Wenn aber der Markt hierzulande zu Ungunsten der Mieterinnen und Mieter kaputt ist - wenn dem so ist, und das muss man erst noch erweisen! -, wäre es dann nicht besser, den Markt von der Angebotsseite her zu reparieren? Denn schafft man mehr Angebot, ist es für die Leute natürlich einfacher, auszuwählen. Damit bringe ich die Mieter in eine stärkere Position. Daher sage ich: Wenn der Markt zu Ungunsten der Mieterinnen und Mieter kaputt ist, dann müssen wir über eine Wohnungsbau- und Sanierungsförderung nachdenken, die es uns möglich macht, die großen Leerstände in unseren Gemeinden aufzulösen, sie auf dem Markt anzubieten. Das wäre ein wesentlich geringerer Eingriff und würde im Endeffekt den gleichen Nutzen haben, nämlich den Mieter in eine stärkere Position zu bringen.
Letztlich machen Sie einem die Entscheidung über den von Ihnen vorgelegten Entwurf nicht gerade leicht. Die Intention des Vorhabens ist völlig nachvollziehbar. Ich habe es ausgeführt: Ich bin der tiefen Überzeugung, dass wir Standards brauchen, dass diese Standards auch eingehalten werden müssen. Es gibt gleichwohl viele offene Fragen, sie betreffen die Situation im Saarland und die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe, die dieses Gesetz vorsieht.
Kann man das im Ausschuss klären? Das wäre ja die nächste Frage. Man könnte sagen, wir überweisen das Gesetz in den Ausschuss und gehen umfangreiche Änderungen an. Was mir letztlich die Zustimmung aber wirklich unmöglich macht, ist die eklatante Verletzung des Konnexitätsprinzips. Das ist übrigens ein Aspekt, der auch in der entsprechenden Debatte in Nordrhein-Westfalen stark kritisiert wurde. Und ich glaube nicht, dass unsere Kommunen nun so viel besser dastehen als die Kommunen in Nordrhein-Westfalen; sie stehen vielleicht ein bisschen besser da, aber nicht so viel besser. Können wir wirklich sagen, liebe Kommunen, ihr macht auch das noch, und das Land gibt euch dafür kein Geld? Das wäre nämlich die Konsequenz, wenn dieser Gesetzentwurf so umgesetzt würde. Vor diesem Hintergrund können wir das Gesetz leider nur ablehnen, so sehr wir Ihre Intention betreffend den Schutz der Mieter auch teilen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als mich die Landtagsfraktion angesprochen hat, als sie mir gesagt hat, hier werde im nächsten Plenum ein Wohnungsaufsichtsgesetz vorgelegt, habe ich zunächst einmal gefragt: Bin ich dafür überhaupt zuständig? Ich bin doch für den Innen- und den Haushaltsbereich zuständig! - Ich wurde dann aber aufgeklärt, dass hier die Kommunen betroffen sein sollen. Mein erster Gedanke war dann: Ich habe eigentlich bis heute im Saarland und das Saarland betreffend zum Thema Wohnungsaufsichtsgesetz noch nichts gehört. Habe ich da was verpasst? In der Presse hat nichts gestanden, der Rundfunk im Saarland hat nicht berichtet. Haben wir hier im Saarland überhaupt Handlungsbedarf im kommunalen Bereich? - Ich habe also zunächst einmal festgestellt, dass ich zu einem Wohnungsaufsichtsgesetz in diesem Lande noch nichts gehört habe.
Mein zweiter Gedanke war, mir die Gesetzesvorlage einmal anzuschauen. Darin steht zu Beginn unter § 1 - Aufgaben der Gemeinden: „Die Gemeinden haben 1. die Wohnungsaufsicht wahrzunehmen und 2. Wohnungssuchende (…) bei der Beschaffung von Wohnraum zu unterstützen.“ Ich lasse die Zwischensätze weg. „Die Gemeinden nehmen diese Aufgaben als Selbstverwaltungsangelegenheit wahr.“ Das ist also eine neue Aufgabe für die Gemeinden.
Ich bin nun ja mit der kommunalen Familie hier im Land sehr eng verbunden, und ich habe mich gefragt: Wurde mit denen überhaupt einmal geredet, bevor man hier ein solches Gesetz einbringt? Ich sage: Nein. Der Kollege Hilberer hat die Fragen schon aufgeworfen: Was ist mit der Konnexität? Besteht hier überhaupt Handlungsbedarf? Und wie ist die Haltung unserer Städte und Gemeinden zu diesem Gesetz? Man könnte sagen, man kann das im Gesetzgebungsverfahren regeln. Aber ein Gesetzentwurf sollte schon eine gewisse Grundlage bieten. Die kann ich hier nicht erkennen.
