher Eckpunkte vorgestellt. Insofern ist dieser Vorschlag durchaus nachvollziehbar. Wir schlagen vor, die Betroffenen an der Planung zu beteiligen. Sie sagen, Sie hätten dies getan. Wir kriegen natürlich sehr viele Stellungnahmen der Betroffenen, wonach dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei. Aber Sie können das ja als Appell begreifen. Nun kommt der entscheidende Punkt: Wir schlagen vor, die Zukunft der saarländischen Hochschulen nicht durch weiteres Sparen an Hochschulmitteln zu gefährden. Die Begründung müsste eigentlich so durchschlagend und so einsichtig sein, dass auch die Regierungsfraktionen sich dem anschließen. Das Saarland ist hinsichtlich der Finanzierung der Hochschullandschaft absolut unterdurchschnittlich im Vergleich zu allen Bundesländern; wir liegen auf dem drittletzten Platz. In dieser Situation die Mittel weiter herunterzufahren, ist nach unserer Auffassung völlig verantwortungslos. So möchte ich unseren Antrag begründen.
Dann gehen wir in die Aussprache - der Präsident nickt. Ich glaube, wenn ich die Argumente aller aufmerksam verfolgt habe, herrscht in diesem Landtag Einstimmigkeit, dass die Zukunftsfähigkeit dieses Landes ganz wesentlich von den Hochschulen abhängt. Wenn wir darin übereinstimmen, müssen wir doch ganz redlich darüber diskutieren: Was können wir denn tun, um die Zukunftsfähigkeit des Landes über die Hochschulen zu sichern? Hier haben Sie, Frau Ministerpräsidentin, in Ihrer Regierungserklärung Kriterien aufgestellt. Sie sagen, wir wollen Forschung, Innovation und Entwicklung als Keimzelle unserer Zukunftsfähigkeit weiter auf höchstem Niveau vorantreiben. Wie soll das gehen mit weniger Geld? - Sie sagen, der Leitgedanke Ihrer Hochschulpolitik sei die Konkurrenzfähigkeit unserer Hochschulen. Wie soll das gehen, wenn unsere Hochschulen deutlich weniger Geld haben als die Hochschulen anderer Länder? Das wäre ein Wunder, und Wunder bringt diese Koalition auch nicht zustande.
Deshalb ist hier unserer Auffassung nach ein ganz entscheidender Punkt berührt, zu dem Sie natürlich nichts sagen werden, weil Sie es nicht widerlegen können. Auch in der Debatte - ich sage das jetzt schon - wird dazu nichts Gescheites vorgetragen werden. Nach der Statistik des Bundesamtes geben Sie pro Einwohner 166 Euro aus - die Kommastellen spare ich mir -, der Durchschnitt liegt bei 207 Euro. Der Kollege Thul hat vorhin das Problem angesprochen, dass wir nicht sagen würden, was wir denn wollten. Wir sagen, das Mindeste wäre - und das war über viele Jahre Politik im Lande -, die Hochschulausgaben pro Kopf dem Bundesdurchschnitt anzugleichen.
Das ist das Mindeste, was wir fordern. Dagegen möchte ich jetzt einmal ein vernünftiges Argument hören! Wenn man natürlich diese Frage umschifft, wenn man sich darüber gar keine Gedanken gemacht hat - den Eindruck habe ich nach alledem, was ich hier gehört habe -, dann kommt man zu völlig falschen Ergebnissen. Ich wiederhole also noch einmal: Ein Land, das nicht gleiche Anstrengungen unternimmt wie die anderen Bundesländer, verspielt seine Zukunft. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das können Sie doch nicht verantworten!
Herr Kollege Thul, Sie haben dankenswerterweise erwähnt, dass in früheren Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen worden sind, um die Hochschulen attraktiv zu machen; das ist richtig.
Es sind erhebliche Anstrengungen unternommen worden - Herr Kollege Schmitt, auch wenn Sie hier dazwischenrufen -, auf die Sie heute stolz sind. Denn alle Ergebnisse dieser Anstrengungen bilanzieren Sie hier, um deutlich zu machen wie attraktiv diese Hochschule geworden ist. Sie sind stolz darauf.
