Protokoll der Sitzung vom 14.10.2014

bietern, denn das ist die Grundstruktur, die wir brauchen. Ja, die Währung der Zukunft ist auch eine Frage der Mobilität - das war ja der weitere Bereich, den Sie genannt haben - und auch eine Frage der Infrastruktur.

Ich möchte auch noch etwas zum Thema Deutsche Bahn sagen, weil das die Landesregierung insgesamt betrifft. Wir stecken in einer schwierigen Situation, das ist in der Tat richtig, im Übrigen nicht nur wir, sondern auch andere Bundesländer. Wir haben eine Deutsche Bahn, die selbst bei gutem Willen durchaus Probleme hat, zum Beispiel im Fernverkehr so zu investieren, wie sie es vielleicht möchte. Und die Struktur, die wir heute haben, ist auch ein Ergebnis der Privatisierung. Die Bahn muss Ergebnisse bringen und sie muss mit Blick auf das Fahrgastaufkommen rechnen. Natürlich ist es extrem schwierig, wenn eine der großen europäischen Transversen von Paris nach Frankfurt von französischer Seite eingekürzt wird, weil - auch das kann man verstehen - die französische Seite sagt, wir haben 4 Milliarden Euro in Straßburg investiert. Wir haben dort ein Fahrgastaufkommen von 400.000 Personen, wir haben über Metz ein Fahrgastaufkommen von 60.000 Personen und es ist klar, dass Straßburg Zugpaare will. Auch die SNCF muss sparen und kann nicht zusätzliche Zugpaare bestellen. Das ist eine Entscheidung der französischen Seite. Was wir jetzt von der Deutschen Bahn verlangen, ist, dass sie sozusagen aus dem Quellaufkommen, das wir hier haben, eine Ersatzverbindung von Saarbrücken nach Frankfurt schafft. Darüber wird zurzeit verhandelt und diese Verhandlungen werden von der Wirtschaftsministerin geführt.

Es ist auch richtig, dass wir ein objektives Problem dadurch haben, weil wir im Bereich des Nahverkehrs die Taktungen nach Kaiserslautern und Mannheim durch den Rheinland-Pfalz-Takt, den wir damals gemeinsam verhandelt haben - die damalige saarländische Landesregierung und die rheinland-pfälzische Landesregierung geändert haben. Wir haben dadurch für einen gewissen Stau und Enge zwischen Fernverkehr und Nahverkehr gesorgt. Andere Bundesländer gehen andere Wege. Niedersachsen hat einen integrierten Ansatz gewählt. Das kann man so oder so entscheiden, aber der objektive Tatbestand ist da und mit diesem müssen wir umgehen.

Herr Kollege Lafontaine, ich halte es auch für berechtigt, dass, wenn wir ein europäischer Großraum sein wollen, wir uns über den Grenzaspekt hinaus über Anbindungen Gedanken machen. Das wird von dem Kollegen in Luxemburg - wir hatten ja die gemeinsame Kabinettsitzung mit dem Kollegen Bettel mit Blick auf eine Anbindung nach Luxemburg genauso gesehen. Ich bin nicht naiv, auch wenn Sie mir das unterstellt haben. Ich weiß genau, dass wir anderes Zugmaterial brauchen, dass wir andere

rechtliche Konstruktionen brauchen, dass wir andere Schienenanbindungen brauchen. Aber, sehr geehrter Herr Kollege Lafontaine, wenn diejenigen, die vor mir Verantwortung getragen haben, diese Hindernisse so betrachten würden, dass sie gesagt hätten, das ist aber schwierig, da lassen wir besser die Finger davon, dann gäbe es bis heute noch keine Schnellverkehrsverbindung von Paris nach Frankfurt, dann gäbe es nämlich den Vertrag von La Rochelle nicht. Das hat auch etwas mit Visionen und mit Hartnäckigkeit zu tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Beim Thema Luxemburg werden wir dranbleiben. Ich bitte nun auch, doch einmal einen kleinen Moment zu überlegen: Es ist sicherlich toll, eine gut funktionierende Busverbindung von Saarbrücken nach Luxemburg zu haben. Ich bin auch froh, dass wir das haben. Wenn wir aber um Unternehmen, um Fachkräfte von außen werben, macht es doch einen Unterschied, ob ich einem Firmenlenker sagen kann: „Kommen Sie zu uns ins Saarland, in die europäische Kernregion, hier gibt es europäische Traversen von Paris nach Frankfurt, von Luxemburg über Saarbrücken nach Frankfurt!“, oder ob ich ihm sage: „Super, wir haben hier eine Busverbindung zwischen Saarbrücken und Luxemburg!“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich mich auf das Zweite beschränken muss, dann ist das der Provinzialismus, den Sie eben angesprochen haben!

