Wir müssen uns auch dafür einsetzen, dass in dieser Region die letzte Grenze fällt, die uns noch trennt. Ich erlebe es mit Blick auf meine drei Kinder in der eigenen Familie. Ich brauche da wenig zu erzählen über das Thema Europa als Friedenprojekt, denn meine drei Kinder sind in der glücklichen Situation aufgewachsen, dass sie Krieg und Auseinandersetzung nur vom Hörensagen und vom Geschichtsunterricht kennen. Meine drei Kinder sind als eine Generation aufgewachsen, die sich nicht mehr dar
an erinnern kann, dass es Grenzkontrollen gegeben hat. Meine drei Kinder können sich nicht mehr daran erinnern, wie es war, wenn man von einem Land zum anderen gefahren ist und ständig irgendwo Geld wechseln musste, denn sie sind Kinder der Eurogeneration. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen alle, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Kollege Lafontaine hat eben geschildert, welch ein mühsamer Prozess es war, den Euro ins Werk zu setzen. Wir sind uns heute doch alle einig, dass wir uns, auch mit Blick auf das Thema Wirtschaftspolitik und anderes, mit dem Euro noch mehr Gemeinsamkeit gewünscht hätten. Mehr war damals sicherlich nicht umzusetzen, aber wir müssen das heute nachholen.
Wofür wir hier sorgen können, ist, dass eine der letzten Grenzen fällt, die es in unserer Region gibt, nämlich die Sprachgrenze, und das ist der Kern unserer Frankreichstrategie. Die Frankreichstrategie ist nicht nur mit Blick auf Frankreich, sondern auch mit Blick auf Luxemburg und Europa eine Strategie, die das Ziel verfolgt, dass hier eine Generation aufwächst, die sich selbstverständlich mit ihren Nachbarn verständigen kann, und zwar nicht in einer dritten Fremdsprache, nämlich in Englisch, sondern in der jeweiligen Nachbarsprache.
Es gibt hier in der Großregion Beispiele dafür, wie das gehen kann. Und das sind nicht nur die Luxemburger, sondern das ist insbesondere die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien, die einen sehr hohen Anteil an zweisprachigen Kindern hat, obwohl die wenigsten dieser Kinder in Französisch sprechenden Familien groß geworden sind. Man hat dort ein gutes Schulsystem entwickelt, dass das ermöglicht. Wir haben den Ansatz gewählt zu sagen, wir wollen Französisch sehr früh entwickeln. Deswegen ist es eine tolle Leistung, dass 40 Prozent der Kindertagesstätten im Saarland bilingual sind. Wir wollen diese Zahl in den nächsten Jahren massiv erhöhen. Es bleibt auch unser Ziel, dass daran ein Französischunterricht ab der ersten Klasse anschließt. Im Moment haben wir das ab Klassenstufe 3 flächendeckend, ab der ersten Klasse in rund einem Drittel unserer Grundschulen. Dafür brauchen wir entsprechende Konzepte und die entsprechenden zweisprachigen Lehrkräfte. Deswegen wird das nicht auf einen Schlag möglich sein, sondern Schritt für Schritt. Ich hoffe und wünsche sehr, dass auch der zukünftige Landtag die Landesregierung darin unterstützen wird, diese Dinge voranzutreiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir die Sprachgrenze überwinden können, schaffen wir es vielleicht auch die gefährlichste aller Grenzen zu überwinden, nämlich die Grenze, die wir in unseren Köpfen haben. Beim Jubiläum des Schengener Abkommens in Schengen hat Jean-Claude Juncker mit Blick auf die, im Vergleich zu heute, noch relativ
schwach ausgeprägte nationalistische Diskussion gesagt, er wünsche sich eine kurze Zeit, in der die nationalen Grenzen wiederaufleben, damit die Menschen spüren, was sie sozusagen am Schengener Abkommen haben. Manchmal - und das ist nicht immer schön - wird aus einem Wunsch auch Realität. Wir haben in den letzten Monaten in Teilen Europas wieder eine nationale Grenzziehung erlebt. Aber die Hoffnung, die Jean-Claude Juncker damit verbunden hat, dass das selbstverständlich dazu führen würde, dass alle wieder den Wert von Schengen erkennen, diese Hoffnung ist bisher leider so nicht eingetreten. Deswegen ist es in der Tat richtig, dass wir diesen Europabericht in einer Zeit diskutieren, in der der Nationalismus in Europa wieder auflebt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird auch auf uns ankommen deutlich zu definieren, was es bedeutet, wenn man deutsche Interessen in einem europäischen Kontext definieren soll. Deutsche Interessen wahrzunehmen - und dazu sind wir verpflichtet -, das bedeutet auch, dass sich im Grunde genommen eine nationalistische Antwort darauf verbietet, weil sie alles andere als im deutschen Interesse ist.
Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Wir hatten in diesen Tagen in Frankreich die Vorstellung des Wahlprogramms des Front National. In diesem Zusammenhang muss man sich einmal die aktuelle Situation der Landwirte im Saarland anschauen. Unsere Landwirte produzieren jetzt schon quasi Scholle an Scholle mit ihren französischen Nachbarn. Und es gibt jetzt schon Unterschiede, etwa bei der Besteuerung des Agrardiesels. Das macht bereits einen Preisunterschied für die Produkte aus. Aber wenn das Realität wird, was die extreme Rechte in Frankreich will mit Blick auf Strafzölle auf ausländische Produkte, dann bedeutet das für die Landwirte im Saarland, dass sie ihre Produkte wahrscheinlich nicht mehr direkt über die Grenze nach Frankreich liefern könnten, weil dann ihre Produkte erheblich teurer wären als französische Produkte.
Jetzt kann man sagen, das machen wir dann in einer Art Rückspiel genauso. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das in Zukunft die Wirtschaftspolitik in Europa sein soll, dann können gerade wir als exportorientierte Nation und gerade wir hier im Saarland mit einer Industriestruktur, die exportabhängig ist, uns ausmalen, wie viele Arbeitsplätze davon in Zukunft bedroht sein werden. Und wer sich nicht das Beispiel der Landwirte vor Augen führen will, der soll heute in der Saarbrücker Zeitung nachlesen, welche Diskussion bei Ford derzeit darüber geführt wird, was der Brexit für die Produktion im Saarland eventuell bedeutet. Kein Land in Europa ist so abhängig davon wie wir in Deutschland, dass es einen fairen Handel gibt, dass es offene Grenzen gibt. Deswegen liegen nationale Hindernis
Das ist auch der Grund, weshalb wir hier gemeinsam dafür kämpfen, dass es keine zusätzlichen Hürden gibt. Wir sind umgeben von Nachbarn, die wie etwa Luxemburg, keine Maut erheben oder wie Frankreich zumindest für gewisse Streckenabschnitte auch Ausnahmen von der Maut zulassen. Für diese besondere Situation des Grenzlandes Saarland haben wir mit Blick auf die Mautdiskussion auch in der Vergangenheit gekämpft. Ich darf daran erinnern, dass im ersten Durchgang des Gesetzes, so wie es verabschiedet worden ist
und der EU-Kommission vorgelegt worden ist, im Ursprungsentwurf der Regierung vorgesehen war, dass eine Maut erhoben wird für Autobahnen und für Bundesstraßen. Wir haben damals gesagt, wir können als Grenzregion auf keinen Fall mitmachen, wenn Straßen wie Bundesstraßen, die auch von vielen Pendlern genutzt werden, von der Maut betroffen sind. Deswegen hat die Bundesregierung dies in dem ersten Gesetz, das verabschiedet worden ist, herausgenommen und wir reden jetzt nur noch über eine Maut für Autobahnen. Dann ist das Ganze der Europäischen Kommission zur Prüfung vorgelegt worden. Aus der Europäischen Kommission heraus ist mündlich mitgeteilt worden, dass es noch weitere Möglichkeiten gibt, Ausnahmen zuzulassen. Diese Möglichkeiten bestehen darin, dass man Streckenabschnitte aus der Mautpflicht herausnehmen kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier sind wir ganz klar positioniert: Wenn es diese Möglichkeiten gibt, dann müssen diese Möglichkeiten auch genutzt werden. Wir reklamieren das nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern wir sorgen auch dafür, dass wir für diese Ansichten Verbündete im Bundesrat haben. Das ist der Grund, weshalb wir uns zusammen mit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bei der ersten Frankreich-Konferenz dahingehend abgestimmt haben, dass unter Federführung des saarländischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums ein Vorschlag erarbeitet wird, der von Rheinland-Pfalz, von Baden Württemberg, von NordrheinWestfalen und auch von anderen Grenzregionen mitgetragen werden kann. Auf diese Weise kann man im Bundesrat deutlich machen, dass es eine Mehrheit von betroffenen Ländern gibt und dass diejenigen Länder, die an der Grenze liegen, das Thema Maut nur mitmachen werden, wenn es entsprechende Ausnahmeregelungen gibt. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind hier auf einem guten Weg, die Vorschläge sind in der Erarbeitung, die Gespräche mit den anderen Ländern laufen. Insofern macht die saarländische Landesregierung
und zwar mit allen beteiligten Ministerien - ihre Hausaufgaben. Auch das will ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich sagen.