Und die Sozialdemokraten können stolz darauf sein, denn es war die Anstrengung einer sozialdemokratischen Regierung. Ich will Ihnen die Punkte noch einmal aufzählen: Wir haben vier Institute der Informa
tik mit internationalem Renommee. Glanzstück unserer Universität ist das Institut für Künstliche Intelligenz mit 400 hoch qualifizierten Arbeitsplätzen. Die anderen will ich jetzt aus Zeitgründen gar nicht durchgehen. Darauf können wir alle gemeinsam stolz sein. Wir haben das Institut für Neue Materialien ins Leben gerufen. Auch das hat positive Wirkungen auf die Wirtschaftsstruktur unseres Landes. Wir haben das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik. Das ist zwar 1999 gegründet worden, aber es ist 1997/98 vorbereitet worden. Wir haben das Zukunftsinstitut für Erneuerbare Energien. Es sind insgesamt acht Institute ins Leben gerufen worden, um diese Universität attraktiv zu machen für das Land, aber auch für Menschen, die von außerhalb zu uns kommen sollten. Wir haben in großem Umfang qualifizierte Wissenschaftler dazu bewegen können, ins Saarland zu kommen. Wenn Sie den Weg, den Sie jetzt hier beschließen wollen, wirklich ernsthaft gehen, werden Sie das Gegenteil bewirken. Qualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden in Zukunft das Saarland meiden.
In den letzten zehn Jahren sind zwei Institute dazugekommen - ich begrüße das -, das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung und die Mechatronik. Dazu wird ja nachher noch einiges zu sagen sein.
Ich begrüße ausdrücklich, dass diese Institute dazugekommen sind, aber man muss auch fragen, wo setzen wir Schwerpunkte, und diese Schwerpunkte müssen finanziert werden. Das kann man mit weiteren Sparprogrammen überhaupt nicht erreichen. Herr Kollege Schmitt, ich bin nach wie vor dafür, dass der Gedanke der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit weitergeführt wird, mit RheinlandPfalz, mit Luxemburg und mit Lothringen. Es wäre ja unsinnig, diese Zusammenarbeit nicht zu suchen. Das kann auch dazu führen, dass man sagt, dieser Schwerpunkt wird in Trier gesetzt, jener in Kaiserslautern und wieder ein anderer in Saarbrücken, in Metz oder in Luxemburg. Das ist alles vertretbar, weil wir ein Haushaltsnotlageland sind. Das waren wir aber auch in der Zeit, von der ich jetzt rede, und wir haben daraus nicht den Schluss gezogen, die Universität mehr oder weniger zu beschädigen. Das ist wirklich ein ganz schwerer Fehler, den Sie hier machen.
Die Universität hat nicht zu viel Geld, sondern im Vergleich zum Bundesdurchschnitt - Sie können das nachprüfen - fehlen ihr schon jetzt 40 Millionen Euro. Und dass es in anderen Ländern anders zugeht, können Sie beobachten, wenn Sie aufmerksam die
bundesdeutsche Presse verfolgen. Da werden neue Investitionen getätigt, beispielsweise in Dortmund, beispielsweise in Aachen. Natürlich ist das auch ein Haushaltsnotlageland; davon war ja gerade die Rede. Aber die ziehen daraus den Schluss, diese Einrichtungen im Interesse der Zukunft des Landes weiter auszubauen und die Investitionen zu verstärken.
Meine Damen und Herren, wenn Sie nun sagen, dass Sie bei der Universität sparen wollen, dann müssen Sie auch die anderen Landesbereiche ins Auge fassen. Interessanterweise geschieht dies aber nur sehr zögerlich oder nur sehr unzureichend. Ich muss Ihnen hier eine Wahrheit noch einmal vortragen. Sie haben auch nach der neuen Statistik, die jetzt herausgekommen ist, 4.000 Vollzeitbeschäftigte mehr als vergleichbare andere Flächenstaaten im Westen. 4.000 Vollzeitbeschäftigte entsprechen grob gerechnet 200 Millionen Euro. Damit könnte man hier an der Saar eine zusätzliche Hochschullandschaft finanzieren. Nun wollen Sie diese 4.000 Vollzeitäquivalente um 2.400 reduzieren, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Sie haben dann immer noch 1.600 zusätzlich, das entspricht 80 Millionen Euro. Sie müssen dann begründen, wie Sie mit diesen Zahlen in der Bund-Länder-Diskussion weiter bestehen wollen.