Es genügt also nicht, einfach zu sagen: Was in NRW oder in anderen Bundesländern funktioniert, ist für das Saarland auch förderlich. Kollegin Kugler, Sie schreiben in Ihrer Pressemeldung zur Ankündigung des heute vorgelegten Gesetzentwurfs, es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein „dass vermieteter Wohnraum trocken, beheizbar und hell sein muss und sanitäre Anlagen nicht nur vorhanden, sondern auch funktionsfähig sein müssen.“ Der Meinung bin ich auch, und ich glaube, jeder Kollege und jede Kollegin hier. „Nahezu alle Vermieter“ - so schreiben Sie weiter - „halten sich an diese Vorgaben.“ Wenn Sie schon feststellen, dass nahezu alle Vermieter sich an diese Vorgaben halten, muss ich
Sie fragen: Regeln wir hier Einzelfälle? Es ist nicht der Sinn eines Gesetzes, Einzelfälle zu regeln.
Sie sprechen von einem Kreis schwarzer Schafe. Dazu komme ich gleich noch. Wir haben bestehende und bei uns im Saarland funktionierende Vorschriften in unserer Landesbauordnung. Ich möchte nicht näher darauf eingehen, mein Vorredner hat dazu gesprochen. Die LBO beschreibt Mindestforderungen an die Wohnungen. Wir haben zurzeit im Innenausschuss die Novellierung der Landesbauordnung als Vorlage im Gesetzgebungsverfahren. Wir haben eine ganz ausführliche inhaltliche Anhörung dazu durchgeführt. 73 Kammern, Verbände, Organisationen und Behörden waren eingeladen, sie haben zum Teil umfangreiche Stellungnahmen vorgelegt. Der Städte- und Gemeindetag, der Landkreistag, die Baubehörden - kein Vertreter hat die Einführung einer Wohnungsaufsicht angesprochen, sich mit der weitergehenden Bestimmung von Mindestanforderungen an Wohnungen beschäftigt oder Klage geführt, dass auf diesem Markt bei uns im Saarland etwas nicht in Ordnung wäre. Auch kein Abgeordneter - auch keiner von der LINKEN - hat in einer Fragestellung weitergehende Mindeststandards oder ergänzende Hygiene- und Ausstattungsvorgaben für Wohnraum angesprochen. Keiner! Das Gesetz mag wohl in NRW angebracht und sinnvoll sein, das möchte ich gar nicht beleuchten. Aber bei uns im Saarland halte ich es für eine weitere Verstaatlichung und Bürokratisierung für nicht zielführend.
Wir sind nicht hier, um Einzelfälle zu regeln. Ich sehe hier keinen Handlungsbedarf. Aus diesem Grund können wir Ihrer Gesetzesvorlage nicht zustimmen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Das Wort hat nun der Abgeordnete Michael Neyses von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im April 2014 hat Rot-Grün in NRW ein Wohnungsaufsichtsgesetz verabschiedet. Es soll sicherstellen, dass Mindestanforderungen an vermieteten Wohnraum gelten. Diesem Wohnungsaufsichtsgesetz gingen zwei Jahre Enquetekommission und umfangreiche Anhörungen voraus. Das Gesetz dient nun als Vorlage für den vorliegenden Gesetzentwurf.
aber die Chance geben, es in Erster Lesung annehmen, um es im Ausschuss an die saarländischen Bedingungen anzupassen.
Nach dem Gesetzentwurf sollen die Gemeinden zukünftig nicht erst bei eingetretenen, sondern schon bei drohenden Missständen einschreiten können. Sie müssen notfalls auch Wohnhäuser oder einzelne Wohnungen für unbewohnbar erklären können, wenn nämlich Wohnraum von Investoren und Wohnungsbaugesellschaften nicht saniert wird, der aber dringend saniert werden müsste, wenn die Wohnung zu feucht ist, wenn die Heizung nicht funktioniert, wenn der Wasserhahn oder die Toilettenspülung versagt. Ein menschenwürdiges Wohnen soll sichergestellt werden. Es soll verhindert werden, dass unseriöse Vermieter wohnungssuchende Menschen ausnutzen, um einen maximalen Gewinn zu erzielen.
Haus- und Wohnungseigentümer sollen verpflichtet werden, vermieteten Wohnraum auch so instand zu halten, dass dieser einem Mindeststandard genügt. Deshalb werden im vorliegenden Gesetzentwurf Mindestanforderungen an die Eigenschaften von Wohnraum gestellt. Es wird vorgeschrieben, dass Belichtung und Belüftung, Witterungsschutz, Energie- und Wasserversorgung, Heizung und sanitäre Einrichtungen nicht nur vorhanden sein, sondern auch funktionieren müssen. Liegen Anhaltspunkte für Missstände vor, sollen die Kommunen die Eigentümer weit stärker als bisher zur Mitwirkung bei der Ermittlung und Beseitigung zwingen können. Die Eigentümer sollen zukünftig auch die Beweislast tragen, wenn sie behaupten, dass ihnen eine Instandsetzung wirtschaftlich nicht zuzumuten sei. Schreitet die Kommune ein und bestellt selbst Handwerker, um die übelsten Missstände zu beseitigen, kann sie die Kosten dafür vom Eigentümer zurückverlangen. Zahlt dieser nicht, können seine Schulden bei der Kommune künftig im Grundbuch eingetragen werden. Das verhindert Spekulationen mit Schrottimmobilien. Es werden auch Anforderungen an die Mindestfläche pro Person definiert, um der Matratzenvermietung einen Riegel vorzuschieben: 9 m² für Erwachsene und 6 m² für Kinder.