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Das Thema Mobilität, das Sie, sehr geehrter Kollege Hilberer, angesprochen haben, geht weit über das Thema ÖPNV hinaus. Es läuft hinaus auf eine moderne Definition zur Frage, was individuelle Mobilität heute bedeutet. Wir haben doch das höchste Interesse daran, dass dieses Thema „Mobilität und Mobilitätskonzepte“ so behandelt wird, dass eines der Kernstücke unserer Wirtschaft, ein zentrales Element des Rückgrates unserer saarländischen Wirtschaftsstruktur, nämlich die Automobilproduktion und die Zulieferer, davon profitieren. Das Ende vom Lied darf nicht sein, dass in diesem Land noch drei Busse gebaut werden, aber keine Autos mehr. Das kann doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht die Vision sein, die die PIRATEN für dieses Land haben!

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Sehr geehrter Herr Kollege Hilberer, es ist äußerst wichtig, dass wir im Bereich der Wirtschaft und auch und insbesondere im Bereich der Wissenschaft, der Forschung und des Forschungstransfers die Weichen richtig stellen. Insbesondere auch - und ich bin da wirklich optimistisch, weil wir allen Grund dazu haben - in der Verknüpfung der Exzellenz an der Universität des Saarlandes im Bereich IT mit unserer Wirtschaftsstruktur liegen hier größte Chancen,

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

die wir für die künftige Weiterentwicklung haben. Denn es geht dabei um nichts anderes als das, was unter dem Stichwort Industrie 4.0 angesprochen wird: Es geht um den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Industrie und im Bereich der Mobilität. Beides haben wir hierzulande. Wir haben Automobilproduzenten, wir haben Zulieferer - und wir haben das DFKI und das gesamte IT-Cluster. Beides müssen wir zusammenbringen, und an diesem Themenfeld arbeiten wir. In einer Zeit, in der wir auch an den Hochschulen finanzielle Einschränkungen vornehmen müssen - das haben wir hier im Landtag ja auch hinlänglich diskutiert -, ist es wichtig, diesbezüglich die richtigen Schwerpunkte zu setzen.

Sie haben auch gesagt, die zweite Leitinvestition sei „Bildung, Bildung, Bildung“. Vollkommen richtig. Für mich interessant war, wie Sie das definiert haben; Sie haben gesagt: Schule - Abi - Uni. Dazu will ich nur sagen, viele Leistungsträger in diesem Land haben nicht Schule - Abi - Uni gemacht, viele Leistungsträger in diesem Land haben gemacht: Schule - mittleren Bildungsabschluss - Berufsausbildung - dann Abi - dann ein entsprechendes Studium. In diesem Land der Industriearbeiter, in diesem Land der Industrie, hat deshalb die berufliche Bildung den gleichen Stellenwert wie die akademische Bildung. Es wäre gut, würde die Opposition auch das einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Aber Sie erwecken ja auch den Eindruck, wir würden die Universität kaputtsparen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Sie erwecken den Eindruck, nicht wir! Sie verwechseln Ursache und Wirkung, Frau Ministerpräsidentin!)

Ich kann mich noch gut an die Eckpunktediskussion erinnern und an die öffentlichen Diskussionen, in denen gesagt wurde, wir würden erleben, dass die Studierendenzahlen einbrechen ob der grausamen Diskussionen, die wir in diesem Land führen. Der Universitätspräsident hat mir diese Woche mitgeteilt, nach den ersten Schätzungen, die im ihm nun vorlägen, werde das nicht Fall sein. Die Studienanfängerzahlen würden entweder gehalten oder sogar gesteigert. Das heißt doch, dass der Weg, den wir gewählt haben, mit dem Gutachten, insbesondere aber auch, indem dieser Landtag die Verantwortung der Landespolitik wahrgenommen und deutlich gesagt hat, was er an Hochschullandschaft in diesem Land zu finanzieren bereit ist und was er will, sich bewährt hat. Ich bin dem Landtag sehr dankbar, dass er diesen Weg so eingeschlagen hat.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Wir fördern nun insbesondere die Bereiche, die wir für die Zukunft brauchen. Vorhin wurde ja die Frage gestellt, wie es hinsichtlich der Wirtschaftsstruktur

und der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in diesem Land aussieht. Ja, es gibt Eintrübungen am wirtschaftlichen und am konjunkturellen Himmel. Und ja, ich gehöre nicht zu denen, die, solange noch irgendeine positive Meldung kommt, die Augen verschließen und sagen, dass bis jetzt ja alles gut sei und morgen dann sagen: Ach je, jetzt ist aber irgendwie alles schwierig. Ich nehme vielmehr diese Warnzeichen sehr, sehr ernst. Wir müssen sie im Saarland auch ernster nehmen, als das andernorts notwendig ist, weil wir wie kein anderes Land vom Export abhängig sind und weil wir wie kaum ein anders Land insbesondere vom Maschinenbau, den Zulieferern und der Automobilindustrie abhängig sind. Angesichts dessen muss es uns darum gehen, die Rahmenbedingungen - auch auf der nationalen, auch auf der europäischen Ebene - immer wieder so zu beeinflussen, dass unsere Wirtschaft hier gedeihen kann.