Sie sind ja ein ganz Schlauer, Herr Kollege. Ich hatte gesagt, wir könnten eine zweite Universität damit finanzieren. Dort sind sehr viele Lehrer, falls Ihnen das nicht aufgefallen ist. An den Universitäten gibt es sehr viele Lehrer, glauben Sie mir.
Ich muss es Ihnen einfach einmal sagen: Reden Sie doch nicht so unqualifiziert dazwischen! Wenn man ein Haushaltsnotlageland vertritt, dann ist man unter großem Begründungszwang, wenn man in verschiedenen Bereichen deutlich höhere Ausgaben hat als andere Flächenländer. Sie werden mit dieser Politik nicht durchkommen, Sie ruinieren mit dieser Politik unser Land!
Nun kann man für eine ordentliche Personalstärke im Öffentlichen Dienst werben, das tun wir. Aber dann muss man auch die Finanzierung benennen. Das tun wir, aber Sie lehnen ja eine Finanzierung ab. In den Jahren, in denen, wenn man so will, der Aufbau des Personals geschehen ist, haben Sie im Bundesrat zugestimmt, dass in erheblichem Umfang öffentliche Mittel abgebaut worden sind. Die Arbeitskammer hat einmal ausgerechnet, dass das für das Land in etwa 260 Millionen Euro pro Jahr sind, für die Gemeinden 80 Millionen Euro. Sie haben auf der einen Seite die Ausgaben kräftig gesteigert und auf
der anderen Seite die Steuereinnahmen kräftig gesenkt. Wo ist denn da eigentlich der Sinn geblieben, wo war eigentlich die Vernunft? Deshalb sind Sie jetzt mit Ihrer Politik, wie die Studentinnen und Studenten es sagen, tatsächlich dabei, auch die Universität an die Wand zu fahren. Das können Sie nicht tun, denn damit verspielen Sie die Zukunft unseres Landes.
Sie kommen doch an den Zahlen nicht vorbei. Sie werden darüber hinwegreden, Sie werden viel von Innovation, Konzentration, von Erneuerung reden, Sie werden englische Begriffe verwenden, alles wunderbar, aber es gibt auch die sogenannte Hardware in der Diskussion. Und wenn man diese Zahlen nicht sieht oder nicht zur Kenntnis nimmt, dann ist man nicht in der Lage, richtige Entscheidungen zu treffen. Ich muss hier an die Sozialdemokraten appellieren: Bitte überlegen Sie sich, dass beispielsweise in der Zeit, als die SPD die Regierung hier allein führte, eine ganz andere Politik gemacht worden ist! Wir hatten mit Herrn Breitenbach und Herrn Pernice zwei Leute - das sage ich hier einmal anerkennend -, die in hervorragender Weise dazu beigetragen haben, Institute an die Saar zu holen. Sie sind dabei, wenn Sie dieser Politik zustimmen, diese hervorragende Politik aufzugeben und das Gegenteil zu machen, und das dient nicht der Zukunft unseres Landes.
Im Übrigen, Herr Kollege Thul, da Sie hier die Oppositionsfraktionen angemacht haben, weil das so ein schlichter Antrag sei, will ich Ihnen einmal Folgendes vorlesen. Sie schlagen vor - Sie haben es zumindest eingebracht, ich weiß nicht, wer das ausgearbeitet hat -, wir sollten Folgendes beschließen: Um die hervorgehobene Leistungsfähigkeit der Universitätsmedizin langfristig zu sichern, erwartet der Landtag - das ist wohl eingefügt worden -, dass der international sichtbare Forschungsschwerpunkt Molekulares Signaling und der Profilbereich Biomedizinische Modellierung um die vom Wissenschaftsrat als zukunftsträchtig benannten Initiativen aus dem Bereich Molekulare Therapiestrategien arrondiert werden. - Ich muss sagen, ich verneige mich vor dem Wissen der Koalitionsfraktionen. Mir ist es nicht gelungen, den Sinn dieses Satzes zu erschließen, aber ich sehe, dass bei Ihnen viele Experten sitzen. Kompliment, das ist ein wirklicher Fortschritt, dass das Wissen um die Zusammenhänge in der Forschung bei den Fraktionen in diesem Umfang gestiegen ist.