Ich komme gleich zu dem Fall im Saarland, Kollege Theis. - Erinnern Sie sich noch an die Unterbringung der rumänischen Arbeiter am Bostalsee? Sie waren miserabel untergebracht, weil die Rendite stimmen sollte. Wird Überbelegung publik, könnte die Behörde künftig schneller eingreifen.
In NRW gab es viele Extremfälle. Menschen aus extremer Armut wanderten in die Städte und trafen auf oft skrupellose Immobilienbesitzer. Die Mieten dort sind horrend, und die Menschen wohnten in Einzelfällen unter unmenschlichen Bedingungen. Dagegen
musste etwas getan werden - das hat die rot-grüne Regierung dort auch getan. Es gab zum Beispiel das Problemhaus in Duisburg-Bergheim. Mit zeitweise bis zu 1.000 Bewohnern war der Gebäudekomplex völlig überbelegt. Fast täglich gab es Polizeieinsätze. Es herrschten katastrophale hygienische Zustände. Inzwischen ist dank des Wohnungsaufsichtsgesetzes dort wieder Ruhe eingekehrt.
Im Saarland, das ist richtig, haben wir eine andere Situation. Es wurden nur wenige Beispiele genannt. Für die Kollegen aus dem Kreis Neunkirchen - Kollege Hans und Kollege Waluga - möchte ich das Corona-Wohnhaus in Neunkirchen nennen. Die Situation ist Ihnen vielleicht bekannt.
Es geht um 70 Wohnungen, Herr Kollege Theis. Vielleicht informieren Sie sich einfach, Herr Kollege. - Ich möchte an dieser Stelle auch keinen falschen Zungenschlag hereinbringen: Die überwiegende Zahl der Vermieter geht vernünftig mit ihren Wohnungen um. Für die Fälle, in denen aber etwas unternommen werden muss, geben wir den Gemeinden mit der Annahme des Gesetzentwurfs die Möglichkeit, aktiv zu werden, und zwar nicht nur nach dem Polizeirecht, sondern zusätzlich nach dem Wohnungsaufsichtsgesetz.
Auch wir sehen die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden sehr kritisch. Weitergehende Kontrollen bedeuten natürlich zusätzlichen Verwaltungsaufwand und damit auch Kostenaufwand für die Städte und Kommunen. Angesichts der angespannten Haushaltslage dürfen wir die Kommunen mit dieser Aufgabe auch finanziell nicht alleine lassen, Kollege Strobel hat es - wenn auch sehr unsachlich erwähnt. Wir sollten aber im Ausschuss darüber reden. Und um im Ausschuss darüber zu reden, müssen wir dem Gesetz zunächst eine Chance geben. Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf in Erster Lesung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht noch ein Wort vorweg zu den freundlichen Einlassungen des Kollegen Strobel. Herr Strobel, bei Ihnen vermisse ich zeitweise jedes Fünkchen Anstand. Gestern in der Zeitung hat man noch gelesen, dass Benehmen als Pflichtfach in den Schulen eingeführt werden soll. Jetzt weiß ich, warum.
Das Thema ist so brisant, weil wir bei uns Menschen haben, die nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen, wenn es Probleme mit der Wohnung gibt.
Herr Scharf, ich darf es Ihnen mal erklären. Wir hatten hier im Hause eine Gruppe von Menschen, die beklagt haben, in einer schimmeligen Wohnung zu sitzen. Dabei war auch eine alleinerziehende Frau mit vier oder fünf Kindern, eines davon war behindert. Die Gruppe wurde von Pro Ehrenamt begleitet, sie haben sich an uns gewandt. Ich habe gesagt, sie sollen eine Petition schreiben oder sich ans Gesundheitsamt wenden. Monate später - das, obwohl sie Hilfe bekommen haben, sie hatten ja Pro Ehrenamt an ihrer Seite - bekomme ich von jemand anderem den gleichen Fall erneut vorgetragen. Es hatte sich nichts, aber auch gar nichts getan, weil unsere eigenen Leute, die fachkompetent sind, noch nicht einmal wissen, wohin sie sich wenden können, damit etwas in die Gänge kommt.
Es ist nicht nur so, dass wir bei Nordrhein-Westfalen abgekupfert haben. Es ist Brauch bei vielen Gesetzen zu schauen, wo es ein vernünftiges Gesetz gibt, das wir dann auf uns runterbrechen. Das gibt es in Hamburg, Hessen und Berlin. Das gab es auch in Bayern, aber dort wurde es abgeschafft, weil es in der Verfassung bereits einen Paragrafen gibt, der das Ganze mit verankert. Das haben wir im Saarland nicht.