Wir müssen aber, weitere Voraussetzung, auch dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für das Wachsen der Wirtschaft auch bei uns selbst richtig geschaffen werden. Dazu gehört, genügend Gewerbeflächen zur Verfügung zu stellen, damit Neuansiedlungen erfolgen können; hierfür haben wir einen Masterplan vorgelegt. Dazu gehört insbesondere, und das ist mittlerweile fast das größte Problem, das wir haben, genügend Fachkräfte in diesem Land zu haben. Wir haben bereits heute die Situation, dass wir selbst in dem Fall, dass wir alles aktivieren, was uns auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, wahrscheinlich nicht mehr alle frei werdenden Stellen abdecken können. Hier müssen wir ansetzen, und dabei geht es insbesondere um ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dabei geht es insbesondere auch um das Thema der Frauenerwerbsquote. Die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Frage, ob wir genügend Kita-Plätze haben, sind eben nicht nur Fragen der Familienpolitik - es geht dabei auch um aktive Wirtschaftsförderung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch dieser Aufgabe stellen wir uns.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Es ist wichtig, dass wir im Bereich NanoBioMed, im Bereich der Pharmazie, im Bereich der Neuen Materialien, im Bereich IT weitere Forschungen und Entwicklungen in Gang setzen, die umsetzbar sind in Geschäftsideen, in Produktion - und letzten Endes auch in gute Arbeitsplätze, denn das ist doch das, was wir für dieses Land und für die Menschen in diesem Land wollen.

Ich will auch aufzeigen, was sozusagen den Rahmen für alles bildet: Das ist die Finanzsituation in diesem Land. Wo stehen wir diesbezüglich im Moment? Wir sind im Moment mitten in den Verhandlungen. Sehr geehrter Herr Kollege Lafontaine, verehrte Kollegen der Opposition, Sie glauben doch

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

nicht, dass man in Besprechungen mit dem Ministerpräsidenten dieses Landes vor noch zwei, drei, vier oder vor zehn Jahren die Aussage eines bayerischen Ministerpräsidenten bekommen hätte: Jawohl, wir sehen die Schwierigkeiten der Situation im Saarland, wir wissen, dass es hier einer dauerhaften Lösung bedarf. - Das ist unabhängig von den offiziellen Verlautbarungen. Entscheidend ist, dass an der Stelle, an der wirklich verhandelt wird - und an dieser Stelle sitze derzeit ich, sehr geehrter Herr Lafontaine, und deshalb kann ich das besser beurteilen als Sie -, gesagt wird: Ja, das Saarland macht seine Hausaufgaben, das Saarland strengt sich an, und deswegen hat das Saarland auch die Solidarität der anderen Bundesländer und des Bundes verdient. Das ist die Grundlage, auf der wir verhandeln, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Das bedeutet nicht, und das sage ich vorweg, dass das einfache Verhandlungen wären. Das wissen Sie besser als ich, denn Sie haben diese Verhandlungen in der Vergangenheit auch geführt. Das bedeutet nicht, dass andere Länder bereit wären, ihre berechtigten Interessen massiv außer Acht zu lassen. Und das bedeutet schon gar nicht, dass wir alles schon „in trockenen Tüchern“ hätten. Denn es geht nicht nur um das Thema Altlasten. Wir haben andere Probleme, zum Beispiel die Frage der Kofinanzierung in vielen Programmen, vom Wohnungsbau über den Hochschulpakt und viele andere Dinge. Das muss man einfach wissen! Deswegen wird es auf das Gesamtpaket ankommen. Ich kann nur den Appell auch an die Opposition richten: Es wird nicht reichen, sich hier hinzusetzen und zu sagen, wir warten einmal ab, was die Landesregierung verhandelt. Jeder muss an seiner Stelle im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und dieses Landes seinen Beitrag dazu leisten. Jeder hat Verbindungen nach Berlin, jeder hat Verbindungen in andere Bundesländer. Das erwarten die Menschen von der Opposition in diesem Land, und, meine sehr verehrten Damen

und Herren, es wäre schön, wenn Sie Ihrer Verantwortung gerecht würden! - Herzlichen Dank.

(Lachen des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜ- NE). - Anhaltender lebhafter Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache. - Es wird vorgeschlagen, die Gesetzentwürfe an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über das Haushaltsgesetz 2015, Drucksache 15/1050. Wer für die Annahme dieses Gesetzes in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den zuständigen Ausschuss ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen und an den zuständigen Ausschuss überwiesen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, abgelehnt haben die Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über das Haushaltsbegleitgesetz 2015, Drucksache 15/1051. Wer für die Annahme dieses Gesetzes in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den zuständigen Ausschuss ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen und an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen überwiesen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, abgelehnt haben die Oppositionsfraktionen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am Ende der Sitzung angelangt. Ich schließe die Sitzung.

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)