Aber Scherz beiseite, Sie haben gesagt, Leitgedanke ist die Konkurrenzfähigkeit. Und daran kommen Sie nicht vorbei: Wenn Sie die Konkurrenzfähigkeit stärken wollen, müssen Sie eine andere Politik machen. Sie haben beispielsweise gesagt - und das
können wir unterschreiben -, wir sollten die Informatik weiter ausbauen. Das ist ja richtig, aber das kostet Geld. Wenn Sie sagen, wir wollen die Informatik weiter ausbauen, aber gleichzeitig Geld abziehen, dann geht das nicht auf.
Sie wollen die Medizintechnik besser koordinieren. Sie sagen hier, das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik, das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung und das Institut für Neue Materialien sollten besser zusammenarbeiten. Nichts dagegen!
Aber das ist nicht das, was wir seit Längerem vorschlagen, die Medizintechnik zu einem Schwerpunkt hier an der Saar zu machen. Dafür muss man Geld in die Hand nehmen. Und damit das nicht noch einmal kommt: Ich bin dafür, dass man grenzüberschreitend zusammenarbeitet. Das bringt, um das deutlich zu sagen, auch Einspareffekte. Aber diese Einspareffekte darf man nicht nutzen, um den Haushalt zu sanieren, sondern man muss sie nutzen, um neue Dinge aufzubauen - die Dinge, die das Land doch dringend braucht, wenn es die Zukunft gewinnen will!
Dass Sie auf dem falschen Wege sind, das hören Sie ja selbst von der Industrie- und Handelskammer und von der Wirtschaft. Dass die Schließung des Faches Mechatronik an der Universität nicht richtig sei, das lesen Sie ja in verschiedenen Stellungnahmen. Herr Kollege Meiser, Sie haben gesagt, Sie seien auf dem Weg, diesbezüglich einen Kompromiss zu erzielen. Ich kann Sie nur darin bestärken, das zu tun! Ich vermag das von der fachlichen Seite her nicht abschließend zu beurteilen, aber ich muss Ihnen sagen: Es spricht vieles dafür, diese Doppelbesetzung beizubehalten. Bedenken Sie bitte, dass wir hier beispielsweise mit ZF einen Betrieb haben, der nun wirklich ein Leuchtturm unserer Industrielandschaft ist. Und ZF ist ein Betrieb, der in seinem inneren Produktionsablauf sehr stark auf die Mechatronik setzt und auf sie angewiesen ist. Deshalb ist beispielsweise ja auch der Chef von ZF im Beirat des Instituts. Das möge Ihnen doch zu denken geben! Vielleicht kommen Sie dann doch zu dem Ergebnis, dass die Mechatronik eine besondere Bedeutung hat, beispielsweise für die Automobilzulieferer.
Angesichts all dessen, so meine ich, sind die Einwände der Wirtschaft durchaus berechtigt. Ich würde Sie auffordern, den Kompromiss zu suchen und, wie immer er aussehen mag, jedenfalls den Einwänden der Wirtschaft an dieser Stelle Rechnung zu tragen. Hätten wir zum Beispiel in den zurückliegenden Jah
ren ZF nicht massiv gepflegt, wäre der Ausbau in dieser Form gar nicht möglich gewesen. Das möchte ich einmal in aller Deutlichkeit sagen. Allein schon dieser Betrieb würde mich veranlassen zu sagen: Lasst uns bei der Mechatronik doch den Forderungen der Wirtschaft entgegenkommen!
Nun steht heute in der Presse, die Wirtschaftsministerin wolle eine Koordinationsstelle für Energieforschung im Ministerium einrichten. Das ist ja alles in Ordnung. Ob allerdings die Forschung wesentliche Impulse erfährt, wenn eine Koordinationsstelle eingerichtet wird, das ist doch, um es zurückhaltend zu sagen, nicht gesichert. Auch die Energieforschung benötigt natürlich Lehrstühle, sie braucht Material, Finanzen, um die Forschungsarbeiten voranzutreiben. Mit diesem Thema hätte sich eine weitere Alternative angeboten. Das Saarland ist zu schwach, um viele Schwerpunkte zu setzen. Ich persönlich vertrete seit Längerem die Auffassung, dass Medizintechnik ein zukunftsversprechender Schwerpunkt wäre. Man kann aber auch andere Schwerpunkte setzen, selbstverständlich, etwa auch die Energieforschung. Warum nicht? Nur muss man dann eben auch Alternativen setzen, das Profil schärfen, wie Sie das genannt haben.