Kollege Hilberer hat eben gesagt, wir seien nicht der größte Teil Europas. Das stimmt. Wir sind 1 Million von vielen hundert Millionen. Aber ich möchte ein Wort aufgreifen, das der ehemalige Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft, unser Freund Karl-Heinz Lambertz, einmal geprägt hat. Er hat gesagt: Europa ist wie eine Patchwork-Decke. Über die Qualität einer solchen Decke entscheiden weniger die einzelnen Flecken, sondern die Haltbarkeit der Nähte. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind hier gemeinsam mit unseren Freunden in Luxemburg und Lothringen in Grand Est die entscheidende Naht, gemeinsam mit anderen Grenzregionen in Europa. Deswegen kommt es entscheidend auf uns an, es kommt entscheidend auf die Grenzregionen an. Wenn wir dafür sorgen, dass Europa alltagstauglich ist, wenn wir dafür sorgen, dass die Menschen ganz persönlich in ihrem Alltag erleben, dass dieses Europa funktioniert und ihnen Vorteile bringt, dann tragen wir dazu bei, dass Europa eben nicht mehr nur noch an einer anonymen Bürokratie in Brüssel festgemacht wird, sondern dass Europa für jeden Einzelnen ein persönliches Anliegen, eine Herzensangelegenheit wird, so wie es für viele in der Gründergeneration in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg war. In diesem Sinne: Lassen Sie uns gemeinsam an unserem Europa weiterarbeiten. - Herzlichen Dank.
Nachwahl eines Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes (Wahlvorschlag des Landtagspräsidiums Drucksache 15/2096)
Zu diesem Punkt darf ich herzlich den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, Herrn Prof. Dr. Rixecker, begrüßen.
Die sechsjährige Amtszeit des Mitglieds des Verfassungsgerichtshofes Frau Kerstin Herrmann wird morgen auslaufen. Ebenso ist die sechsjährige Amtszeit des stellvertretenden Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs Herrn Thomas Caspar am 09.04.2017 beendet. Nach Art. 16 Abs. 1 der Verfassung des Saarlandes in Verbindung mit § 3 Abs. 1
des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof werden die Mitglieder und ihre Stellvertreter in geheimer Wahl ohne Aussprache mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages gewählt.
Die DIE LINKE-Landtagsfraktion hat Frau Rechtsanwältin Almuth Zempel als Mitglied des Verfassungsgerichtshofs benannt. Die SPD-Landtagsfraktion hat Herrn Thomas Caspar als Stellvertreter des ordentlichen Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs Frau Renate Trenz zur Wiederwahl benannt. Das Erweiterte Präsidium hat in seiner Sitzung am 09. Februar beschlossen, Ihnen diese Benennung als Wahlvorschlag zu unterbreiten, der Ihnen nunmehr als Drucksache 15/2096 vorliegt.
Ich darf zur Wahl noch auf Folgendes hinweisen. Ich bitte Sie, sich nach dem Namensaufruf in Raum 30 zu begeben, wo Ihnen zwei Wahlzettel mit Umschlag ausgehändigt werden. Die Wahlzettel sind in den Wahlkabinen auszufüllen und in dem Umschlag in die Urne einzuwerfen. Gültig sind nur die Wahlzettel, auf denen die Stimmabgabe im Kreis eindeutig gekennzeichnet ist. - Ich darf nun die Schriftführer bitten, die Namen der Abgeordneten aufzurufen.
Ich darf fragen, ob ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden ist. - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Ich schließe die Stimmabgabe und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung der Stimmen zu beginnen.
Ich gebe das Ergebnis bekannt, zunächst für Frau Zempel. Abgegebene Stimmen: 49, gültige Stimmen: 49. Davon stimmten 44 mit Ja, 4 mit Nein und es gab eine Stimmenthaltung. Das Ergebnis für Herrn Caspar. Abgegebene Stimmen: 49, gültig: 49. Davon stimmten 45 mit Ja, 4 mit Nein. Damit sind Frau Zempel als Mitglied und Herr Caspar als stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes mit dem erforderlichen Quorum von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages, nämlich 34, gewählt.
Da Sie sich vor ihrer Wahl schriftlich bereit erklärt haben, sich als Mitglied beziehungsweise stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs zur Verfügung zu stellen, gehe ich davon aus, dass Sie die Wahl annehmen. Ich sehe Zustimmung. Ich darf Ihnen zu Ihrer Wahl die Glückwünsche des Hauses aussprechen.
Vereidigung des Mitglieds und des stellvertretenden Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof leisten die Mitglieder und Stellvertreter vor Amtsantritt vor dem Landtag den Eid.
Wir kommen zur Vereidigung. Ich darf zunächst Frau Zempel bitten, zu mir heraufzukommen. Die Mitglieder des Haues und die Zuhörer bitte ich, sich von ihren Plätzen zu erheben.
Ich spreche Ihnen die Eidesformel vor: „Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen. So wahr mir Gott helfe.“ Es ist Ihnen freigestellt, den Eid mit oder ohne religiöse Beteuerung zu leisten. Ich bitte Sie, die rechte Hand zu erheben und die Eidesformel zu wiederholen.
Abg. Frau Zempel: Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen. So wahr mir Gott helfe.“
Ich darf dann Herrn Caspar zu mir herauf bitten. Ich darf auch Ihnen die Eidesformel kurz vorsprechen: „Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen. So wahr mir Gott helfe.“ Auch Ihnen ist freigestellt, den Eid mit oder ohne religiöse Beteuerung zu leisten. Ich bitte Sie, die rechte Hand zu erheben und die Eidesformel zu wiederholen.
Abg. Herr Caspar: Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen.